Porzellanmuseum im Augarten

2. Wiener Gemeindebezirk Leopoldstadt, Jänner 2023

Das Porzellanmuseum im Augarten erzählt die faszinierende Kultur- und Designgeschichte des Wiener Porzellans seit 1718. Ein originaler Brennofen steht als Symbol für die „geheime Kunst“ der Porzellanherstellung, und Sonderausstellungen laden zur Zeitreise zwischen Tradition und Zukunft ein.

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

Der Augarten entstand 1614 als Jagdgebiet unter Kaiser Matthias (1557-1619) in damals noch unberührter Aulandschaft. Kaiser Leopold I. (1640-1705) ließ 1677 zum bestehenden Schloss einen barocken Garten anlegen, beides wurde jedoch während der zweiten Türkenbelagerrung 1683 zerstört. 1705 wurde das Schloss unter Kaiser Joseph I. (1678-1711) wieder aufgebaut und die Neugestaltung des Gartens dem begehrten französischen Gartenarchitekten Jean Trehet anvertraut. Das neu errichtete Gartengebäude als Trakt des Schlosses beherbergt seit 1923 die Produktion der Wiener Porzellanmanufaktur.

Bereits 1775 wurde der Park unter Joseph II. (1741-1790) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, aus diesem Anlass setzte man unter Schutz gestellte Nachtigallen aus. Seit 1782 leitete Wolfgang Amadeus Mozart Morgenkonzerte in diesem Gebäude, auch Franz Schubert und Johann Strauß musizierten hier. Während der Napoleonischen Kriege (1806/1809) diente das Schloss, wie auch später im Ersten Weltkrieg, als Spital. Im Jahr 1896 wurde unter dem k.k. Gartenbaudirektor Anton Umlauft das Parterre vor dem Schloss neu gestaltet. Seit 1928 ist der Augarten in städtischem Besitz und steht seit 2000 unter Denkmalschutz. Heute erzählt der Park von den Entwicklungen des 20. Jahrhunderts: 1944 wurden zwei Flaktürme errichtet, die als Mahnmal erhalten sind; 1955 wurde das Bildhaueratelier für Gustinus Ambrosi eingerichtet und verschiedene städtische Anlagen zum Nutzen und Vergnügen der Bevölkerung Wiens geschaffen.

Das Saalgebäude untersteht der Burghauptmannschaft, der 52 Hektar große Garten wird heute von den Bundesgärten betreut. Die Porzellanmanufaktur selbst ist seit 2003 in Privatbesitz. Ziel der umfangreichen Revitalisierung ist neben der Erhaltung historischer Bausubstanz vor allem das Weiterführen einer bedeutenden Tradition, der Porzellanerzeugung in Wien.

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In China wird Porzellan seit Beginn der Sui Dynastie (581-618 n.Chr.) hergestellt. Im 13. Jahrhundert gelangten erste Objekte nach Europa. Händler und Missionare, die sich bis nach China wagten, berichteten von den Kunstfertigkeiten der dortigen Einwohner und schürten das Verlangen nach der seltsamen Kostbarkeit. Chinesische Porzellane zierten fortan die Wunderkammern europäischer Fürsten, deren Alchemisten nach dem Geheimnis ihrer Herstellung suchten.

Im 16. Jahrhundert wurde in den Laboratorien des Großherzogs Francesco I. de Medici in Florenz erstmals ein Weichporzellan entwickelt, das Medici-Porzellan. Die Erfindung eines echten, dem chinesischen Porzellan in seinen Eigenschaften ähnlichen Hartporzellans gelang Johann Friedrich Böttger im Dezember 1707 in Dresden. Er war von August dem Starken als Goldmacher verpflichtet und dem Universalgelehrten Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, der bereits mit Porzellanrezepturen experimentierte, zur Seite gestellt worden. Gottfried Pabst von Ohain, ein sächsischer Bergbaubeamter, entdeckte schließlich den Nutzen des Kaolins, der weißen Tonerde. 1710 wurde die Meißner Porzellanmanufaktur gegründet. Bei Verrat des Arkanums drohten harte Strafen, doch triumphierte die Abenteuerlust und das Wissen um das echte Porzellan verbreitete sich unaufhaltsam. Bereits 1718 entstand die zweite Manufaktur Europas in Wien als privates Unternehmen. Eine neue Kunst, die zum Sinnbild des phantasiebegabten 18. Jahrhunderts werden sollte, zog damit in den kaiserlichen Hof ein.

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DAS ARKANUM DES PORZELLANS
Drei Bestandteile sind es, die echtes Porzellan ausmachen: 50% der weißen Tonerde Kaolin, benannt nach dem chinesischen Berg Gao Ling, dazu 25% Quarz und 25% Feldspat als Magerungs- bzw. Flussmittel. Je nach Manufaktur gibt es Varianten mit wenig Feldspat und mit Calciumzusatz und anderen Ingredienzien, die den Weißegrad des Porzellans beeinflussen. Die Bestandteile werden mit Wasser geschlämmt, die Masse wird gerührt, geschlagen und über Monate gelagert. Erst dann kann unter Verwendung von Gipsformen überdreht, eingedreht und gegossen oder frei modelliert werden. Die so entstandenen Objekte werden an der Luft zu einem „lederharten" Zustand getrocknet. Endlich wird der „Rohling" in den Brennofen gesetzt. Der bis zu zwanzig Stunden dauernde Schrüh- oder Verglühbrand bei 900 bis 1000° C verwandelt den Rohling in den sogenannten Scherben. Porös und fragil wird er nun vorsichtig in die Glasur getaucht oder zuvor mit Unterglasurfarben bemalt.

Vor der Glasur wird auch die Marke angebracht. Der folgende Glattbrand bei ungefähr 1400°C dient dem Sintern der Substanzen. Durch die enorme Hitze verschmelzen die Bestandteile des Scherbens, echtes Hartporzellan mit seiner hohen Dichte entsteht, wobei mit einem Schwund von bis zu 20% zu rechnen ist. Physikalisch betrachtet ist es jetzt härter als Stahl. Auch die Glasur selbst wird in diesem Brand mit dem Scherben verschmolzen. Danach können mit Feder und Pinsel Farben aufgetragen werden, auch sie werden in einem oder mehreren Muffel- oder Dekorbränden bei circa 900°C auf die Glasur geschmolzen. Für Vergoldungen wird Goldstaub mit Nelkenöl vermischt aufgetragen und bei etwa 700°C gebrannt.

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DIE MANUFAKTUR DU PAQUIER 1718-1744
Die erste Wiener Porzellanmanufaktur wurde 1718 von dem Hofkriegsratsagenten Claudius Innocentius du Paquier mit kaiserlichem Privileg gegründet. Das Geheimnis der Porzellanherstellung hatte du Paquier dem Meißner Arkanisten Samuel Stöltzel entlockt, den er aus der kursächsischen Manufaktur abgeworben hatte. Auch der Goldarbeiter Christoph Conrad Hunger sowie der Porzellanmaler Johann Gregorius Höroldt gehörten zu den Mitarbeitern der ersten Stunde. Stöltzel flüchtete jedoch in Begleitung Höroldts nach Sachsen zurück, nachdem er die Wiener Manufaktur verwüstet hatte, um sie als den damals noch einzigen Konkurrenten Meißens unschädlich zu machen. Du Paquier verlegte das Unternehmen kurzerhand 1721 in das Gräflich Bräuner´sche Sommerhaus in der heutigen Porzellangasse. In unmittelbarer Nachbarschaft des Rossauer Sommerpalais der Fürsten von Liechtenstein, die zu den ersten Auftraggebern du Paquiers zählten, entstanden die charakteristischen Porzellane in der lustvollen Formensprache des Barock. Die Künstler und Handwerker bei Du Paquier nahmen Anleihen aus der zeitgenössischen Ornamentik, wie dem Laub- und Bandelwerk, aber auch aus ostasiatischen Vorbildern, die ihnen von den adeligen Auftraggebern zur Nachahmung überlassen wurden.

Den Modegetränken Kaffee, Tee und Schokolade wurde durch das neue Luxusmaterial Porzellan ideal gedient. Die Trembleuse, ein Schokoladenbecher, der in einem Untersatz mit Galerie gesichert steht, war eine geniale Schöpfung für das vergnügliche wie repräsentative Frühstück im Bett, wie man es im 18. Jahrhundert schätzte.
Der „Erste Erfünder" des Wiener Porzellans, Claudius Innocentius du Paquier, verstarb 1751.

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DIE KAISERLICHE MANUFAKTUR UNTER MARIA THERESIA
Die lebenslustige Erzherzogin Maria Theresia (1717-1780) übernahm die Manufaktur Du Paquier am 10. Mai 1744. Als Marke des kaiserlichen Wiener Porzellans wurde der Bindenschild der Babenberger eingeführt, zunächst als Pressmarke, ab 1750 in Unterglasurblau.
Ein neuer Kunstschmack, de goût rocaille, brachte kühne Kreationen aus fließenden asymmetrischen Formen hervor. Diesem standen naturalistische Tendenzen gegenüber, wie etwa botanisch korrekte Porzellanblüten und volkstümliche Charakterfiguren.

Porzellan zierte die höfische Privatheit auf seine feine Art. So diente ein Bourdalou den Damen elegant für ihre
persönlichen Bedürfnisse. Benannt nach einem französischen Hofprediger, an dessen eloquenten Lippen die Damen
in der Kirche hingen und keine Silbe der stundenlangen Predigten verpassen wollten, schrieb dieses Gefäß für die intime Bequemlichkeit Porzellangeschichte.
Porzellanplastik war ein zentrales Thema der Epoche. Bildhauer, wie Johann Joseph Niedermayer und Ludwig Lücke, wurden zu Modellmeistern der Manufaktur. Auch Hofzuckerbäcker und Theateringenieure prägten die Gestaltung der dekorativen „Gesellschaften" aus Porzellan, die als vielfigurige Tafelaufsätze für den Dessertgang zum Einsatz kamen. Sie waren ein Abbild der höfischen Gesellschaft und ihrer Divertissements, aber auch einer Welt außerhalb der Palaismauern, wie Kaufrufe und anderes Straßenvolk, das ein neu erwachtes Interesse an den Strukturen der Welt dokumentiert.
Um 1770 zeigten sich erste klassizistische Einflüsse nach französischem Vorbild in der sich wandelnden Produktion der Wiener Manufaktur.

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DIE ENTSTEHUNG EINER PORZELLANFIGUR
Die Herstellung von Porzellanfiguren gehört zu den aufwändigsten Prozessen der Porzellanproduktion. Eine Figur besteht aus vielen Einzelteilen, deren möglichst ökonomischer und umsetzbarer Aufbau der Modelleur in seinem Entwurf bedenken muss. Für jedes Einzelteil einer Figur wird eine Gipsform hergestellt, die Porzellanmasse wird eingegossen und getrocknet. Die Arbeit des Bossierers ist es dann, die Teile zusammenzufügen und nachzuarbeiten, sodass Nähte und Fugen nicht mehr sichtbar sind. Während des Brandes sind die Figuren einer besonderen Gefahr ausgesetzt, durch die Schmelzvorgänge werden sie instabil und müssen daher im Brand von Stützen aus Porzellanmasse, den sogenannten Pomsen, gehalten werden. Wie bei der Produktion von Gefäßen, werden auch die Figuren dem Verglüh- und Schrühbrand ausgesetzt, bevor die Glasur und danach der Glattbrand folgen. Dann kann dekoriert werden. Malerische Akzente, die Staffierung, werden bei den Figuren ebenfalls in Muffelbränden aufgeschmolzen. Goldhöhungen werden mit einem Gemisch aus Goldpulver und Nelkenöl ausgeführt, das nach dem Brand mit Achatsteinen oder Meeressand zu glänzendem Aussehen poliert wird.
Gerade die Figuren der „Plastischen Periode" des Wiener Porzellans unter Maria Theresia aus der Mitte des 18. Jahrhunderts sind heute wertvolle Zeugnisse des Alltags- und Hoflebens. Die Kostüme, Gesten und Tätigkeiten, aber auch der Gesichtsausdruck, der durch die Staffierung besonders zum Ausdruck kommt, geben wichtige Informationen über die Gepflogenheiten einer Epoche. Von der Lippenfülle bis zur Augenfarbe, dem Lächeln oder der Brauenfaçon sind Ideale verschiedener Epochen besonders gut lesbar.

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KLASSIZISMUS - DIE ÄRA SORGENTHAL
Kaiser Joseph II. konzentrierte sich nach dem Ableben seiner Mutter Maria Theresia im Jahr 1780 auf soziale Reformen im Sinne der Aufklärung. Feste, Prunk und Pracht bedeuteten ihm wenig. Sein Beschluss, die unwirtschaftliche Porzellanmanufaktur zu veräußern, wurde 1783 von den Mitarbeitern der Manufaktur abgewendet. Ein neuer Direktor, Conrad von Sorgenthal (1733-1805), führte die Wiener Porzellanproduktion zu einer künstlerischen und ökonomischen Hochblüte. Die Künstler wurden akademisch ausgebildet und in Wettbewerben zu Neuschöpfungen inspiriert. Als Vorbild galt die Antike mit ihren klaren Formen, feingliedrigen Ornamenten und lehrreichen Mythologien. Auch die Produkte der königlich-französischen Manufaktur von Sèvres und die englische Manufaktur Wedgwood beeinflussten die Ästhetik der klassizistischen Porzellane aus Wien. Die Reiselust der Zeit um 1800 spiegelt sich ebenfalls in den Kaffeetassen und Déjeuners, den typischen Frühstücksservicen mit ihren Ansichten der Sehenswürdigkeiten Wiens, italienischer Landschaften und der Alpen. In der plastischen Produktion standen antikisierende Figuren aus unglasiertem Biskuitporzellan im Mittelpunkt, dessen matte Oberfläche an antiken Marmor erinnert. Weiterhin dienten die Figuren in symmetrischer Aufstellung und nach einem thematischen Programm der Dekoration von Desserttafeln. Als Modellmeister brillierte Anton Grassi (1755-1807), ein Schüler von Franz Xaver Messerschmidt an der Wiener Akademie. Zur Qualitätskontrolle der höchst anspruchsvollen „Prachtware" führte Sorgenthal Jahresstempel, Bossierer- und Malernummern ein. Die Herstellung des „ordinairen" Gebrauchsgeschirrs wurde 1798 in das Hilfswerk Engel    hardtszell bei Passau ausgelagert.

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DIE NEUE FARBIGKEIT
Die Wiener Porzellanmanufaktur wurde für den Reichtum ihrer Farbpalette bewundert. Bereits 1787 richtete man ein Laboratorium ein, in dem der Arkanist Joseph Leithner neue Farbtöne kreierte oder bestehende Nuancen verfeinerte, wie das nach ihm benannte tiefe Leithnerblau auf Kobaltbasis. Der Chemiker verbesserte zudem die Goldzubereitung für das berühmte Wiener Goldrelief, das in vielen Schichten mit dem Pinsel aufgetragen wurde. Die starke Farbigkeit und die ungewöhnlichen Farbklänge wurden von antiken Wandmalereien aus Pompeji und Herculaneum oder ihren Epigonen der Renaissance, wie den oft imitierten Wanddekoren von Raffael, übernommen. Auch die Blumenmalerei und die Gemäldekopie erfuhren in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt und lebten von der leuchtenden Farbigkeit. Die in der Feinmalerei hervorragend ausgebildeten Künstler der Manufaktur konnten aus 36 mischbaren Hauptfarben wählen. Der Chemieprofessor und spätere Manufakturdirektor Benjamin von Scholz schrieb 1819: „Eine vorzügliche Schwierigkeit bei Kunstgemälden auf Porzellan besteht darin, dass die meisten Farben sich im Feuer verändern und der Künstler also den Effect seiner Arbeit nicht sogleich während des Fortganges derselben beurtheilen kann, sondern mit der Phantasie voranschreiten und sich vorstellen muß, in welchem Zustande sein Werk aus dem Feuer kommen wird. Deswegen ist für die Porzellanmalerei eine besondere Künstlerschule nothwendig... Manchmal gehen ganz fertige Kunstarbeiten, woran die Künstler Monate lang gearbeitet haben, im letzten Emailfeuer zu Grunde...".

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DIE KAISERLICHE MANUFAKTUR IM BIEDERMEIER
Ganz dem Empfinden der Zeit nach dem Wiener Kongress 1814/15 entsprechend, gestalteten sich die Themen des Porzellans im Biedermeier. Auf dem Rückzug in eine neue Privatheit, die den Restriktionen des Alltags unter der Ägide des Staatskanzlers Metternich zu entrinnen suchte, begann der Mensch des Biedermeier sich auf persönliche Werte zu besinnen. Tassen, die mit Sinnsprüchen und Widmungen dem Freundschaftsideal huldigten oder mit Blumenrätseln der Angebeteten zarte Geständnisse übermittelten, gehörten zu den beliebtesten Geschenken jener Zeit. Auf neuartigen Etagèren ausgestellt, zeugten die Tassensammlungen von einer heilen Welt fern aller Politik. Die Motive der Blumenmalerei entstammten vorwiegend den Hausgärten, deren Pflege ebenfalls zu den beschaulichen Vergnügungen des Biedermeier gehörte. Leuchtende Farben und verwegene Ornamente gehörten zur teilweise radikalen Modernität der Zeit.

Neuheiten in der Tischkultur änderten auch das Aussehen der Tafelaufsätze. Man servierte nicht mehr alle Speisen eines Ganges auf der Tafel verteilt in Terrinen, wie beim „Service à la française" des 18. Jahrhunderts, sondern als „Service à la russe" wurde für jeden Gast auf einem einzelnen Teller angerichtet. Als Aufsatz verwendete man nun Prunkvasen mit echten Blumen während des gesamten Festessens, Figuren waren inzwischen weitgehend aus der Mode gekommen. Zu den bildhauerischen Aufgaben der Modellmeister gehörten vorwiegend antikisierende Porträtbüsten berühmter Dichter oder Komponisten, aber auch der Mitglieder des Kaiserhauses.

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DIE KAISERLICHE MANUFAKTUR BIS ZU IHRER SCHLIESSUNG IM JAHR 1864
Unter Kaiser Franz Josef I. und Kaiserin Elisabeth wechselten die Moden in historistischen Stilen, wie dem opulenten Neo-Rokoko und einer neuen Chinoiserie. Die Manufaktur war erfolgreich auf den Weltausstellungen vertreten und brillierte weiterhin auf dem Gebiet der Blumenmalerei und der Gemäldekopie. 1862 erhielt die Manufaktur in London eine Medaille für die Solidität von Masse und Glasur sowie für die hohe Qualitat der Vergoldung. Der Architekt Gottfried Semper forderte in seiner Schrift „Über Porzellan" (1850), dass die Form dem Material sowie einem guten und vernünftigen Geschmack entsprechen müsse „um eine gefällige Ausschmückung zuzulassen". Jacob von Falke schrieb 1873 zur Wiener Weltausstellung, dass höfische Prunkobjekte der Vergangenheit angehörten und das Porzellan auf den zweckmäßigen, wenn auch schmückenden Gebrauch als Tafelgeschirr reduziert sei. Zugeständnisse an neue Techniken waren notwendig, zumal die vielerorts in Böhmen erwachsenden privaten Porzellanfabriken eine ernsthafte Konkurrenz auf dem Gebiet der Geschirrproduktion darstellten. Sie wurden auf den Weltausstellungen für ihre allgemein erschwinglichen Preise prämiert. Die Zeiten einer Identität als „Kunstanstalt" schienen sich zu neigen. Drucktechniken ersetzten vielfach eine Bemalung von Hand. Im Jahr 1864 gab Kaiser Franz Josef I. einem Antrag des Abgeordnetenhauses nach, die K. K. Wiener Porzellanmanufaktur zu schließen. Der künstlerische Nachlass wurde dem damaligen Museum für Kunst und Industrie übergeben. Wenig später erkannte man die Schließung als Missgriff, doch erst 1923 wurde die Wiener Porzellanfabrik Augarten A.G. aus privater Initiative am heutigen Standort gegründet.

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MARKEN MIT ZUKUNFT HABEN EINE VERGANGENHEIT
Die Wiener Porzellanfabrik Augarten A.G. wurde zur Erneuerung und Fortsetzung der 1864 geschlossenen K. K. Porzellanmanufaktur am 2. Mai 1923 gegründet. Mit der Idee, die bekanntesten figuralen Darstellungen und beliebtesten Servicedekore des Wiener Porzellans aus dem Spätbarock, Rokoko und Klassizismus wieder aufzulegen, konnte die neu gegründete Porzellanmanufaktur schnell ein interessiertes Publikum für sich gewinnen. Doch entstand gleichzeitig eine erfolgreiche Produktion, die sich ganz den Kunstströmungen ihrer Zeit zuwandte. Vor allem gelang es, zeitgenössische Entwürfe bekannter Künstler in Porzellan umzusetzen. Zahlreiche Modelle des Art Déco haben sich als wichtige Kulturträger jener Zeit bis heute erhalten.

Auf der Pariser Kunstgewerbeausstellung im Jahr 1925 erhielt die Manufaktur für ihre Leistungen eine Goldmedaille. Ausgezeichnet wurden die pastellfarben staffierte Uhr „Stadtbild" von Hertha Bucher, die abstrahiert und farbintensiv bemalte Vase von Franz von Zülow, wie auch die dem damaligen Schönheitsideal entsprechenden schlanken Figuren „Erste Rosen" von Ida Schwetz-Lehmann und „Mädchen mit Faun" von Carl Schwetz. Im Verkaufskatalog von Augarten aus dem Jahr 1926 werden diese neuen Arbeiten, neben Neuauflagen historischer Modelle, wie Figuren der Kaufrufe und Dekore des Rokoko und Klassizismus, als feste Bestandteile des Angebotes geführt. Die traditionellen Serviceformen blicken mit ihren bis heute bewährten Modellen ebenfalls in die Produktion des 18. und 19. Jahrhunderts zurück. Neue Formen und Dekore im Zeitgeist der Wiener Werkstätte brachten die Entwürfe von Josef Hoffmann, Michael Powolny, Otto Prutscher und Ena Rottenberg.

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MARKE MIT PERSÖNLICHKEIT
Bis heute kann die Manufaktur Augarten auf Entwürfe großer Künstler zurückgreifen. Auf der „Jubiläumsausstellung Wiener Kunstgewerbe" im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie im Jahr 1924 wurden Arbeiten von Franz Barwig, Hertha Bucher, Herma Gärtner, Otto Hofner, Josef Humplik, Mathilde Jaksch, Kawin Karl, Mela Köhler, Dina Kuhn, Jakob Löw, Carl Schwetz, Ida Schwetz-Lehmann, Vally Wieselthier und Franz von Zülow gezeigt.

Walter Bosse übersetzte mit seinen vier für Augarten entworfenen Grotesken den Zeitgeist des Art Déco in humorvoller Weise. Ab 1921 war er bereits für die Wiener Werkstätte tätig und ist ab 1924 als Mitarbeiter der Porzellanmanufaktur nachweisbar. Im Jahr 1925 beteiligte sich Bosse an der Pariser Kunstgewerbeausstellung.
Die Serviceformen und Dekore des bei Josef Hoffmann ausgebildeten Architekten und Kunsthandwerkers Otto Prutscher sind eine wichtige Visitenkarte der Manufaktur Augarten. Die für den Mitbegründer der Wiener Werkstätte typische Verbindung von klaren, reduzierten Formen und Dekoren mit floralen sowie geometrischen Elementen ergeben ein reizvolles Spiel. Wie viele Künstler seiner Zeit, war Prutscher an der Schöpfung eines Gesamtkunstwerkes interessiert. Die Gestaltung von Porzellan für die Ausstattung zeitgenössischer Interieurs war eine Selbstverständlichkeit in diesem Konzept.
Edwin Breideneichen mit der Malernummer 1. war von Beginn an bis 1961 als hervorragender und kreativer Maler für die Manufaktur tätig. Er trug selbst zu unzähligen neuen Motiven für eine kreative Bemalung von Porzellanobjekten bei.

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ROLLENBILDER
Vally Wieselthier studierte ab 1914 an der Wiener Kunstgewerbeschule, zunächst bei Koloman Moser, dann bei Josef Hoffmann und Michael Powolny. Bereits 1917 trat sie auf Wunsch Josef Hoffmanns in die neu gegründete Werkstatt für Keramik der Wiener Werkstätte ein, die von Dagobert Peche geleitet wurde. 1927 wurde Vally Wieselthier selbst Leiterin dieser Werkstatt. Mit der Expressivität ihrer Werke in Form und Farbe beeinflusste sie das keramische Schaffen Österreichs nachhaltig. Zwischen 1922 und 1927 führte Wieselthier ein eigenes Atelier, in jener Zeit ist auch ihre Zusammenarbeit mit Augarten belegt. Für die Wiener Manufaktur widmete sich die dynamische Künstlerin dem Thema „Eitelkeit“. Im Jahr 1932 emigrierte Vally Wieselthier nach New York.

Mathilde Jaksch entwarf individuelle Kleinplastiken, wie die Figur der Tänzerin Tilly Losch, die ihr anlässlich der Uraufführung des von Richard Strauss komponierten Balletts „Schlagobers" im Jahr 1924 Modell stand, und die damalige Zusammenarbeit mit der Wiener Staatsoper illustriert. Porzellanfiguren mit den Titeln „Venus", „Mädchen am Strand" oder „Luft" zeigen schmale, körperbewusste Frauengestalten, wie sie dem Zeitideal entsprachen.
Das neue Frauenbild der Zwanziger Jahre prägte auch die figürliche Produktion der Wiener Manufaktur. Frauen kämpften um Gleichberechtigung und begannen, von Männern dominierte Bereiche, wie Berufe und Sportarten, zu erobern. Der Aufbruch in eine neue Identität zeigte sich nicht nur in der Übernahme „männlicher" Moden, wie dem Pyjama und der Zigarette, sondern auch in einer selbstbewussten Weiblichkeit.

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IKONEN IN PORZELLAN
Service waren von Anfang an ein wesentlicher Schwerpunkt im Produktprogramm der Manufaktur Augarten. Einer der bedeutendsten Architekten jener Zeit, Josef Hoffmann, schuf 1929 mit seinem Melonenservice, der Form Nr. 15, eine Ikone des Wiener Porzellans. Auch Hoffmann vertrat als Mitgründer der Secession und der Wiener Werkstätte die Idee des Gesamtkunstwerks und entwickelte einen neuen Stellenwert des Kunstgewerbes.
Der ausgebildete Hafner sowie Absolvent und Lehrer der Wiener Kunstgewerbeschule Michael Powolny entwarf für die Porzellanmanufaktur Augarten einige Tierskulpturen und bauchige Serviceformen, wie etwa das noch heute hergestellte "Opus", Form Nr. 68.

Friedrich Ludwig Berzeviczy-Pallavicini malte Motive aus einer phantastischen Zauberwelt, in der sensibel ausge- führte exotische Gestalten, Tiere und Pflanzen auftreten. 1936 heiratete er Klara Demel und gestaltete das Design für die berühmte Zuckerbäckerei. Der vielseitige, an der Kunstgewerbeschule im Bereich Mode und Textil ausgebildete und von Josef Hoffmann geförderte Künstler arbeitete 1937 für Augarten, 1938 emigrierte er nach Italien, später in die Vereinigten Staaten.
Ena Rottenberg, eine Schülerin Josef Hoffmanns an der Kunstgewerbeschule, entwarf nicht nur das bekannte Service der Form Nr. 20 mit exotischen Deckelknäufen, sondern auch Vasen mit Figuren in Biskuitrelief oder zarter figürlicher Malerei. Im Archiv der Manufaktur haben sich Entwürfe mit ihren Initialen "E.R." erhalten.

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DIE FIGUREN DER SPANISCHEN HOFREITSCHULE
Die Faszination der Pferdedressur, wie sie in der Reitschule der Wiener Hofburg zu sehen war, inspirierte die Porzellanmanufaktur Augarten zu einer Serie von Reiterfiguren. Der Bildhauer Albin Döbrich studierte die spektakulären Figuren der Lipizzaner unter Führung ihrer Bereiter und setzte sie zwischen 1926 und 1927 in fünf aufwändige Porzellangruppen um: Trab, Courbette, In den Pilaren, Levade und Piaffe. Weitere Modelle aus den Jahren 1925 bis 1937 stammen von der Künstlerin Karin Jarl-Sakellarios.
Erzherzog Carl hatte im Jahr 1580 das Hofgestüt Lipizza bei Triest gegründet, seit dem Ersten Weltkrieg befindet sich die Lipizzanerzucht in Piber (Steiermark). Als Kreuzung von spanischen, arabischen und Berberpferden gelten die Lipizzaner als besonders gelehrig. In den 1920er Jahren wurden öffentliche Vorführungen der hohen Reitkunst eingerichtet, die Porzellanfiguren sollten als Erinnerungsstücke des Besuches in der Hofreitschule, die als kaiserliche Winterreitschule zwischen 1729 und 1735 von Joseph Emanuel Fischer von Erlach erbaut worden war, dienen.

Ursprünglich galt die Ausbildung der Pferde ihrem Einsatz in der Schlacht, wie auch das barocke Rossballett aus der Tradition der „Kriegskunst" kam. Die edlen Tiere auszubilden galt als eine der adeligen Tugenden. Als einzige Reitschule, die die napoleonischen Kriege überdauert hatte, fungierte die Wiener Institution auch als Maßstab zeitgemäßer Reitlehre. Wie bei allen Dekoren der Manufaktur Augarten zeigt sich auch in den Nuancen der Staffierung der Figuren die Änderung der Sichtweisen und Vorlieben im Verlauf des 20. Jahrhunderts bis heute.

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Dessertteller nach japanischem Vorbild
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, 1744/49

Die Tellerfahne ist mit drei Fo-Löwen (Shishi), den Wächtern der Tempel und Paläste sowie mit Feng Huang-Vögeln, Pinien- und Prunuszweigen bemalt. Eisenrot, Gold sowie Kobaltblau unter der Glasur sind die Hauptfarben des begehrten Imaridekors, der nach dem Ausfuhrhafen Imari benannt wurde. In der Gegend von Arita begann im frühen 17. Jahrhundert die japanische Porzellanproduktion, deren Entwicklung sich gerade im Bereich des Imari-Dekors nach den Wünschen der europäischen Kunden orientierte. Die Pracht des brokatartigen Imari garantierte den Exporterfolg und inspirierte chinesische Kopien. Im 18. Jahrhundert imitierten die ersten europäischen Manu- fakturen Imari-Porzellane nach originalen ostasiatischen Vorbildern.

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Große Schüssel aus einem Dessertservice
Manufaktur Du Paquier, Wien, um 1730

Die Schüssel in Blütenform ist mit einer Chinoiserie nach einem Stich von Christoph Weigel, Nürnberg um 1720, und einer für die Manufaktur Du Paquier charakteristischen Laub- und Bandelwerkbordüre dekoriert. Dessertservice dieser Zeit bestanden aus Tellern und verschieden großen Schüsseln für kandierte Früchte und anderes Zuckerwerk.

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"Monsieur am Schreibtisch", einen Liebesbrief schreibend
Kaiserliche Porzellanmanufaktur Wien, 1744/1749

Die Figur ist einem Modell von Johann Joachim Kändler (1706-1775) für die Meissener Manufaktur nachempfunden: "1. Figur, einen Monsieur, der einen Liebes-Brieff schreibt vorstellend, mit der Feder in der Hand am Tisch sitzend" (1740). Dennoch zeigt die Wiener Figur mit ihrer reduzierten Bemalung und Monsieurs ausdrucksvollem Gesicht einen eigenen Charakter.

Ruhender Hund
Kaiserliche Porzellanmanufaktur Wien, um 1765

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Kostümiertes Paar am Toilettetisch (bunt staffiert)
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1765

Kostümiertes Paar am Toilettetisch (weiß)
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1765

Die beiden Figurengruppen stellen die Arbeitsweisen der Bossierer und Maler vor. Details wurden nach dem Empfinden des jeweiligen Bossierers zusammengestellt, Handhaltung und Requisiten variieren. Auch die Bemalung ist im 18. Jahrhundert nicht einheitlich, jede Figur ist ein Unikat. Unbemalte Figuren zeigen ihren skulpturalen Charakter deutlicher, die kostspielige Bemalung ergänzte Figuren um eine zusätzliche dekorative Dimension, je nach Geschmack und Finanzen der Kundinnen und Kunden.

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

Dame mit Parasol und Seidenkleid mit chiné à la branche Muster
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1760

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Büste Kaiser Josephs II. (1741- 1790) aus Biscuitporzellan
Modell von Anton Grassi (1755-1807) Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, 1789

Der Reformkaiser Joseph II. öffnete 1775 den kaiserlichen Augarten für das allgemeine Publikum. 1784 berief er auf Bitten der Mitarbeiter der Porzellanmanufaktur den Aufklärer und Ökonom Conrad von Sorgenthal (1733-1805) zum neuen Direktor. Sorgenthal begründete eine Ära der künstlerischen und wirtschaftlichen Hochblüte des Wiener Porzellans.

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Teller aus einem Speiseservice mit Goldreliefdekor, seegrünen Bändern und Kornblumengirlanden
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1795

Teller mit Goldreliefdekor auf blauem Fond
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1796

Teller mit Grisaille-Büsten antiker Philosophen und Goldrelief
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1798

Teller mit Goldreliefdekor auf Kupfer- und Purpurlüsterfond
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1796

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Dessertteller mit Schmetterlingen und Himmelsbögen
Maler: Leopold Parmann (tätig 1783-1816) Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1804

Der Teller ist mit verschiedenen Schmetterlingen bzw. Nachtfaltern bemalt, darunter das schwarz-rote „Hufeisenklee-Widderchen", der gelbe, gefleckte „Pantherspanner" und das schwarze, weißgepunktete,,Weißfleck-Widderchen". Das Sammeln und Studieren von Schmetterlingen gehörte zu den privaten und beschaulichen Tätigkeiten des frühen 19. Jahrhunderts. Als dekoratives und symbolisches Element hatte die Kunst des Klassizismus den Schmetterling aus der Antike übernommen.

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Teller mit afrikanischen Tieren und Goldrelief-Arabesken
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1805

Dieser Teller stammt aus einer Serie mit verschiedenen Tierdarstellungen, deren Vorlagen sich im Nachlass der kaiserlichen Porzellanmanufaktur erhalten haben (MAK, Wien). Als Entwerfer gilt Georg Lamprecht (gest. 1828), dessen meisterhafte Tierstudien im Tiergarten von Schönbrunn entstanden und anhand signierter Blätter und Porzellane belegt sind. Die feinen Arabesken sind ebenfalls Lamprecht zuzuschreiben, auch dazu sind vergleichbare signierte Entwürfe überliefert. Lamprecht arbeitete zwischen 1779 und August 1787 in Paris sowie an der königlichen Manufaktur in Sèvres. Dort entstand eine Tischplatte mit verschiedensten Tierarten in paradiesi schem Frieden vereint, darunter ein ähnlicher Löwe (heute Bayerisches Nationalmuseum, München).

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Dessertteller mit Chinoiserien in Imitation ostasiatischer Lackarbeiten
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1805

Kaffeetasse in "Campaner"- Form mit Untertasse und Chinoiserien in Imitation chinesischer Rotlackarbeiten
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1801

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Kratervase mit Sockel
Kaiserliche Manufaktur, Wien, um 1828
Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, Vaduz-Wien

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Meerkatze
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, 1847

Eine Vorliebe für exotische Interieurs, Kleidung und Haustiere ist zeittypisch für das 19. Jahrhundert, genährt von Reiseberichten, der ästhetischen Neuheit und der Abenteuerlust sowie nicht zuletzt von der Kolonialisierung und dem verhängnisvollen Anspruch, sich ferne Länder, ihre Natur und ihre Völker anzueignen. Die "Mode", wilde Tiere zu halten, findet ihren Widerhall in sorgfältig nach der Natur studierten Tierdarstellungen in Porzellan.

Kakadu
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1848

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

Butterdose in Form einer liegenden Kuh
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, um 1851

Tierdarstellungen gehören zu den beliebtesten Themen des Porzellans. Hier verbindet sich das Modell der freundlichen Kuh mit ihrer Funktion als Butterdose. Spielereien dieser Art waren typisch für die Mitte des 19. Jahrhunderts, als die einst barocke Kunst des trompe l'oeil wieder aufgenommen wurde und für Amüsement auf dem Tisch sorgte.

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

Das Kaiserpaar Franz Joseph I. und Elisabeth "Sisi'
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, 1854

Anlässlich der Vermählung am 20. April 1854 schuf die kaiserliche Porzellanmanufaktur Miniaturporträts des bejubelten Kaiserpaares Franz Joseph I. (1830-1916) und seiner Cousine Elisabeth ,Sisi' (1837-1898) als populäre Souvenirs einer verheißungsvollen Verbindung zweier junger Menschen der Häuser Habsburg und Wittelsbach. Büsten berühmter Persönlichkeiten wurden üblicherweise in bürgerlichen Haushalten aufgestellt. Kaiserin Elisabeth war, so die Meinung ihrer Zeit, die schönste Frau der Welt.

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

Großes Service mit Silhouetten der kaiserlichen Familie
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, 1800-1802 Reinhold Hofstätter Privatstiftung

Die erhaltenen Teile des Dessertservices aus kaiserlichem Besitz sind ein bedeutendes Dokument seiner turbulenten Entstehungszeit, der Jahre 1800-1802. Vergiẞmeinnichtblüten ranken sich um Silhouetten und Monogramme der Familie rund um Kaiser Franz I. (II.), seine Schwester, Königin Maria Carolina und seinen Neffen, Großherzog Ferdinand III. von Toskana, die mit ihren Kindern Zuflucht in Wien suchten. Maria Carolina verbrachte diese Jahre in ihrem geliebten Schönbrunn, voller Erinnerungen an ihre Mutter Maria Theresia. Sie bestellte eine Reihe von Porzellanen als Ausdruck ihrer engen Familienbande in sorgenvollen Zeiten des Umbruchs. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch dieses Service von ihr bestellt und mit nach Neapel zurückkehrte.

Einige ergänzte Teile sind in der dortigen Manufaktur entstanden. Zum Service gehörend haben sich zwei große Aufbewahrungs- und Reisekoffer erhalten, das Leder ist mit dem Namen der späteren Besitzerin geprägt: S.M: LA REINE MARIE AMÉLIE, jener Tochter Maria Carolinas, und Tante Leopoldinas, die 1808 mit Louis Philippe von Orléans vermählt wurde. Aus Frankreich gelangte es über den Kunsthandel nach Österreich zurück.
Silhouetten waren nicht nur sentimentale Souvenirs, sondern auch von Interesse für die damals bewunderte neue Wissenschaft der Physiognomie. Als willkommener und vergnüglicher Zeitvertreib veranstaltete die kaiserliche Familie des öfteren Schattenspiele und übte sich in Scherenschnitten.

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

PHANTASTISCHER REALISMUS AUF PORZELLAN
Wolfgang Hutter ist Gründungsmitglied der Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Die visionären Welten dieser surrealistischen Strömung sind mit malerischer und technischer Perfektion ausgeführt. Zwischen traumhafter Poesie und apokalyptischer Ahnung pendeln die detailreichen Darstellungen mit ihrer fein nuancierten Farbigkeit. Eine erste bedeutende Ausstellung im Wiener Belvedere im Jahr 1959 verhalf der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Gruppe zu ihrem internationalen Durchbruch, Anlässlich der Triennale in Mailand gestaltete Wolfgang Hutter im Jahr 1954 unter anderem die Bemalung einer Platte für die Porzellanmanufaktur
Augarten.

Arik Brauer ist ebenfalls Gründungsmitglied und auch einer der Hauptvertreter des Phantastischen Realismus. Er studierte, wie Wolfgang Hutter, bei dessen Vater Albert Paris Gütersloh an der Akademie der Bildenden Künste. Während seiner Zusammenarbeit mit der Porzellanmanufaktur Augarten entstanden Dekore für ein Kaffee- und Teeservice (1991) und Schachfiguren (1992) sowie Vasen und Teller, die seinem märchenhaften Kosmos entstammen und auf dem schimmernden Weiß des Stoffes Porzellan zu eigener Wirkung gelangen. Die auf Porzellan notwendige Feinmalerei findet ihr Pendant in den stilistischen Ansprüchen des Phantastischen Realismus.

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

Erzherzogin Leopoldina von Österreich (1797-1826)
Elias Hütter (1774-1865), zugeschrieben Biscuitporzellan, Sockel mit Leithnerblau und Golddekor, Bossierer F (Albert Lehrl)
Kaiserliche Porzellanmanufaktur, Wien, 1814
Museum St. Peter an der Sperr, Wiener Neustadt

Als Schüler der Akademie und des geehrten Modellmeisters der Manufaktur, des Bildhauers Anton, Grassi gehörte Elias Hütter zu den herausragenden Modelleuren der Wiener Porzellanmanufaktur. Er porträtierte in den ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts zahlreiche Mitglieder des Kaiserhauses. Die Büste Leopoldinas zeigt die Stärken Hütters in der subtilen und sinnlichen Darstellung der Gesichtszüge und einem gestalterischen Spiel zwischen Details und Einfachheit.

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

DIE NEUE KLARHEIT
Der Elan des Wiederaufbaus brachte auch einen Aufschwung der Porzellanproduktion. Im Laufe der 1950er und frühen 1960er Jahre entstanden Verkaufsfilialen der Firma Augarten in Linz, Salzburg, Wien und Bad Gastein. Der Firmenname wurde in "Wiener Porzellanmanufaktur Augarten Aktiengesellschaft zur Erneuerung und Fortsetzung der vormaligen Staatlichen (Aerarial-) Porzellanmanufaktur Wien" geändert. Die Verwendung des Begriffes "Manufaktur" ist bezeichnend für eine Zeit, die ihre Identität neu definiert und sich daher auf alte Traditionen stützt. Historische Formen und Dekore gehörten zum Hauptaugenmerk der Manufaktur, doch verpflichteten sich einzelne Entwerfer der Manufaktur auch dem Wunsch nach Erneuerung. Das Design der 1950er und 1960er Jahre wird neben den Dekoren des damaligen Malereileiters Edwin Breideneichen vor allem durch die Arbeiten von Ursula Klasmann in seiner harmonischen und schnörkellosen Klarheit ausdrucksvoll repräsentiert. Von 1950-54 studierte sie bei Oswald Haerdtl an der Akademie für angewandte Kunst in Wien, zwischen 1955 und 1985 war sie für die Wiener Porzellanmanufaktur Augarten als künstlerische Mitarbeiterin tätig. Von Verpackungspapier bis zu den modischen Rauchsets vertritt Ursula Klasmann die Modernität ihrer Epoche mit reduzierten Formen und graphischen Dekoren, die in schlichtem Schwarz, leuchtendem Rot oder in Pastelltönen ausgeführt sind. Ihr Speiseservice der Form 75 wurde 1960 bei der Triennale in Mailand präsentiert, 1965 erzielte es eine Auszeichnung bei der Münchner Handwerksmesse. 2009 wurde es wieder aufgelegt und in seiner
Zeitlosigkeit bestätigt.

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023

KUNST UND DESIGN DER GEGENWART
Immer wieder erstellen Künstler bei Augarten Unikate. Künstler und Designer entwerfen aber auch Formen und Dekore, die in die Produktion der Manufaktur aufgenommen werden.
Unter den Porzellanplastiken von Gundi Dietz sind Frauenfiguren, die mit „Würde und Wunden" der menschlichen Befindlichkeiten dargestellt sind. Jede Glätte des Werkstoffs Porzellan ist zugunsten einer unverblümten Expressivität aufgehoben.
Kurt Spurey schuf von 2002 bis 2004 als „Artist in Residence" an der Manufaktur Augarten Skulpturen, die den oft unsanften Prozess der Porzellanherstellung einbeziehen. Risse, Fingerabdrücke und andere Spuren bleiben in der Serie „Porcelain brut" nachvollziehbar. Die Vasen „Vexations" von Gregor Schmoll entstanden vor dem Hintergrund der Charakterköpfe des spätbarocken Bildhauers Franz Xaver Messerschmidt. So enthalten die Silhouetten der Vasen Profile der eigenen Physiognomiestudien des Künstlers, die erst auf den zweiten Blick als Vexierbilder sichtbar werden.

Seit den 1960er Jahren etablierte sich der Begriff „Design“ als bewusste Gestaltung eines funktionalen Objektes. Für Designer im Bereich Porzellan sind die Grenzen fließend, das funktionale Entwerfen wird um die Dimension des Künstlerisch-Experimentellen, inspiriert durch die Intensität der Bearbeitungsphasen, erweitert. Philipp Bruni, Marco Dessi, Thomas Feichtner, Katharina Ilieff und Gottfried Palatin haben in den letzten Jahren wesentlich zur Ausformung einer zeitgenössischen Identität der Marke Augarten beigetragen. Mit „Augarten brennt!" setzte die Manufaktur 2009 ein Zeichen, indem Street Art als nicht etablierte Kunstform auf den traditionellen Werkstoff Porzellan traf.

 Porzellanmuseum im Augarten, Jänner 2023




Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: