Heimatmuseum Eggendorf

5.000 Jahre Eggendorfer Geschichte, Juni 2024

Ein Streifzug durch 5.000 Jahre Eggendorfer Geschichte: Das Heimatmuseum Eggendorf lädt zu einer Reise in die Geschichte der Region ein. Objekte aus den verschiedensten Zeitepochen geben Einblick in das einstige Leben der Menschen in der industriell geprägten Gemeinde. Zu sehen sind Funde aus der Hallstattzeit ebenso wie Geräte und Dokumente der kaiserlichen Papierfabrik und der ehemaligen Baumwollspinnerei. In Schaukästen sind alte Kameras, Telefone, Radios, Rechenmaschinen und Fotos ausgestellt.

 Heimatmuseum Eggendorf, Juni 2024

Wann wurde Eggendorf gegründet?
Zu den Fragen „wer, wann und warum wurde Eggendorf gegründet" gibt es keine gesicherten Unterlagen oder Urkunden. Man kann nur die historischen Fakten interpretieren und daraus Schlüsse ziehen. Das Gebiet von Eggendorf wurde zwischen 770 und 820 n. Chr. von Awaren bewohnt. Karl der Große besiegte die Awaren 796-800 n. Chr. und gründete ein Awaren-Khanganat am Plattensee, das bis zur Enns reichte. Ab 840 n. Chr. sind keine Awaren in Europa mehr urkundlich erwähnt. In diesen Raum drängten die vom Karpatenbecken kommenden Magyaren nach. Die Urheimat der Magyaren dürfte der Bereich des Urals gewesen sein, ein nomadisches Volk, das ab 890 n. Chr. in die pannonische Tiefebene einwanderte und die Reiterheere Plünderungszüge in ganz Europa durchführten (wie vorher die Awaren). Nach der Schlacht am Lechfeld 955 n. Chr. zogen sie sich aus dem jetzigen Österreich (ausgenommen Burgenland) nach Westungarn zurück und wurden sesshaft. Die Grenze Leitha-March war aber nach wie vor unruhig. 976 kommt es zur Gründung der Mark Ostarrichi und Karanthanien.

Das Königreich Ungarn wurde am 20. 8. 1000 von Stephan I. gegründet (Königskrone vom Papst Silvester). Er christianisierte die heidnischen Magyaren. Es kommt immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Ungarn (1035 und 1041). Das Eggendorfer Gebiet lag in der Steiermark (Karanthanien) und nach 1192 (Georgenberger Handfeste) in dem babenbergischen Herzogtum. Zur Grenzsicherung wurden ab 1100 zwischen Triesting und Piesting Grenzsiedlungen gebaut: Schönau, Günselsdorf, Teesdorf, Tattendorf, Gebendorf, Oberwaltersdorf, Trumau. Da die Kirche in Untereggendorf zwischen 1160 und 1220 erbaut wurde, kann man für Eggendorf ca. 1080 bis 1160 annehmen. Wie bei den Grenzsiedlungen zwischen Triesting und Piesting, erfolgte der Auftrag zur Planung vom König (Schenkung von Königshufen) und die Ausführung der Planung durch fränkische Vermesser. Die strategische Anordnung des Dorfes zwischen den Burgen Lichtenwörth und Ebenfurth wurde nur durch die Mäander der Fischa gestört, dadurch musste Eggendorf geteilt werden. 12 ganze Lehen oben und 12 ganze Lehen unten. Ab dem 14 Jhd. kam es zur Teilung der ganzen Lehen (1½ und ½ Lehen); 1751 zur „Theresianischen Fassion" gab es nur mehr 7 Lehen mit >10 Joch (OE03, 17, 27, 34; UE 09, 10, 33) bei 48 Höfen und 8 Hofstadeln und einer Gesamtgröße von Ober- und Untereggendorf mit 360 Joch Hausäcker (ohne Freihof, Mühle, Pfarre und Gemeinde).

In der Literatur war man bisher der Ansicht, dass Ober- und Untereggendorf 2 selbstständige Orte waren und erst zur Gemeindewerdung 1850 zu Eggendorf vereinigt wurden. Aus der derzeitigen Datenlage muss dies aber überdacht werden. Die Trennung des Ortes in 2 Teile erfolgte bei der Gründung durch landschaftliche Gegebenheiten. Zur Verwaltung gab es nur einen Freihof und die „Edelfreien Herrn" nannten sich alle „von Eggendorf (Luidolt von Ekchendorf oder Erchengar von Ekchendorf usw.). Die Benennung Ober- und Untereggendorf erfolgte ab Mitte des 14 Jhd. durch die Aufteilung des Ortes auf mehrere Grundherrschaften (Puchhaimer, Stubenberger, Fronauer, Pergauer usw.) aus Gründen der Übersichtlichkeit. Zur Grenzsicherung durch die Errichtung von Dörfern (Günselsdorf, Tattendorf, Eggendorf ....) wurde auch Wiener Neustadt als Grenzfestung (Stadtmauer, Wassergraben, Soldaten) 1194 gegründet. Die Gründung von Eggendorf kann man daher auf den Zeitraum von 1080 bis 1160 eingrenzen.

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Wer hat Eggendorf gegründet?
Dazu gibt es leider keine gesicherten schriftlichen Unterlagen oder Urkunden. Man kann nur die historischen Fakten interpretieren und daraus Schlüsse ziehen. Das Gebiet von Eggendorf gehörte im 11. und 12. Jhd. zur Mark Pitten bzw. zur Steiermark. Die Grenze zum Herzogtum Österreich bildete die Piesting. Durch die Georgenberger Handfeste kam es 1192 zu einer Vereinigung. Ortsgründungen in Grenz- oder eroberten Gebieten konnten in dieser Zeit nur vom König durchgeführt werden; sie erfolgten in der Regel durch eine Schenkung von Königshufen an den Markgrafen. In Eggendorf waren es ca. 12 Königshufe (24 ganze Lehen). Der genaue Standort wurde vom Grafen bestimmt, die Planung erfolgte durch Vermesser mit der sogenannten Königsrute (1 Königshufe ist 79.52 ha, 1 Königsrute ist 4.72m). Die Anordnung der Häuser und Hausäcker erfolgte wie beim „Fränkischen Reihendorf". Die Verwaltung (Abgaben und Robott) erfolgte durch den Freihof durch „Edelfreie Herrn". Die Größe der Lehen betrug ca. 15 Joch.

Aus der derzeitigen Datenlage kommen für die Gründung von Eggendorf zwei Herrschergeschlechter in Frage; die Grafen von Pitten mit Ekbert II oder III von Formbach und der Markgraf der Steiermark Otakar III. Graf Ekbert I. hatte noch in den achziger Jahren des 11 Jhds das Gebiet östlich der Schwarza um das Zentrum Pitten und Neukirchen erschlossen und militärisch gegenüber Ungarn gesichert. Sein Sohn Ekbert II hat die beherrschende Stellung in diesem Gebiet (Gloggnitz, Neunkirchen, Pottschach, Schwarza, Grimmenstein) ausgebaut. Die Burgen Pitten, Grimmenstein, Kranichberg und Klamm bildeten die Pfeiler seiner Herrschaft. Als Gegenmaßnahme zu dieser Bildung des „Pittnerländchens" wurden von Otakar III. die Burgen Emmerberg, Wulfingstein und Packstein mit Gefolgsleuten besetzt und im Norden das Pittner Gebiet von Österreich abgeriegelt. Als neues Zentrum forcierte Ottokar III. anstelle von Pitten und Neunkirchen das nahe zu Österreich gelegene Fischau (1166 und 1185 Landtaidinge). Mit dem Aussterben der Traungauer (Otakar IV., Georgenberger Handfeste) fällt die Steiemark (und Pitten) an Leopold V. (Babenberger). 1246 (die Babenberger sterben mit Friedrich II. der Streitbare aus) wird Pitten Fiskalgut. In einer Urkunde von König Friedrich dem Schönen von 1316 wird Eggendorf als Fiskalgut vom Haus Pitten genannt und verpfändet. Wer war nun der Gründer? Die Namensähnlichkeit von Ekbert (II oder III) oder Markgraf Otakar III. mit Beziehungen zur Burg Emmerberg. War es der Graf von Pitten oder der Markgraf der Steiermark. Nach den äußeren Umständen kommt ein Zeitfenster von 1080-1160 in Frage.

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Die Kirche St. Paul - Die alte Steinkirche
Die erhobenen Entstehungsdaten der Steinkirche aus den Jahren 1160-1220 lassen keinen Schluss über eine eventuelle Vorgängerkirche aus Holz zu. Die Steinkirche könnte von Ministerialen der Formbacher (der Emmerberger?) erbaut worden sein, da die Kapelle der Ruine Emmerberg durchaus Parallelen zur Eggendorfer Kirche aufweist.

Weitere Baumaßnahmen
Während die romanischen Teile vor allem die heutige Sakristei und Teile der noch sichtbaren südlichen Außenwand betreffen, finden sich gotische Bauteile im Bereich der heutigen Sakristei und im neu erbauten Chorturm. Neben der Verstärkung der Außenwand finden sich die Konturen der ehemaligen Eingangstür. Kurz vor dem 2. Türkeneinfall erfolgte 1682 die Erweiterung des Langhauses, und damit wurden die Größenmaße der heutigen Kirche definiert. Mit der um 1728 erfolgten Barockisierung des Innenraums mussten zur Verstärkung der beiden Kuppeln tragende Säulen errichtet werden. Die letzten wichtigen Änderungen im 18. und 19. Jahrhundert betrafen die außen gut sichtbaren Verstärkungen sowie den Bau einer gemauerten Turmstiege, um bei Bränden Gefahren zu verhindern.

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Verschiedene Diözesanzugehörigkeiten
Unsere Gegend gehörte in karolingischer Zeit zur Karantanischen Mark und in der Folge zum so genannten Pittener Gebiet. In der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts kam es zu einer Änderung der diözesanen Zugehörigkeit: Damit lag das Gebiet der künftigen Pfarre Eggendorf nunmehr im Sprengel der Erzdiözese Salzburg. Bis zum Jahre 1785 blieb Eggendorf salzburgisch und befand sich damit in einem „Drei-Diözesen-Eck" in Nachbarschaft mit Ebenfurth (Diözese Passau) und mit Zillingdorf (Diözese Raab). Erst 1785 wurden das Industrie- und Weinviertel der Erzdiözese Wien zugeteilt.

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 Heimatmuseum Eggendorf, Juni 2024

Dehel „Demaria-Lapierre" 1936 / Voigtländer „Bessa" 1935

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Telefon W 6760 und ÖBB 11688, 1948

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Voigtländer „Avus" ca. 1913

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AEG „Deutscher Kleinempfänger" 1938

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Hea „Trixi 230 UN" 1964 / Minerva „Mirella 612" 1961-66 / Kapsch „Musette" 1965
Radione „Gipsy" 1957 / Nordmende „Cambridge" 1971-72 / Ingelen „TRv 100 Portable" 1957

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Filmprojektor Eumig P8 „Imperial" / Filmprojektor „Eumig P II" 1980
Diaprojektor „Leitz Prado 250" 1955 / Diaprojektor „Pani Pantax" 1972

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LC. Smith & Bros „Typewriter“ 1906

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1316, März 28, HHStA
König Friedrich der Schöne verpfändet mit Zustimmung seiner Brüder an Konrad von Werd (Werde) für 700 Pfund Wiener Pfennige, die er Konrad für dessen Dienst an den Rhein geben soll, die Burg zu Pitten samt allem Zubehör und 30 Mut Hafer Marchfutter (entspricht ca 54.000 Liter) in den Dörfern Ekchendorf, Niedern Zemmingdorf, Ober Zemmingdorf, Treuchendorf, Judenfuert, Chotzdorf, Eyczgendorf, Hadreinswerde (Haderswörth) und Swartzza (Schwarzau) mit dem Rechte der freien Verfügung über die Pfandschaft und erklärt Konrad nicht vor Bezahlung der Schuldsumme aus dem Besitze der Burg zu entfernen (enthausen).

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Schreibmaschine „AEG Mignon 2" 1925

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Ein Wirrwarr an Besitzrechten
Mit dem Bereitungsbuch von 1590/91, bei dem die Feuerstellen bzw. behausten Güter jedes Ortes aufgezeichnet wurden, erfasste man auch die jeweiligen Lehensherren: So waren in Ober-Eggendorf von den insgesamt 31 Häusern 6 Häuser dem Neustädter Bischof lehenspflichtig, die restlichen 25 Häuser befanden sich in „Streubesitz", sollten aber im 17. Jahrhundert durch diverse Käufe zur Herrschaft Pottendorf kommen und 1671 nach der Hinrichtung des Grafen Nádasdy kaiserliches Kammergut werden. In Unter-Eggendorf, das 1590/91 aus 26 Häusern bestand, waren 14 dem Neustädter Bischof und 4 Häuser dem Pfarrer von Lichtenwörth lehenspflichtig, die restlichen 8 Häuser hatten verschiedene Lehensherren. Zum Vergleich: 1850, also unmittelbar vor der Zusammenlegung der beiden Ortsteile zu einer Gemeinde gehörten in Ober-Eggendorf von insgesamt nunmehr 37 Häusern 29 zur Herrschaft und Gemeinde Pottendorf und 8 zum Bistum Wiener Neustadt, in Unter-Eggendorf mit 34 Häusern waren 18 dem Bischof, 9 der Herrschaft Pottendorf, 5 Lichtenwörth und 2 der Gemeinde lehenspflichtig.

Kriegerische Überfälle
Unsere Gegend blieb im Laufe der Jahrhunderte auch von diversen kriegerischen Ereignissen nicht verschont. Bereits aus dem 15. Jahrhundert sind Übergriffe auf bäuerliches Gut dokumentiert. Auch der Lange Türkenkrieg (1593-1606) brachte den hiesigen Häusern und der Kirche große Schäden. An der Kirche erinnert eine eingelassene Tafel, in der es heißt: „Im Jahre 1605 wurde ich von den Rebellen verwüstet und zerstört und durch den hochwürdigen H. Melchior Klesl, Bischof von Neustadt, wieder errichtet und aufgebaut im Jahre 1608." Ein Stein auf Hauptstraße 150 gedenkt des Zivilopfers David Pilot, der ebenfalls 1605 ums Leben gekommen ist.
Die größte Katastrophe stellte allerdings das Türkenjahr 1683 dar: nahezu beide Ortschaften wurden durch Brand vernichtet, das Vieh weggetrieben und unzählige Menschen getötet. Der Zillingdorfer Pfarrer klagte, dass er nicht alle Gestorbenen in das Totenregister eintragen könne, da es so viele seien.

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Eine einheitliche Gemeinde - keine leichte Sache
Im Sinne der Gemeindewerdung waren der Zusammenlegung der beiden Ortsteile Ober- und Unter-Eggendorf heftige Turbulenzen vorhergegangen, auch die ersten Wahlen des Bürgermeisters und der Gemeinderäte verliefen naturgemäß nicht ohne Schwierigkeiten. Nachdem 1970 das von der Gemeinde Eggendorf vorgesehene Industriegebiet an der Bundesstraße 17 zwischen Theresienfeld und Sollenau in Bauland umgewidmet worden war, erhielt Kurt Schedler die Zustimmung seitens der Gemeinde ein neues Siedlungsgebiet zu errichten. Damit war die Siedlung Maria Theresia als der dritte Ortsteil von Eggendorf geboren. Nach und nach erfolgten der Bau einer Kirche und eines Friedhofs sowie weitere Maßnahmen zur Sicherung der Infrastruktur. Heute leben in der Siedlung ungefähr doppelt so viele Menschen wie in Eggendorf-Ort.

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Feuerspritze „Modell A.P.W&S."

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Die Baumwollspinnerei - Eine Hightech-Fabrik mit Wurzeln in Eggendorf
Bis 1802 existierten in Kontinentaleuropa keine großen Fabrikspinnereien, da das entsprechende Know-how fehlte. Erst mit der Ankunft der drei Kinder der Familie Thornton aus dem englischen Halifax änderte sich die Situation schlagartig. Es wurde bereits 1804 in Pottendorf mit der Produktion begonnen, ein Jahr später hatte das Unternehmen schon 650 Arbeitskräfte und 23.040 Spindeln.

In Eggendorf war es der Neffe Joseph Thornton, der bereits 1832 die Mühle und alle für das Projekt Spinnerei notwendigen Grundstücke gekauft hatte. Er plante damit auch ein soziales Projekt für die Beschäftigten. In der Pfarrchronik heißt es: „Ich habe in Antrag nächst der Mühle zu Untereggendorf eine Spinnfabrik zu erbauen, und wenn mir das Glück will, so hoffe ich bey 300 Menschen hinlängliche Arbeit zu verschaffen..." Joseph Thornton legte auch auf politischem Parkett eine Karriere hin: Bei der im Juli 1850 erstmals erfolgten Wahl des Gemeindevorstands wurde er zum Bürgermeister gewählt. Er nahm die Wahl zwar an, verabschiedete sich aber völlig überraschend nach einem Jahr, verkaufte Spinnerei und Mahlmühle an Johann Hoff um 178.000 fl Conventionsmünze und zog nach Wien.

Johann Hoff zog sich nach 10 Jahren als Besitzer der Spinnerei zurück, behielt aber die Mahlmühle weiter bis 1883, die er an Carl Friedrich Seuter von Loetzen verkaufte. Theresia Thornton, die Witwe nach Johann Thornton, dem Bruder des Eggendorfer Betriebsgründers und Initiators der Unterwaltersdorfer Spinnfabrik, erwarb 1860 mit ihren Söhnen die in Konkurs befindliche Eggendorfer Spinnerei, die sie bis 1882 innehatten. Mit dem Kaufvertrag vom 21. Dezember 1882 begann mit Carl Friedrich Seutter von Loetzen die Dynastie der Familie Seutter, die für 125 Jahre die Geschichte der Spinnfabrik prägen sollte.

Die Familie Seutter von Loetzen in Eggendorf
Carl Friedrich Seutter von Loetzen, geboren 1820 in Lndau am Bodensee, begann seine berufliche Laufbahn als Lehrling in Prag, war Reisender eines Baumwollgarngeschäftes und wurde 1873 Alleininhaber der Firma Seutter & Comp. Neben dem Hauptsitz in Wien bestanden Niederlassungen in Prag, Seebach/Kärnten und in Eggendorf. Carl Friedrich starb 1892 in Wien.

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Seine Nachfolger wurden Hermann und Günter Seutter von Loetzen, ab 1902 war Herrmann Alleininhaber des Unternehmens. Er trug sich mit dem Plan, nach dem Neubau der Schule in den Jahren 1908/09 das alte Gebäude in einen Kindergarten umzugestalten. Sein früher Tod mit nur 45 Jahren machte dieses Vorhaben jedoch zunichte.
Die Witwe Amélie führte für ihre beiden minderjährigen Söhne Erich und Herbert den Betrieb als Inhaberin bzw. Geschäftsführerin mit großer Umsicht weiter. Sie ermöglichte weitere Investitionen und hatte wie die übrigen Mitglieder der Familie großes soziales Empfinden, das vielen Menschen im Dorf zugutekam. Auf der Parte anlässlich ihres Todes im Jahr 1953 heißt es: „Nach dem plötzlichen Tode ihres Gatten ... hat sie die geplante Liquidation der Firma verhindert und sie durch mehr als zehn Krisen- und Kriegsjahre mit Hingabe, Tatkraft und Geschick geführt."

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Die letzten Jahre des Unternehmens
1978/79 wurde die Firma Seutter & Co. in die neu gegründete Firma Seutter & Co. Aktiengesellschaft und anschließend in die Firma G. Borckenstein & Sohn Aktiengesellschaft eingebracht. 1988 entschloss sich die Geschäftsführung, den alten dreistöckigen Fabrikbau durch eine ebenerdige Halle zu ersetzen. Es waren vermutlich wirtschaftliche Überlegungen, die im Jahr 2000 zur Restrukturierung und 2003 zur Verlegung des Eggendorfer Werkes nach Neudau führten.

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Die Papierfabrik - Die Dynastie Purtscher
Die Papierfabrik in Ober-Eggendorf ist mit rund 280 Jahren das am längsten aktiv bestehende Industrieunternehmen des Ortes. Als zeitlicher Richtwert für den Bestand der Fabrik kann das Jahr 1655 gelten, in dem der Papiermachergeselle Hans Debith aus Eggendorf genannt wird. In den nächsten Jahren änderten sich die Besitzverhältnisse der Herrschaft Pottendorf und damit auch für die Papierfabrik immer wieder: Seit 1665 durch Kauf im Besitz von Franz Graf von Nádasdy, wurde sie ab 1670 nach dessen Verhaftung im Zusammenhang einer Magnatenverschwörung und späterer Hinrichtung als kaiserlicher Kammerbesitz bis 1701 durch die Hofkammer verwaltet. Als erster nachweisbarer Papiermacher lässt sich der 1674 verstorbene Mathis Metschen identifizieren. Im selben Jahr noch begann mit Christian di Ara der Familie Purtscher, die ursprünglich aus dem Schweizer Wallis stammte und deren Mitglieder in der Folge einige Papierfabriken in Nieder-Österreich ihr Eigen nannten. Für den Wiener Hof kam der Standort sehr gelegen, da er „jährlich eine schröckliche menge papirs mit großer spesa" günstig decken konnte. Purtscher musste sogar um Vorschuss ansuchen, um den für die Herstellung der feinen Papiere nötigen Filz kaufen zu können. Sohn Christoph Michael, der 1701 den Betrieb übernommen hatte, spendete für die Kirche neben dem Taufbrunnen (1710) auch einen heute nicht mehr vorhandenen Speisekelch (1718).

Der große Neubau
Johann Purtscher, der Letzte dieser Dynastie, verkaufte 1810 das Unternehmen an ein Konsortium. Als die Fabrik im Jahr 1854 Mitglied des Konzerns der K.k. priv. Ebenfurther-Obereggendorfer und Wiener Neustädter-Papierfabriken von Leop. Fr. Leidesdorf & Comp. wurde, begann auch die Geschichte der Familie Salzer, die bis 1936 die Geschicke der Firma lenken sollte. Noch 1850 hatte man mit dem Neubau der Fabrik nach modernen Technologien begonnen. In der Pfarrchronik heißt es: „Von den früheren zur Fabrikation verwendeten Gebäuden blieb gar Nichts ..." Auch das große zweistöckige Wohnhaus - durchwegs Zimmer-Küche-Wohnungen - wurde sehr rasch errichtet.

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Funde von Spinnwirteln und Webgewichten legen die Vermutung nahe, dass bereits ab dem 6. Jahrtausend v. Chr. in Mitteleuropa Textilien erzeugt wurden. Früheste Funde von Spinnwirteln in Österreich: 5.600 bis 4.900 v. Chr. So fand man in der Zeit des Spätneolithikums (3.800 v. Chr.) im Bodensee Beutel aus Flachsgewebe, die zum Gütertransport dienten. Bronzezeitliche Reste von Fördersäcken lassen sich auch aus der Bronzezeit (ca. 1.500 v. Chr.) nachweisen. Welche Materialien wurden versponnen? Einerseits pflanzliche Fasern, wie Flachs, Hanf, Brennnessel oder Baumbast, andererseits tierische Fasern, wie Haare von Schaf, Ziege, Dachs oder Schwänze von Pferden.

In der Bronzezeit lag die Gewebedichte bei 5 Fäden/cm, in der Hallstattzeit erhöhte sich die Fadenanzahl auf 11-15 Fäden/cm. Das Maximum lag bei 40 Fäden/cm. Die Webgewichte veränderten sich im Laufe der Zeit: Waren sie im Spätneolithikum walzenförmig, so finden sich in der Urnenfelder- bzw. Eisenzeit pyramidenförmige Exemplare, durch letztere konnten größere Gewebedichten hergestellt werden. Die Webstuhlbreiten variierten in der Hallstattzeit: 60-90 cm schmale Variante, 120-160 cm Standard, 370 cm: größte Breite.

Hallstattzeitlicher Webstuhl

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Die Awaren in Eggendorf
Die Awaren waren ein Nomaden- bzw. Reitervolk aus dem zentralasiatischen Steppengebiet mit Schlitzaugen (die Abstammung von Mongolen, Han-Chinesen bzw. Turkvölkern ist nicht genau geklärt), langen Haaren zu einem Zopf gebunden. Ihr Reich wurde von Turkvölkern stark bedroht, daher verließen sie das alte Siedlungsgebiet und nach einigen Irrfahrten kam es (um 560 n.Chr.) zur Landnahme im Karpatenbecken beim Schwarzen Meer. Mit Byzanz kam es zu einem Bündnis, der die Nordgrenze der Römer gegen Bezahlung sichern sollte.

In der Pannonischen Tiefebene betrieben die Awaren Viehzucht (Pferde, Rinder, Schafe, Schweine usw.), die Awarenherrschaft lebte aber hauptsächlich von den Kriegs- und Beutezügen und den Tributzahlungen.
Das Reiterheer war fast unschlagbar und die Raubzüge führten sie bis Thüringen, Griechenland und den Balkan. Diese Übermacht dauerte bis 792 n. Chr. Kaiser Karl der Große zerstörte in einem Kriegszug das Hauptquartier der Awaren, den sogenannten „Hring" und unterwarf den Khagan. Da die Awaren nach der Niederlage gegen die Franken von den Slawen stark bedrängt wurden, bat der christliche Kapkhan Theodor Anfang 805 Kaiser Karl in Aachen um eine Wohnstätte zwischen Savaria und Carnuntum und erhielt ein,,Awarisches Reservat". Theodor starb bald darauf. Der Nachfolger ließ sich am 21. September 805 in der Fischa (Bad Fischau oder Fischamend) auf den Namen Abraham taufen und erhielt ein tributpflichtiges Awaren Khanganat (Fürstentum) mit Zentrum am Plattensee. Der Zuständigkeitsbereich ging bis zur Enns. Dieses Fürstentum bestand bis 828.

Die Awaren waren nicht nur ein gefürchtetes Reitervolk, sondern hatten ein hohes Niveau in der Eisenwarenerzeugung (Waffen), in der Goldschmiede und vielen anderen Handwerkstechniken; sie brachten den zentralasiatischen Bronzeguss nach Europa und erfanden den Steigbügel. Typisch sind die Gürtelbeschläge mit Menschendarstellungen, Tierkampfszenen und Greiffiguren. Die Anwesenheit der Awaren in Eggendorf ist durch ein großes Gräberfeld mit ca. 800 Gräbern belegt. Eine Siedlung konnte bisher aber nicht nachgewiesen werden. Bisher wurden 6 Gräber archäologisch untersucht; 4 Kindergräber und 2 Skelette von Erwachsenen (Datierung 741-820 n. Chr.).

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Das nordöstliche Österreich und damit auch das Wiener Becken sind seit Beginn de Neolithikums (ab ca. 5.600 v. Chr.) kontinuierlich besiedelt. Auf Grund der Bodenbeschaffenheit war diese Region zur Ansiedlung von Bauerngemeinschaften besonders geeignet. Die bisher ältesten Funde unserer Gegend sind allerdings erst dem Spätneolithikum, also der Kupferzeit a. 4.300 - 2.200 v. Chr.) zuzuordnen. Siedlungen dieser Epoche wurden gerne an Terrassenkanten oder Hängen in der Nähe von Gewässern angelegt. Federrührender Träger der Keramik war in unserem Gebiet die Badener Kultur.

Barrenring, Bronzezeit, ca. 1900 v.Chr., Fundort Ober-Eggendorf

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Vereinsobfrau Dr. Christiana Buzzi und Walter Buzzi zeigten viel Enthusiasmus bei einer persönlichen Führung durch das Museum. Danke!

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