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Die Stadtpfarrkirche St. Stephan ist eine römisch-katholische Kirche und steht am östlichen Rand des alten Stadtkernes (Pfarrplatz) von Baden in Niederösterreich. Der Turm mit dem charakteristischen barocken Zwiebelhelm ist schon von weit her sichtbar und prägt bis heute das Stadtbild. Die Pfarrkirche steht unter Denkmalschutz.
Im Jahre 1220 wurde erstmals urkundlich ein Priester in Baden erwähnt.
Welche Stellung er hatte – er könnte Kaplan an der Burg Baden gewesen
sein – wurde nicht erwähnt. Als Traiskirchen mit all seinen Filialen
dem Stift Melk unterstellt wurde, kam es 1312 zur Loslösung Badens von
Melk. Es wurde nun selbstständige Pfarre unter dem Patronat von Stift
Melk. Nach länger anhaltenden Streitigkeiten zwischen den Bischöfen von
Passau und dem Stift Melk trat 1693 das Stift das Patronatsrecht an
Passau ab. Als die 1469 gegründete Diözese Wien zum Erzbistum erhoben
wurde, kam es 1729 zur Abtretung des bisher zu Passau gehörenden
Gebietes südlich von Wien, darunter auch Baden. 1784 wurde Baden
schließlich landesfürstliche Pfarre.
In seinen Umrissen gehört das Langhaus ebenfalls noch der romanischen
Bauperiode des 13. Jahrhunderts an. Aus dieser Zeit stammen vermutlich
nochdie figürlich-plastischen Werkstücke in Form von Tiergestalten und
fratzenartigen Menschenköpfen, die in der südlichen Arkadenreihe des
Langhausmittelschiffes als Rippenkonsolen wieder verwendet wurden. Im
Laufe des 15. Jahrhunderts bzw. — nach den Zerstörungen unter dem
Ungarnkönig Matthias Corvinus 1477 — noch bis ins frühe 16. Jahrhundert
erfolgte der Neubau der spätgotischen Staffelhalle: ein sechsjochiges,
gegenüber den Seitenschiffen etwas erhöhtes Mittelschiff, das im
östlichen Joch die Breite des romanischen Turmjoches erreicht.
Bemerkenswert sind auch die unterschiedlichen Gewölbefigurationen der
einzelnen Joche, die auf einen von Unterbrechungen geprägten Bauverlauf
unter Beteiligung mehrerer Bauhütten schließen lassen.
Ave-Verum-Gedenktafel beim Südportal
Über dem Aufgang zur Orgelempore erinnert eine 1911 angebrachte
Marmortafel daran, dass Wolfgang Amadeus Mozart im Jahr 1791 für seinen
Freund Anton Stoll, den Chorregenten von St. Stephan in Baden, das
berühmte „Ave Verum“ komponierte; die Uraufführung fand 1792 hier statt
— die Proben leitete Mozart selbst.
Blick vom Hochaltar ins Langhaus
Der wertvolle barocke Orgelprospekt mit seinen Rocaille-Schnitzereien,
Putten und Engeln mit Musikinstrumenten stammt noch von jenem im Jahr
1787 angekauften Instrument, das der Orgelbauer JOHANN HENCKE 1744
ursprünglich für die dann aufgehobene Dorotheerkirche in Wien
geschaffen hatte. Hencke gilt als der bedeutendste Orgelbauer der
Barockzeit in Wien. Die Aufstellung dieser Orgel in Baden, die wegen
des völlig anders dimensionierten Raumes nicht ohne Schwierigkeiten
vonstatten ging, besorgten die Brüder Johann und Joseph Wiest. Bereits
1912/13 wurde das altersschwache Werk der barocken Orgel entfernt und
damals durch ein neues mit pneumatischer Traktur ersetzt, wobei nun
aber das gesamte Pfeifenwerk in den westlichen Vorbau verlegt wurde —
der barocke Prospekt blieb zwar erhalten, aber stumm. Dies änderte sich
bei der jüngsten Renovierung 1987, als der Orgelbauer GERHARD HRADETZKY
aus Oberbergern (NÖ) eine neues Werk mit 27 klingenden
Registern einbaute. Dabei konnten am Spieltisch auch die Originaltasten
wieder verwendet werden, auf denen schon Mozart und Mendelssohn
Bartholdy und vermutlich auch Beethoven gespielt haben.
Die Kanzel besitzt am Korb Reliefs mit Darstellungen zur Botschaft Jesu
Christi: rechts das Gleichnis vom Sämann, der den Samen des
Gotteswortes ausstreut, in der Mitte die Übergabe des Himmelsschlüssels
an Petrus, links die biblische Szene vom reichen Fischfang, in der es
eigentlich um die Gewinnung der Menschen für die Verkündigungsbotschaft
geht.
Am Schalldeckel ist an der Unterseite die Taube des Hl. Geistes
angebracht, zuoberst steht eine weibliche Figur mit Schleier und Kreuz
als Symbolgestalt des Glaubens. Ein Putto hält das aufgeschlagene Buch
der Hl. Schrift und weist auf die lateinischen Worte „Ergo fides ex
auditu — auditus autem per verbum Christi“, zu deutsch: Der Glaube
kommt vom Hören, das Hören aber durch das Wort Christi.
Als krönender Abschluss der 1880 begonnenen umfangreichen Regotisierung
der Kirche wurde im Jahr 1893 der neugotische Hochaltar anstelle seines
barocken Vorgängers aufgestellt. Nach Entwurf des Architekten EUGEN
FASSBENDER führte ihn das Wiener Bildhauer-Atelier FRANZ LEIMER aus.
Der Altar selbst zeigt in seinen äußeren Baldachin-Nischen die beiden
Apostelfürsten Petrus (links, mit Schlüssel) und Paulus (rechts, mit
Schwert), darüber Johannes den Täufer und den hl. Severin. In der Mitte
flankieren zwei Anbetungsengel den Aussetzungsthron, darunter eine
Kopie der Mariendarstellung „Unsere Liebe Frau mit dem geneigten Haupt“
(1915). Die Predella (Zone zwischen Altartisch und Schrein) birgt den
Tabernakel, begleitet von Sitzreliefs der vier Evangelisten Markus
(Löwe), Matthäus (Engel), Johannes (Adler) und Lukas (Stier).
Der mächtige Aufbau (Höhe 9,50 m) nimmt ganz bewusst Rücksicht auf die
farbigen Chorfenster dahinter, wobei das mittlere mit der hier
dargestellten Steinigung des hl. Stephanus gewissermaßen die Stelle
eines Altarbildes einnimmt. Der als Patron der Badener Stadtpfarrkirche
verehrte Heilige und Erzmärtyrer (26. Dezember) war der erste der noch
von den Aposteln in Jerusalem geweihten Diakone. Er wurde
fälschlicherweise der Tempellästerung bezichtigt und vom Hohen Rat zum
Tode durch Steinigung verurteilt. Seine Gebeine wurden erst um 417
aufgefunden und schließlich in Rom beigesetzt
Betrachten wir noch die drei im Barock vermauerten und erst im Zuge der
Regotisierung wieder geöffneten Fenster im Chorschluss und ihre 1884
gestifteten Glasgemälde: in der Mitte wie schon erwähnt das Martyrium
des hl. Stephan, darüber die hl. Dreifaltigkeit, im linken Fenster als
Hauptfigur der hl. Karl Borromäus (ferner hl. Josef und Erzengel
Michael), im rechten Fenster die hl. Theresia von Avila (ferner hl.
Anna und Apostel Thomas). Die übrigen Fenster zeigen heilige
Namenspatrone ihrer jeweiligen Stifter (von links nach rechts): Bischof
Adolf und Julia, Maria und Anna, gegenüber Apostel Jakobus und
Johannes, Heimsuchung Marias bei Elisabeth.
Über der Tür zum Turmjoch: Votivbild anlässlich der Pestepidemie 1713
mit einer Ansicht von Baden, darüber das ehem. Hochaltarbild hl.
Stephanus
Für den ehemaligen barocken Hochaltar schuf im Jahr 1750 der berühmte
Maler PAUL TROGER in Wien das Hauptgemälde mit einer Darstellung der
Steinigung des hl. Stephanus. Bei der Regotisierung des Chores wurde
das Bild 1893 an der rechten Wand im Turmjoch zwischen Chor und
Langhaus angebracht. Das monumentale Gemälde (394 x 697 cm) zeigt im
Mittelpunkt die in strahlendes Weiß gekleidete Gestalt des Erzdiakons
Stephanus, dem brutalen Steinhagel seiner äußerst naturalistisch
dargestellten Henker ausgesetzt.
Unter dem Gemälde ist ein als Relief geschnitztes Votivbild angebracht,
das an die Pestepidemie in Baden im Jahr 1713 erinnert; es wurde, wie
die Inschrift dokumentiert, zusammen mit dem Pestheiligenaltar aber
erst 1760 als Stiftung der Badener Bürgerschaft ausgeführt.
Gegenüber ist über dem Eingang zur ehemaligen Kreuzkapelle eine
barocke, geschnitzte Dreifaltigkeitsgruppe (18. Jh.) angebracht; sie
ist eine Leihgabe aus der Sakristei der hiesigen Bürgerspitalskapelle
Nach Romanik und Gotik prägten das innere und äußere Erscheinungsbild
der Stadtpfarrkirche auch die Phase der Barockisierung der Einrichtung
im 18. Jahrhundert sowie die historistisch-neugotische Restaurierung
und Umgestaltung in den Jahren ab 1880 bzw. 1912-1914.
Das gotische Presbyterium mit seinem Rautengewölbe innen und den
schmalen Spitzbogenfenstern zwischen Strebepfeilern außen entstand um
1400. Noch etwas älter ist im Kern die unter dem Chorraum liegende
frühgotische Krypta, deren westlicher Teil in der Barockzeit zu einer
Gruft umgestaltet wurde (heute teilweise mit Schutt bedeckt, seit 1969
ist hier ein Schacht der Heizanlage). Einige Baudetails im Chor wie die
seitlichen Konsolen mit Steinfiguren und die Rosetten an den
Rippenkreuzungen stammen z. T. von der Regotisierung 1884/85, sind aber
nach Resten der gotischen Originale ergänzt. Die um 1758 errichtete
Sakristei an der Südseite des Chores (mit Barockaltar und
Sakristeischrank von 1743) erhielt im Zuge der Regotisierung noch einen
Verbindungsgang zum Presbyterium.
Dort wo heute der Volksaltar steht, errichtete man einst einen Altar zu
Ehren des Hl. Kreuzes, der aber im Jahr 1758 abgetragen wurde.
Stattdessen wurde der ehemalige Sakristeiraum unter dem Nordturm zur
Kreuzkapelle umfunktioniert; der dortige neue Altar wurde 1989 in den
Pfarrhof übertragen.
Das neugotische Chorgestühl von 1885 und die dazu passenden
Kreuzwegstationen im Langhaus sind dem aus Baden stammenden
KuratBenefiziaten von Wien-St. Peter, Msgr. Anton Schiestl zu
verdanken, der bereits 1881 anlässlich seines goldenen
Priesterjubiläums die vier Glasfenster im südlichen Seitenschiff
gestiftet hatte.
Fenster 'Anbetung der Könige' in der Josefskapelle
Die Josefskapelle ist auch Gedächtnisstätte für die gefallenen Badener des Ersten Weltkrieges.
Die nördlich an das linke Seitenschiff angebaute zweijochige Kapelle
besitzt ein spätgotisches Rautensterngewölbe (2. H. 15. Jh.) und
Spitzbogenfenster. 1708 barock ausgestaltet, wurde sie 1887 regotisiert
(dabei spitzbogiger Fensterdurchbruch zum Seitenschiff). Anstelle des
barocken kam ein neugotischer Altar mit einer Statue des hl. Joseph mit
dem Jesuskind.
Bereits 1880 wurde als erstes neugotisches Fenster der Stadtpfarrkirche
links vorne in der Josefskapelle die nach Hans Holbein gestaltete Szene
„Anbetung der Könige“ eingesetzt, hergestellt in der
königlich-bayerischen Hofglasmalerei F. X. Zettler in München.
Das nächste Fenster von 1884 zeigt die Muttergottes-Erscheinung der Bernadette von Lourdes.
Die Türkenkriege von 1529 und 1683 brachten schwere Zerstörungen mit
sich. So musste neben dem Aufsetzen der Turmzwiebel vor allem das
Innere der Kirche im barocken Stil erneuert werden. Im Laufe des 18.
Jahrhunderts erfolgte die Aufstellung mehrerer Seitenaltäre im Langhaus
der Kirche: am Beginn jedes Seitenschiffes, der Marienaltar mit der
Kanzel, der Sebastiansaltar und der Antoniusaltar. Auch die
Josefskapelle wurde barockisiert. Dort wo heute der Volksaltar steht,
errichtete man einen Altar zu Ehren des Heiligen Kreuzes, der aber im
Jahre 1758 in den ehemaligen Sakristeiraum unter dem Nordturm
(Kreuzkapelle) versetzt wurde. Zur selben Zeit beendete man den Bau der
heutigen Sakristei. Erwähnenswert ist auch, dass der Sebastiansaltar
von der Badener Bürgerschaft zur Erinnerung an das Pestjahr 1713
gestiftet wurde. Dies wird durch eine Votivtafel bezeugt, die heute
über dem Ausgang bei der Sakristei hängt. Im Presbyterium wurden die
Fenster fast bis zur Gänze zugemauert und ein barocker Hochaltar
aufgestellt. Das Altarbild mit der Darstellung der Steinigung des hl.
Stephanus malte der berühmte Barockkünstler Paul Troger. Auch in der
Sakristei hat das Barock seine Spuren hinterlassen: den Altar zu Ehren
des hl. Franz Xaver und den wertvollen barocken Sakristeischrank aus
dem Jahr 1743.
Noch spätgotisch (um 1500) ist der zwölfeckige Taufstein aus rotem,
gesprenkelten Marmor; der Deckel mit kreuzförmigem Bronzegriff wurde
1967 nach Entwurf von Prof. Dr. HANNS PETERMAIR aus Wien geschaffen.
An der Wand des Treppentürmchens wurde 1991 die aus Lindenholz
geschnitzte Relieftafel „Madonna von Stalingrad“ angebracht. Die
Darstellung ist die Nachbildung einer Kohlezeichnung, die Oberarzt Dr.
Kurt Reuber am Hl. Abend 1942 in einem Lazarettbunker im Kessel von
Stalingrad anfertigte (Originalzeichnung in der Berliner
Gedächtniskirche).
Das 2001 geschaffene Farbglasfenster über dem nördlichen Seitenausgang
erinnert an den sel. Pater Anton Maria Schwartz (geb. 1852 in Baden bei
Wien, 1875 in Wien zum Priester geweiht). Als inniger Verehrer des hl.
Josef Kalasanz ließ er sich von Gott als Erzieher für die jungen
Arbeiter und Lehrlinge berufen. Für diese Anliegen gründete er 1889 die
Kalasantiner-Kongregation, die er bis zu seinem Tod 1929 leitete. Papst
Johannes Paul II. sprach ihn am 21. Juni 1998 in Wien selig. Der
künstlerische Entwurf stammt von der akad. Malerin SABINE MÜLLER-FUNK
(Technik: auf Glas geätzter Siebdruck). Die Farbsymbolik nimmt Bezug
auf die Seligkeit, die P. Schwartz zugesprochen ist (gelb), die
besondere Liebe des Paters für die Jugend (rot) und das Wasser der
Taufe, die P. Schwartz hier inder Stadtpfarrkirche empfing, sowie sein
der Jugendseelsorge gewidmetes Lebenswerk (blau). Der Buchstabe M zieht
sich durch das ganze Fenster wie auch die Verehrung der Gottesmutter
durch das Leben des seligen Paters Schwartz.
Fensterbild 'St. Aloysius' gewidmet 1954 von Louise und Guido Drechsler
Die ehemaligen barocken Altäre an den Stirnwänden der Seitenschiffe
wurden im 19. Jahrhundert abgetragen und durch neugotische Altäre
ersetzt. Von diesen stammen die beiden Figuren Herz-Jesu (links) und
Maria Immaculata / Herz Mariens (rechts) samt den baldachinartigen
Umrahmungen.
Der Immaculata-Altar bildet mit der gleichfalls im Jahr 1778
geschaffenen Kanzel ein reizvolles Ensemble. Bekrönt von zwei Engeln
und einem wolkenumkränzten Kelch mit Hostie (Zeichen der Eucharistie)
steht in der Mitte die Statue der nach der Gegenreformation besonders
verehrten Maria Immaculata, der ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter:
zu ihren Füßen die schlangenumwundene Erdkugel, in der rechten der
Lilienstängel als Symbol der Reinheit, um das Haupt ein Sternenkranz.
Begleitet wird sie von ihren Eltern, der hl. Anna und dem hl. Joachim
mit dem schaufelförmigen Stab. Eine Inschrift erinnert daran, dass das
Badener Müllerhandwerk Auftraggeber dieses Altares war — Anna und
Joachim gelten beide auch als Schutzpatrone der Müller.
Am vorderen rechten Langhauspfeiler steht der spätbarocke, 1760 von der
Badener Bürgerschaft gestiftete Altar zu Ehren der Heiligsten
Dreifaltigkeit (Darstellung im Altarauszug) und der Pestheiligen. In
der Mitte steht der von Pfeilen getroffene hl. Märtyrer Sebastian,
rechts der ebenfalls als Pestpatron verehrte hl. Rochus mit der
Beinwunde; links ein hl. Papst mit Tiara, den das Attribut der
Weintrauben als den hl. Urban kennzeichnet, der als Patron der Winzer
auch in Baden und Umgebung große Verehrung genoss.
Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag,
kann sich gerne dieses Video antun: