Atlantikwall

Belgien - westwärts gequert, Oktober 2019

Bei Ostende (Oostende) befindet sich die Domäne Raversyde mit dem Freiluftmuseum 'Atlantikwall'.
Rundgang nach eigenem Ermessen und Tempo um EUR 8,- ohne Zeitdruck.

Der Atlantikwall war eine 2685 Kilometer lange Verteidigungslinie entlang der Küsten des Atlantiks, Ärmelkanals und der Nordsee. Sie wurde im Zweiten Weltkrieg von den deutschen Besatzern in den Ländern Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark, Norwegen, den britischen Kanalinseln sowie dem Deutschen Reich im Zeitraum 1942 bis 1944 geplant und teilweise erbaut. Der Atlantikwall sollte diese Gebiete vor der alliierten Invasion schützen.

In Raversyde findet man die einzige noch erhaltene deutsche Küstenbatterie aus dem Ersten Weltkrieg, Batterie Aachen.

Die Batterie Aachen ist die einzige deutsche Küstenbatterie aus dem 1. Weltkrieg, die noch so gut erhalten ist, dass man sich ein vollständiges Bild von der Küstenverteidigung in dieser Zeit machen kann.

Die Batterie wurde in der ehemaligen Königlichen Domäne errichtet, die König Leopold II. im Jahre 1903 erworben hatte und bebauen ließ.
Am 8. Januar 1915 wurde mit dem Bau der Batterie begonnen, Ende April 1915 war sie betriebsfertig. Die 4 Geschützbettungen und die Beobachtungsbunker an jeder Seite sind auch heute noch zu erkennen. Der westliche Beobachtungsbunker diente als Kommandoposten und wurde später auch von der Batterie Deutschland in Bredene benutzt. Die Kanonen wurden zum Schutz mit Stahlkuppeln versehen. Eine Schmalspurbahn verband die Geschützstellungen mit den verschiedenen Munitionsdepots, die in den Dünen versteckt waren. Neben dem Beobachtungsposten befindet sich auch heute noch der ursprüngliche Entfernungsmesser, mit dem die Entfernung zu möglichen Zielen auf See bestimmt wurde. Auch ein kleines Stück Schützengraben und der bombensichere, mit Sand und Beton bedeckte Unterschlupf aus eisernen Wellblechplatten sind erhalten geblieben.

Nach dem Krieg und dem Tod Alberts I. war dessen Sohn Prinz Karel an der Königlichen Domäne interessiert. Er ließ sich aber erst 1950 nach Beendigung seiner Regentschaft definitiv dort nieder. Ihm haben wir es zu verdanken, dass die Batterie Aachen und die Konstruktionen aus dem 2. Weltkrieg so außergewöhnlich gut erhalten sind. Da er den Abriss der Anlagen zu verhindern wusste, konnte nach seinem Tod alles restauriert werden. 1988 wurde das Anwesen zur Provinzdomäne. Die Batterie Aachen steht inzwischen unter Denkmalsschutz.

Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg besetzten die Deutschen Raversyde, wo sie eine Küstenbatterie mit Beobachtungsbunkern, Geschützstellungen, Mannschaftsunterkünften und anderen Gebäuden errichtet.
Die Batterie Aachen ist einmalig, denn sie ist die einzige Küstenbatterie, die noch so gut erhalten ist. Auch die Batterie Saltzwedel-neu aus dem Zweiten Weltkrieg befindet sich noch in einem außergewöhnlich guten Zustand.

Heute ist dies ein ruhiges Stück Nordseeküste. Aber zwischen 1914 und 1918 wütete hier der größte Krieg, den die Welt bis dahin erlebt hatte.
Für Belgien begann der Erste Weltkrieg am 4. August 1914. An diesem Tag überquerten die deutschen Truppen die Grenze. Sie wollten in Frankreich einfallen, aber dazu mussten sie durch das neutrale Belgien. König Albert I. und seine Regierung reagierten sofort: Belgien würde sich wehren.

Zusammen mit den französischen und britischen Verbündeten leisteten die belgischen Truppen heftigen Widerstand, aber Ende August gelangten dann doch die ersten deutschen Soldaten über die französische Grenze. Die Belgier zogen sich nach Antwerpen zurück und griffen den Feind von dort aus noch zweimal in der Flanke an.

Die deutschen Soldaten ließen inzwischen ihre Wut an der Bevölkerung aus. An diversen Orten in Belgien ermordeten sie insgesamt über 5.000 Bürger Schätzungsweise 1,5 Millionen Belgier - fast ein Füntel der Bevölkerung - flüchteten in die Nachbarländer. Die meisten kehrten nach einigen Wochen oder Monaten zurück, aber Hunderttausende konnten erst nach dem Krieg wieder nach Hause.

Mitte Oktober nahmen die Deutschen nach zweiwöchiger Belagerung Antwerpen ein. Zehntausende belgische Militärs zogen sich über die Schelde in
Richtung Küste zurück. König Albert, die Regierung und die Armeeführung richteten sich in Ostende ein. Die Stadt wurde dadurch kurz zur belgischen Hauptstadt.

Aber die Belgier mussten sich unter dem Druck der deutschen Übermacht weiter hinter die Yser zurückziehen. Die Niederlage unmittelbar vor Augen, stimmte Albert I. der Flutung der Yser-Ebene zu. Das Meerwasser strömte so lange in die Polder, bis das Yser-Gebiet eine einzige große Wasserfläche war. Die überfluteten Gebiete wurden rasch sumpfig und damit unpassierbar. Höchstens Menschen mit leichter Ausrüstung konnten sich hier noch bewegen, aber schon das Schleppen eines Maschinengewehrs war unmöglich. Kanonen oder Nachschub über geflutetes Gebiet zu transportieren? Unmöglich.

In der Hoffnung, nicht zu großen Schaden anzurichten, wurden die Schleusen geöffnet. Es blieb keine andere Möglichkeit, als Meerwasser auf die Felder vordringen zu lassen - obwohl sie damit auf Jahre hinaus für jede landwirtschaftliche Nutzung unbrauchbar werden mussten.

Die Küstenbatterien schützten die Häfen von Brügge, Seebrügge und Ostende. Sie spielten im Krieg auf See eine entscheidende Rolle.

Der Erste Weltkrieg wurde auch auf dem Wasser bestritten. Britische Kriegsschiffe blockierten die deutschen Häfen in der Hoffnung, den Nachschub
von Land abzuschneiden. Die Deutschen schlugen mit U-Booten zurück, die unbemerkt durch die Blockade schlüpfen konnten. Sie versenkten die alliierten Kriegsschiffe und im so genannten uneingeschränkten U-Boot-Krieg auch Frachtschiffe, Fischerboote und sogar Passagierschiffe.

Die Alliierten taten alles Erdenkliche, um sich vor den Unterseebooten zu schützen. Sie ließen Handelsschiffe in Konvois fahren, die von Kriegsschiffen begleitet wurden. Sie beschossen die U-Boote mit Minen und Unterwasserbormben, fingen sie in Stahinetzen ein und versuchten, sie zu rammen. Aber sie konnten nicht verhindern, dass tausende Schiffe verloren gingen.

In dieserm Krieg auf See spielten die belgischen Häfen eine entscheidende Rolle. Brügge war der Heimathafen von Dutzenden von U-Booten, Die Deutschen bauten dort eine riesige Schiffswert mit einem kolossalen Bunker für acht Unterseeboote.

Von Brügge fuhren die U-Boote durch Kanäle zu den Häfen von Seebrügge und Ostende und so weiter in die Nordsee. Die Allierten versuchten mehrere Male den Zugang zu den Häfen durch das Versenken ihrer eigenen Schiffe zu blockieren, aber es gelang ihnen nur teilweise. In Seebrügge und Ostende lag auch eine Flotte mit Torpedobooten und Minenjagdbooten.

Die in Belgien stationierten U-Boote versenkten über 2.500 alliierte Schiffe. Aber sie zahlten einen hohen Preis: 80 der 178 Unterseeboote gingen verlören, 1.200 der 5.000 Soldaten kehrten nicht lebend zurück.

Die Batterie Aachen lag im äußersten Westen einer beeindruckenden Linie von rund 40 Küstenbatterien: befestigte Stellungen, aus denen heraus die Deutschen mit Kanonen Ziele auf See beschießen konnten.

Ab Ende 1914 besetzten die Deutschen über 95 Prozent von Belgien, unter anderem drei Viertel der Küste. Um diese zu verteidigen, begannen sie nach einigen Monaten mit dem Aufbau von Küstenbatterien. Diese erstreckten sich von der niederländischen Grenze bis hierher nach Raversyde.

Westlich der Batterie Aachen lag ein befestigter Streifen aus Dünen und zerstörten Dörfern. Dieser schloss sich an der Yser-Mündung an die Westfront an, die quer durch Flandern und Nordfrankreich bis zur 750 km entfent liegenden französisch-schweizerischen Grenze verlief.

Die Batterien sollten die Küste gegen eine Landung der Alliierten verteidigen, Gleichzeitig dienten sie als Schutz der Häfen in Ostende und Seebrügge. Über die Häfen fuhren die deutschen U-Boote in und aus ihrem Heimathafen in Brügge, im Landesinneren.

Die westlichen Batterien wie Aachen beschossen auch die alliierten Stellungen an der Yser. Die östlichen Batterien bestrichen die Mündung der Westerschelde. Sie mussten vermeiden, dass die Alliierten den Hafen von Antwerpen blockierten oder über die neutralen Niederlande in Belgien einmarschierten. Deshalb riegelten die Deutschen die Grenze zu den Niederlanden mit Bunkerketten und Laufgräben ab: die Hollandstellung. Um Schmuggler und Spione zurückzuhalten, bauten sie eine Stacheldrahtsperre, die unter Hochspannung stand.

Die Batterie Saltzwedel-Neu gehörte zur Marineartillerieabteilung 204, die mehrere Batterien an der belgischen Küste aufgestellt hatte. Sie verdankt ihren Namen einem berühmten Unterseebootkommandanten, der 1917 verstarb.

Sie wurde von 1941 an auf der Domäne von Prinz Karl gebaut und umfasste einen Leitstand, vier Geschützstände mit angrenzenden Munitionsbunkern und zwei Flankierungsbunker. Luftabwehrgeschütze und mehrere Scheinwerfer dienten der Verteidigung der Batterie. Die Soldaten besaßen ihre eigenen Mannschaftsunterkünfte. Alle Bauten waren durch Laufgräben oder unterirdische Gänge miteinander verbunden.

Diese Bestandteile sind alle noch zu sehen; sie wurden mit größter Sorgfalt wiederhergestellt und eingerichtet. Die Batterie Saltzwedel-Neu ist ein charakteristisches Beispiel für den Atlantikwall. Aufgrund ihres verhältnismäßig gut erhaltenen Zustands nimmt sie unter den europäischen Museen, die auf Befestigungen spezialisiert sind, den ersten Platz ein.

Die Batterien standen in den Dünen, auf dem Deich, auf einer Hafenmauer oder in den Poldern. Sie waren häufig durch Laufgräben verbunden. Wo die Batterien etwas weiter entfernt voneinander lagen, wurden dazwischen kleinere Stützpunkte eingerichtet.

Weiter im Landesinneren lagen einige große Batterien, die neben der See auch die Yser-Front unter Beschuss nahmen. Sie erhielten ihre Befehle von den Batterien und Beobachtungsposten an der Küste, So fungierte die Batterie Aachen ab 1917 als Beobachtungsposten für die Batterie Deutschland in Brederne.

Im Zweiten Weltkrieg besetzten die deutschen Truppen erneut die Küste. Die deutsche Kriegsmarine schützte die Küstenhäfen schon im Juni 1940.

Das Verteidigungssystem wurde anfangs 'Neuer Westwall' genannt und wurde nach dem früheren Westwall oder der Siegfried-Linie, die zur Verteidigung der westlichen deutschen Grenze von Aachen bis an die Schweiz errichtet wurde, benannt. Erst Ende August 1942 wurde der endgültige Auftrag zum Bau des Atlantikwalls, einer Verteidigungslinie, die sich von der französisch-spanischen bis zur finnisch-russischen Grenze über eine Länge von mehr als fünftausend Kilometern erstreckte, erteilt. Entlang den Küsten von den Niederlanden, Belgien und Frankreich wurden insgesamt 15.000 Bunker gebaut.

Zum Bau der Linie beschlagnahmten die Deutschen alle verfügbaren Baumaterialien. Neben den Einheiten, die in den Batterien eingesetzt wurden, bauten vor allem die Genietruppen (Festungspioniere) und die Organisation Todt am Atlantikwall. Außerdem wurden Bürger und Kriegsgefangene als Freiwillige oder Zwangsarbeiter eingesetzt.

Die mehr als 60 bunker, Beobachtungsposten und Geschützstellungen und die langen offenen oder unteridischen Gänge bilden zusammen einen der am besten erhalten Teile der berüchtigten deutschen Verteitigungslinie 'Atlantikwall', die im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen gebaut wurde.

Viele, aber nicht alle Bunker am Atlantikwall sind Standardbunker, die sogenannten Regelbauten. Jeder Bunkertyp erhielt eine Typennummer aus drei Ziffern und einen Ausbaustärke-Code. Die Bunker der 6xx-Serie wurden eigens für den Atlantikwall entwickelt. Die Batterie Saltzwedel-neu gehörte zur Marineartillerieabteilung 204 und verdankt ihren Namen Reinhold Saltzwedel, einem deutschen Unterseebootkommandanten aus dem Ersten Weltkrieg. Die Mannschaften der Einheit bauten die Batterie ab dem Sommer 1941 selbst aus. 1943 wurde die Batterie in Tirpitz - nach dem Admiral von Tirpitz - umbenannt.

Das Eingangstor der Batterie ging auf den Seedeich. Mit der Küstenstraßenbahn wurden denn auch Munition und Materialien antransportiert. Auch einige besondere Besucher betraten über dieses Tor die Batterie.

Im November 1942 besuchten ein paar prominente deutsche Dichter und Journalisten die Batterie Saltzwedel-neu im Rahmen einer Vergnügungsreise entlang der Küste des Atlantik und des Armelkanals. Dieser Besuch wurde für Propagandazwecke organisiert. Die Dichter mussten den Krieg in ihren Werken in Deutschland positiv beleuchten.

Das 'Fischerhäuschen' wurde 1936 vom Baron Goffinet, einem Freund des Prinzen Karel, gebaut. Im Krieg wurde es vom deutschen Batteriekommandanten Robert Koppe als Wohnung benutzt.

Auf den Stränden entlang dem ganzen Atlantikwall wurden auf Befehl von Rommel Hindernisse errichtet, um Landungen der Alliierten zu verhindern.
1. Baumstämme, die diagonal und in Richtung zum Meer im Sand aufgestellt wurden und mit Minen oder einer Granate ausgestattet waren, um Landungsboote zu vernichten.
2. Baumstämme, die unter der Wasserlinie aufgestellt und mit Minen oder Sägezähnen ausgestattet wurden, um Landungsboote aufzureißen.
3. C-Elemente oder "belgische Tore" als Panzersperre.
4. "Nussknackerminen": schwere Betonklötze mit Minen, Bomben oder Explosivkörpern, die durch den Druck einer kippenden Schiene explodierten.
5. Einfachere Versionen der Nussknackerminen, die ausschließlich aus Eisenprofilen bestanden.
6. Eine große Anzahl von Tschechenigeln wurde eingesetzt. Betonklötze verhinderten, dass sie weggeschwemmt wurden.
7. Eisen- und Betonpyramiden.

Feldmarschall Rommel erarbeitete Anfang 1944 ein Programm, um mögliche Landungen der Alliierten schon an den Stränden abzuwehren. Dazu ließ er verschiedenerlei Hindernisse am Strand aufstellen.

Feldmarschall Erwin Rommel, der sich in der afrikanischen Wüste die ersten Sporen verdient hatte, besuchte die Batterie am 21. Dezember 1943. Kurz zuvor war er für die Verteidigungsanlagen von der Nordsee bis an die Biskaya verantwortlich geworden. Auch Großadmiral Karl Dönitz, Befehlshaber der deutschen Marine und nach Hitlers Tod sogar kurz Staatsoberhaupt, besuchte die Batterie 1943 kurz.

Die Besatzung der Batterie bestand meistens aus einem Offizier (dem Kommandanten), etwa zwanzig Unteroffizieren und zirka hundert Soldaten. Um ein Geschütz zu bedienen, waren sieben bis acht Mann nötig. Zu den Aufgaben der anderen Soldaten gehörten unter anderem die Verteidigung der Batterie, die Bedienung der Luftabwehrgeschütze, die Beobachtung und die Kommunikation.

Die Batterie ist gut erhalten. Nur die hölzernen Baracken, in denen sich die Mannschaften tagsüber aufhielten, und der westliche Teil, der sich außerhalb des Geländes befand, sind verschwunden. Die Batterie Saltzwedel-neu ist denn auch ein Musterbeispiel für die Stellungen des Atlantikwalls.

Die Hauptbewaffnung bestand aus vier Geschützen, zunächst erbeuteten belgischen, in offener Bettung aufgestellten Feldgeschützen, und später deutschen U-Bootkanonen, die in geschlossenen Bunkern untergebracht wurden. Auf beiden Seiten der Batterie befand sich ein Flankierungsbunker aus dem Jahre 1943, der zum Flankenschutz diente. Je nach Notwendigkeit wurde das Feldgeschütz in den offenen Stellungen gerade neben dem Bunker oder landeinwärts aufgestellt. In der Mitte der Batterie befinden sich auch heute immer noch der Beobachtungsbunker und der Kommandobunker. Außerdem gibt es Mannschafts-, Vorrats- und Munitionsbunker.

Die Soldaten und Unteroffiziere schliefen in kleinen Räumen, in denen mittels Ketten schmale Betten an die Decke gehängt waren. Im Truppenraum auf der rechten Seite waren fünfzehn Mann untergebracht. Die Betten waren typisch für die Marine: drei Betten übereinander, an Ketten aufgehängt und hochklappbar, genauso wie auf einem Kriegsschiff.

1944 war die Batterie Saltzwedel-neu mit 5 Flugabwehrkanonen, FLAK, ausgerüstet. Diese schnellfeuernden Kanonen hatten eine begrenzte Reichweite, wodurch in großer Höhe fliegende Bombenflugzeuge, die zu Zielen in Deutschland flogen, außer Schussweite waren.

Die Abwehrgeschütze wurden eingesetzt, wenn Jagdflugzeuge den Flughafen von Raversijde angriffen oder wenn Flugzeuge auf dem Rückweg von einer Mission über Deutschland ihre restlichen Bomben auf den Atlantikwall, ihr letztes mögliches Ziel, abwarfen. Dabei gab es in der Batterie Saltzwedel-neu nie Opfer.

Die besten Soldaten und diejenigen, die etwas angestelt hatten, wurden an die Ostfront versetzt. An der Westfront waren die ältesten und die jugendlichen Soldaten tätig. In der Batterie waren auch etwa acht sogenannte Osttruppen anwesend. Diese Freiwilligen der russischen Befreiungsarmee wollten ihr Land vom Kommunismus befreien. Die Deutschen misstrauten diesen russischen Kollaboratoren jedoch und setzten sie deshalb nicht an der Ostfront ein.

Vom Beobachtungsraum aus bot sich dank des breiten Gucklochs ein Blick von Nieuwpoort bis zum Hafeneingang Ostendes. Schattenrisse wurden zur Identifizierung von Schiffen und Flugzeugen verwendet. Oben auf dem Bunker befand sich ein großer Entfernungsmesser, der die Entfernung zu den Zielen bestimmte. Über ein Sprachrohr wurden die Informationen in den Rechenraum weitergeleitet.

Der Kommando- und Beobachtungsbunker war der Mittelpunkt der Batterie. Er diente als Unterkunft für zahlreiche Mannschaften, die allerhand Aufgaben erfüllten. Im hölzernen Anbau befanden sich die Sanitäranlagen.
Vom zentralen Raum aus erfolgte die Kommunikation mit einerseits dem Beobachtungsraum und den Kanonieren, und mit andererseits den anderen Batterien und dem Kommando in Ostende. Mit einer Enigma wurden Nachrichten verschlüsselt.

Die Soldaten hielten sich tagsüber in hölzernen Baracken auf und verbrachten die Nacht in soliden Mannschaftsbunkern, die aus der ersten Bauphase der Batterie datieren. Letztere boten 30 Soldaten, die auf zwei Zimmer verteilt waren, sowie 3 Unteroffizieren, die im kleinen Raum gerade gegenüber der Eingangstür schliefen, Unterkunft.

Ab Ende August 1942 wurde mit dem Bau des Atlantikwalls begonnen. Nach dem Überraschungsangriff auf Dieppe wurde ein neues umfassendes Bauprogramm aufgelegt. Schon rasch zeigte sich, dass eine vollständige Durchführung dieses Programms unmöglich war. Der Schwerpunkt wurde wieder auf die Häfen und die Befestigung der existierenden Batterien verlegt.

Die Deutschen räumten der Verteidigung der Häfen absolute Priorität ein. Zu diesem Zweck errichteten sie Küstenbatterien mit Geschützen in offenen Stellungen, die in jeder Lage (360°) einsetzbar waren. Ende 1941 stellte sich heraus, dass an der Ostfront zusätzliche Truppen eingesetzt werden mussten, so dass zahlreiche Soldaten aus der Westfront versetzt wurden. Da demzufolge im Westen ein Mangel an Soldaten entstehen könnte, wurde die Küstenverteidigung weiter ausgebaut.

Im Jahre 1943 nahm die Angst vor Bombardements der Alliierten zu. Kanonen wurden in Bunker eingebaut, wodurch sie nur noch in Richtung Meer feuern konnten.

Die Mannschaften machten Truppenübungen und führten Instandhaltungsarbeiten und ihre täglichen Aufgaben aus. Nachmittags hatten sie gewöhnlich frei. Zur Erholung trieben die deutschen Soldaten Sport und machten sie Ausflüge. Weiter gingen sie ins Kino oder besuchten sie eine Varieté-Show im Lager selbst oder in der Nähe. Manche Soldaten hielten Kaninchen, Hühner und Schweine oder bauten Gemüse an. Die Batterie verfügte sogar über eine eigene Bibliothek.

Die Kerben in der Seitenmauer dieser Anlage aus Ziegelstein datieren vom 8. August 1944. Zu jenem Zeitpunkt erkannten die Deutschen, dass keine zweite Landung mehr folgen würde, und bauten sie eine landeinwärts gerichtete Stellung. Die Anlage musste solide aussehen, aber war eigentlich nur eine Konstruktion aus Ziegelstein, die mit einer Zementschicht überzogen worden war.

Auch die Geschütze waren sehr veraltet. Die Panzerabwehrkanone hatte jedoch eine starke Feuerkraft, dadurch dass zur Panzerabwehr Hohlladungsgranaten, die auf das Rohr aufgesteckt wurden, verwendet wurden.

Jeder Mannschaftsbunker verfügte über einen Notausgang: einen Betonschacht, der an den Bunker angebaut wurde. Der Schacht war mit Sand gefüllt und oben mit einem Betondeckel verschlossen. Im Bunker selbst war er mit einer Tür oder Balken, wohinter sich noch mehr Balken sowie Steine befanden, verschlossen. Es war somit ein großes Kunststück, aus dem Bunker zu entkommen.

Zur einfacheren Identifizierung von Flugzeugen verfügte die Besatzung der Batterie über Schattenrisse. Zum Zielen benutzte man das Visier und Leuchtspurgeschosse, die sich jeweils nach einer bestimmten Menge von Patronen in Magazin befanden. Jeder auf das Rohr aufgemalte weiße Ring steht für ein abgeschossenes Flugzeug.

Die Uniform war feldgrau. Kennzeichnend waren die feldgrauen oder kupferfarbenen Knöpfe mit Anker sowie die Schulterstücke mit goldener geflügelter Granate. Die Soldaten der Marineartillerie-Abteilung 204 trugen - entgegen den Vorschriften - einen gelben Seesterm auf der Kappe oder Mütze. Bei der täglichen Arbeit trugen sie die klassische weiße Seemannskleidung oder eine einfache feldgraue Jacke und Hose ohne Abzeichen. Die beliebteste Ausgehkleidung war der blaue Matrosenanzug, der man allerdings auf eigene Kosten anfertigen lassen musste.

Am 6. September 1944 verließen die Deutschen angesichts der Annäherung der Alliierten widerstandslos die Batterie Saltzwedel-neu. Eigentlich mussten sie dabei die Bunker sprengen, aber sie machten nur die Geschütze unbrauchbar. Der Kampf verlagerte sich nach Knokke und die Scheldemündung, weil sie den Hafeneingang in Antwerpen verteidigen wollten. Die 2. Kanadische Infanteriedivision, eine zweisprachige, englisch-französische Division, befreite diesen Küstenabschnitt.

Nach der Landung alliierter Truppen in der Normandie bauten die Deutschen zunächst weitere Verteidigungsanlagen. Sie nahmen an, dass D-Day ein Ablenkungsmanöver für eine Landung an einer anderen Stelle war. Die FLAK-Stellung in der offenen Geschützstellung wurde am 10. Juni 1944 errichtet. Diese schnell aufgestellten, improvisierten Anlagen zeugen von der erhöhten Nervosität der Deutschen.

In den Batterien lag noch viel Munition verstreut und in manchen Bunkern hatten die Deutschen versteckte Sprengladungen gelegt. Die zahllosen Verteidigungsanlagen mussten denn auch sehr vorsichtig eingenomme werden. Die Entminung der Küstengegend und der Küstengewässer forderte noch viele Opfer, sowohl Belgier als auch deutsche Kriegsgefangene. Diese räumten Minen, Sprengfallen und Munition, wodurch der Strand im Sommer 1946 bereits wieder sicher war.

Fazit: Definitiv sehenswert! Das bescheidene Wetter passte auch zur Thematik.