Pfarrkirche Deutsch-Wagram

St. Johannes der Täufer, Juli 2024

Deutsch-Wagram ist eine Stadtgemeinde mit über 9000 Einwohnern im Bezirk Gänserndorf in Niederösterreich. Historische Bedeutung gewann der Ort im Jahre 1809 als Schauplatz der Schlacht bei Wagram. 180.000 Soldaten kämpften hier auf französischer Seite unter Napoleon und 120.000 auf österreichischer Seite unter dem Generalissimus Erzherzog Karl, der sein Hauptquartier im heutigen Erzherzog-Carl-Haus nahm.

 Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Deutsch-Wagram, Juli 2024

Die römisch-katholische Pfarrkirche Deutsch-Wagram im Bezirk Gänserndorf in Niederösterreich ist dem heiligen Johannes der Täufer geweiht. Die ältesten Teile der Kirche waren der Turm und ein romanisches Chorquadrat aus den 11 Jahrhundert. Das Steinrelief des heiligen Johannes der Täufer von Rudolf Schmidt, der
Altartisch mit Eisengussplastik „Kreuzigungsgruppe auf Ankerkreuz“ von Alexander Silveri und ein Marienrelief aus dem Jahr 1514 gehören zur Ausstattung.

1258 Erste urkundliche Erwähnung von Deutsch-Wagram. Rund um die Kirche wurden ein Friedhof angelegt
1852 Errichtung eines Friedhofes im heutigen Sahulkapark
1859 Der Kirchenfriedhof ist vollkommen belegt. Einzelne Grabsteine werden nach und nach in den neuen Friedhof gebracht oderverschwinden unter der Erde.
1875 Die Volksschule wird erbaut, als Baumaterial werden Steine der alten Wehrmauer um die Kirche verwendet
1903 Weihe des heutigen Friedhofes
um 1909 Schließung des jüdischen Friedhofes
1924/61/94 Erweiterung des derzeitigen Friedhofes
1956-1958 Die Kirche wird neu errichtet, Teile der alten Kirche werden in der neuen Kirche integriert oder in den Pfarrgarten gelagert. Während dem Umbau werden alte Grabsteine wiederentdeckt und in die Wehrmauer eingebaut.
2023 Die alten Grabsteine, Giebelkreuz und Martel werden innerhalb der Wehrmauer neu aufgestellt

 Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Deutsch-Wagram, Juli 2024

Die ältesten Teile der Kirche waren der Turm und ein romanisches Chorquadrat aus den 11 Jahrhundert. Es ist also anzunehmen, dass die Toten der ersten Siedlung in Wagram seit dem 11. Jahrhundert rund um die Kirche innerhalb der Wehrmauern bestattet wurden. Bis 1859 fanden die Deutsch-Wagramer ihre letzte Ruhestätte auf den Kirchenfriedhof Nachdem der Kirchenfriedhof restlos belegt war fanden die Beisetzungen im neuen Friedhof, im heutigen Dr. Sahulka Park statt.

Beim Umbau der Kirche 1956 wurden Grabsteine entdeckt und diese in der Kirchenmauer vermauert. Es befanden sich noch Grabsteine auf den Kirchengelände die im Garten des Pfarrhofes gelagert wurden. Teile wie das Giebelkreuz der alten Kirche oder ein Kreuz, dass an der Fassade der Kirche stand, wurden ebenfalls im Garten des Pfarrhauses gelagert.

 Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Deutsch-Wagram, Juli 2024

2023 wurden die Grabsteine und die Artefakte der alten Kirche an der jetzigen Stelle aufgestellt um an die lange Geschichte der Kirche und den ehemaligen Kirchenfriedhof zu erinnern.

Um 1800: Das Giebelkreuz der barocken Fassade der alten Kirche (Abriss 1956)
1884: Grabstein von Josef Bathioli, Pfarrer in Deutsch-Wagram 1864-1878
1753: Jakob Unger, vermutlich ein Vorfahre der Familie Schlederer
Um 1700: Barocke Figur (unbekannt)
Um 1900: Kreuz von der Fassade der Kirche
Um 1700: Barocke Figur (unbekannt)
1736: Andreas Ascheibauer (Name noch unklar)
1899: Grabstein von Cosmas D. Mall, erster Gemeinde- und Bahnarzt

 Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Deutsch-Wagram, Juli 2024

Die Kirche ist ein kubischer Bau über einem kreuzförmigen Grundriss. Der Kirchenbau ist mit einem Walmdach gedeckt. Die Fassade ist schlicht gehalten. Das Südportal ist dreiteilig. In der darüberliegenden Lünette ist ein Steinrelief des heiligen Johannes der Täufer von Rudolf Schmidt. Darüber ist ein großes Rundbogenfenster. Im Osten liegt der ehemalige Polygonalchor. Die gotischen Strebepfeiler sind durch rundbogige Verschleifungen zu Nischen miteinander verbunden worden. In diesen Nischen sind Rundbogenfenster. Zwischen Langhaus und Chor steht über dem ehemalig romanischen Chorquadrat der 1956 wiedererrichtete Kirchturm. Die Schallfenster sind rundbogig und der Turm schließt nach oben hin gerade ab. Darauf ist ein Umgang mit Brüstung auf Kragsteinen. Im Norden der Kirche ist die Sakristei angebaut.

 Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Deutsch-Wagram, Juli 2024

Steinrelief des heiligen Johannes der Täufer von Rudolf Schmidt

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Das Langhaus ist schlicht gestaltet und hat eine Flachdecke. Das Langhaus ist vom Altarraum durch einen monumentalen profilierten Triumphbogen optisch abgetrennt. Die Kreuzarme Richtung Osten und Westen sind durch Rundbögen mit dem Langschiff verbunden. Der Kreuzarm im Osten ist der ehemalige gotische Chor aus dem 15. Jahrhundert. Heute wird der 1651 barockisierte Raum als Wochentagskapelle genutzt. Der Chor ist rund geschlossen und weist ein zartes umlaufendes Gesims auf. Der im Norden liegende Altarraum ist etwas erhöht.

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Der älteste Teil der Kirche war der etwa 18 Meter hohe Turm aus dem 11. Jahrhundert. Den ursprünglichen Teil der alten Kirche bildete ein romanisches Chorquadrat (ca. 11. Jahrhundert). Im 15. Jahrhundert wurden etwas schräg der gotische Chorbau (heute Wochentagskapelle) und die Sakristei angebaut. Rund 200 Jahre später wurde die Kirche um einen barocken Zubau erweitert. Zuletzt wurde 1940 die Sakristei ausgebaut. Die alte Pfarrkirche stand am Rand des ursprünglichen Angerdorfes auf einem etwa 3,5 Meter hohen aufgeschütteten Hügel, wo auch die neue Kirche wieder errichtet wurde. Um die Kirche war der Friedhof angelegt, der von einer Wehrmauer umgeben war. Die ganze Anlage war als Wehrkirche angelegt, die den Einwohnern als Schutz gegen eventuelle Angreifer diente. Gottesdienste wurden bereits ab der Besiedlung des Angerdorfes abgehalten, wie die romanischen Teile der Kirche beweisen.

Die Deutsch-Wagramer Kirchenchronik berichtet, dass die Pfarre Deutsch-Wagram zuerst der Pfarre Stadlau unterstellt war, später der Pfarre Kagran. Ab 1562 wurde die Pfarre zunehmend protestantisch. Am 8. November 1620 unterlagen die Protestanten in der „Schlacht am Weißen Berg". Die „Rebellengüter" fielen dem landesfürstlichen Kammergut zu und wurden als Lehnen an neue aufstrebende Geschlechter vergeben. Damit ging auch in Deutsch-Wagram nach ca. 75 Jahren die Dominanz des protestantischen Glaubens zu Ende. Ab 1640 gehörte Deutsch-Wagram zur Pfarre Gerasdorf. Um 1671 ließ Gutsherr Adam Anton Grundemann, Graf von Falkenberg, die Kirche um einen barocken Zubau erweitern und teilweise auch umbauen. Bei diesem Umbau wurde auch das Relief „Maria mit dem Kinde" an der Außenfassade der Kirche angebracht. 1683 wurde die Kirche während der Türkeneinfälle und der Belagerung von Wien beschädigt und geplündert.

Deutsch-Wagram wurde am 2. März 1784 zu einer selbstständigen Pfarre, Aderklaa und Helmahof (zuvor bei Bockfließ) wurden zu Filialen. Während der Schlacht am 5. und 6. Juli 1809 wurde auch die Kirche mehrmals geplündert. Das Innere der Kirche wurde im 19. Jahrhundert neu ausgestaltet. Bereits um die Jahrhundertwende gab es Pläne zur Neuerrichtung der Kirche, die aber erst in den 1950er Jahren umgesetzt wurden. Am 14. Mai 1956 wurde in der alten Kirche der letzte Gottesdienst gefeiert. Nachdem das Inventar aus der Kirche entfernt worden war, begannen die Abbrucharbeiten. Das Bundesdenkmalamt schrieb vor, dass der denkmalgeschützte Turm, das Presbyterium und die barocke Fassade in den Neubau mit einbezogen werden sollten. Am 10. August 1956 brach der Turm unter Getöse in sich zusammen. Das älteste Bauwerk Deutsch-Wagrams existierte nicht mehr. Schlussendlich blieb als einziger Teil der alten Kirche der gotische Chor erhalten.

Am 11. November 1956 wurde der Grundstein für die neue Kirche gelegt. Die Bauführung der neuen Kirche hatten die Deutsch-Wagramer Baumeister Ing. Johann Christen und Michael Vogl. Der Entwurf für die neue Kirche stammt von Architekt Dr. Ing. Hans Petermair. Am 21. Juni 1958 fand die Weihe der neuen Pfarrkirche statt. Die Innengestaltung ist schlicht gehalten. Die Kreuzigungsgruppe aus Eisenguss, die hinter dem Altar hängt, wurde 1958 von Alexander Silveri geschaffen. Über dem Eingangsportal befindet sich ein Relief von Bildhauer Prof. Rudolf Schmidt, das die Taufe Christi darstellt.

 Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Deutsch-Wagram, Juli 2024

Der Altartisch mit Eisengussplastik „Kreuzigungsgruppe auf Ankerkreuz“ steht frei auf einem Stufenpodest. Er stammt von Alexander Silveri.

 Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Deutsch-Wagram, Juli 2024

Über dem rechten Seitenaltar und dem Kapellenaltar sind Figuren der Heiligen Petrus und Johannes. Auch diese Figuren aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts waren ursprünglich an der barocken Westfassade befestigt.

 Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Deutsch-Wagram, Juli 2024

Der linke Seitenaltar besteht aus einem bemerkenswerten Sandsteinrelief von 1514. Dieses könnte von einem ehemaligen Epitaph stammen. Das Relief zeigt Maria mit Kind sowie die heilige Dorothea und die Figur des Stifters. In der bekrönenden Lünette ist die Kreuzigung Jesu dargestellt. An der Konsole ist ein Wappenstein und die Inschrift: „Bit got vür niclas Forster, Maller bey unser Gotshaus, pfründner 1514.“ Bis 1630 befand sich der Altar im ehemaligen Dorotheerkloster in Wien. 1671 erwarb ihn Adam Anton Grundemann und brachte ihn ursprünglich außen an der Kirche an, später übersiedelte er in einem neuen Steinrahmen ins Innere der Kirche.

Marienrelief aus dem Jahr 1514

 Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Deutsch-Wagram, Juli 2024


Die Orgel mit 17 Registern stammt aus dem Jahr 1962 von Rudolf Novak.

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Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: