Friedensgemeinde Erlauf

Mostviertel, Dezember 2023

Die Friedensgemeinde Erlauf stützt sich auf das erste gemeinsame Treffen der sowjetischen und amerikanischen Armee anlässlich der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945. Das wird auch im zeitgeschichtlichen Museum „Erlauf Erinnert" ersichtlich. Naturliebhaber schätzen im Ort den Flusslehrpfad entlang der Erlauf sowie die Wanderung zur Eichbergkapelle - herrlicher Ausblick inklusive.

Die Region um Erlauf, war mit Sicherheit schon vor der Römerzeit besiedelt. Das römische Kastell "Arelape" umschloss das Gebiet an der Stelle der heutigen Stadt Pöchlarn, aber auch die zivilen Siedlungen in den Hochwassersicheren Höhenlagen von Harlanden bis zu den römischen Töpfereien von Ornding. 823 stiftete Ludwig der Fromme (Sohn von Karl dem Großen) die Donauregion dem Stift Passau. In der Urkunde „Confirmatio Ludovici Pii" wird auch Erlafam angeführt, was somit die älteste urkundliche Erwähnung des Ortes Erlauf darstellt. 832 beschenkte wiederum sein Sohn Ludwig der Deutsche das Bistum Regensburg mit diesem Landstrich.
Erlauf gehörte ab da zur Hofmark Pöchlarn. Der Donauhandel wurde immer bedeutender und ab 971 wird Pöchlarn Mittelpunkt des regensburgischen Herrschaftsgebiets und bekommt nach 1000 bereits eine marktähnliche Position. Ab 1357 erscheint auch ein örtliches Adelsgeschlecht, das sich "von Erlaff" nennt, und bis Mitte des 15. Jahrhunderts nachweisbar ist. Der Adelssitz ist inzwischen abgekommen und nicht mehr lokalisierbar, aber die Sage von einer versunkenen Burg, auf einer Wiese bei Harlanden, findet auch Nahrung im Pfarrgrundbuch von Pöchlarn.

Denkmal von Oleg Komov
Die bronzene Figurengruppe des russischen Künstlers Oleg Komov ist im Stil des sozialistischen Realismus geschaffen. Sie stellt einen russischen und einen amerikanischen Offizier dar, wie sie sich am 8. Mai 1945 in Erlauf trafen. Als verbindendes Element dient ein junges einheimisches Mädchen, das zwischen den beiden Offizieren stehend, diesen ihre Hände auf die Schustern legt. Die Skulptur ist ein Geschenk Russlands an die Friedensgemeinde Erlauf.
Gemeinsam mit dem "Friedensstrahl" der amerikanischen Konzeptkünstlerin Jenny Holzer wurde diese Skulpturengruppe 1995 als Friedensdenkmal anlässlich des 50-jährigen Jahrestages des Zusammentreffens der Alliierten errichtet. Beide Künstler kamen im Herbst 1991 nach Eriauf, um sich den Platz für ihre Arbeiten anzusehen und mit der Bevölkerung über ihre Ideen zu diskutieren. Die Übergabe des Denkmals an Erlauf durch Oleg Komov erfolgte im Juni 1992. Er verstarb bereits im Herbst 1994 in Moskau.

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

Am 8. Mai 1945 trafen einander hier in Erlauf der kommandierende General der 65. US-Infanteriedivision, Generalmajor Stanley E. Reinhart, und der General der 7. Garde-Luftlandedivision der UdSSR, Generalmajor D. A. Dritschkin, zum offiziellen Handschlag, der auf österreichischem Boden den Zweiten Weltkrieg beendete.
50 Jahre danach setzten sich die amerikanische Künstlerin Jenny Holzer und der sowjetische Bildhauer Oleg Komov zur Erinnerung an dieses Ereignis in ihren Arbeiten mit dem Thema Krieg und Frieden auseinander. Der klassisch-idealisierenden Skulpturengruppe Oleg Komovs hält Jenny Holzer in den gravierten Platten am Boden das Grauen des Krieges entgegen und setzt durch die Säule mit dem allabendlich eingeschalteten Lichtstrahl, in Verbindung mit der weiß gehaltenen Bepflanzung von Maria Auböck, pazifistische zukunftsweisende Zeichen.

Friedensstrahl von Jenny Holzer
Das Mahnnmal der amerikanischen Künstlerin Jenny Holzer, der "Fredensstrah", besteht aus drei Teilen: In eine oktogonale Stele aus Granit wurde ein Scheinwerfer eingelassen, dessen Lichtstrahl im Dunkeln weit in den Nachthimmel reicht. In die Bodenplatten, die zur Stere führen, sind assoziative Aphorismen der Künstlerin zum Thema Krieg und dessen Alltag, die wie Redewendungen klingen, eingraviert. "Der Weiße Garten" rund um das Kunstwerk symbolisiert den Frieden. Die Bepflanzung wurde in Zusammenarbeit mit der Landschaftsarchitektin Maria Auböck konzipiert und realisiert.
Jenny Holzer ist eine der anerkanntesten Konzeptkünstlerinnen der USA, die auch im Guggenheim Museum in New York gezeigt wird. Seit 2011 ist sie auch Mitglied der American Academy of Arts and Sciences. Die berühmte Künstlerin aus Amerika war selber 1995 zur Einweihung ihres Kunswerkes bei den Feiern in Erlauf anwesend und freute sich sehr über die herzliche Aufnahme und die merkbare Rührung der Menschen. Seither scheint in Erlauf täglich nach Einbruch der Dämmerung der weithin sichtbare Friedensstrahl.

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

Die Pfarrkirche Erlauf ist dem Hl. Johannes von Nepomuk geweiht An der Straßenseite der Kirche befindet sich ein Kriegerdenkmal des Scheibbser Bildhauers Josef Schagerl - es wurde errichtet zur Erinnerung an die Toten des ersten Weltkrieges. Die Einweihung erfolgte am 20. September 1931 und es zeigt auf einem Postament ein Hochrelief des Sterbenden Soldaten mit Engel. Links neben dem Seiteneingang, der durch eine Rampe im Jahr 2010 barrierefrei gestaltet worden war, erhebt sich ein 6 m hohes Sgraffito des Hl. Christophorus mit dem Jesukind. Geschaffen wurde das Bild vom Gollinger Künstler Prof. Sepp Mayrhuber im Jahre 1953. Am Turm, über dem Haupteingang, zeigt sich ein weiteres Bild von Prof, Mayrhuber. Es ist eine Darstellung der Heiligen Dreifaltigkeit.

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

Die Kirche besteht aus einem Langhaus mit anschließendem Presbyterium, wobei die Apsis die Form eines einen Halbkreis umschreibenden Vierecks - eines 5/8-Schlusses - darstellt. Der Chor selbst ist leicht eingezogen, mit einem quadratischen Joch mit Dreiseitschluss. Das Kirchengebäude ist nur wenig gegliedert, weist Segmentbogenfenster und darüberliegend Lünettenfenster auf. Im Eingangsbereich der Kirche ist der Aufgang zur Südempore und Orgel. Die dreiachsige Orgelempore ruht auf schlanken Pfeilern und ist mit einem Platzlgewölbe unterwölbt. Diese Empore wurde im Jahr 1912 nach vorne verlängert.

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Im Presbyterium steht der Hochaltar, der im Jahr 1750 von einem Wiener Bürger gestiftet wurde. Der eigentliche Altar ist aus Ziegeln gemauert - in seiner Mitte ist eine Portatile eingemauert, in der sich die Reliquien des Hl. Placidus Jucundus und der HI. Justina befinden. Unmittelbar hinter dem Portatile ist ein tempiettoförmiger Tabernakel aus Holz mit Voluten besetzten Pilastern angebracht. Auf seinem Aufsatz steht eine Lamm-Gottes-Skulptur, die Tabernakeltür ist mit Ähren- und Traubenmotiven geschmückt und davor ein reliefiertes Kruzifix auf felsigen Hügel angebracht. Hergestellt wurde der Altar von Johann Franz Walter in Form eines Säulenretabels mit einem Kartuschenaufsatz und Opfergangsportalen. Die Höhe des Aufsatzes beträgt 4 Klafter, wodurch er die Höhe der Kirche von 7,58 m erreicht.

Die Säulenkapitelle tragen zwei Blumenvasen. Zwischen den Säulen ist das Altarbild angebracht, welches den Hl. Nepomuk stehend darstellt. Das Bild ist eine Kopie nach der Schule des Joseph von Führich um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Darüber erhebt sich der zweite Teil des Aufsatzes bis zum Abschluss des Kirchengebäudes, im Mittelfeld steht eine Statue der Unbefleckten Jungfrau mit Mond unter den Füßen und einem Strahlenkranz um ihr Haupt. Der gesamte Aufsatz schließt mit einem Kreuz.

An der Nordseite befindet sich die Kanzel mit einem Bildnis des Hl. Geistes am Schalldeckel. Das Speisgitter wurde im Zuge der Errichtung des Volksaltars entfernt.

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Die Orgel in ihrem heutigen Erscheinungsbild zeigt das historische Gehäuse der im Jahr 1894 vom Ybbser Orgelbauer Max Jakobs errichteten Orgel. Die ursprüngliche Orgel war in den Franzosenkriegen 1809 gänzlich zerstört worden. Die Orgel wurde 1948 durch Gregor Hradetzky renoviert, 1965 durch die Orgelbauwerkstätte St. Florian um das Brüstungspositiv erweitert und erneuert. Eine neuerliche Restaurierung der Orgel erfolgte im Jahr 2015 durch den Orgelbauer Diethard Pemmer.

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Im Hauptschiff befinden sich links und rechts die Seitenaltäre, die ebenfalls von Johann Franz Walter im Jahr 1757 errichtet wurden. Sie gleichen in ihrem Aufbau dem Hauptaltar. Beide Altäre bestehen aus einer Wandretabel mit flankierenden Säulen, welche braun und grün-grau marmoriert sind. Sie tragen vergoldete Akanthusblattkapitelle. Der Aufsatz ist bei beiden Altären mit nach vorne gerichteten Rollvoluten geschmückt, über denen Puttifiguren knien. Der Abschluss ist dreieckig nach oben gezogen und mit einem Kreuz gekrönt.

Der linke Seitenaltar ist der Hl. Jungfrau Maria (Hilf) geweiht, das Altarbild stellt die Heilige Familie dar und wird dem Kremser Martin Schmidt bzw. seiner Schule zugeschrieben. Über dem Bild im Auszug ist ein Wolkenkranz mit vergoldetem Auge Gottes und großem Strahlenkranz angebracht.
Der rechte Seitenaltar ist der Allerheiligsten Dreifaltigkeit geweiht, das Altarbild stellt den Hl. Leonhard, ein Gemälde aus dem 19. Jahrhundert dar. Das ursprüngliche Altarbild - ein Werk des Kremser Schmidt - den Hl. Franziskus darstellend, ist leider verschwunden. Im Auszug befindet sich ein Wolkenkranz mit Heiliger-Geist-Taube vor einem großen Strahlenkranz.
Die Seitenaltäre werden noch von zwei Statuen - einer Statue der Maria Immaculata und einer Statue des Hl. Josef mit Kind - geschmückt. Beide Statuen wurden im Jahr 1912 der Kirche gestiftet.

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

Am 8. Mai 1945 trafen sich die Generäle der US-Armee und der Sowjets, um das Ende des 2. Weltkrieges zu feiern. Seit 2015 gibt es dazu das Museum ERLAUF ERINNERT, das die Ereignisse dieser Zeit mit zahlreichen Dokumenten, Bildern, Filmen und Zeitzeugenberichten aufarbeitet. Die Erinnerung wird seit 1965 gelebt, das Museum bietet die Möglichkeit, sich in attraktiver Form mit diesen Ereignissen auseinanderzusetzen.

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

Warum nennt sich Erlauf eine "Friedensgemeinde" und warum gibt es das Museum ERLAUF ERINNERT?
In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 trafen sich in Erlauf der sowjetische General Dmitri Dritschkin und der US-amerikanische General Stanley Reinhart. Sie feierten gemeinsam die Kapitulation NS Deutschlands und den um 00:01 Uhr in Kraft tretenden Waffenstillstand. Die Kampfhandlungen des zweiten Weltkrieges waren damit in Österreich und Europa offiziell zu Ende.

20 Jahre nach diesem historischen Treffen der Generäle brachten zwei jüdische Emigranten, Ernst Brod aus Erlauf und Frank Schanzer aus Pöchlarn, die Erinnerung an dieses Ereignis nach Erlauf zurück. Ab 1965 organisierte die Gemeinde regelmäßig "Gedenkfeiern", von 1995 an nennt sich Erlauf auch offiziell "Friedensgemeinde" und seit 2015 gibt es das Museum "ERLAUF ERINNERT".

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

WIE DIE ERINNERUNG NACH ERLAUF KAM
Eine kleine Broschüre und der Weg, den sie nahm, zeigen, in welchem Ausmaß persönliche Lebensgeschichten und historische Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs miteinander verschränkt waren. Das Treffen der alliierten Generäle in Erlauf geriet in der unmittelbaren Nachkriegszeit vorerst in Vergessenheit. Ende der 1950er Jahre entdeckte der aus Erlauf stammende Ingenieur Ernst Brod durch Zufall in einem Archiv seines Wohnorts Berkeley in Kalifornien eine Broschüre der 65th Infantry Division, in dem das Ereignis vom 8. Mai 1945 beschrieben wurde. Er berichtete seinem Erlaufer Jugendfreund Franz Stangler davon und versprach, ein Exemplar an ihn zu senden. Dafür nahm Brod Kontakt zu dem gebürtigen Pöchlarner Frank Schanzer in Ohio auf, der als Mitglied dieser Division die Broschüre mitverfasst hatte. Über diesen gelangte das Büchlein mit dem Titel „Right to be Proud" zu Franz Stangler nach Erlauf. Stangler machte es sich zur Aufgabe, das Ereignis in Erlauf in der Nacht vom 8. auf 9. Mai 1945 aufzuarbeiten und öffentlich bekannt zu machen. Dabei blieb jedoch die Tatsache, dass das Wissen um das historische Ereignis vor allem zwei aus der Region vertriebenen jüdischen Emigranten zu verdanken ist, lange im Hintergrund.

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

Das österreichische Alpenvorland gehörte 1945 zu den letzten Kriegsschauplätzen in Europa. Die 65. US-Infanteriedivision rückte unter General Reinhart rasch über Passau nach Linz und an die Enns vor. Dagegen verlangsamte sich der Vormarsch der Roten Armee nach der Niederschlagung der deutschen Plattensee-Offensive im März, der Schlacht um Wien im April und der Befreiung von St. Pölten. Erst in den letzten Kriegstagen, als Reste der Deutschen Wehrmacht versuchten, in amerikanische Gefangenschaft zu gelangen, stießen die Sowjets nach. Am 8. Mai um 8 Uhr früh wurde Melk von der Deutschen Wehrmacht geräumt, um 11 Uhr trafen sowjetische Truppen ein.

In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945 fand im Haus der Familie Scheichelbauer, dem heutigen Gemeindeamt, das historische Treffen der Generäle Dmitri A. Dritschkin und Stanley S. Reinhart statt. Der Stab des sowjetischen Generals hatte sich in Erlauf einquartiert und den US-General aus Linz abgeholt, um gemeinsam das Kriegsende zu feiern. So kam es zu dem Foto, das die beiden Verbündeten genau zu dem Zeitpunkt zeigt, an dem die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Kraft trat. Die 65. Infanteriedivision der US-Armee, die von Le Havre bis Enns vorgedrungen war, und die 7. Luftlandedivision der Roten Armee, die am Dnepr, in Budapest und Wien gekämpft hatte, beendeten ihre Feldzüge in Niederösterreich.

Alliierte Truppen trafen im April und Mai bei mehreren Gelegenheiten zusammen. Militärisch bedeutsam war der Zusammenschluss von West- und Ostfront zwischen Leipzig und Dresden an der Elbe am 25. April 1945. Auf österreichischem Boden kam es am 8. Mai zu verschiedenen ungeplanten Treffen, etwa in Amstetten, Strengberg oder bei Enns. Oft wurden diese Treffen in den Folgetagen für Fotografien zu Propagandazwecken nachgestellt.

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

Niederösterreich war wie das Burgenland und wie Oberösterreich nördlich der Donau Teil des sowjetischen Besatzungsgebiets. Die NS-Propaganda hatte in drastischen Worten vor den „asiatischen Horden" gewarnt. So dominierte in der Bevölkerung die Angst vor der sowjetischen Besatzung über die Erleichterung, dass der Krieg beendet war. Viele Berichte aus der unmittelbaren Nachkriegszeit handeln daher von der Furcht vor Plünderung und Gewaltanwendung durch Angehörige der Roten Armee. Sexuelle Übergriffe auf einheimische Mädchen und Frauen stellten eine konkrete Bedrohung dar. Besonders am sowjetischen Kontrollpunkt an der Enns waren Personen, die die streng bewachte Grenze zur US-Zone überschreiten wollten, häufig der Gefahr der Beschlagnahmung von Besitz oder der Verhaftung ausgesetzt. Erst 1953 waren hier Erleichterungen zu spüren.

Die Grenzen der Besatzungszonen folgten nicht immer genau den Grenzen der Bundesländer, sondern verliefen oft entlang von Straßen und Bahnlinien. Nach Gründung des Alliierten Rates im Juli 1945 zogen sich die Sowjets aus der Steiermark zurück und übernahmen die Kontrolle in Oberösterreich nördlich der Donau.

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

Nach der Einweihung der Denkmäler 1995 fügte Erlauf den Begriff „Friedensgemeinde" dem Ortsnamen hinzu und setzte die Tradition der Gedenkfeiern mit jährlich im Mai stattfindenden Friedenstagen fort. Die Teilnahme der Bevölkerung und der ortsansässigen Vereine an diesen Feiern wurde immer umfangreicher: Neben FackelträgerInnen, Kirchenkonzerten, Militärparaden und Vorträgen zu historischen und kulturellen Themen hatten die Friedenstage immer auch Volksfestcharakter. Dazu kam die Auseinandersetzung mit der Geschichte des eigenen Ortes, beispielsweise durch Oral-History-Projekte, Lesungen und Erzählabende. Auf diese Weise wurden die drei Tage um den 8. Mai über die Jahre zum identitätsstiftenden Faktor für die Gemeinde. Unter den künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum von Erlauf hinterließen vor allem jene bleibenden Eindruck im Ort, bei denen ErlauferInnen in den künstlerischen Arbeitsprozess miteinbezogen waren.

Ab 1965 wurde das Gedenken an den „Handshake" der alliierten Generäle zu Kriegsende in Erlauf zur Tradition. Alle fünf bis zehn Jahre fanden Gedenkfeiern statt, bei denen die anwesenden politischen und militärischen Würdenträger Reden hielten, die Vereine und die Militärmusikkapelle aufmarschierten und Kinder den Gästen Blumen überreichten. An den 40- und 45-Jahr-Feiern nahm Landeshauptmann Siegfried Ludwig teil, zur 50-Jahr-Feier kamen Außenminister Alois Mock und Landeshauptmann Erwin Pröll. Die Gemeinde Erlauf lud nicht nur Honoratioren aus Österreich, sondern auch Vertreter der Siegermächte USA und Sowjetunion in Erinnerung an das historische Ereignis zum offiziellen Festakt ein. Bis zu den Friedenstagen 1995 waren die ErlauferInnen bei den Festlichkeiten eher Publikum als aktive TeilnehmerInnen.

Mit der Vision eines amerikanisch-sowjetisch- österreichischen Friedensdenkmals in Erlauf trat Bürgermeister Ing. Franz Kuttner Ende der 1980er Jahre an die Regierungen der beiden Großmächte und das Land Niederösterreich heran. Einige Jahre später wurden 1995 am Marktplatz zwei Denk- mäler eingeweiht, die auf sehr unterschiedliche Weise an das Ende des Zweiten Weltkriegs erin- nern. Damit war ein kühnes und symbolträchtiges Vorhaben realisiert. Jenny Holzers und Oleg Komovs Skulpturen gelten heute nicht nur als Wahrzeichen Erlaufs, sondern stehen für eine neue Form der reflektierten Auseinandersetzung mit der österreichischen Kriegsvergangenheit.

Nach der Präsentation des Modells der Skulptur im Winter 1991 kam es zu Protesten aus der Erlaufer Bevölkerung, die sich durch die Darstellung der jungen Frau zwischen den beiden Soldaten an sexuelle Übergriffe der sowjetischen Besatzer erinnert fühlten. Komov reagierte darauf, indem er die verbindende Figur der jungen Frau durch ein Kind ersetzte.

Modell von Oleg Komovs Skulptur mit der ursprünglich geplanten jungen Frau in der Mitte Gemeindearchiv, 1991

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023

Über Jahrzehnte hinweg galt das offizielle Gedenken an das Kriegsende in Österreich den gefallenen Soldaten und der wiedererlangten Souveränität. Österreich präsentierte sich nach 1945 als kollektives Opfer des nationalsozialistischen Deutschland. Gestützt durch die „Moskauer Deklaration" verweigerte die Kriegsgeneration lange die schmerzhafte Auseinandersetzung mit dem dunklen Kapitel ihrer eigenen Geschichte. Die Kriegstraumata der Zivilbevölkerung überlagerten auch das Schicksal der Opfer des NS-Terrorregimes und es gab keine Maßnahmen zur Rückholung von EmigrantInnen. Im Gegensatz zu Deutschland lehnte der österreichische Staat lange Zeit jede moralische und finanzielle Verantwortung für die Verbrechen des NS-Staates ab und leistete spät Entschädigungszahlungen. Erst neuere historische Forschung führte zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen NS-Vergangenheit und in der Folge zur öffentlichen Anerkennung der österreichischen Mitverantwortung.

Heldengedenken und vergessene Opfer
Nach Kriegsende wurden zunächst antifaschistische Gedenkstätten eingerichtet, wie etwa im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen. Ab den 1950er Jahren rückte das Gedenken an die gefallenen Soldaten der Wehrmacht in den Mittelpunkt. In nahezu jeder österreichischen Gemeinde wurden Gedenkstätten für Gefallene errichtet oder Kriegerdenkmäler erweitert. Dem Geschichtsbild im Nachkriegsösterreich entsprechend sollten diese vom Kameradschaftsbund betreuten Denkmäler die Ehre der Wehrmachtsangehörigen wiederherstellen. Das Erinnern und Gedenken an die in den Konzentrationslagern ums Leben Gekommenen wurde weitgehend von Überlebenden und Angehörigen getragen.

Wandel in der Erinnerungskultur
Ausgelöst durch die Waldheim-Affäre 1986 setzte eine öffentliche Auseinandersetzung mit der Rolle Österreichs im Nationalsozialismus ein. Das „Bedenkjahr 1988", in dem sich der „Anschluss" und die Novemberpogrome zum 50. Mal jährten, markierte ebenso einen Wendepunkt wie die ersten öffentlichen Entschuldigungen politischer VertreterInnen für die Taten der ÖsterreicherInnen während des Zweiten Weltkriegs. Auf internationalen Druck hin beauftragte die Regierung einige Jahre später eine Historikerkommission, um Zwangsarbeit sowie Vermögensentzug ab 1938 und die Rückstellung und Entschädigung nach 1945 zu erforschen. Die folgenden Restitutionszahlungen an Opfer des Nationalsozialismus und ab den 1990er Jahren im öffentlichen Raum errichtete Mahnmale verweisen auf eine späte Anerkennung der Mitschuld an den Naziverbrechen. Doch erst Initiativen wie das Mahnmal für die Wehrmachtsdeserteure am Wiener Ballhausplatz 2014 oder das „Fest der Freude" am Wiener Heldenplatz seit 2013 zeugen von einem Übergang zu einem neuen selbstkritischen Umgang der Republik mit der Vergangenheit.

 Friedensgemeinde Erlauf, Dezember 2023




Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: