Burg Forchtenstein

Esterházy im Burgenland, Mai 2023

Im 13. Jahrhundert als Grenzburg hoch über dem Rosaliengebirge errichtet, diente sie in den Türkenkriegen als Bollwerk des Westens. Seit dem frühen 17. Jahrhundert im Besitz der Familie Esterházy, beherbergt Burg Forchtenstein als Tresor bis heute die bedeutenden Kunstsammlungen der Familie.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Das Ende des Ersten Weltkrieges läutete 1918 eine Neuordnung in Europa ein. Die Donaumonarchie zerfiel in Einzelstaaten, in den Verträgen von St. Germain (1919) und Trianon (1920) wurde die Zugehörigkeit des deutschwestungarischen Gebiets weitgehend festgelegt. Damit befanden sich die herrschaftlichen Besitzungen der Familie Esterházy auf den Gebieten mehrerer Nachfolgestaaten. Burg Forchtenstein mit ihrer barocken Kunstkammer thronte nun auf österreichischem Boden, im neu entstandenen Bundesland Burgenland. Doch ehe dieses Bundesland an Österreich angegliedert wurde, erfuhr es von Kriegsende 1918 bis zu den Friedensschlüssen 1921 zahlreiche  Umbrüche, Neuorientierungen und Neuausrichtungen.

1919 wurde in Ungarn, wie auch in anderen Ländern in Europa, eine Räterepublik ausgerufen. Eine von vielen gesetzten Maßnahmen zur Neuordnung der Gesellschaft mündete in der Beschlagnahmung privaten Eigentums von öffentlicher Bedeutung. Darunter fielen auch die Kunstschätze der Familie Esterházy, allen voran die Bestände der sogenannten Schatzkammer auf Burg Forchtenstein. Hunderte Kunstobjekte wurden innerhalb weniger Tage von ihrem angestammten Platz entwendet und nach Budapest gebracht. 1921, nur zwei Jahre danach, erfolgte ein weiterer Zugriff auf die Kunstobjekte der Burg: Einige weitere Stücke wurden, wenn auch infolge einer privaten Initiative des Fürsten, in die ungarische Residenz Schloss Eszterháza gebracht. Der junge Fürst Paul V. Esterházy hielt sich, obzwar in Eisenstadt geboren und aufgewachsen, zumeist in Budapest auf.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Über Jahrhunderte standen eigens uniformierte und ausgerüstete Grenadiere für die fürstliche Autorität der Familie Esterházy in den Herrschaften. Sie bewahrten die Ordnung im unmittelbaren Umfeld der zahlreichen Schlösser und Burgen. Historische Fotos aus den 1930er-Jahren belegen, dass diese Institution vorerst auch über den Zusammenbruch der Österreichisch-Ungarischen Monarchie hinaus beibehalten wurde und Grenadiere noch zumindest bis zum Beginn des Zwelten Weltkriegs für die Sicherheit der Burg sorgten.

Die Verwaltung der Burg oblag dem Kastellan, der mit der Bewahrung und Obsorge für die einzigartige Burganlage betraut war. Seit 1931 wurde diese Position beinahe durchgehend vonMitglieder der Famille Berger bekleidet. Von Josef Berger übernahm sein Sohn Paul (+2010) die Funktion. Selbst innerhalb der mächtigen Burgmauern aufgewachsen, kam er, wie schon sein Vater, der Aufgabe mit Hingabe und großer Sorgfalt nach. Paul Bergers Frau Brigitte fand hier ebenso Ihren Arbeits- und Wohnort und ist diesem, wenn auch seit Ende 2015 im Ruhestand, bis heute In ebenso großem Verantwortungsbewusstsein verbunden,

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Im Zweiten Weltkrieg wurde Burg Forchtenstein von der deutschen Luftwaffe in Anspruch genommen. Sie richtete 1944 in den späteren Schauräumen der Burg ein Materiallager ein. Dieses Lager wurde gegen Kriegsende innerhalb von drei Tagen geräumt und nach Teplitz (Teplice-Sanov, Tschechien) bzw. nach Marienburg (Zamek w Malborku, Polen) gebracht. Im April 1945 erfolgte die Übergabe der Burg an das sowjetische Militär. Auf Geheiß des damaligen Burgverwalters Josef Berger wurden den anrückenden sowjetischen Soldaten die Burgtore geöffnet.

Es kam zu keinen Plünderungen - im Gegenteil: Ein verantwortungsvoller hochrangiger Offizier der Roten Armee, der sich - so will es die Überlieferung, vor der Darstellung dieser Madonna mit Kinde bekreuzigte, ließ im
Eingangsbereich eine Inschrift anbringen, die die Burganlage und ihre Bestände vor Zerstörungen und Zugriffen schützte. Einige Monate später erfolgte die Übergabe von Burg Forchtenstein an die in der sowjetischen Besatzungszone Österreichs eingerichtete USIA (Verwaltung sowjetischen Eigenturns in Österreich). Glücklicherweise sah diese die historischen Bestände als unantastbar an, wodurch sie über die Besatzungszeit weitgehend erhalten blieben.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Schon bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erwachte im Burgenland eine Festspielkultur. Nach Haydnfestspielen in Eisenstadt und anderen Kulturveranstaltungen rückte ab 1954 der Burggraben von Burg Forchtenstein als Austragungsort von Theater-Festspielen in den Fokus öffentlichen Interesses. 1959 übernahm Kammersänger Herbert Alsen die Leitung der Burgspiele Forchtenstein und bot dem Publikum von da an als Folge seiner Intendanz, wie es hieß, "Sommertheater auf Burgtheaterniveau". Zahlreiche Publikumslieblinge und künftige Größen der Theater- und Filmwelt gaben in den unterschiedlichen Aufführungen, die allesamt Grillparzers Werke zum Inhalt hatten, ihre Rollen. So waren zum Beispiel Senta Berger, Klaus Maria Brandauer, Christian Quadflieg, Elisabeth Orth, Klaus-Jürgen Wussow, Christine Kaufmann, Guido Wieland oder Dietmar Schönherr in Forchtenstein zu sehen.

Die Grillparzer-Festspiele erlangten rasch überregionale Bekanntheit und hatten bis zu ihrer Auflösung 1983 Strahlkraft für den burgenländischen Tourismus. Die historischen Bestände innerhalb der Burg lagen ab etwa 1947 bis 1955 in der Verwaltung der USIA. Bald schon bemühten sich Mitarbeiter des Bundesdenkmalamts darum, zu den bis dahin weitgehend unter Verschluss gehaltenen historischen Depots Zutritt zu erhalten. Erst kurz vor Ende der Besatzungszeit 1955 erteilte der sowjetische General Nikon, der den Esterházy-Besitz verwaltete, diese Erlaubnis. Somit war es den Experten des Bundesdenkmalamts ab 1955 möglich, erstmals seit vielen Jahren ein fachkundiges Auge auf die über eine lange Zeit verwaisten historischen Objekte werfen zu können.

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Ab Herbst 1960 begann, in wirtschaftlich weiterhin schweren Zeiten, ein erstes Restaurierungsprogramm. Es setzte bis zum heutigen Tag nachwirkende wichtige Schritte zur Erfassung, Pflege und Rettung einzelner Sammlungsteile in Gang. Im Fokus dieser ersten Maßnahmen, die auf Betreiben des Bundesdenkmalamtes durchgeführt wurden, lag zum einen eine generelle Schädlingsbekämpfung der historischen Holzteile in der Burg, zum anderen die Konservierung historischer Fahnen und des großen osmanischen Zeltes bzw. die Restaurierung von Gemälden und Waffen.

Überdies musste damals der prekäre Zustand der einzigartigen Wagen und Prunkkarossen der fürstlichen Wagenburg festgestellt werden, die in den Wirren der Kriegszeit sowie durch unsachgemäße Verwendungen im Rahmen von Leihen an Filmgesellschaften (u, a. für den Film "Sisi - Schicksalsjahre einer Kaiserin") massiv gelitten hatten. Schon bald wurden Ergebnisse dieser Restaurierungskampagne in einer Ausstellung in Bregenz gezeigt, darunter Teile einer prunkvollen Augsburger Rüstung aus dem 16. Jahrhundert.

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Der boomende Tourismus ergriff In den 1970er-Jahren auch das Burgenland, das wegen seiner Ursprünglichkeit und gewissen Exotik als ein "etwas anderes Österreich" wahrgenommen wurde. Burg Forchtenstein entwickelt sich mit ihren einzigartigen Attraktionen zu einem Hauptausflugsziel im Bezirk Mattersburg, Ja sogar im nördlichen Burgenland. Zugleich rückte die mächtige Festungsanlage mehr und mehr in den Fokus internationaler Gäste, die nicht mehr nur mit dem Autobus, sondern zunehmend mit eigenen Pkw anreisten. Der Kastellan persönlich war es, der sie durch die historischen Räume führte und der ihnen die Geschichte der Familie Esterházy näherbrachte. Im Umfeld von Burg Forchtenstein siedelten sich zahlreiche Gasthäuser und Wirtsstätten an, innerhalb der Burganlage, bot die Taverne im Bereich der Roten Bastei einen Ort der Einkehr für die Gäste. Auch heute wird dieser Teil der Burg wieder gastronomisch genützt: Anstelle der alten Taveme wurde 2015 das Restaurant Grenadier eröffnet.

Wenngleich die Burg mittlerweile zu einer beliebten Ausflugsdestination und Besucherattraktion geworden war, blieben die historischen Sammlungen bis zum Ende der 1980er-Jahre nahezu unberührt. Durch glückliche Umstände hatten sie die einschneidenden Entwicklungen des 20. Jahrhunderts teilweise unbeschadet überstanden. Die wertvollen Bestände befanden sich, zwar gewartet und umsorgt, aber weit entfernt von einer modemen und sachgerechten musealen Betreuung, nach wie vor im Dornröschenschlaf. Viele Räume waren nicht zugänglich, der Standort der historischen Schatzkammer blieb - gesichert durch drei Schlösser und geheime Zugänge - weiterhin mythenumwoben und versperrt. 1989 starb mit Fürst Paul V. Esterházy der letzte Majoratsherr in der Famillengeschichte. Er hatte seine Frau Melinda als Universalerbin eingesetzt. Wenige Jahre später stellte sie mit ihren Entscheidungen die Weichen auf Burg Forchtenstein, sodass dieses attraktive Ausflugsziel seinen Platz als Botschafter der wechselhaften Geschichte seiner Region im kommenden Millennium einnehmen kann.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Gemeinsam mit dem Land Burgenland wurde 1993 die Landesausstellung "Bollwerk Forchtenstein" gezeigt. Sie stellte nicht nur die Burg und die Geschichte der Familie Esterházy in den Fokus. Ihre Umsetzung bedeutete zugleich die Initialzündung eines nun beginnenden Prozesses der Aufarbeitung, Analyse und Auswertung der Familiengeschichte sowie der historischen Bestände und ihrer Bedeutung für das Burgenland. Zahlreiche Experten und Fachleute aus den Forschungsbereichen Geschichte, Kunstgeschichte, Archivkunde, Archäologie und Denkmalpflege aus dem In- und Ausland befassten sich eingehend mit den verschiedensten Themen. Das Engagement wirkt bis in die heutige Zeit nach und fand letztlich im gleichnamigen Ausstellungskatalog seinen dauerhaften Niederschlag.

Auch setzte damit die systematische Wiedererschließung der für den pannonischen Raum ebenso bedeutenden wie bemerkenswerten historischen Archive ein. Untergebracht in 21 Räumen der Burg und bis in die frühe Neuzeit zurückreichend, bilden die Bestände heute für Forscher aus dem In- und Ausland eine wichtige Quelle. 1996, also hundert Jahre nach der für die Identitätsstiftung Ungarns so wichtigen Millenium-Ausstellung in Budapest, bei der zahlreiche der noch heute in den Sammlungen befindlichen Exponate erstmals für eine breite internationale Öffentlichkeit zu sehen waren, hatte sich Forchtenstein als Besuchermagnet im Burgenland etabliert. Obwohl zahlreiche Maßnahmen zum Schutz der Burg wie etwa zum Brandschutz getroffen wurden, brach dennoch 1990 ein Feuer aus. Ihm fiel das historische Brunnenhaus zum Opfer.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Nachdem in den 1990er-Jahren vor allem mit der Landesausstellung ein erster Schritt in Richtung Ausstellungskultur gesetzt worden war, wandelte sich Burg Forchtenstein Anfang des 21. Jahrhunderts zu einem Museumsstandort von internationalem Ruf. Als permanente Ausstellungen wurden die "Ahnengalerie" sowie das "Fürstliche Halali" eingerichtet, die Informationen zur Familie Esterházy sowle zum höfischen Leben vermitteln. Sonderschauen wie "Alla Turca" (2002) oder „Ich besitze einige Seltenheiten" (2003) stellten verschiedene Bereiche der Sammlungen vor. Damit einhergehend setzte eine rege Forschungstätigkeit ein, zugleich erlangte Burg Forchtenstein mit ihren Beständen die Aufmerksamkeit einer Internationalen Fachwelt. Diese wurde vor allem durch die Öffnung des umfangreichen Archivs für Forschungszwecke unterstrichen.

Der wohl bedeutendste Schritt hinsichtlich der Attraktivität von Burg Forchtenstein war die Öffnung der Schatzkammer für die Besucher, die 2005 auf Betreiben der letzten Fürstin Melinda Esterházy erfolgte. Die Schatzkammer ist nicht nur hinsichtlich Ihrer Exponate einzigartig, sondern auch hinsichtlich ihrer Räumlichkeiten: Sie ist die einzige weltweit, die sich nach wie vor an ihrem ursprünglichen Standort befindet, mit originalen Schaukästen sowie einem Großteil der tatsächlichen Schaustücke ausgestattet ist. Um das historische Erbe für die kommenden Generationen zu bewahren wurden zahlreiche Restaurierungsprojekte vorangetrieben und die Burg zugleich als Veranstaltungsort etabliert.

Die um die Jahrtausendwende begonnene Restaurierungstätigkeit hält bis heute an und auch die rege Ausstellungspraxis wird weiterhin gepflegt und erweitert. 2012 wurden die permanenten Ausstellungsangebote auf der Burg um die Präsentationen der "Turcica" (2012), "Granaten, Fahnen, Grenadiere" (2014), sowie "Helden, Schätze, Beutestücke" (2016) erweitert. In den Folgejahren erfuhren auch das fürstliche Arsenal und die Bestände des historischen Zeughauses eine konservatorische Würdigung und Neuaufstellung. 2013 erfolgte unter Berücksichtigung historischer Methoden und Materialien die Renovierung des Turmhelms und des Bergfrieds. Zugleich wurden einzelne Telle Im Innenbereich von Burg Forchtenstein neu gestaltet. Auf der "Roten Bastei" eröffnete 2015 das Restaurant Grenadier, das kulinarisches Ziel für Burgbesucher wie für Einheimische ist.

Im östlichen Bereich der Burg ermöglichen transparent gestaltete Aussichtsplattformen und Stege einen Blick über die Burgmauern bis hin zum Neusiedler See und führen so ihre einst strategisch wichtige Lage vor Augen. 2014 verstarb die letzte Fürstin Melinda Esterházy. Sie hatte mit der Gründung von drei Stiftungen in den 1990er-Jahren die Grundlage für die Untellbarkeit des historischen Erbes und zugleich deren Zugänglichkeit für das Publikum festgelegt. Diesem Wunsch entsprechend finden laufend Sonderausstellungen statt, einige der einzigartigen Objekte aus der Esterházy-Schatzkammer waren zudem auch schon im Ausland zu sehen. Sie gelten als gefragte Leihexponate bel internationalen Ausstellungen und wurden unter anderem bereits in New York, Versailles, Tokio, Mailand oder Dresden präsentiert.

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Der Innenhof des Hochschlosses
Das Charakteristikum ungarischer Adelssitze im 17. Jahrhundert war deren wehrhafte Erscheinung und Funktion nach außen sowie die barocke Prachtentfaltung im Inneren. Forchtenstein ist mit seinen wehrtechnischen Anlagen und dem barocken Hochschloss das einzige vollständig erhaltene Beispiel dieses Nebeneinanders von Repräsentation und Befestigung.
Nachdem sich mit dem Tod Palatin Nikolaus Esterházys 1645 die Kräfte seines Nachfolgers Graf Paul auf den Ausbau der Residenz der Familie in Eisenstadt gerichtet hatten, kehrte auf der Burg für fast 40 Jahre relative Ruhe ein, wurde die Anlage selten bewohnt und diente nur in Angriffszeiten als Rückzugsort.

Mit der Erhebung Paul Esterházys in den Reichsfürstenstand 1687 setzte die letzte große Umgestaltungswelle ein. Der Stammsitz der nun fürstlichen Familie wurde zum Zentrum ihrer ständischen Legitimation durch Kunst und Sammlungen. So wurde ab 1692 die berühmte Esterházy-Schatzkammer in der heutigen Form eingerichtet sowie der Grundstein für die Bibliotheca Esterhazyana gelegt. Mit der Errichtung des Reite denkmales Fürst Pauls und den Wandmalereien beendete man die Gestaltung des Hochschlosses zum Ort höfischer Pracht.

Neben der gestalterischen war wohl vor allem die programmatische Komponente entscheidend: So veranschaulicht das Hochschloss bis heute mit der Schatzkammer die materielle, mit der Ahnengalerie die gesellschaftliche und mit den Wandmalereien der Kaiser im Hof die politische Bedeutung des Hauses Esterházy. Inmitten der Anlage thront folgerichtig das Reiterbildnis des Begründers und Schöpfers dieses fürstlichen Universums, Pauls I. Fürst Esterházy.

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Die fürstlichen Wohnräume des Hochschlosses
Unter dem Gesichtspunkt der Ausstattung mit großen Sälen, Kaminen, reich verzierten Türen und üppigen Wandmalereien sind die Räume des zweiten Obergeschosses die repräsentativsten des Hochschlosses. Die lange Reihe von sieben Räumen an der Nordseite steht in Beziehung zu barocken Raumfolgen und entstand mit der Aufstockung des Flügels über der Auffahrt ins Hochschloss 1692. In diesen Räumen der fürstlichen Familie finden sich Malereien der Wiener Maler Johann Carl Häckl und Matthias Zehetgruber, die erst vor kurzem freigelegt wurden.

Alle Türen der Räume waren mit Veduten der Herrschaften und Schlösser der Esterházy bemalt, die nur teilweise erhalten sind. Die barocken Türen zeigen in den Räumen an der Ostseite des Hochschlosses eine aufwändigere Gestaltung und lassen vermuten, dass sich hier die Wohnräume des Fürsten befanden. Allein hier wurden die Wände mit figuralen Darstellungen, wie der Gestalt eines Seifenblasen produzierenden Puttos, bemalt. Dieser "homo bulla" zeigt die Vergänglichkeit des irdischen Seins an. Die überlieferten bemalten Stuckdecken in diesem Bereich wurden 1713 Opfer einer Sanierung der Räume, bei der die barocken Öfen eingebracht wurden.

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Genealogieforschung des Hauses Esterházy: Urahnen
Wütend entgegnete Nikolaus Esterházy (1583-1645) auf einen Brief eines ungarischen Adeligen, der behauptete, seine Familie sei die bessere, da ältere: Das Geschlecht der Esterházy "glänzte schon weit früher als vor zwei Jahrhunderten von Edelmut; den Adelsstand hat es mit Blut und dem Vaterland dienend erworben, nicht wie so manches andere mit Geld erkauft. Dieses Geschlecht stammt nicht aus einer fremden, eingewanderten Nation, sondern aus echtem ungarischem Blut!"

In Wirklichkeit war die Herkunft der Familie zu Beginn des 17. Jahrhunderts weitgehend unbekannt, was in Ländern, die stark vom Krieg heimgesucht wurden, nicht selten ist. Zur Erhellung beauftragte Nikolaus 1620 die erste Genealogie der Esterházy, für die ein Geistlicher die gewaltigen Lücken in der Ahnenreihe mit zahlreichen frei erdachten Vorfahren füllte. Dass dies kurz vor Nikolaus' Wahl zum Palatin von Ungarn geschah und eine urungarische Ahnenreihe aufgezeichnet wurde, beweist die enorme gesellschaftliche Relevanz "echten Blutes".
Sein Sohn Paul (1635-1713) beschäftigte sich seit seiner Schulzeit intensiv mit der Geschichte der Esterházy und anderer ungarischer Familien. Paul entwarf Stammbäume und genealogische Herleitungen, wonach die Ahnen der Familie bis in die Zeit der ungarischen Landnahme nachweisbar waren. Er belegte - nicht selten abenteuerlich - seine Verwandtschaft mit den großen europäischen Häusern und offenbarte damit die barocke "Manie" der Ahnenforschung.

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Die Gemälde der Esterházy-Ahnengalerie
Die Geschichte der Esterházy-Ahnengalerie beginnt um 1618 mit den Bildnissen der Kinder Nikolaus Esterházys. Sie zeugen vom höfischen Selbstbewusstsein des Palatins und sind die ersten Kinderbildnisse in der Kunst Ungarns. 1670 wurde die erste größere Gruppe von ganzfigurigen Bildern für eine Esterházy-Ahnengalerie in Auftrag gegeben: Paul Esterházy stellte dafür seinem Hofmaler Veith Kißler Unmengen von Leinwand zur Verfügung.

Aus dem Inventar des Schlosses Eisenstadt lassen sich mehr als 230 so genannte Familienbilder ermitteln, die im gesamten Gebäude die Wände zierten. Hinzu kamen Galerien von geistlichen und weltlichen Herrschern, Stammbäume und sogar Bilder der Lieblingshunde des Fürsten. Diese Manie, alles und jeden von Rang und Namen an den Wänden des Schlosses wiederzufinden, entspricht ganz dem Zeitgeist und scheint von Palatin Paul in besonderem Ausmaß gepflegt worden zu sein.
Dass die fürstlichen "Contrefaits" nicht als allein stehende Kunstwerke betrachtet werden dürfen, beweist, dass immer gleich Bildgruppen bestellt wurden: So wurde 1708 Hofmaler Joseph Kracknagel gleich mit 20 Familienbildern beauftragt.

Spätestens 1735 muss der Großteil der Ahnenbildsammlungen auf Burg Forchtenstein, dem Tresor der Familie, zusammengeführt worden sein. Allein für das Hängen der hinzugekommenen Bilder benötigte man fast 400 Haken. Reisende provozierten die Bildermassen zu allerlei Spott und romantischem Grusel. So schrieb Erzherzog Rainer 1804 in sein Tagebuch: "[...] lauter uralte, schlechte, aber wegen der Tracht und den merkwürdigen Gesichtern sehenswerte Gemälde". Die Esterházy-Ahnengalerie ist heute eines der wenigen vollständig erhaltenen Ahnengalerie-Projekte des Barock. Sie zeigt zusammen mit der Schatzkammer das Selbstverständnis der Esterházy, in Forchtenstein Stand, Würde und Ansehen der Familie zu repräsentieren.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Barocke Ahnengalerien
Seit der Antike sind Galerien von Darstellungen der Vorfahren bekannt. Was damals eine eher retrospektiv- sentimentale Note hatte, wandelte sich in der frühen Neuzeit in ein probates Mittel, den Stand zu legitimieren. Besonders die Spätrenaissance und das Barock sind reich am Streben, Macht aus der Tradition zu rechtfertigen. Lange Ahnenfolgen auf Stammbäumen und Gemälden halfen, aus der Vergangenheit die Legitimation gegenwärtiger Herrschaft zu ziehen.
Jenseits der bekannten Herrschergalerien fällt besonders im 17. Jahrhundert bei den osteuropäischen Staaten - so in Ungarn und Polen - ein Bemühen der Adeligen auf, in großen Galerien Abstammungen darzustellen und zu konstruieren. Anders als auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches galt es hier eher, durch eine große Folge von Vorfahren zu den althergebrachten Gestaltern des Landes zu gehören, als irgendwann durch den Gnadenakt eines Herrschers "erhoben" worden zu sein.

Dies liegt zum einen daran, dass beide Staaten durch Wahlkönige regiert wurden, die der selbstbewusste Adel bestellte. Vordringlich ist jedoch die legendäre und stets apostrophierte Herkunft der Ungarn und Polen von asiatischen - sarmatischen - Völkern. Besonders die Magyaren zelebrierten ihre langen Ahnenreihen bis zu den Gründern zur Zeit der Landnahme ab 896.
Im Zeitalter der höfischen Prachtentfaltung, in der die Esterházy in zwei Generationen zu einer der wichtigsten ungarischen Familien aufstiegen, war es also fast unentbehrlich, mittels der "uomini illustri" die Tradition der Magnatendynastie darzustellen. Hiermit erhöhte man sein Selbstverständnis als Würdenträger und Feudalherr, die Außenwirkung im Kreis des ungarischen und österreichischen Hochadels - und legitimierte vor allem seinen Aufstieg innerhalb der Gesellschaft.

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"Phantom-Ahnen"
Fehlten den barocken Geschichtsschreibern in den Genealogien Ahnen, wurden sie selbstbewusst erfunden: So hat man auch die großen Lücken in der bekannten Ahnenfolge der Esterházy bis zu Estoras "aufgefüllt". Dies war in der gedruckten Genealogieforschung üblich, wie die Stammbäume der Grafen Eggenberg, Zrínyi, Festetics und Frangepan beweisen. Die bildliche Darstellung von "Phantom-Ahnen" in einer Reihe von über 30 lebensgroßen Gemälden in der Esterházy-Ahnengalerie ist allerdings einzigartig.

Das Porträt war seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts zur eigenständigen Bildgattung geworden. Die Bilder der Esterházy-Ahnengalerie greifen um 1670 die rund 150 Jahre zuvor entwickelte verbindliche Form des höfischen Porträts in voller Lebensgröße auf, welche den Betrachter zum Aufblicken nötigte.
Die großformatigen Ahnenbilder der Galerie sollten Größe und Tugend der Vorfahren vermitteln. Sie umrissen reale und - in diesem Fall ausschließlich - ideale Existenz. So ist es kein Wunder, dass die "Phantom-Ahnen" der Esterházy in den Kriegen der ungarischen Könige dienten - und fielen - und ihre prominent vertretenen Gattinnen meist von Königen und Palatinen abstammten.
Vorlagen der heimischen Hofkünstler waren zeitgenössische Stiche nach Damenporträts von Tizian, Tintoretto und Palma Giovane, die meist aus dem Sammelwerk "Theatrum Pictorum" von David Teniers (Brüssel 1660) übernommen wurden.

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Tischuhr
David Buschmann (1626-1701); diverse Hölzer; Silberfolie, feuervergoldet und bemalt; Glassteine; Edelsteine (Bergkristall, Lapislazuli, Türkise, Karneole etc.); Malerei auf Pergament; Glas; Kupfer und Messing, teilweise feuervergoldet; Eisen teilweise gebläut; Augsburg, 1676-1683

Die reich dekorierte Tischuhr mit verschiedensten Edelsteinen und bunten Glassteinen geschmückt, mit Bergkristallsäulen und bekrönenden Blumensträußchen versehen, zeigt ein Zifferblatt mit türkischen Kardinalzahlen. Dies lässt vermuten, dass die Uhr für den osmanischen Markt oder als diplomatisches Geschenk an die Hohe Pforte gedacht war. Auf dem Zifferblatt befinden sich aber auch arabische Zahlen, was belegt, dass die Uhr ursprünglich nicht für den osmanischen Raum gefertigt worden war und die Kardinalzahlen später hinzukamen.

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Nikolaus Graf Esterházy
Mit der Wahl Nikolaus Esterházys (1583-1645) zum Palatin von Ungarn war dieser mit einem Paukenschlag an den Höfen Europas bekannt geworden: Die Diplomaten berichteten 1625 nach München, Florenz, London, Rom, Venedig und Madrid von der Wahl Esterházys und bezeichneten diesen als "treuen Anhänger Ihrer Majestät mit großen geistigen Begabungen".

Die Karriere des jungen und ambitionierten Aufsteigers aus einer eigentlich kleinadeligen protestantischen Familie aus der Gegend von Pressburg ist sagenhaft: Wegen Glaubensstreitigkeiten von seinem väterlichen Besitz in Galántha vertrieben, stieg Nikolaus im von den Türken besetzten Ungarn zum formellen Stellvertreter des Königs auf. Als Vizekönig von Ungarn und überzeugter Katholik war er maßgeblich an den schwierigen diplomatischen Verhandlungen mit den türkischen Besatzern beteiligt und vermittelte zwischen ungarischen Magnaten und habsburgischem König. Durch kluge Heiraten und konsequente Parteigängerschaft mit seinem Souverän legte Graf Nikolaus den Grundstein zum riesigen Besitz der Esterházy, zu dem auch die späteren Stammsitze der fürstlichen Familie Forchtenstein und Eisenstadt zählten. Die frühesten Gemälde der Esterházy-Ahnengalerie stammen aus seinem Besitz. Darunter auch die ältesten Kinderporträts der ungarischen Kunstgeschichte.

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Paul Graf Esterházy: Ausbildung und Jugend
West und Ost, Katholizismus und Protestantismus begegneten einander bei der Taufe des Sohnes von Palatin Nikolaus 1636 in Eisenstadt: So standen der königlich-spanische Botschafter Castañeda und die Gattin Gábor Bethlens, Katharina von Brandenburg, Pate. Paul (1635-1713) war jedoch als drittgeborenem Sohn nicht wirklich vorbestimmt, das väterliche Erbe des Hauses Esterházy weiterzuführen.

Streng und katholisch erzogen wurde das Kind am väterlichen Hof sowie bei den Jesuiten in Graz und Thyrnau. Hier sind über die Tagebücher Pauls zahlreiche Theateraufführungen bekannt, an denen der aufgeweckte Knabe mitwirkte. Seine große Spiritualität bewog ihn im Alter von 15 Jahren, eine geistliche Laufbahn anzustreben.
Mit dem unerwarteten Tod seines Halbbruders Stephan 1641 und seines Bruders Ladislaus in der Schlacht von Vezekény 1652 wurde Paul "ber Nacht" zum Familienoberhaupt des Hauses Esterházy. Der damals 16-jährige Graf handelte sofort: Bereits am Tag der Nachricht vom Tod Ladislaus' fuhr er auf die Burg Forchtenstein und forderte von allen Dienern, Beamten und Angestellten den Treueid ein. Er befahl, niemanden in die anderen Burgen einzulassen. Das große Erbe der Familie im Land der Türkenkriege war gefährdet und musste gesichert werden.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Paul Fürst Esterházy: Macht und Wirkung
1655 tagte der Landtag in Pressburg: Es galt, einen neuen Palatin zu wählen und den jungen Erzherzog Leopold zum ungarischen König zu krönen. Der gerade 20-jährige Paul war bei diesen fast vier Wochen dauernden Beratungen und Feierlichkeiten anwesend. Er trug die Kroninsignien in die Krönungskirche, wurde zum Ritter des Goldenen Sporns geschlagen und zum königlichen Rat ernannt. Dieser rasante Aufstieg sollte sich über die großen Schlachten gegen die Türken fortsetzen, ließ Paul 1681 zum Ritter vom Goldenen Vlies und 1687 gar zum Fürsten des Heiligen Römischen Reiches werden.

Damit belohnte Kaiser Leopold I. Paul für sein Wirken für Ungarn, das Durchsetzen des habsburgischen Erbanspruchs auf die Stephanskrone und seine konsequente Parteigängerschaft mit dem Haus Habsburg.
Fürst Paul I. Esterházy war nun nicht nur der reichste Magnat Ungarns, sondern auch der mächtigste Mann im Staat. Das gewaltige Erbe konnte durch ein Hausgesetz, das bis 1938 Bestand haben sollte, jeweils ungeteilt an den erstgeborenen Sohn weitergegeben werden.
Besonders oft und anscheinend gern ließ sich Paul zur Untermauerung seiner "Glorie" und standesgemäßen Repräsentanz für die Ausstattung seiner Schlösser und Burgen porträtieren.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Die Kinder des Fürsten Paul
Die Kinderschar des ersten Fürsten Esterházy war groß: Zwischen 1655 und 1692 - damals war Paul bereits Ende 50 - wurden ihm von seinen beiden Gattinnen insgesamt 26 Kinder geboren, von denen allerdings 13 noch vor ihrem zehnten Lebensjahr verstarben. Aber auch diese wurden auf Kinderporträts verewigt.

Die Anzahl der in Forchtenstein erhaltenen Kinderbildnisse aus dem 17. Jahrhundert ist bemerkenswert - vor allem wenn man berücksichtigt, dass von diesem Porträttypus relativ wenige Zeugnisse dieser Epoche erhalten sind. Kinderporträts fanden aufgrund des Repräsentationsbedürfnisses der ungarischen Adelsfamilien Eingang in deren Ahnengalerien, wo sie an Bedeutung den Erwachsenenbildnissen gleichgestellt waren. Auch Paul ist in dieser Tradition zu sehen; von frühester Kindheit an wurde ihm diese Kunstgattung als Träger der höfischen Kultur nahe gebracht. Wie sein Vater Nikolaus war auch Paul bestrebt, das Porträt als Ausdrucksmittel des gesellschaftlichen Ranges sowie zur Repräsentation zu nutzen und auch die Bildnisse seiner Kinder in die Esterházy-Ahnengalerie aufzunehmen. Den gängigen Stilmitteln und dem Geschmack der Zeit folgend, orientierte man sich bei den Kinderbildnissen in Komposition und Darstellungsweise an den Porträts der Erwachsenen: Die Kinder sind in Kleidung und Pose wie kleine Erwachsene dargestellt.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Nachkommen: Die Fürsten Michael und Joseph
Die Söhne des ersten Fürsten Paul interessierten sich recht wenig für die Fortführung von dessen energischer Standesrepräsentation. Nach seinem Tod übernahmen erst Michael (1671-1721) und dann dessen Bruder Joseph (1688-1721) die Verantwortung für den Riesenbesitz. In ihrer Internationalität und der der folgenden Generation zeigte sich die inzwischen enorme Bedeutung des Hauses Esterházy auch in Europa: Michael studierte in Wien und Parma Rhetorik, ehelichte eine Prinzessin aus (wirklich) uraltem italienischem Adel und kümmerte sich wie sein Bruder Joseph nicht um die Stammschlösser der Familie fernab der Hauptstadt. Eisenstadt und Forchtenstein befanden sich in zunehmend schlechtem Zustand, und auch die Ahnengalerie wurde nicht mehr gepflegt, geschweige denn konsequent weitergeführt.

Josephs Söhne Paul II. Anton (1714-1790) und Nikolaus I. (1711-1762), welche nach ihm die Herrschaft übernehmen sollten, wurden im 18. Jahrhundert zu den prominentesten Persönlichkeiten der Dynastie. Als Botschafter in Neapel, Erbauer des als ungarisches Versailles gerühmten Schlosses Eszterháza, hochdekorierte Helden in den Schlachten Maria Theresias, Mäzene und Dienstgeber Joseph Haydns erreichten sie die Spitze der Aristokratie.
Der Mythos der Familie, den Paul mit seinen Sammlungen erzeugen wollte, zeigte sich im 18. Jahrhundert im ganz höfischen Selbstbewusstsein der Esterházy-Fürsten verwirklicht. Johann Wolfgang von Goethe prägte hierfür den Begriff des "Esterházyschen Feenreiches".

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Die Silbermöbel Paul Esterházys
Ende des 17. Jahrhunderts schwärmte ganz Europa von den hochrepräsentativen Silbermöbeln Ludwigs XIV. In Triaden-Garnituren, die aus Spiegel, Tisch und seitlichen Guéridons (Leuchterständern) bestanden, zeigte sich ein verschwenderischer Umgang mit Silber bei der Gestaltung von Räumen.
Besonders an skandinavischen und deutschen Höfen fanden diese Silbermöbelgruppen schnell hochfürstliche Liebhaber, die solche Prunkmöbel in Augsburg bestellten. Die Silbermöbel der Königshöfe veranschaulichen das gesteigerte Prunkbedürfnis des 17. Jahrhunderts und waren das Nonplusultra fürstlicher Repräsentation. Die Silbermöbel Paul Esterházys summierten sich bis 1696 auf 32 Stücke, von denen ein Großteil erhalten ist. Hinzu kommen zahlreiche Pokale und große Silberuhren.

Mit dem Silbertisch von David I. Schwestermüller und anderen silbernen Ausstattungsstücken hat sich in der Esterházy-Schatzkammer eine der größten und ältesten Silbermöbelsammlungen Europas erhalten. Wie die Silbermöbel in Versailles wurden die meisten Stücke der anderen europäischen Höfe - meist für die Kriegskasse - eingeschmolzen.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Die Galerie der Palatine und Fürsten
Für Wein allein wollte Kaiser Leopold I. die Gemälde der Zeitgenossengalerie des "ungarischen Krösus" Franz Graf Nádasdy (1625-1671) nicht an Paul Esterházy veräußern.
Seit 1671 weilten die Nachlassverwalter Kaiser Leopolds in Schloss Pottendorf, um den Bestand der Kunstsammlungen des zuvor wegen Landesverrates geköpften ehemaligen Oberlandesrichters Nádasdy aufzunehmen. Ein Großteil von Schatzkammer, Bibliothek und Gemäldesammlung wurde den kaiserlichen Sammlungen einverleibt, der Rest meist Paul Esterházy - als nahem Verwandten Nádasdys und treuem Gefolgsmann Leopolds I. - angeboten. Neben einigen Stücken der Schatzkammer kam so ein großer Bestand von Gemälden von politischen Weggefährten und Freunden des Oberlandesrichters aus dem Großen Saal des Pottendorfer Schlosses nach Eisenstadt. Zunächst hatte Paul für die Galerie von 72 Gemälden einige Gulden und Wein bezahlen wollen, was die Hofkammer ablehnte. Erst bei einem Besuch in Pottendorf mit Kaiser Leopold verschenkte dieser die Bilder an Esterházy.

In der Esterházy-Ahnengalerie haben sich bis heute fast 40 Porträts von ungarischen Palatinen und siebenbürgischen Fürsten dieser Sammlung erhalten. Die Bildnisse sind meist vor 1655 entstanden und eine Besonderheit, da sie wohl "ad vivum" gemalt wurden. Durch ihre Kopien im Stichwerk von Elias Wideman (1646 und 1652) wurden viele zu Ikonen der ungarischen Geschichtsschreibung der frühen Neuzeit.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Esterházy Turcica
"An unseren erlauchten und hochgestellten Freund, den Palatin von Ungarn, ergeht mit Ausdrücken der Herzlichkeit folgende aufrichtige Mitteilung [...]" - so beginnen die meisten Briefe des Statthalters der Hohen Pforte an Nikolaus Esterházy. Als Palatin war es seine Pflicht, auch die Rechte der im besetzten Teil des Landes lebenden Ungarn zu wahren. Der fast freundschaftliche Ton darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen: Man befand sich de facto in einem permanenten Kriegszustand mit den Besatzern, stetig gab es marodierende osmanische Truppen, die auch ins freie Westungarn einfielen. Nikolaus Esterházy hatte seine Laufbahn auf den Grenzburgen begonnen. Als Generalhauptmann von Neuhäusel war er militärisch wie diplomatisch im Kampf gegen die osmanische Bedrohung eingesetzt. In den Schlachten von Lackenbach - wo 1620 das Schloss des Palatins besetzt wurde - und Neuhäusel - wo Nikolaus 1623 eine türkische Abteilung schlug - hatte er hautnah das Sterben und Blutvergießen miterlebt.

Ebenfalls im Schatten der stetigen Bedrohung des Landes wuchs Nikolaus' Sohn Paul auf: Schon früh war er an Schlachten beteiligt, 1652 starb sein Bruder Ladislaus im Felde. Besonders Paul wusste sich durch gewonnene Beutestücke zu legitimieren. Mit Inschriften bezeichnet, kamen sie in die Schatzkammer auf Forchtenstein und kündeten den Zeitgenossen und späteren Generationen von den Verdiensten der Esterházy um die 1683 begonnene Befreiung des Landes und Europas von den Türken.
Mit den diplomatischen Geschenken der Esterházy gehören die Stücke aus Türkenbeuten in der Schatzkammer heute neben den Sammlungen in Wien, Karlsruhe, Dresden und Krakau zu den größten erhaltenen Beständen ihrer Art.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Prunkschüssel mit der Darstellung der Schlacht bei Vezekényi
Kopie nach dem Original von Philipp Jakob Drentwett (Augsburg, 1654) Kupfer, versilbert, vergoldet; 2000

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Der Festsaal des Hochschlosses
Der größte Raum des Hochschlosses war Entrée in die privaten Räume des Fürsten Paul I. Esterházy (1635-1713), der den Festsaal und die angrenzenden Wohnräume um 1692 mit den bis heute erhaltenen Rankenmotiven schmücken ließ.
Nicht so prachtvoll wie der gut 20 Jahre zuvor entstandene Festsaal in der Hauptresidenz Schloss Eisenstadt, der heute sog. Haydnsaal, statteten die fürstlichen Hofmaler den Festsaal von Forchtenstein, jedoch ebenfalls mit den Bildern von ungarischen Königen, aus, die bis heute erhalten sind. Zusammen mit den Kaisern auf den Wänden des Innenhofes und der Esterházy-Ahnengalerie bilden die Königsbilder eine barocke Machtdemonstration und Legitimation der damals aufstrebenden Magnatenfamilie.

In der sich südlich anschließenden Sommertafelstube wurde unter Fürst Paul I. Esterházy in der warmen Jahreszeit gegessen. Seit dem späten 18. Jahrhundert versammelten sich hier Gesellschaften nach Jagdausflügen in den Wäldern des Rosaliengebirges.
2007 wurde der Festsaal umfassend restauriert, die seit dem 19. Jahrhundert verdeckten Seccomalereien freigelegt und der historische Gemäldebestand rekonstruiert. Die neu entworfenen versilberten Kronleuchter schlagen den Bogen von Beleuchtungskörpern des späten 17. Jahrhunderts zu modernen Formen und zeigen das Wappentier des Hauses Esterházy: Den Greifen mit den drei Rosen.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Pottendorfer Altar
Die Verbindungen von Forchtenstein ins niederösterreichische Pottendorf waren besonders im 14. und 15. Jahrhundert intensiv: Gleich zweimal ehelichten Grafen von Mattersdorf-Forchtenstein Sprosse aus dem Hause Pottendorf. So heiratete Paul III. von Forchtenstein Mitte des 15. Jahrhunderts die Schwester des Pottendorfer Grafen Albrecht III., der als Stifter des Pottendorfer Altars gilt.

Schloss Pottendorf wurde um 1100 erbaut. Nach dem Erlöschen des Pottendorfer Geschlechts durchlief das Wasserschloss an der historischen Grenze Österreichs zu Ungarn eine wechselvolle Besitzergeschichte bis es schließlich 1665 an Franz Graf Nádasdy, den Schwager des späteren Fürsten Paul I. Esterházy, fiel. 1802 erwarb Nikolaus II. Fürst Esterházy das Schloss, welches bis 2007 im Besitz der Familie war.

Der spätgotische Flügelaltar der Schlosskapelle, um 1453, zeigt in geschlossenem Zustand Nothelfer und Pestheilige. Auf der Festtagsseite wird die Marienstatue von einem sternengeschmückten Baldachin überfangen und von den Heiligen Blasius und Wolfgang flankiert. Stilistisch dürfte der Altar dem Meister des "Votivbildes des Georg von Pottendorf" (Sammlung des Fürsten von Liechtenstein), 1467, zuzuordnen sein. Nach der Zerstörung des Schlosses im Zweiten Weltkrieg wurde der Altar geborgen und restauriert. 2006 verfügten die Töchter des Prinzen Ladislaus Esterházy seine Aufstellung auf Burg Forchtenstein. Hier im "Tresor der Familie" soll er die lange Verbundenheit der Herren von Pottendorf mit den Grafen von Mattersdorf, den Erbauern der Burg, sowie der fürstlichen Familie Esterházy vor Augen führen.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Burgkapelle

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Decke in der Burgkapelle

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Die Granaten – „Grenaden“ – gaben den Grenadieren, also speziellen Infanteriesoldaten ihren Namen. Grenadiere waren seit dem 17. Jahrhundert als Schutztruppe auf Burg Forchtenstein stationiert. Die uniformierte Welt der Truppen und Garden lässt sich in zwei besonderen Schauräumen eindrucksvoll erfassen, die bereits Anfang des 19. Jahrhunderts als Museumsräumlichkeiten genutzt wurden.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Der kürzlich aufwendig restaurierte Gemäldezyklus an 34 Offiziersportraits des Husarenregiments könnte nicht aufschlussreicher die strengen Uniformierungsregeln und –traditionen sowie die verschiedenartigen militärischen Ränge der damaligen Esterházy Regimenter veranschaulichen. Eine eindrucksvolle Präsentation der Husarensäbel sämtlicher Dienstgrade, vom Offizier bis zu den einfachen Mannschaften, gibt Einblick in die unterschiedliche repräsentative Symbolik.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Burg Forchtenstein, ein imposantes Wahrzeichen des Burgenlandes und einer der ältesten Museumsstandorte Europas, diente lange Zeit als „Tresor“ für erlesene Kostbarkeiten und als Aufbewahrungsort für militärische Ausrüstung der Fürsten Esterházy.

Über 500 Husarensäbeltaschen aus napoleonischer Zeit und die komplett erhaltene Ausrüstung der „Leopoldinen-Garde“, eines Ehrenzugs, der anlässlich der Hochzeit Leopoldines, Tochter von Fürst Nikolaus II., 1806 ins Leben gerufen wurde, sind noch heute in originaler historischer Aufhängung zu sehen.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Mehr als 400 Jahre Waffengeschichte in den Mauern des Bollwerks: Bedeutende Exponate in einer der größten privaten Waffensammlungen Europas geben Einblick in eine lange Militärtradition und in den Einsatz der Esterházy an der Seite der Habsburger.

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Ernennungsurkunde von Kaiser Franz Joseph I. an Alois Prnzen Esterházy von Galantha zum General der Kavallerie am 29. Oktober 1905

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

Die Burg steht südwestlich von Mattersburg über dem Wulkatal.  

 Burg Forchtenstein, Mai 2023

 Burg Forchtenstein, Mai 2023




Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: