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Die Friedensgemeinde Erlauf stützt sich auf das erste
gemeinsame Treffen der sowjetischen und amerikanischen Armee anlässlich
der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945. Das wird
auch im zeitgeschichtlichen Museum „Erlauf Erinnert" ersichtlich.
Naturliebhaber schätzen im Ort den Flusslehrpfad entlang der Erlauf
sowie die Wanderung zur Eichbergkapelle - herrlicher Ausblick inklusive.
Die Region um Erlauf, war mit Sicherheit schon vor der Römerzeit
besiedelt. Das römische Kastell "Arelape" umschloss das Gebiet an der
Stelle der heutigen Stadt Pöchlarn, aber auch die zivilen Siedlungen in
den Hochwassersicheren Höhenlagen von Harlanden bis zu den römischen
Töpfereien von Ornding. 823 stiftete Ludwig der Fromme (Sohn von Karl
dem Großen) die Donauregion dem Stift Passau. In der Urkunde
„Confirmatio Ludovici Pii" wird auch Erlafam angeführt, was somit die
älteste urkundliche Erwähnung des Ortes Erlauf darstellt. 832
beschenkte wiederum sein Sohn Ludwig der Deutsche das Bistum Regensburg
mit diesem Landstrich.
Erlauf gehörte ab da zur Hofmark Pöchlarn. Der Donauhandel wurde immer
bedeutender und ab 971 wird Pöchlarn Mittelpunkt des regensburgischen
Herrschaftsgebiets und bekommt nach 1000 bereits eine marktähnliche
Position. Ab 1357 erscheint auch ein örtliches Adelsgeschlecht, das
sich "von Erlaff" nennt, und bis Mitte des 15. Jahrhunderts nachweisbar
ist. Der Adelssitz ist inzwischen abgekommen und nicht mehr
lokalisierbar, aber die Sage von einer versunkenen Burg, auf einer
Wiese bei Harlanden, findet auch Nahrung im Pfarrgrundbuch von Pöchlarn.
Denkmal von Oleg Komov
Die bronzene Figurengruppe des russischen Künstlers Oleg Komov ist im
Stil des sozialistischen Realismus geschaffen. Sie stellt einen
russischen und einen amerikanischen Offizier dar, wie sie sich am 8.
Mai 1945 in Erlauf trafen. Als verbindendes Element dient ein junges
einheimisches Mädchen, das zwischen den beiden Offizieren stehend,
diesen ihre Hände auf die Schustern legt. Die Skulptur ist ein Geschenk
Russlands an die Friedensgemeinde Erlauf.
Gemeinsam mit dem "Friedensstrahl" der amerikanischen Konzeptkünstlerin
Jenny Holzer wurde diese Skulpturengruppe 1995 als Friedensdenkmal
anlässlich des 50-jährigen Jahrestages des Zusammentreffens der
Alliierten errichtet. Beide Künstler kamen im Herbst 1991 nach Eriauf,
um sich den Platz für ihre Arbeiten anzusehen und mit der Bevölkerung
über ihre Ideen zu diskutieren. Die Übergabe des Denkmals an Erlauf
durch Oleg Komov erfolgte im Juni 1992. Er verstarb bereits im Herbst
1994 in Moskau.
Am 8. Mai 1945 trafen einander hier in Erlauf der kommandierende
General der 65. US-Infanteriedivision, Generalmajor Stanley E.
Reinhart, und der General der 7. Garde-Luftlandedivision der UdSSR,
Generalmajor D. A. Dritschkin, zum offiziellen Handschlag, der auf
österreichischem Boden den Zweiten Weltkrieg beendete.
50 Jahre danach setzten sich die amerikanische Künstlerin Jenny Holzer
und der sowjetische Bildhauer Oleg Komov zur Erinnerung an dieses
Ereignis in ihren Arbeiten mit dem Thema Krieg und Frieden auseinander.
Der klassisch-idealisierenden Skulpturengruppe Oleg Komovs hält Jenny
Holzer in den gravierten Platten am Boden das Grauen des Krieges
entgegen und setzt durch die Säule mit dem allabendlich eingeschalteten
Lichtstrahl, in Verbindung mit der weiß gehaltenen Bepflanzung von
Maria Auböck, pazifistische zukunftsweisende Zeichen.
Friedensstrahl von Jenny Holzer
Das Mahnnmal der amerikanischen Künstlerin Jenny Holzer, der
"Fredensstrah", besteht aus drei Teilen: In eine oktogonale Stele aus
Granit wurde ein Scheinwerfer eingelassen, dessen Lichtstrahl im
Dunkeln weit in den Nachthimmel reicht. In die Bodenplatten, die zur
Stere führen, sind assoziative Aphorismen der Künstlerin zum Thema
Krieg und dessen Alltag, die wie Redewendungen klingen, eingraviert.
"Der Weiße Garten" rund um das Kunstwerk symbolisiert den Frieden. Die
Bepflanzung wurde in Zusammenarbeit mit der Landschaftsarchitektin
Maria Auböck konzipiert und realisiert.
Jenny Holzer ist eine der anerkanntesten Konzeptkünstlerinnen der USA,
die auch im Guggenheim Museum in New York gezeigt wird. Seit 2011 ist
sie auch Mitglied der American Academy of Arts and Sciences. Die
berühmte Künstlerin aus Amerika war selber 1995 zur Einweihung ihres
Kunswerkes bei den Feiern in Erlauf anwesend und freute sich sehr über
die herzliche Aufnahme und die merkbare Rührung der Menschen. Seither
scheint in Erlauf täglich nach Einbruch der Dämmerung der weithin
sichtbare Friedensstrahl.
Die Pfarrkirche Erlauf ist dem Hl. Johannes von Nepomuk geweiht An der
Straßenseite der Kirche befindet sich ein Kriegerdenkmal des Scheibbser
Bildhauers Josef Schagerl - es wurde errichtet zur Erinnerung an die
Toten des ersten Weltkrieges. Die Einweihung erfolgte am 20. September
1931 und es zeigt auf einem Postament ein Hochrelief des Sterbenden
Soldaten mit Engel. Links neben dem Seiteneingang, der durch eine Rampe
im Jahr 2010 barrierefrei gestaltet worden war, erhebt sich ein 6 m
hohes Sgraffito des Hl. Christophorus mit dem Jesukind. Geschaffen
wurde das Bild vom Gollinger Künstler Prof. Sepp Mayrhuber im Jahre
1953. Am Turm, über dem Haupteingang, zeigt sich ein weiteres Bild von
Prof, Mayrhuber. Es ist eine Darstellung der Heiligen Dreifaltigkeit.
Die Kirche besteht aus einem Langhaus mit anschließendem Presbyterium,
wobei die Apsis die Form eines einen Halbkreis umschreibenden Vierecks
- eines 5/8-Schlusses - darstellt. Der Chor selbst ist leicht
eingezogen, mit einem quadratischen Joch mit Dreiseitschluss. Das
Kirchengebäude ist nur wenig gegliedert, weist Segmentbogenfenster und
darüberliegend Lünettenfenster auf. Im Eingangsbereich der Kirche ist
der Aufgang zur Südempore und Orgel. Die dreiachsige Orgelempore ruht
auf schlanken Pfeilern und ist mit einem Platzlgewölbe unterwölbt.
Diese Empore wurde im Jahr 1912 nach vorne verlängert.
Im Presbyterium steht der Hochaltar, der im Jahr 1750 von einem Wiener
Bürger gestiftet wurde. Der eigentliche Altar ist aus Ziegeln gemauert
- in seiner Mitte ist eine Portatile eingemauert, in der sich die
Reliquien des Hl. Placidus Jucundus und der HI. Justina befinden.
Unmittelbar hinter dem Portatile ist ein tempiettoförmiger Tabernakel
aus Holz mit Voluten besetzten Pilastern angebracht. Auf seinem Aufsatz
steht eine Lamm-Gottes-Skulptur, die Tabernakeltür ist mit Ähren- und
Traubenmotiven geschmückt und davor ein reliefiertes Kruzifix auf
felsigen Hügel angebracht. Hergestellt wurde der Altar von Johann Franz
Walter in Form eines Säulenretabels mit einem Kartuschenaufsatz und
Opfergangsportalen. Die Höhe des Aufsatzes beträgt 4 Klafter, wodurch
er die Höhe der Kirche von 7,58 m erreicht.
Die Säulenkapitelle tragen zwei Blumenvasen. Zwischen den Säulen ist
das Altarbild angebracht, welches den Hl. Nepomuk stehend darstellt.
Das Bild ist eine Kopie nach der Schule des Joseph von Führich um die
Mitte des 19. Jahrhunderts. Darüber erhebt sich der zweite Teil des
Aufsatzes bis zum Abschluss des Kirchengebäudes, im Mittelfeld steht
eine Statue der Unbefleckten Jungfrau mit Mond unter den Füßen und
einem Strahlenkranz um ihr Haupt. Der gesamte Aufsatz schließt mit
einem Kreuz.
An der Nordseite befindet sich die Kanzel mit einem Bildnis des Hl.
Geistes am Schalldeckel. Das Speisgitter wurde im Zuge der Errichtung
des Volksaltars entfernt.
Die Orgel in ihrem heutigen Erscheinungsbild zeigt das historische
Gehäuse der im Jahr 1894 vom Ybbser Orgelbauer Max Jakobs errichteten
Orgel. Die ursprüngliche Orgel war in den Franzosenkriegen 1809
gänzlich zerstört worden. Die Orgel wurde 1948 durch Gregor Hradetzky
renoviert, 1965 durch die Orgelbauwerkstätte St. Florian um das
Brüstungspositiv erweitert und erneuert. Eine neuerliche Restaurierung
der Orgel erfolgte im Jahr 2015 durch den Orgelbauer Diethard Pemmer.
Im Hauptschiff befinden sich links und rechts die Seitenaltäre, die
ebenfalls von Johann Franz Walter im Jahr 1757 errichtet wurden. Sie
gleichen in ihrem Aufbau dem Hauptaltar. Beide Altäre bestehen aus
einer Wandretabel mit flankierenden Säulen, welche braun und grün-grau
marmoriert sind. Sie tragen vergoldete Akanthusblattkapitelle. Der
Aufsatz ist bei beiden Altären mit nach vorne gerichteten Rollvoluten
geschmückt, über denen Puttifiguren knien. Der Abschluss ist dreieckig
nach oben gezogen und mit einem Kreuz gekrönt.
Der linke Seitenaltar ist der Hl. Jungfrau Maria (Hilf) geweiht, das
Altarbild stellt die Heilige Familie dar und wird dem Kremser Martin
Schmidt bzw. seiner Schule zugeschrieben. Über dem Bild im Auszug ist
ein Wolkenkranz mit vergoldetem Auge Gottes und großem Strahlenkranz
angebracht.
Der rechte Seitenaltar ist der Allerheiligsten Dreifaltigkeit geweiht,
das Altarbild stellt den Hl. Leonhard, ein Gemälde aus dem 19.
Jahrhundert dar. Das ursprüngliche Altarbild - ein Werk des Kremser
Schmidt - den Hl. Franziskus darstellend, ist leider verschwunden. Im
Auszug befindet sich ein Wolkenkranz mit Heiliger-Geist-Taube vor einem
großen Strahlenkranz.
Die Seitenaltäre werden noch von zwei Statuen - einer Statue der Maria
Immaculata und einer Statue des Hl. Josef mit Kind - geschmückt. Beide
Statuen wurden im Jahr 1912 der Kirche gestiftet.
Am 8. Mai 1945 trafen sich die Generäle der US-Armee
und der Sowjets, um das Ende des 2. Weltkrieges zu feiern. Seit 2015
gibt es dazu das Museum ERLAUF ERINNERT, das die Ereignisse dieser Zeit
mit zahlreichen Dokumenten, Bildern, Filmen und Zeitzeugenberichten
aufarbeitet. Die Erinnerung wird seit 1965 gelebt, das Museum bietet
die Möglichkeit, sich in attraktiver Form mit diesen Ereignissen
auseinanderzusetzen.
Warum nennt sich Erlauf eine "Friedensgemeinde" und warum gibt es das Museum ERLAUF ERINNERT?
In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 trafen sich in Erlauf der
sowjetische General Dmitri Dritschkin und der US-amerikanische General
Stanley Reinhart. Sie feierten gemeinsam die Kapitulation NS
Deutschlands und den um 00:01 Uhr in Kraft tretenden Waffenstillstand.
Die Kampfhandlungen des zweiten Weltkrieges waren damit in Österreich
und Europa offiziell zu Ende.
20 Jahre nach diesem historischen Treffen der Generäle brachten zwei
jüdische Emigranten, Ernst Brod aus Erlauf und Frank Schanzer aus
Pöchlarn, die Erinnerung an dieses Ereignis nach Erlauf zurück. Ab 1965
organisierte die Gemeinde regelmäßig "Gedenkfeiern", von 1995 an nennt
sich Erlauf auch offiziell "Friedensgemeinde" und seit 2015 gibt es das
Museum "ERLAUF ERINNERT".
WIE DIE ERINNERUNG NACH ERLAUF KAM
Eine kleine Broschüre und der Weg, den sie nahm, zeigen, in welchem
Ausmaß persönliche Lebensgeschichten und historische Ereignisse während
des Zweiten Weltkriegs miteinander verschränkt waren. Das Treffen der
alliierten Generäle in Erlauf geriet in der unmittelbaren
Nachkriegszeit vorerst in Vergessenheit. Ende der 1950er Jahre
entdeckte der aus Erlauf stammende Ingenieur Ernst Brod durch Zufall in
einem Archiv seines Wohnorts Berkeley in Kalifornien eine Broschüre der
65th Infantry Division, in dem das Ereignis vom 8. Mai 1945 beschrieben
wurde. Er berichtete seinem Erlaufer Jugendfreund Franz Stangler davon
und versprach, ein Exemplar an ihn zu senden. Dafür nahm Brod Kontakt
zu dem gebürtigen Pöchlarner Frank Schanzer in Ohio auf, der als
Mitglied dieser Division die Broschüre mitverfasst hatte. Über diesen
gelangte das Büchlein mit dem Titel „Right to be Proud" zu Franz
Stangler nach Erlauf. Stangler machte es sich zur Aufgabe, das Ereignis
in Erlauf in der Nacht vom 8. auf 9. Mai 1945 aufzuarbeiten und
öffentlich bekannt zu machen. Dabei blieb jedoch die Tatsache, dass das
Wissen um das historische Ereignis vor allem zwei aus der Region
vertriebenen jüdischen Emigranten zu verdanken ist, lange im
Hintergrund.
Das österreichische Alpenvorland gehörte 1945 zu den letzten
Kriegsschauplätzen in Europa. Die 65. US-Infanteriedivision rückte
unter General Reinhart rasch über Passau nach Linz und an die Enns vor.
Dagegen verlangsamte sich der Vormarsch der Roten Armee nach der
Niederschlagung der deutschen Plattensee-Offensive im März, der
Schlacht um Wien im April und der Befreiung von St. Pölten. Erst in den
letzten Kriegstagen, als Reste der Deutschen Wehrmacht versuchten, in
amerikanische Gefangenschaft zu gelangen, stießen die Sowjets nach. Am
8. Mai um 8 Uhr früh wurde Melk von der Deutschen Wehrmacht geräumt, um
11 Uhr trafen sowjetische Truppen ein.
In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 fand im Haus der Familie
Scheichelbauer, dem heutigen Gemeindeamt, das historische Treffen der
Generäle Dmitri A. Dritschkin und Stanley S. Reinhart statt. Der Stab
des sowjetischen Generals hatte sich in Erlauf einquartiert und den
US-General aus Linz abgeholt, um gemeinsam das Kriegsende zu feiern. So
kam es zu dem Foto, das die beiden Verbündeten genau zu dem Zeitpunkt
zeigt, an dem die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht
in Kraft trat. Die 65. Infanteriedivision der US-Armee, die von Le
Havre bis Enns vorgedrungen war, und die 7. Luftlandedivision der Roten
Armee, die am Dnepr, in Budapest und Wien gekämpft hatte, beendeten
ihre Feldzüge in Niederösterreich.
Alliierte Truppen trafen im April und Mai bei mehreren Gelegenheiten
zusammen. Militärisch bedeutsam war der Zusammenschluss von West- und
Ostfront zwischen Leipzig und Dresden an der Elbe am 25. April 1945.
Auf österreichischem Boden kam es am 8. Mai zu verschiedenen
ungeplanten Treffen, etwa in Amstetten, Strengberg oder bei Enns. Oft
wurden diese Treffen in den Folgetagen für Fotografien zu
Propagandazwecken nachgestellt.
Niederösterreich war wie das Burgenland und wie Oberösterreich nördlich
der Donau Teil des sowjetischen Besatzungsgebiets. Die NS-Propaganda
hatte in drastischen Worten vor den „asiatischen Horden" gewarnt. So
dominierte in der Bevölkerung die Angst vor der sowjetischen Besatzung
über die Erleichterung, dass der Krieg beendet war. Viele Berichte aus
der unmittelbaren Nachkriegszeit handeln daher von der Furcht vor
Plünderung und Gewaltanwendung durch Angehörige der Roten Armee.
Sexuelle Übergriffe auf einheimische Mädchen und Frauen stellten eine
konkrete Bedrohung dar. Besonders am sowjetischen Kontrollpunkt an der
Enns waren Personen, die die streng bewachte Grenze zur US-Zone
überschreiten wollten, häufig der Gefahr der Beschlagnahmung von Besitz
oder der Verhaftung ausgesetzt. Erst 1953 waren hier Erleichterungen zu
spüren.
Die Grenzen der Besatzungszonen folgten nicht immer genau den Grenzen
der Bundesländer, sondern verliefen oft entlang von Straßen und
Bahnlinien. Nach Gründung des Alliierten Rates im Juli 1945 zogen sich
die Sowjets aus der Steiermark zurück und übernahmen die Kontrolle in
Oberösterreich nördlich der Donau.
Nach der Einweihung der Denkmäler 1995 fügte Erlauf den Begriff
„Friedensgemeinde" dem Ortsnamen hinzu und setzte die Tradition der
Gedenkfeiern mit jährlich im Mai stattfindenden Friedenstagen fort. Die
Teilnahme der Bevölkerung und der ortsansässigen Vereine an diesen
Feiern wurde immer umfangreicher: Neben FackelträgerInnen,
Kirchenkonzerten, Militärparaden und Vorträgen zu historischen und
kulturellen Themen hatten die Friedenstage immer auch
Volksfestcharakter. Dazu kam die Auseinandersetzung mit der Geschichte
des eigenen Ortes, beispielsweise durch Oral-History-Projekte, Lesungen
und Erzählabende. Auf diese Weise wurden die drei Tage um den 8. Mai
über die Jahre zum identitätsstiftenden Faktor für die Gemeinde. Unter
den künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum von Erlauf
hinterließen vor allem jene bleibenden Eindruck im Ort, bei denen
ErlauferInnen in den künstlerischen Arbeitsprozess miteinbezogen waren.
Ab 1965 wurde das Gedenken an den „Handshake" der alliierten Generäle
zu Kriegsende in Erlauf zur Tradition. Alle fünf bis zehn Jahre fanden
Gedenkfeiern statt, bei denen die anwesenden politischen und
militärischen Würdenträger Reden hielten, die Vereine und die
Militärmusikkapelle aufmarschierten und Kinder den Gästen Blumen
überreichten. An den 40- und 45-Jahr-Feiern nahm Landeshauptmann
Siegfried Ludwig teil, zur 50-Jahr-Feier kamen Außenminister Alois Mock
und Landeshauptmann Erwin Pröll. Die Gemeinde Erlauf lud nicht nur
Honoratioren aus Österreich, sondern auch Vertreter der Siegermächte
USA und Sowjetunion in Erinnerung an das historische Ereignis zum
offiziellen Festakt ein. Bis zu den Friedenstagen 1995 waren die
ErlauferInnen bei den Festlichkeiten eher Publikum als aktive
TeilnehmerInnen.
Mit der Vision eines amerikanisch-sowjetisch- österreichischen
Friedensdenkmals in Erlauf trat Bürgermeister Ing. Franz Kuttner Ende
der 1980er Jahre an die Regierungen der beiden Großmächte und das Land
Niederösterreich heran. Einige Jahre später wurden 1995 am Marktplatz
zwei Denk- mäler eingeweiht, die auf sehr unterschiedliche Weise an das
Ende des Zweiten Weltkriegs erin- nern. Damit war ein kühnes und
symbolträchtiges Vorhaben realisiert. Jenny Holzers und Oleg Komovs
Skulpturen gelten heute nicht nur als Wahrzeichen Erlaufs, sondern
stehen für eine neue Form der reflektierten Auseinandersetzung mit der
österreichischen Kriegsvergangenheit.
Nach der Präsentation des Modells der Skulptur im Winter 1991 kam es zu
Protesten aus der Erlaufer Bevölkerung, die sich durch die Darstellung
der jungen Frau zwischen den beiden Soldaten an sexuelle Übergriffe der
sowjetischen Besatzer erinnert fühlten. Komov reagierte darauf, indem
er die verbindende Figur der jungen Frau durch ein Kind ersetzte.
Modell von Oleg Komovs Skulptur mit der ursprünglich geplanten jungen Frau in der Mitte Gemeindearchiv, 1991
Über Jahrzehnte hinweg galt das offizielle Gedenken an das Kriegsende
in Österreich den gefallenen Soldaten und der wiedererlangten
Souveränität. Österreich präsentierte sich nach 1945 als kollektives
Opfer des nationalsozialistischen Deutschland. Gestützt durch die
„Moskauer Deklaration" verweigerte die Kriegsgeneration lange die
schmerzhafte Auseinandersetzung mit dem dunklen Kapitel ihrer eigenen
Geschichte. Die Kriegstraumata der Zivilbevölkerung überlagerten auch
das Schicksal der Opfer des NS-Terrorregimes und es gab keine Maßnahmen
zur Rückholung von EmigrantInnen. Im Gegensatz zu Deutschland lehnte
der österreichische Staat lange Zeit jede moralische und finanzielle
Verantwortung für die Verbrechen des NS-Staates ab und leistete spät
Entschädigungszahlungen. Erst neuere historische Forschung führte zu
einer kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen NS-Vergangenheit
und in der Folge zur öffentlichen Anerkennung der österreichischen
Mitverantwortung.
Heldengedenken und vergessene Opfer
Nach Kriegsende wurden zunächst antifaschistische Gedenkstätten
eingerichtet, wie etwa im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen. Ab
den 1950er Jahren rückte das Gedenken an die gefallenen Soldaten der
Wehrmacht in den Mittelpunkt. In nahezu jeder österreichischen Gemeinde
wurden Gedenkstätten für Gefallene errichtet oder Kriegerdenkmäler
erweitert. Dem Geschichtsbild im Nachkriegsösterreich entsprechend
sollten diese vom Kameradschaftsbund betreuten Denkmäler die Ehre der
Wehrmachtsangehörigen wiederherstellen. Das Erinnern und Gedenken an
die in den Konzentrationslagern ums Leben Gekommenen wurde weitgehend
von Überlebenden und Angehörigen getragen.
Wandel in der Erinnerungskultur
Ausgelöst durch die Waldheim-Affäre 1986 setzte eine öffentliche
Auseinandersetzung mit der Rolle Österreichs im Nationalsozialismus
ein. Das „Bedenkjahr 1988", in dem sich der „Anschluss" und die
Novemberpogrome zum 50. Mal jährten, markierte ebenso einen Wendepunkt
wie die ersten öffentlichen Entschuldigungen politischer VertreterInnen
für die Taten der ÖsterreicherInnen während des Zweiten Weltkriegs. Auf
internationalen Druck hin beauftragte die Regierung einige Jahre später
eine Historikerkommission, um Zwangsarbeit sowie Vermögensentzug ab
1938 und die Rückstellung und Entschädigung nach 1945 zu erforschen.
Die folgenden Restitutionszahlungen an Opfer des Nationalsozialismus
und ab den 1990er Jahren im öffentlichen Raum errichtete Mahnmale
verweisen auf eine späte Anerkennung der Mitschuld an den
Naziverbrechen. Doch erst Initiativen wie das Mahnmal für die
Wehrmachtsdeserteure am Wiener Ballhausplatz 2014 oder das „Fest der
Freude" am Wiener Heldenplatz seit 2013 zeugen von einem Übergang zu
einem neuen selbstkritischen Umgang der Republik mit der Vergangenheit.
Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag,
kann sich gerne dieses Video antun: