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Im 13. Jahrhundert als Grenzburg hoch über dem Rosaliengebirge errichtet, diente sie in den Türkenkriegen als Bollwerk des Westens. Seit dem frühen 17. Jahrhundert im Besitz der Familie Esterházy, beherbergt Burg Forchtenstein als Tresor bis heute die bedeutenden Kunstsammlungen der Familie.
Das Ende des Ersten Weltkrieges läutete 1918 eine Neuordnung in Europa ein.
Die Donaumonarchie zerfiel in Einzelstaaten, in den Verträgen von St.
Germain (1919) und Trianon (1920) wurde die Zugehörigkeit des
deutschwestungarischen Gebiets weitgehend festgelegt. Damit befanden
sich die herrschaftlichen Besitzungen der Familie Esterházy auf den
Gebieten mehrerer Nachfolgestaaten. Burg
Forchtenstein mit ihrer barocken Kunstkammer thronte nun auf
österreichischem Boden, im neu entstandenen Bundesland Burgenland.
Doch ehe dieses Bundesland an Österreich angegliedert wurde, erfuhr es
von Kriegsende 1918 bis zu den Friedensschlüssen 1921 zahlreiche
Umbrüche, Neuorientierungen und Neuausrichtungen.
1919 wurde in Ungarn, wie auch in anderen Ländern in Europa, eine Räterepublik ausgerufen.
Eine von vielen gesetzten Maßnahmen zur Neuordnung der Gesellschaft
mündete in der Beschlagnahmung privaten Eigentums von öffentlicher
Bedeutung. Darunter fielen auch die Kunstschätze der Familie Esterházy,
allen voran die Bestände der sogenannten Schatzkammer auf Burg
Forchtenstein. Hunderte Kunstobjekte wurden innerhalb weniger Tage von ihrem angestammten Platz entwendet und nach Budapest gebracht.
1921, nur zwei Jahre danach, erfolgte ein weiterer Zugriff auf die
Kunstobjekte der Burg: Einige weitere Stücke wurden, wenn auch infolge
einer privaten Initiative des Fürsten, in die ungarische Residenz
Schloss Eszterháza gebracht. Der junge Fürst Paul V. Esterházy hielt sich, obzwar in Eisenstadt geboren und aufgewachsen, zumeist in Budapest auf.
Über Jahrhunderte standen eigens
uniformierte und ausgerüstete Grenadiere für die fürstliche Autorität
der Familie Esterházy in den Herrschaften. Sie bewahrten die
Ordnung im unmittelbaren Umfeld der zahlreichen Schlösser und Burgen.
Historische Fotos aus den 1930er-Jahren belegen, dass diese Institution
vorerst auch über den Zusammenbruch der Österreichisch-Ungarischen
Monarchie hinaus beibehalten wurde und Grenadiere noch zumindest bis
zum Beginn des Zwelten Weltkriegs für die Sicherheit der Burg sorgten.
Die Verwaltung der Burg oblag dem Kastellan,
der mit der Bewahrung und
Obsorge für die einzigartige Burganlage betraut war. Seit 1931 wurde
diese Position beinahe durchgehend vonMitglieder der Famille Berger
bekleidet. Von Josef Berger übernahm sein Sohn Paul (+2010) die
Funktion. Selbst innerhalb der mächtigen Burgmauern aufgewachsen, kam
er, wie schon sein Vater, der Aufgabe mit Hingabe und großer Sorgfalt
nach. Paul Bergers Frau Brigitte fand hier ebenso Ihren Arbeits- und
Wohnort und ist diesem, wenn auch seit Ende 2015 im Ruhestand, bis
heute In ebenso großem Verantwortungsbewusstsein verbunden,
Im Zweiten Weltkrieg wurde Burg Forchtenstein von der deutschen Luftwaffe in Anspruch genommen.
Sie richtete 1944 in den späteren Schauräumen der Burg ein
Materiallager ein. Dieses Lager wurde gegen Kriegsende innerhalb von
drei Tagen geräumt und nach Teplitz (Teplice-Sanov, Tschechien) bzw.
nach Marienburg (Zamek w Malborku, Polen) gebracht. Im April 1945 erfolgte die Übergabe der Burg an das sowjetische Militär. Auf Geheiß des damaligen Burgverwalters Josef Berger wurden den anrückenden sowjetischen Soldaten die Burgtore geöffnet.
Es kam zu keinen Plünderungen - im Gegenteil: Ein verantwortungsvoller
hochrangiger Offizier der Roten Armee, der sich - so will es die
Überlieferung, vor der Darstellung dieser Madonna mit Kinde
bekreuzigte, ließ im
Eingangsbereich eine Inschrift anbringen, die die Burganlage und ihre
Bestände vor Zerstörungen und Zugriffen schützte. Einige Monate später
erfolgte die Übergabe von Burg Forchtenstein an die in der sowjetischen
Besatzungszone Österreichs eingerichtete USIA (Verwaltung sowjetischen
Eigenturns in Österreich). Glücklicherweise
sah diese die historischen Bestände als unantastbar an, wodurch sie
über die Besatzungszeit weitgehend erhalten blieben.
Schon bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erwachte im Burgenland eine Festspielkultur.
Nach Haydnfestspielen in Eisenstadt und anderen Kulturveranstaltungen
rückte ab 1954 der Burggraben von Burg Forchtenstein als Austragungsort
von Theater-Festspielen in den Fokus öffentlichen Interesses. 1959
übernahm Kammersänger Herbert Alsen die Leitung der Burgspiele
Forchtenstein und bot dem Publikum von da an als Folge seiner
Intendanz, wie es hieß, "Sommertheater auf Burgtheaterniveau".
Zahlreiche Publikumslieblinge und künftige Größen der Theater- und
Filmwelt gaben in den unterschiedlichen Aufführungen, die allesamt
Grillparzers Werke zum Inhalt hatten, ihre Rollen. So
waren zum Beispiel Senta Berger, Klaus Maria Brandauer, Christian
Quadflieg, Elisabeth Orth, Klaus-Jürgen Wussow, Christine Kaufmann,
Guido Wieland oder Dietmar Schönherr in Forchtenstein zu sehen.
Die Grillparzer-Festspiele erlangten rasch überregionale Bekanntheit
und hatten bis zu ihrer Auflösung 1983 Strahlkraft für den
burgenländischen Tourismus. Die historischen Bestände innerhalb der
Burg lagen ab etwa 1947 bis 1955 in der Verwaltung der USIA. Bald schon
bemühten sich Mitarbeiter des Bundesdenkmalamts darum, zu den bis dahin
weitgehend unter Verschluss gehaltenen historischen Depots Zutritt zu
erhalten. Erst kurz vor Ende der
Besatzungszeit 1955 erteilte der sowjetische General Nikon, der den
Esterházy-Besitz verwaltete, diese Erlaubnis. Somit war es den
Experten des Bundesdenkmalamts ab 1955 möglich, erstmals seit vielen
Jahren ein fachkundiges Auge auf die über eine lange Zeit verwaisten
historischen Objekte werfen zu können.
Ab Herbst 1960 begann, in wirtschaftlich weiterhin schweren Zeiten, ein
erstes Restaurierungsprogramm. Es setzte bis zum heutigen Tag
nachwirkende wichtige Schritte zur Erfassung, Pflege und Rettung
einzelner Sammlungsteile in Gang. Im Fokus dieser ersten Maßnahmen, die
auf Betreiben des Bundesdenkmalamtes durchgeführt wurden, lag zum einen
eine generelle Schädlingsbekämpfung der historischen Holzteile
in der Burg, zum anderen die Konservierung historischer Fahnen und des
großen osmanischen Zeltes bzw. die Restaurierung von Gemälden und
Waffen.
Überdies musste damals der prekäre Zustand der einzigartigen Wagen und Prunkkarossen
der fürstlichen Wagenburg festgestellt werden, die in den Wirren der
Kriegszeit sowie durch unsachgemäße Verwendungen im Rahmen von Leihen
an Filmgesellschaften (u, a. für den Film "Sisi - Schicksalsjahre einer Kaiserin")
massiv gelitten hatten. Schon bald wurden Ergebnisse dieser
Restaurierungskampagne in einer Ausstellung in Bregenz gezeigt,
darunter Teile einer prunkvollen Augsburger Rüstung aus dem 16.
Jahrhundert.
Der boomende Tourismus ergriff In den 1970er-Jahren auch das Burgenland,
das wegen seiner Ursprünglichkeit und gewissen Exotik als ein "etwas
anderes Österreich" wahrgenommen wurde. Burg Forchtenstein entwickelt
sich mit ihren einzigartigen Attraktionen zu einem Hauptausflugsziel im
Bezirk Mattersburg, Ja sogar im nördlichen Burgenland. Zugleich rückte
die mächtige Festungsanlage mehr und mehr in den Fokus internationaler
Gäste, die nicht mehr nur mit dem Autobus, sondern zunehmend mit
eigenen Pkw anreisten. Der Kastellan
persönlich war es, der sie durch die historischen Räume führte und der
ihnen die Geschichte der Familie Esterházy näherbrachte. Im
Umfeld von Burg Forchtenstein siedelten sich zahlreiche Gasthäuser und
Wirtsstätten an, innerhalb der Burganlage, bot die Taverne im Bereich
der Roten Bastei einen Ort der Einkehr für die Gäste. Auch heute wird
dieser Teil der Burg wieder gastronomisch genützt: Anstelle der alten
Taveme wurde 2015 das Restaurant Grenadier eröffnet.
Wenngleich die Burg mittlerweile zu einer beliebten Ausflugsdestination und Besucherattraktion geworden war, blieben die historischen Sammlungen bis zum Ende der 1980er-Jahre nahezu unberührt.
Durch glückliche Umstände hatten sie die einschneidenden Entwicklungen
des 20. Jahrhunderts teilweise unbeschadet überstanden. Die wertvollen
Bestände befanden sich, zwar gewartet und umsorgt, aber weit entfernt
von einer modemen und sachgerechten musealen Betreuung, nach wie vor im
Dornröschenschlaf. Viele Räume waren
nicht zugänglich, der Standort der historischen Schatzkammer blieb -
gesichert durch drei Schlösser und geheime Zugänge - weiterhin
mythenumwoben und versperrt. 1989 starb mit Fürst Paul V.
Esterházy der letzte Majoratsherr in der Famillengeschichte. Er hatte
seine Frau Melinda als Universalerbin eingesetzt. Wenige Jahre später
stellte sie mit ihren Entscheidungen die Weichen auf Burg
Forchtenstein, sodass dieses attraktive Ausflugsziel seinen Platz als
Botschafter der wechselhaften Geschichte seiner Region im kommenden
Millennium einnehmen kann.
Gemeinsam mit dem Land Burgenland wurde 1993 die Landesausstellung "Bollwerk Forchtenstein" gezeigt.
Sie stellte nicht nur die Burg und die Geschichte der Familie Esterházy
in den Fokus. Ihre Umsetzung bedeutete zugleich die Initialzündung
eines nun beginnenden Prozesses der Aufarbeitung, Analyse und
Auswertung der Familiengeschichte sowie der historischen Bestände und
ihrer Bedeutung für das Burgenland. Zahlreiche
Experten und Fachleute aus den Forschungsbereichen Geschichte,
Kunstgeschichte, Archivkunde, Archäologie und Denkmalpflege aus dem In-
und Ausland befassten sich eingehend mit den verschiedensten Themen.
Das Engagement wirkt bis in die heutige Zeit nach und fand letztlich im
gleichnamigen Ausstellungskatalog seinen dauerhaften Niederschlag.
Auch setzte damit die systematische Wiedererschließung der für den
pannonischen Raum ebenso bedeutenden wie bemerkenswerten historischen
Archive ein. Untergebracht in 21 Räumen der Burg und bis in die frühe
Neuzeit zurückreichend, bilden die Bestände heute für Forscher aus dem
In- und Ausland eine wichtige Quelle. 1996, also hundert Jahre nach der
für die Identitätsstiftung Ungarns so wichtigen Millenium-Ausstellung
in Budapest, bei der zahlreiche der noch heute in den Sammlungen
befindlichen Exponate erstmals für eine breite internationale
Öffentlichkeit zu sehen waren, hatte sich Forchtenstein als
Besuchermagnet im Burgenland etabliert. Obwohl
zahlreiche Maßnahmen zum Schutz der Burg wie etwa zum Brandschutz
getroffen wurden, brach dennoch 1990 ein Feuer aus. Ihm fiel das
historische Brunnenhaus zum Opfer.
Nachdem in den 1990er-Jahren vor allem
mit der Landesausstellung ein erster Schritt in Richtung
Ausstellungskultur gesetzt worden war, wandelte sich Burg Forchtenstein
Anfang des 21. Jahrhunderts zu einem Museumsstandort von
internationalem Ruf. Als permanente Ausstellungen wurden die
"Ahnengalerie" sowie das "Fürstliche Halali" eingerichtet, die
Informationen zur Familie Esterházy sowle zum höfischen Leben
vermitteln. Sonderschauen wie "Alla Turca" (2002) oder „Ich besitze
einige Seltenheiten" (2003) stellten verschiedene Bereiche der
Sammlungen vor. Damit einhergehend setzte eine rege Forschungstätigkeit
ein, zugleich erlangte Burg Forchtenstein mit ihren Beständen die
Aufmerksamkeit einer Internationalen Fachwelt. Diese wurde vor allem
durch die Öffnung des umfangreichen Archivs für Forschungszwecke
unterstrichen.
Der wohl bedeutendste Schritt
hinsichtlich der Attraktivität von Burg Forchtenstein war die Öffnung
der Schatzkammer für die Besucher, die 2005 auf Betreiben der letzten
Fürstin Melinda Esterházy erfolgte. Die Schatzkammer ist nicht
nur hinsichtlich Ihrer Exponate einzigartig, sondern auch hinsichtlich
ihrer Räumlichkeiten: Sie ist die einzige weltweit, die sich nach wie
vor an ihrem ursprünglichen Standort befindet, mit originalen
Schaukästen sowie einem Großteil der tatsächlichen Schaustücke
ausgestattet ist. Um das historische Erbe für die kommenden
Generationen zu bewahren wurden zahlreiche Restaurierungsprojekte
vorangetrieben und die Burg zugleich als Veranstaltungsort etabliert.
Die um die Jahrtausendwende begonnene
Restaurierungstätigkeit hält bis heute an und auch die rege
Ausstellungspraxis wird weiterhin gepflegt und erweitert. 2012
wurden die permanenten Ausstellungsangebote auf der Burg um die
Präsentationen der "Turcica" (2012), "Granaten, Fahnen, Grenadiere"
(2014), sowie "Helden, Schätze, Beutestücke" (2016) erweitert. In den
Folgejahren erfuhren auch das fürstliche Arsenal und die Bestände des
historischen Zeughauses eine konservatorische Würdigung und
Neuaufstellung. 2013 erfolgte unter Berücksichtigung historischer
Methoden und Materialien die Renovierung des Turmhelms und des
Bergfrieds. Zugleich wurden einzelne Telle Im Innenbereich von Burg
Forchtenstein neu gestaltet. Auf der "Roten Bastei" eröffnete 2015 das
Restaurant Grenadier, das kulinarisches Ziel für Burgbesucher wie für
Einheimische ist.
Im östlichen Bereich der Burg ermöglichen transparent gestaltete
Aussichtsplattformen und Stege einen Blick über die Burgmauern bis hin
zum Neusiedler See und führen so ihre einst strategisch wichtige Lage
vor Augen. 2014 verstarb die letzte Fürstin Melinda Esterházy.
Sie hatte mit der Gründung von drei Stiftungen in den 1990er-Jahren die
Grundlage für die Untellbarkeit des historischen Erbes und zugleich
deren Zugänglichkeit für das Publikum festgelegt. Diesem
Wunsch entsprechend finden laufend Sonderausstellungen statt, einige
der einzigartigen Objekte aus der Esterházy-Schatzkammer waren zudem
auch schon im Ausland zu sehen. Sie gelten als gefragte Leihexponate
bel internationalen Ausstellungen und wurden unter anderem bereits in
New York, Versailles, Tokio, Mailand oder Dresden präsentiert.
Der Innenhof des Hochschlosses
Das Charakteristikum ungarischer Adelssitze im 17. Jahrhundert war
deren wehrhafte Erscheinung und Funktion nach außen sowie die barocke
Prachtentfaltung im Inneren. Forchtenstein ist mit seinen
wehrtechnischen Anlagen und dem barocken Hochschloss das einzige
vollständig erhaltene Beispiel dieses Nebeneinanders von Repräsentation
und Befestigung.
Nachdem sich mit dem Tod Palatin Nikolaus Esterházys 1645 die Kräfte
seines Nachfolgers Graf Paul auf den Ausbau der Residenz der Familie in
Eisenstadt gerichtet hatten, kehrte auf der Burg für fast 40 Jahre
relative Ruhe ein, wurde die Anlage selten bewohnt und diente nur in
Angriffszeiten als Rückzugsort.
Mit der Erhebung Paul Esterházys in den Reichsfürstenstand 1687 setzte
die letzte große Umgestaltungswelle ein. Der Stammsitz der nun
fürstlichen Familie wurde zum Zentrum ihrer ständischen Legitimation
durch Kunst und Sammlungen. So wurde ab 1692 die berühmte
Esterházy-Schatzkammer in der heutigen Form eingerichtet sowie der
Grundstein für die Bibliotheca Esterhazyana gelegt. Mit der Errichtung
des Reite denkmales Fürst Pauls und den Wandmalereien beendete man die
Gestaltung des Hochschlosses zum Ort höfischer Pracht.
Neben der gestalterischen war wohl vor allem die programmatische
Komponente entscheidend: So veranschaulicht das Hochschloss bis heute
mit der Schatzkammer die materielle, mit der Ahnengalerie die
gesellschaftliche und mit den Wandmalereien der Kaiser im Hof die
politische Bedeutung des Hauses Esterházy. Inmitten der Anlage thront
folgerichtig das Reiterbildnis des Begründers und Schöpfers dieses
fürstlichen Universums, Pauls I. Fürst Esterházy.
Die fürstlichen Wohnräume des Hochschlosses
Unter dem Gesichtspunkt der Ausstattung mit großen Sälen, Kaminen,
reich verzierten Türen und üppigen Wandmalereien sind die Räume des
zweiten Obergeschosses die repräsentativsten des Hochschlosses. Die
lange Reihe von sieben Räumen an der Nordseite steht in Beziehung zu
barocken Raumfolgen und entstand mit der Aufstockung des Flügels über
der Auffahrt ins Hochschloss 1692. In diesen Räumen der fürstlichen
Familie finden sich Malereien der Wiener Maler Johann Carl Häckl und
Matthias Zehetgruber, die erst vor kurzem freigelegt wurden.
Alle Türen der Räume waren mit Veduten der Herrschaften und Schlösser
der Esterházy bemalt, die nur teilweise erhalten sind. Die barocken
Türen zeigen in den Räumen an der Ostseite des Hochschlosses eine
aufwändigere Gestaltung und lassen vermuten, dass sich hier die
Wohnräume des Fürsten befanden. Allein hier wurden die Wände mit
figuralen Darstellungen, wie der Gestalt eines Seifenblasen
produzierenden Puttos, bemalt. Dieser "homo bulla" zeigt die
Vergänglichkeit des irdischen Seins an. Die überlieferten bemalten
Stuckdecken in diesem Bereich wurden 1713 Opfer einer Sanierung der
Räume, bei der die barocken Öfen eingebracht wurden.
Genealogieforschung des Hauses Esterházy: Urahnen
Wütend entgegnete Nikolaus Esterházy (1583-1645) auf einen Brief eines
ungarischen Adeligen, der behauptete, seine Familie sei die bessere, da
ältere: Das Geschlecht der Esterházy "glänzte schon weit früher als vor
zwei Jahrhunderten von Edelmut; den Adelsstand hat es mit Blut und dem
Vaterland dienend erworben, nicht wie so manches andere mit Geld
erkauft. Dieses Geschlecht stammt nicht aus einer fremden,
eingewanderten Nation, sondern aus echtem ungarischem Blut!"
In Wirklichkeit war die Herkunft der Familie zu Beginn des 17.
Jahrhunderts weitgehend unbekannt, was in Ländern, die stark vom Krieg
heimgesucht wurden, nicht selten ist. Zur Erhellung beauftragte
Nikolaus 1620 die erste Genealogie der Esterházy, für die ein
Geistlicher die gewaltigen Lücken in der Ahnenreihe mit zahlreichen
frei erdachten Vorfahren füllte. Dass dies kurz vor Nikolaus' Wahl zum
Palatin von Ungarn geschah und eine urungarische Ahnenreihe
aufgezeichnet wurde, beweist die enorme gesellschaftliche Relevanz
"echten Blutes".
Sein Sohn Paul (1635-1713) beschäftigte sich seit seiner Schulzeit
intensiv mit der Geschichte der Esterházy und anderer ungarischer
Familien. Paul entwarf Stammbäume und genealogische Herleitungen,
wonach die Ahnen der Familie bis in die Zeit der ungarischen Landnahme
nachweisbar waren. Er belegte - nicht selten abenteuerlich - seine
Verwandtschaft mit den großen europäischen Häusern und offenbarte damit
die barocke "Manie" der Ahnenforschung.
Die Gemälde der Esterházy-Ahnengalerie
Die Geschichte der Esterházy-Ahnengalerie beginnt um 1618 mit den
Bildnissen der Kinder Nikolaus Esterházys. Sie zeugen vom höfischen
Selbstbewusstsein des Palatins und sind die ersten Kinderbildnisse in
der Kunst Ungarns. 1670 wurde die erste größere Gruppe von
ganzfigurigen Bildern für eine Esterházy-Ahnengalerie in Auftrag
gegeben: Paul Esterházy stellte dafür seinem Hofmaler Veith Kißler
Unmengen von Leinwand zur Verfügung.
Aus dem Inventar des Schlosses Eisenstadt lassen sich mehr als 230 so
genannte Familienbilder ermitteln, die im gesamten Gebäude die Wände
zierten. Hinzu kamen Galerien von geistlichen und weltlichen
Herrschern, Stammbäume und sogar Bilder der Lieblingshunde des Fürsten.
Diese Manie, alles und jeden von Rang und Namen an den Wänden des
Schlosses wiederzufinden, entspricht ganz dem Zeitgeist und scheint von
Palatin Paul in besonderem Ausmaß gepflegt worden zu sein.
Dass die fürstlichen "Contrefaits" nicht als allein stehende Kunstwerke
betrachtet werden dürfen, beweist, dass immer gleich Bildgruppen
bestellt wurden: So wurde 1708 Hofmaler Joseph Kracknagel gleich mit 20
Familienbildern beauftragt.
Spätestens 1735 muss der Großteil der Ahnenbildsammlungen auf Burg
Forchtenstein, dem Tresor der Familie, zusammengeführt worden sein.
Allein für das Hängen der hinzugekommenen Bilder benötigte man fast 400
Haken. Reisende provozierten die Bildermassen zu allerlei Spott und
romantischem Grusel. So schrieb Erzherzog Rainer 1804 in sein Tagebuch:
"[...] lauter uralte, schlechte, aber wegen der Tracht und den
merkwürdigen Gesichtern sehenswerte Gemälde". Die
Esterházy-Ahnengalerie ist heute eines der wenigen vollständig
erhaltenen Ahnengalerie-Projekte des Barock. Sie zeigt zusammen mit der
Schatzkammer das Selbstverständnis der Esterházy, in Forchtenstein
Stand, Würde und Ansehen der Familie zu repräsentieren.
Barocke Ahnengalerien
Seit der Antike sind Galerien von Darstellungen der Vorfahren bekannt.
Was damals eine eher retrospektiv- sentimentale Note hatte, wandelte
sich in der frühen Neuzeit in ein probates Mittel, den Stand zu
legitimieren. Besonders die Spätrenaissance und das Barock sind reich
am Streben, Macht aus der Tradition zu rechtfertigen. Lange Ahnenfolgen
auf Stammbäumen und Gemälden halfen, aus der Vergangenheit die
Legitimation gegenwärtiger Herrschaft zu ziehen.
Jenseits der bekannten Herrschergalerien fällt besonders im 17.
Jahrhundert bei den osteuropäischen Staaten - so in Ungarn und Polen -
ein Bemühen der Adeligen auf, in großen Galerien Abstammungen
darzustellen und zu konstruieren. Anders als auf dem Gebiet des
Heiligen Römischen Reiches galt es hier eher, durch eine große Folge
von Vorfahren zu den althergebrachten Gestaltern des Landes zu gehören,
als irgendwann durch den Gnadenakt eines Herrschers "erhoben" worden zu
sein.
Dies liegt zum einen daran, dass beide Staaten durch Wahlkönige regiert
wurden, die der selbstbewusste Adel bestellte. Vordringlich ist jedoch
die legendäre und stets apostrophierte Herkunft der Ungarn und Polen
von asiatischen - sarmatischen - Völkern. Besonders die Magyaren
zelebrierten ihre langen Ahnenreihen bis zu den Gründern zur Zeit der
Landnahme ab 896.
Im Zeitalter der höfischen Prachtentfaltung, in der die Esterházy in
zwei Generationen zu einer der wichtigsten ungarischen Familien
aufstiegen, war es also fast unentbehrlich, mittels der "uomini
illustri" die Tradition der Magnatendynastie darzustellen. Hiermit
erhöhte man sein Selbstverständnis als Würdenträger und Feudalherr, die
Außenwirkung im Kreis des ungarischen und österreichischen Hochadels -
und legitimierte vor allem seinen Aufstieg innerhalb der Gesellschaft.
"Phantom-Ahnen"
Fehlten den barocken Geschichtsschreibern in den Genealogien Ahnen,
wurden sie selbstbewusst erfunden: So hat man auch die großen Lücken in
der bekannten Ahnenfolge der Esterházy bis zu Estoras "aufgefüllt".
Dies war in der gedruckten Genealogieforschung üblich, wie die
Stammbäume der Grafen Eggenberg, Zrínyi, Festetics und Frangepan
beweisen. Die bildliche Darstellung von "Phantom-Ahnen" in einer Reihe
von über 30 lebensgroßen Gemälden in der Esterházy-Ahnengalerie ist
allerdings einzigartig.
Das Porträt war seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts zur eigenständigen
Bildgattung geworden. Die Bilder der Esterházy-Ahnengalerie greifen um
1670 die rund 150 Jahre zuvor entwickelte verbindliche Form des
höfischen Porträts in voller Lebensgröße auf, welche den Betrachter zum
Aufblicken nötigte.
Die großformatigen Ahnenbilder der Galerie sollten Größe und Tugend der
Vorfahren vermitteln. Sie umrissen reale und - in diesem Fall
ausschließlich - ideale Existenz. So ist es kein Wunder, dass die
"Phantom-Ahnen" der Esterházy in den Kriegen der ungarischen Könige
dienten - und fielen - und ihre prominent vertretenen Gattinnen meist
von Königen und Palatinen abstammten.
Vorlagen der heimischen Hofkünstler waren zeitgenössische Stiche nach
Damenporträts von Tizian, Tintoretto und Palma Giovane, die meist aus
dem Sammelwerk "Theatrum Pictorum" von David Teniers (Brüssel 1660)
übernommen wurden.
Tischuhr
David Buschmann (1626-1701); diverse Hölzer; Silberfolie,
feuervergoldet und bemalt; Glassteine; Edelsteine (Bergkristall,
Lapislazuli, Türkise, Karneole etc.); Malerei auf Pergament; Glas;
Kupfer und Messing, teilweise feuervergoldet; Eisen teilweise gebläut;
Augsburg, 1676-1683
Die reich dekorierte Tischuhr mit verschiedensten Edelsteinen und
bunten Glassteinen geschmückt, mit Bergkristallsäulen und bekrönenden
Blumensträußchen versehen, zeigt ein Zifferblatt mit türkischen
Kardinalzahlen. Dies lässt vermuten, dass die Uhr für den osmanischen
Markt oder als diplomatisches Geschenk an die Hohe Pforte gedacht war.
Auf dem Zifferblatt befinden sich aber auch arabische Zahlen, was
belegt, dass die Uhr ursprünglich nicht für den osmanischen Raum
gefertigt worden war und die Kardinalzahlen später hinzukamen.
Nikolaus Graf Esterházy
Mit der Wahl Nikolaus Esterházys (1583-1645) zum Palatin von Ungarn war
dieser mit einem Paukenschlag an den Höfen Europas bekannt geworden:
Die Diplomaten berichteten 1625 nach München, Florenz, London, Rom,
Venedig und Madrid von der Wahl Esterházys und bezeichneten diesen als
"treuen Anhänger Ihrer Majestät mit großen geistigen Begabungen".
Die Karriere des jungen und ambitionierten Aufsteigers aus einer
eigentlich kleinadeligen protestantischen Familie aus der Gegend von
Pressburg ist sagenhaft: Wegen Glaubensstreitigkeiten von seinem
väterlichen Besitz in Galántha vertrieben, stieg Nikolaus im von den
Türken besetzten Ungarn zum formellen Stellvertreter des Königs auf.
Als Vizekönig von Ungarn und überzeugter Katholik war er maßgeblich an
den schwierigen diplomatischen Verhandlungen mit den türkischen
Besatzern beteiligt und vermittelte zwischen ungarischen Magnaten und
habsburgischem König. Durch kluge Heiraten und konsequente
Parteigängerschaft mit seinem Souverän legte Graf Nikolaus den
Grundstein zum riesigen Besitz der Esterházy, zu dem auch die späteren
Stammsitze der fürstlichen Familie Forchtenstein und Eisenstadt
zählten. Die frühesten Gemälde der Esterházy-Ahnengalerie stammen aus
seinem Besitz. Darunter auch die ältesten Kinderporträts der
ungarischen Kunstgeschichte.
Paul Graf Esterházy: Ausbildung und Jugend
West und Ost, Katholizismus und Protestantismus begegneten einander bei
der Taufe des Sohnes von Palatin Nikolaus 1636 in Eisenstadt: So
standen der königlich-spanische Botschafter Castañeda und die Gattin
Gábor Bethlens, Katharina von Brandenburg, Pate. Paul (1635-1713) war
jedoch als drittgeborenem Sohn nicht wirklich vorbestimmt, das
väterliche Erbe des Hauses Esterházy weiterzuführen.
Streng und katholisch erzogen wurde das Kind am väterlichen Hof sowie
bei den Jesuiten in Graz und Thyrnau. Hier sind über die Tagebücher
Pauls zahlreiche Theateraufführungen bekannt, an denen der aufgeweckte
Knabe mitwirkte. Seine große Spiritualität bewog ihn im Alter von 15
Jahren, eine geistliche Laufbahn anzustreben.
Mit dem unerwarteten Tod seines Halbbruders Stephan 1641 und seines
Bruders Ladislaus in der Schlacht von Vezekény 1652 wurde Paul "ber
Nacht" zum Familienoberhaupt des Hauses Esterházy. Der damals
16-jährige Graf handelte sofort: Bereits am Tag der Nachricht vom Tod
Ladislaus' fuhr er auf die Burg Forchtenstein und forderte von allen
Dienern, Beamten und Angestellten den Treueid ein. Er befahl, niemanden
in die anderen Burgen einzulassen. Das große Erbe der Familie im Land
der Türkenkriege war gefährdet und musste gesichert werden.
Paul Fürst Esterházy: Macht und Wirkung
1655 tagte der Landtag in Pressburg: Es galt, einen neuen Palatin zu
wählen und den jungen Erzherzog Leopold zum ungarischen König zu
krönen. Der gerade 20-jährige Paul war bei diesen fast vier Wochen
dauernden Beratungen und Feierlichkeiten anwesend. Er trug die
Kroninsignien in die Krönungskirche, wurde zum Ritter des Goldenen
Sporns geschlagen und zum königlichen Rat ernannt. Dieser rasante
Aufstieg sollte sich über die großen Schlachten gegen die Türken
fortsetzen, ließ Paul 1681 zum Ritter vom Goldenen Vlies und 1687 gar
zum Fürsten des Heiligen Römischen Reiches werden.
Damit belohnte Kaiser Leopold I. Paul für sein Wirken für Ungarn, das
Durchsetzen des habsburgischen Erbanspruchs auf die Stephanskrone und
seine konsequente Parteigängerschaft mit dem Haus Habsburg.
Fürst Paul I. Esterházy war nun nicht nur der reichste Magnat Ungarns,
sondern auch der mächtigste Mann im Staat. Das gewaltige Erbe konnte
durch ein Hausgesetz, das bis 1938 Bestand haben sollte, jeweils
ungeteilt an den erstgeborenen Sohn weitergegeben werden.
Besonders oft und anscheinend gern ließ sich Paul zur Untermauerung
seiner "Glorie" und standesgemäßen Repräsentanz für die Ausstattung
seiner Schlösser und Burgen porträtieren.
Die Kinder des Fürsten Paul
Die Kinderschar des ersten Fürsten Esterházy war groß: Zwischen 1655
und 1692 - damals war Paul bereits Ende 50 - wurden ihm von seinen
beiden Gattinnen insgesamt 26 Kinder geboren, von denen allerdings 13
noch vor ihrem zehnten Lebensjahr verstarben. Aber auch diese wurden
auf Kinderporträts verewigt.
Die Anzahl der in Forchtenstein erhaltenen Kinderbildnisse aus dem 17.
Jahrhundert ist bemerkenswert - vor allem wenn man berücksichtigt, dass
von diesem Porträttypus relativ wenige Zeugnisse dieser Epoche erhalten
sind. Kinderporträts fanden aufgrund des Repräsentationsbedürfnisses
der ungarischen Adelsfamilien Eingang in deren Ahnengalerien, wo sie an
Bedeutung den Erwachsenenbildnissen gleichgestellt waren. Auch Paul ist
in dieser Tradition zu sehen; von frühester Kindheit an wurde ihm diese
Kunstgattung als Träger der höfischen Kultur nahe gebracht. Wie sein
Vater Nikolaus war auch Paul bestrebt, das Porträt als Ausdrucksmittel
des gesellschaftlichen Ranges sowie zur Repräsentation zu nutzen und
auch die Bildnisse seiner Kinder in die Esterházy-Ahnengalerie
aufzunehmen. Den gängigen Stilmitteln und dem Geschmack der Zeit
folgend, orientierte man sich bei den Kinderbildnissen in Komposition
und Darstellungsweise an den Porträts der Erwachsenen: Die Kinder sind
in Kleidung und Pose wie kleine Erwachsene dargestellt.
Nachkommen: Die Fürsten Michael und Joseph
Die Söhne des ersten Fürsten Paul interessierten sich recht wenig für
die Fortführung von dessen energischer Standesrepräsentation. Nach
seinem Tod übernahmen erst Michael (1671-1721) und dann dessen Bruder
Joseph (1688-1721) die Verantwortung für den Riesenbesitz. In ihrer
Internationalität und der der folgenden Generation zeigte sich die
inzwischen enorme Bedeutung des Hauses Esterházy auch in Europa:
Michael studierte in Wien und Parma Rhetorik, ehelichte eine Prinzessin
aus (wirklich) uraltem italienischem Adel und kümmerte sich wie sein
Bruder Joseph nicht um die Stammschlösser der Familie fernab der
Hauptstadt. Eisenstadt und Forchtenstein befanden sich in zunehmend
schlechtem Zustand, und auch die Ahnengalerie wurde nicht mehr
gepflegt, geschweige denn konsequent weitergeführt.
Josephs Söhne Paul II. Anton (1714-1790) und Nikolaus I. (1711-1762),
welche nach ihm die Herrschaft übernehmen sollten, wurden im 18.
Jahrhundert zu den prominentesten Persönlichkeiten der Dynastie. Als
Botschafter in Neapel, Erbauer des als ungarisches Versailles gerühmten
Schlosses Eszterháza, hochdekorierte Helden in den Schlachten Maria
Theresias, Mäzene und Dienstgeber Joseph Haydns erreichten sie die
Spitze der Aristokratie.
Der Mythos der Familie, den Paul mit seinen Sammlungen erzeugen wollte,
zeigte sich im 18. Jahrhundert im ganz höfischen Selbstbewusstsein der
Esterházy-Fürsten verwirklicht. Johann Wolfgang von Goethe prägte
hierfür den Begriff des "Esterházyschen Feenreiches".
Die Silbermöbel Paul Esterházys
Ende des 17. Jahrhunderts schwärmte ganz Europa von den
hochrepräsentativen Silbermöbeln Ludwigs XIV. In Triaden-Garnituren,
die aus Spiegel, Tisch und seitlichen Guéridons (Leuchterständern)
bestanden, zeigte sich ein verschwenderischer Umgang mit Silber bei der
Gestaltung von Räumen.
Besonders an skandinavischen und deutschen Höfen fanden diese
Silbermöbelgruppen schnell hochfürstliche Liebhaber, die solche
Prunkmöbel in Augsburg bestellten. Die Silbermöbel der Königshöfe
veranschaulichen das gesteigerte Prunkbedürfnis des 17. Jahrhunderts
und waren das Nonplusultra fürstlicher Repräsentation. Die Silbermöbel
Paul Esterházys summierten sich bis 1696 auf 32 Stücke, von denen ein
Großteil erhalten ist. Hinzu kommen zahlreiche Pokale und große
Silberuhren.
Mit dem Silbertisch von David I. Schwestermüller und anderen silbernen
Ausstattungsstücken hat sich in der Esterházy-Schatzkammer eine der
größten und ältesten Silbermöbelsammlungen Europas erhalten. Wie die
Silbermöbel in Versailles wurden die meisten Stücke der anderen
europäischen Höfe - meist für die Kriegskasse - eingeschmolzen.
Die Galerie der Palatine und Fürsten
Für Wein allein wollte Kaiser Leopold I. die Gemälde der
Zeitgenossengalerie des "ungarischen Krösus" Franz Graf Nádasdy
(1625-1671) nicht an Paul Esterházy veräußern.
Seit 1671 weilten die Nachlassverwalter Kaiser Leopolds in Schloss
Pottendorf, um den Bestand der Kunstsammlungen des zuvor wegen
Landesverrates geköpften ehemaligen Oberlandesrichters Nádasdy
aufzunehmen. Ein Großteil von Schatzkammer, Bibliothek und
Gemäldesammlung wurde den kaiserlichen Sammlungen einverleibt, der Rest
meist Paul Esterházy - als nahem Verwandten Nádasdys und treuem
Gefolgsmann Leopolds I. - angeboten. Neben einigen Stücken der
Schatzkammer kam so ein großer Bestand von Gemälden von politischen
Weggefährten und Freunden des Oberlandesrichters aus dem Großen Saal
des Pottendorfer Schlosses nach Eisenstadt. Zunächst hatte Paul für die
Galerie von 72 Gemälden einige Gulden und Wein bezahlen wollen, was die
Hofkammer ablehnte. Erst bei einem Besuch in Pottendorf mit Kaiser
Leopold verschenkte dieser die Bilder an Esterházy.
In der Esterházy-Ahnengalerie haben sich bis heute fast 40 Porträts von
ungarischen Palatinen und siebenbürgischen Fürsten dieser Sammlung
erhalten. Die Bildnisse sind meist vor 1655 entstanden und eine
Besonderheit, da sie wohl "ad vivum" gemalt wurden. Durch ihre Kopien
im Stichwerk von Elias Wideman (1646 und 1652) wurden viele zu Ikonen
der ungarischen Geschichtsschreibung der frühen Neuzeit.
Esterházy Turcica
"An unseren erlauchten und hochgestellten Freund, den Palatin von
Ungarn, ergeht mit Ausdrücken der Herzlichkeit folgende aufrichtige
Mitteilung [...]" - so beginnen die meisten Briefe des Statthalters der
Hohen Pforte an Nikolaus Esterházy. Als Palatin war es seine Pflicht,
auch die Rechte der im besetzten Teil des Landes lebenden Ungarn zu
wahren. Der fast freundschaftliche Ton darf jedoch nicht darüber
hinwegtäuschen: Man befand sich de facto in einem permanenten
Kriegszustand mit den Besatzern, stetig gab es marodierende osmanische
Truppen, die auch ins freie Westungarn einfielen. Nikolaus Esterházy
hatte seine Laufbahn auf den Grenzburgen begonnen. Als Generalhauptmann
von Neuhäusel war er militärisch wie diplomatisch im Kampf gegen die
osmanische Bedrohung eingesetzt. In den Schlachten von Lackenbach - wo
1620 das Schloss des Palatins besetzt wurde - und Neuhäusel - wo
Nikolaus 1623 eine türkische Abteilung schlug - hatte er hautnah das
Sterben und Blutvergießen miterlebt.
Ebenfalls im Schatten der stetigen Bedrohung des Landes wuchs Nikolaus'
Sohn Paul auf: Schon früh war er an Schlachten beteiligt, 1652 starb
sein Bruder Ladislaus im Felde. Besonders Paul wusste sich durch
gewonnene Beutestücke zu legitimieren. Mit Inschriften bezeichnet,
kamen sie in die Schatzkammer auf Forchtenstein und kündeten den
Zeitgenossen und späteren Generationen von den Verdiensten der
Esterházy um die 1683 begonnene Befreiung des Landes und Europas von
den Türken.
Mit den diplomatischen Geschenken der Esterházy gehören die Stücke aus
Türkenbeuten in der Schatzkammer heute neben den Sammlungen in Wien,
Karlsruhe, Dresden und Krakau zu den größten erhaltenen Beständen ihrer
Art.
Prunkschüssel mit der Darstellung der Schlacht bei Vezekényi
Kopie nach dem Original von Philipp Jakob Drentwett (Augsburg, 1654) Kupfer, versilbert, vergoldet; 2000
Der Festsaal des Hochschlosses
Der größte Raum des Hochschlosses war Entrée in die privaten Räume des
Fürsten Paul I. Esterházy (1635-1713), der den Festsaal und die
angrenzenden Wohnräume um 1692 mit den bis heute erhaltenen
Rankenmotiven schmücken ließ.
Nicht so prachtvoll wie der gut 20 Jahre zuvor entstandene Festsaal in
der Hauptresidenz Schloss Eisenstadt, der heute sog. Haydnsaal,
statteten die fürstlichen Hofmaler den Festsaal von Forchtenstein,
jedoch ebenfalls mit den Bildern von ungarischen Königen, aus, die bis
heute erhalten sind. Zusammen mit den Kaisern auf den Wänden des
Innenhofes und der Esterházy-Ahnengalerie bilden die Königsbilder eine
barocke Machtdemonstration und Legitimation der damals aufstrebenden
Magnatenfamilie.
In der sich südlich anschließenden Sommertafelstube wurde unter Fürst
Paul I. Esterházy in der warmen Jahreszeit gegessen. Seit dem späten
18. Jahrhundert versammelten sich hier Gesellschaften nach
Jagdausflügen in den Wäldern des Rosaliengebirges.
2007 wurde der Festsaal umfassend restauriert, die seit dem 19.
Jahrhundert verdeckten Seccomalereien freigelegt und der historische
Gemäldebestand rekonstruiert. Die neu entworfenen versilberten
Kronleuchter schlagen den Bogen von Beleuchtungskörpern des späten 17.
Jahrhunderts zu modernen Formen und zeigen das Wappentier des Hauses
Esterházy: Den Greifen mit den drei Rosen.
Pottendorfer Altar
Die Verbindungen von Forchtenstein ins niederösterreichische Pottendorf
waren besonders im 14. und 15. Jahrhundert intensiv: Gleich zweimal
ehelichten Grafen von Mattersdorf-Forchtenstein Sprosse aus dem Hause
Pottendorf. So heiratete Paul III. von Forchtenstein Mitte des 15.
Jahrhunderts die Schwester des Pottendorfer Grafen Albrecht III., der
als Stifter des Pottendorfer Altars gilt.
Schloss Pottendorf wurde um 1100 erbaut. Nach dem Erlöschen des
Pottendorfer Geschlechts durchlief das Wasserschloss an der
historischen Grenze Österreichs zu Ungarn eine wechselvolle
Besitzergeschichte bis es schließlich 1665 an Franz Graf Nádasdy, den
Schwager des späteren Fürsten Paul I. Esterházy, fiel. 1802 erwarb
Nikolaus II. Fürst Esterházy das Schloss, welches bis 2007 im Besitz
der Familie war.
Der spätgotische Flügelaltar der Schlosskapelle, um 1453, zeigt in
geschlossenem Zustand Nothelfer und Pestheilige. Auf der Festtagsseite
wird die Marienstatue von einem sternengeschmückten Baldachin
überfangen und von den Heiligen Blasius und Wolfgang flankiert.
Stilistisch dürfte der Altar dem Meister des "Votivbildes des Georg von
Pottendorf" (Sammlung des Fürsten von Liechtenstein), 1467, zuzuordnen
sein. Nach der Zerstörung des Schlosses im Zweiten Weltkrieg wurde der
Altar geborgen und restauriert. 2006 verfügten die Töchter des Prinzen
Ladislaus Esterházy seine Aufstellung auf Burg Forchtenstein. Hier im
"Tresor der Familie" soll er die lange Verbundenheit der Herren von
Pottendorf mit den Grafen von Mattersdorf, den Erbauern der Burg, sowie
der fürstlichen Familie Esterházy vor Augen führen.
Burgkapelle
Decke in der Burgkapelle
Die Granaten – „Grenaden“ – gaben den Grenadieren, also speziellen
Infanteriesoldaten ihren Namen. Grenadiere waren seit dem 17.
Jahrhundert als Schutztruppe auf Burg Forchtenstein stationiert. Die
uniformierte Welt der Truppen und Garden lässt sich in zwei besonderen
Schauräumen eindrucksvoll erfassen, die bereits Anfang des 19.
Jahrhunderts als Museumsräumlichkeiten genutzt wurden.
Der kürzlich aufwendig restaurierte Gemäldezyklus an 34
Offiziersportraits des Husarenregiments könnte nicht aufschlussreicher
die strengen Uniformierungsregeln und –traditionen sowie die
verschiedenartigen militärischen Ränge der damaligen Esterházy
Regimenter veranschaulichen. Eine eindrucksvolle Präsentation der
Husarensäbel sämtlicher Dienstgrade, vom Offizier bis zu den einfachen
Mannschaften, gibt Einblick in die unterschiedliche repräsentative
Symbolik.
Burg Forchtenstein, ein imposantes Wahrzeichen des Burgenlandes und
einer der ältesten Museumsstandorte Europas, diente lange Zeit als
„Tresor“ für erlesene Kostbarkeiten und als Aufbewahrungsort für
militärische Ausrüstung der Fürsten Esterházy.
Über 500 Husarensäbeltaschen aus napoleonischer Zeit und die komplett
erhaltene Ausrüstung der „Leopoldinen-Garde“, eines Ehrenzugs, der
anlässlich der Hochzeit Leopoldines, Tochter von Fürst Nikolaus II.,
1806 ins Leben gerufen wurde, sind noch heute in originaler
historischer Aufhängung zu sehen.
Mehr als 400 Jahre Waffengeschichte in den Mauern des Bollwerks:
Bedeutende Exponate in einer der größten privaten Waffensammlungen
Europas geben Einblick in eine lange Militärtradition und in den
Einsatz der Esterházy an der Seite der Habsburger.
Ernennungsurkunde von Kaiser Franz Joseph I. an Alois Prnzen Esterházy
von Galantha zum General der Kavallerie am 29. Oktober 1905
Die Burg steht südwestlich von Mattersburg über dem Wulkatal.
Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag,
kann sich gerne dieses Video antun: