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Das Gartenpalais Liechtenstein ist ein barockes Palais an der Fürstengasse im 9. Wiener Gemeindebezirk, Alsergrund. Zwischen dem Palais, in dem sich bis Ende 2011 das Liechtenstein Museum befand, und dem ursprünglich als Belvedere ausgeführten „Alserbachpalais“ liegt eine Parkanlage. Seit Anfang 2012 steht das Gartenpalais Liechtenstein als Ort für Veranstaltungen zur Verfügung. Ein Teil der privaten Kunstsammlung des Fürsten von und zu Liechtenstein befindet sich nach wie vor in den Galerieräumen des Palais.
Sala terrena des Palais
Die Fürstlichen Sammlungen
Der erste bedeutende Sammler der Familie Liechtenstein war Fürst Karl
I. (1569-1627), Vizekönig von Böhmen am Hof von Kaiser Rudolf II. in
Prag. In seiner Guarderoba verwahrte er, den Inventaren nach zu
schliessen, Tapisserien und Teppiche, kostbare Möbel, Gold- und
Silberobjekte, Gefasse aus geschnittenem Stein und auch Gemälde Fürst
Karl 1. betätigte sich nicht nur als Sammler, sondern auch als
Auftraggeber brachte er bedeutende Kunstwerke in seinen Besitz. Adrian
de Fries schuf in seinem Auftrag 1607 die lebensgrosse Bronze Christus
im Elend und wenig später den Heiligen Sebastian.
In der nächsten Generation Initiierte Karl Eusebius von Liechtenstein
(1611-1684) eine Unzahl von Bauführungen und engagierte in grossern
Stil Architekten, Steinmetze, Stuckateure und Mater. Um an Gemälde und
Skulpturen heranzukommen, bediente er sich systematisch des
Kunsthandels. Ganze Sammlungen wurden ihm angeboten, aus denen er
zielsicher das auswählte, was für die eigene Galerie in Frage kam. Sein
Nachfolger Fürst Johann Adam Andreas I. (1657-1712) erwarb bedeutende
Kunstwerke von Peter Paul Rubens (Decius Mus-Zyklus), Anthonis van Dyck
und anderen Hauptmeistern des flämischen Barock.
Unter Fürst Johann I. von Liechtenstein (1760-1836) erfolgte die
Übersiedlung der Sammlungen ins Gartenpalais (1807-1810), unter der
Regentschaft von Fürst Johann II. (1840-1929) erlangte die Galerie jene
eigenständige und persönliche Note, die sie von jedem anderen Museum
unterschied, Der nuchterne Eindruck einer nach wissenschaftlichen
Kriterien aufgestellten Sammlung wurde bewusst vermieden, das Interieur
durch die Mannigfaltigkeit der aufgestellten Kunstgegenstände belebt
und aufgelockert.
1938 fand die 130jährige Präsentation der Sammlung im Gartenpalais
Liechtenstein ein jähes Ende, als die Galerie für den Publikumsverkehr
gesperrt wurde. Die Familie verlegte in den letzten Kriegswochen
erstmals in ihrer Geschichte den Wohnsitz und ihre Sammlungen nach
Vaduz. Dadurch wurde die Hauptstadt von Liechtenstein auch zum Sitz der
Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein. Nach dieser
turbulenten Phase während des Krieges, den grossen Verlusten an
Territorium in Mähren sowie dem wirtschaftlichen Niedergang in
den österreichischen Besitzungen der Familie folgte eine Phase der
Konsolidierung. Nach einer kompletten Reorganisation der
Wirtschaftsbereiche in einzelnen Stiftungen durch Fürst Hans-Adam II.
von und zu Liechtenstein (geb. 1945) besitzen die Sammlungen seit der
Mitte der Siebzigerjahre wieder die Möglichkeit, eine aktive
Sammlungspolitik zu betreiben und konnten gerade in letzter Zeit
unvergleichliche Glanzstücke erwerben.
Mit seinen Neuerwerbungen reiht sich Furst Hans-Adam II. von und zu
Liechtenstein in die Reihe seiner grossen Vorgänger als Sammler. Heute
beinhalten die Fürstlichen Sammlungen etwa 1.700 Gemälde mit
Meisterwerken von der Frührenaissance bis zur österreichischen
Romantik, darunter Arbeiten von Lucas Cranach dem Alteren, Raffael,
Pieter Breugel dem Jüngeren, Jan Brueghel dem Alteren, Peter Paul
Rubens, Anthonis van Dyck, Frans Hals, Rembrandt, Rudolf von Alt,
Ferdinand Georg Waldmüller und Francesco Hayez. Von ebenso bedeutendem
kunsthistorischen Rang ist die Sammlung italienischer Bronzen, deren
Schwerpunkt auf Meisterwerken des 16. und 17. Jahrhunderts liegt.
Neben diesen herausragenden Gemälden und Skulpturen von Weltrang zählen
zu den Fürstlichen Sammlungen auch wichtige Bestände an
Pietra-Dura-Arbeiten, Emaillen, Elfenbeinen, Prunkwaffen, Porzellan,
Tapisserien und Möbeln, die einst die Ausstattung der Schlösser und
Paläste der Familie bildeten.
Das Fürstenhaus Liechtenstein
Das Fürstenhaus Liechtenstein zählt zu den ältesten noch bestehenden
Adelsfamilien Europas. Um 1136 wird mit Hugo von Liechtenstein erstmals
ein Träger dieses Namens erwähnt. Er nannte sich nach der Burg
Liechtenstein südlich von Wien, die sich heute wieder im Besitz der
Familie befindet. In der Umgebung der Stammburg und an der
Nordost-Grenze Niederösterreichs hatten die frühen Liechtenstein
Grundbesitz.
Die ununterbrochene Ahnenreihe der Liechtensteiner begann mit Heinrich
(gestorben 1265/66), der die Herrschaft Nikolsburg in Südmähren als
freies Eigentum erhielt. Die Erwerbung war von grosser politischer
Bedeutung, weil die Familie hierdurch namhaften Besitz im Gebiet der
Wenzelskrone aufweisen konnte. 1394 wurde Johann von Liechtenstein,
fast 30 Jahre Hofmeister Herzog Albrecht III., ein Opfer der
machtpolitischen Bestrebungen der Habsburger Er wurde gemeinsam mit
seiner Familie gezwungen, auf einen Teil der Besitztümer der Familie zu
verzichten, vor allem auf jene südlich der Donau.
Um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert waren es die Brüder Karl,
Maximilian und Gundaker, die eine neue Periode der Familiengeschichte
einleiteten: Sie konvertierten zum katholischen Glauben. Karl erhielt
am 20. Dezember 1608 die erbliche Fürstenwürde, seine Brüder wurden
1623 in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben. Karl, Maximilian und
Gundaker schlossen 1606 einen Familienvertrag, der unter anderem
vorschreibt, dass der jeweils Erstgeborene der regierenden Linie das
Haus nach aussen vertritt. Geichzeitig kam es zur Schaffung eines
Familienfideikommisses, demzufolge die Erstgeburtsgüter und die übrigen
Familienbesitzungen eine unveräusserliche, unteilbare Masse im Besitz
der Brüder und ihrer Nachfahren bildeten. In den Wirren des böhmischen
Aufstandes stellte sich das Haus Liechtenstein auf die Seite der
Habsburger. Durch den hohen Einsatz der Brüder Karl und Maximilian in
der Schlacht am Weissen Berg konnte 1620 der entscheidende Sieg über
die böhmischen Rebellen errungen werden.
Seit der Erlangung der Reichsfürstenwürde war das Haus Liechtenstein
bestrebt, ein reichsunmittelbares Territorium zu erwerben. Es dauerte
jedoch fast hundert Jahre, bis der Enkel Karls, Fürst Johann Adam
Andreas I. (1657-1712), dieses Ziel mit dem Kauf der Besitzungen
Schellenberg und Vaduz erreichte. Während im 18. Jahrhundert
Liechtenstein noch eher am Rande des Interesses der Familie lag - die
Familie residierte damals noch in Feldsberg (heute Tschechien) und
Wien, rückte es nach Erlangung der Souveränität am 12. Juli 1806 immer
mehr in den Mittelpunkt und wurde im 20. Jahrhundert Wohnsitz der
Fürsten. Fürst Franz Josef II. (1906-1989) verlegte 1938 seinen
ständigen Wohnsitz nach Vaduz. Die Familie zählt heute über hundert
Mitglieder, von denen nur ein kleiner Teil im Fürstentum Liechtenstein
lebt. Der Fürst ist der Regent des Fürstlichen Hauses und wacht gemäss
Hausgesetz über „Ansehen, Ehre und Wohlfahrt" des Fürstengeschlechts.
ANDREA POZZO (1642-1709)
Deckenfresko mit den Taten des Herkules und seiner Apotheose in den Olymp, 1704-1708
Das große Deckenfresko im hiesigen Festsaal des Gartenpalais
Liechtenstein von ANDREA POZZO zeigt die Taten und die Apotheose des
antiken Helden Herkules. Die beeindruckende illusionistische
Architekturmalerei verleiht dem Raum seine Bezeichnung „Herkulessaal".
Herkules erwürgt die Schlangen
Die Szene zeigt Herkules als Kind, in seinen Händen die zwei Schlangen,
die von der Göttin Juno geschickt wurden. Geboren als Sohn der
sterblichen Alkmene und Jupiters, zog Herkules den Zorn und die
Eifersucht Junos, der Gemahlin Jupiters, auf sich, die zu seiner
lebenslangen Verfolgerin wurde. Sie versuchte den erst wenige Monate
alten Herkules zu vernichten, indem sie zwei große Schlangen an sein
Bett schickte, die er jedoch schon als Kind mühelos erwürgte.
Herkules und der Nemeische Löwe
Der Kampf gegen den Nemeischen Löwen ist die erste der zwölf Taten des
Herkules, die der Halbgott für König Eurystheus zu erfüllen hatte.
Gezeigt wird Herkules im Ringkampf mit der unbesiegbar erscheinenden
Bestie, deren Fell von keinen Waffen durchdrungen werden konnte.
Aufgrund seines Geschicks und unbändiger Kraft gelang es ihm jedoch,
den Löwen zu überlisten und zu erwürgen. Nach vollbrachter Tat zog
Herkules ihm mithilfe dessen Krallen das Fell ab, das er fortan als
Rüstung trug.
Aufnahme in den Olymp
Die Apotheose des Herkules stellt sowohl den Abschluss der Erzählung
als auch das zentrale Thema des Deckenfreskos dar. Den Flammen des
Scheiterhaufens entstiegen, in denen er seinen Tod fand, erlangt der
Held im Olymp Unsterblichkeit. Sogar Juno war nun besänftigt und gab
ihm ihre Tochter Iuventas, die Göttin der Jugend, zur Frau. Von Wolken
getragen wird Herkules ins Zentrum des Freskos emporsteigend
dargestellt, in dem der Göttervater Jupiter erscheint. Ausgezeichnet
mit Adler und Blitzbündel bringt er die Krone des Herkules, während dem
Helden bereits ein Lorbeerkranz auf das Haupt gesetzt wird.
Der triumphierende Herkules
Herkules präsentiert sich in dieser Darstellung als triumphierender
Held. Über einem Sockel thronend, das Löwenfell als Attribut über dem
Schoß, stützt er einen Arm in die Seite, der andere ruht auf seiner
aufgestellten Keule. Sein Blick fällt auf den Palmwedel als
Siegessymbol, der von der Personifikation des Sieges emporgestreckt
wird.
Herkules und Antäus
Herkules' Kampf gegen Antäus war Teil der elften Aufgabe. Er begegnete
dem Riesen auf dem Weg zum Garten der Hesperiden, aus dem er die
goldenen Äpfel stehlen sollte. Antäus forderte ihn zum Ringkampf auf,
doch wurde bald ein Ungleichgewicht der Kräfte deutlich: Als Sohn der
Tellus, der Göttin der Erde, schöpfte Antäus bei Berührung des Bodens
jedes Mal neue Kraft. Herkules erkannte dies, hob ihn vom Boden und
besiegte ihn in der Luft.
Die farbigen Hauptszenen in den Mittelachsen und Ecken werden von
kleineren Szenen in Kartuschen begleitet. Die Hauptszenen zeigen jene
Taten, die Herkules als tugendhaften Helden (exemplum virtutis)
auszeichnen und seine Aufnahme in den Olymp begründen. Die farblich
zurückgenommenen Kartuschen hingegen beinhalten weniger rühmliche
Episoden aus der Geschichte des unberechenbaren Helden (Hercules
furens).
Tod des Herkules
Der Tod des Helden geht auf die versuchte Entführung seiner Frau
Deianeira durch den Kentauren Nessus zurück. Der von Herkules' Pfeil
getroffene, sterbende Nessus riet Deianeira, sein Blut aufzufangen, da
es einen Liebeszauber enthalte. Jahre später überkam Deianeira die
Eifersucht beim Anblick des Herkules und der schönen Iole. Sie
beschloss, den Liebeszauber anzuwenden und tränkte Herkules' Gewand mit
Nessus' Blut, das sich als Gift entpuppte. Das Gewand ließ sich nicht
mehr von Herkules Körper lösen und bereitete ihm unerträgliche Qualen,
sodass er sich auf dem Scheiterhaufen verbrennen ließ.
Herkules im Kampf gegen die Amazonen
Dargestellt wird die neunte Tat des Herkules. Aufgetragen wurde ihm der
Raub des kostbaren Gürtels der Amazonenkönigin Hippolyte. Bei seiner
Ankunft im Land der Amazonen versprach diese, Herkules den Gürtel ihres
Vaters Mars freiwillig zu übergeben. Juno missbilligte dies, da sie die
Aufgabe als zu einfach erfüllt sah, und provozierte als Amazone
verkleidet einen Kampf zwischen den Amazonen und Herkules und seinen
Begleitern. In der Schlacht unterlagen die Amazonen und Hippolyte
übergab geschlagen ihren Gürtel.
Die dargestellten Stationen aus dem widersprüchlichen Leben des
Herkules zeigen ihn im Spannungsfeld von Heldentum und Wahnsinn. Denn
als Sohn Jupiters und der Alkmene besitzt er sowohl eine göttliche als
auch eine menschliche Natur. Pozzos Herkulesfresko gibt somit ein
differenziertes Bild des Tugendhelden, dessen Taten schließlich zum
Triumph und zu seiner Aufnahme in den Olymp führen.
Götterhimmel
Die Aufnahme des Herkules in den Olymp nach den zwölf bewältigten Taten
wird begleitet von Göttinnen, Göttern, Halbgöttinnen und Halbgöttern.
Die nach allen Seiten aufragende Scheinarchitektur öffnet den Blick in
den Götterhimmel, in dem sich die Figuren in Gruppen auf Wolkengebilden
tummeln. Die Apotheose des Helden begleiten unter anderem Apoll in
seinem Sonnenwagen, Bacchus mit seinem Gefolge, Diana, Merkur und die
Personifikationen der Jahreszeiten.
Herkules und Omphale
Für seinen aus Jähzorn begangenen Mord des Iphitos und den Raub des
Dreifußes beim Orakel von Delphi, die zu einem Kampf mit Apollo
führten, musste sich Herkules auf Befehl Jupiters als Sklave in den
Dienst der lydischen Königin Omphale stellen. Das entstehende
Liebesverhältnis zwischen Herkules und Omphale verweichlichte den
Helden. Er ließ sich von der Königin demütigen, indem er in die Rolle
einer Frau schlüpfte, ihre Kleider anzog und Frauenarbeit verrichtete.
Hier wird Herkules mit einem Spinnrocken dargestellt, während Omphale
die Keule des Heros trägt.
Nessus und Deianeira
Im Profil gezeigt hält Herkules seinen Bogen in der Hand, der Pfeil ist
bereits abgeschossen. Getroffen hat dieser den Kentauren Nessus, der
Deianeira, die Königstochter und Gemahlin des Herkules, trockenen Fußes
über einen Fluss bringen sollte. Nessus' Versuch, Deianeira auf seinem
Rücken zu entführen, wurde durch Herkules' Pfeil vereitelt. Schwer
verwundet riet der sterbende Kentaur Deianeira, sein Blut für einen
Liebeszauber aufzufangen. Dies sollte sich jedoch als List und
Todesurteil für Herkules herausstellen.
Die Rubens-Sammlung
Seit seiner Jugend war Johann Adam Andreas mit dem Altargemalde der
Himmelfahrt Mariens einem charakteristischen Spätwerk RUBENS' vertraut.
Sein Vater hatte es 1643 in Brüssel für die Ausstattung der Pfarrkirche
in Feldsberg (Valtice) erworben. Doch erst nach dem Ankauf des
bedeutenden Decius Mus Zyklus entwickelte sich eine wachsende Vorliebe
des Fürsten für die Kunst des Flamen.
Großformatige, sinnliche Schilderungen antiker Mythen sowie
Darstellungen biblischer Erzählungen oder die berührenden, persönlichen
Bildnisse der Kinder des Malers gelangten in seinen Besitz. Die Auswahl
zeugt von der Kennerschaft des Fürsten. Die Kunstwerke wurden nach
Kriterien wie Qualität, Eigenhändigkeit, Authentizität und
Erhaltungszustand beurteilt. Mit seinen Ankäufen konnte Johann Adam
Andreas sich mit zwei der bedeutendsten Rubens Sammler seiner
Generation messen: Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz (1658-1716)
und Kurfurst Max Emanuel von Bayern (1662-1726).
Der Decius-Mus-Zyklus von Peter Paul Rubens
Der insgesamt achtteilige Zyklus schildert das Schicksal des römischen
Konsuls Decius Mus. Einer Weissagung nach war es ihm bestimmt, in der
Schlacht gegen die Latiner zu fallen, damit die Römer siegreich aus dem
Krieg hervorgehen konnten. Die monumentalen Gemälde waren Vorlagen für
eine 1616 in Auftrag gegebene Tapisserie-Serie, dem ersten Projekt
dieser Art für PETER PAUL RUBENS. Das Antwerpener Handelshaus Forchondt
bot sie Johann Adam Andreas 1692 als Werke von ANTHONIS VAN DYCK an. Ab
1705 wurde der Zyklus zur fürstlichen Reprasentation in einem eigenen
Saal des neugebauten Stadtpalais in der Bankgasse präsentiert. GIOVANNI
GIULIANI fertigte aufwendige Rahmen mit Kartuschen, die bis heute die
Bilder schmücken.
Doch sammelte der Fürst auch kleine Skizzen und vorbereitende Ölstudien
von RUBENS. Sie illustrieren den künstlerischen Schaffensprozess und
sprechen für die besondere Wertschätzung, die er dem Maler
entgegenbrachte.
PETER PAUL RUBENS (1577-1640)
Der Tod des Decius Mus in der Schlacht, 1617, Öl auf Leinwand
Erworben 1692 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
PETER PAUL RUBENS (1577-1640)
Die Beweinung Christi, um 1612, Öl auf Leinwand
Erworben 1710 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
Das Gemälde wurde zwar 1710 für die enorme Summe von 2500 Gulden als
Bild von RUBENS gekauft, erschien jedoch im Katalog der Sammlung 1767
als Werk VAN DYCKS und behielt diese Zuschreibung über hundert Jahre
lang. Mehrere Versionen des Themas von RUBENS und seiner Werkstatt aus
den Jahren 1612 bis 1614 sind erhalten. Sie zeigen Jesus' Leichnam in
ähnlicher Verkürzung. Maria ist nicht in Trauer gelähmt, sie schließt
die Augen ihres Sohnes und entfernt eine Dorne aus seiner Stirn.
PETER PAUL RUBENS (1577-1640)
Die Himmelfahrt Mariens, um 1635/37, Öl auf Leinwand
Erworben vor 1643 durch Fürst Karl Eusebius I. von Liechtenstein
PETER PAUL RUBENS (1577-1640)
Die Totenfeier für Decius Mus, 1617, Öl auf Leinwand
Erworben 1692 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
PETER PAUL RUBENS (1577-1640)
Decius Mus sendet die Liktoren aus, 1617, Öl auf Leinwand
Erworben 1692 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
PETER PAUL RUBENS (1577-1640)
Mars und Rhea Silvia, um 1622, Öl auf Holz
Vermutlich erworben vor 1710 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
Das Fürstenhaus Liechtenstein zählt zu den ältesten europäischen
Adelsfamilien. Um 1136 wird mit Hugo von Liechtenstein erstmals ein
Träger dieses Namens erwähnt. Er nannte sich nach der Burg
Liechtenstein südlich von Wien. Der regierende Fürst Hans-Adam II. von
und zu Liechtenstein wurde am 14. Februar 1945 als ältester Sohn von
Fürst Franz Josef II. von und zu Liechtenstein und Fürstin Gina
geboren. Im Jahre 1970 betraute ihn sein Vater mit der Reorganisation
der Verwaltung des Vermögens des Fürstenhauses. Im Zuge dieser
Reorganisation wurde das Privatvermögen des Fürsten in die Fürstlichen
Stiftungen eingebracht. 1984 setzte Fürst Franz Josef II. Hans-Adam II.
als dauernden Stellvertreter ein und beauftragte ihn mit der
Wahrnehmung der Staatsgeschäfte. Am 13. November 1989, nach dem Tode
seines Vaters, übernahm Hans-Adam II. die Regentschaft.
Am 30. Juli 1967 vermählte sich Fürst Hans-Adam II. mit Grafin Marie
Kinsky von Wchinitz und Tettau. Fürstin Marie wurde als viertes von
sieben Kinder des Grafen Ferdinand Carl Kinsky von Wchinitz und Tettau
und der Gräfin Henriette, geborene Gräfin von Ledebur-Wicheln, am 14.
April 1940 in Prag geboren. Sie verstarb am 21. August 2021 in Grabs,
in der Schweiz. Fürst Hans-Adam II. und Fürstin Marie haben vier
Kinder: Erbprinz Alois, geboren am 11. Juni 1968, Prinz Maximilian,
geboren am 16. Mai 1969, Prinz Constantin, geboren am 15. März 1972,
und Prinzessin Tatjana, geboren am 10. April 1973.
Die Apotheose des Herkules im zentralen Bildfeld des Saales wird
inhaltlich von den Fresken in den beiden Stiegenhäusern flankiert.
JOHANN MICHAEL ROTTMAYR schildert im östlichen Stiegenhaus, wie Minerva
den Herkules-Knaben entführt, um ihn seiner Mutter Alkmene zu bringen.
Im westlichen Treppenhaus ist der Sturz der Giganten dargestellt, bei
dem Herkules den Göttern des Olymps zu Hilfe kommt.
Herkules der Künste
Johann Adam Andreas 1. von Liechtenstein und das Wien um 1700
Mit den beiden Prachthauten, dem Gartenpalais in der Rossau und dem
Stadtpalais nahe der Hofburg, schuf sich Fürst Johaim Adam Andreas L.
von Liechtenstein eindrucksvolle Monumente. Doch nicht nur als
ambitionierter Bauherr, der zudem die Entwicklung eines neuen
Stadtteils vorantrieh, sondern auch als leidenschaftlicher Kunstsammler
reihte er sich unter die bedeutendsten Mäzene seiner Epoche.
Vor allen, die hochikarätagen Gemälde von Peter Paul Rubens genossen
schon zu Lebzeiten des Fürsten große Bewanderong. Die Ausstellung macht
den lebendigen Austausch von Förderer und Künstlern ebensa anschaulich
erlebbar wie barockes Sammeln und Herrschen im florierenden Wien um
1700.
GIOVANNI FRANCESCO SUSINI (1585-1653), nach GIAMBOLOGNA (1529-1608)
Herkules und Antäus, 1578 (Modell), Bronze, rotgoldene Lackpatina
Vermutlich erworben vor 1658 durch Fürst Karl Eusebius I. von Liechtenstein
Diese Bronzegruppe diente GIOVANNI GIULIANI als unmittelbares Vorbild
für die Anfertigung einer Sandsteinskulptur für den Palaisgarten im
Auftrag von Johann Adam Andreas. Die Skulptur bezeugt die anhaltende
Wertschätzung dieser Bronze, die wohl Karl Eusebius erworben hatte,
durch seinen Sohn. Die in der Kunst vielfach dargestellte Szene des
Kampfes zwischen Herkules und Antäus findet sich auch in der
Nordostecke des Herkulessaales.
Kaiser Karl VI. ratifiziert den Vertrag über den Kauf der
Reichsgrafschaft Vaduz durch Fürst Johann Adam Andreas I. von
Liechtenstein, Wien, 7.3.1712
Pergamentlibell mit rotem Samteinband, 16 Blätter, mit Siegel in runder Holzkapsel (Nussholz), schwarze und gelbe Bindebänder
Die Herrschaften Vaduz und Schellenberg waren reichsunmittelbare
Territorien im Besitz der Grafen von Hohenems. Am 18. Jänner 1699
kaufte Fürst Johann Adam Andreas I. die Herrschaft Schellenberg. Der
Vertrag beinhaltete das Vorkaufsrecht auf die südlich davon gelegene
Grafschaft Vaduz. Als diese 1712 ebenfalls verkauft wurde, nahm der
Fürst sein Vorkaufsrecht in Anspruch. Der Kaufvertrag für Vaduz wurde
am 22. Februar 1712 gesiegelt und am 7. März von Kaiser Karl VI. in
Wien ratifiziert.
ANTON PETER VAN ROY (um 1660 - nach 1738)
Porträt des Fürsten Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein (1657-1712), um 1706, Öl auf Leinwand
Erworben 1706 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
Bis in die 1680er-Jahre verbrachte die Fürstenfamilie die meiste Zeit
auf ihren wirtschaftlich bedeutenden mährischen Besitzungen. Vor allem
Schloss Feldsberg (Valtice) in der niederösterreichisch-mährischen
Grenzregion diente als Hauptsitz. Neben diesem machte Johann Adam
Andreas durch seine Neubauten nun auch die kaiserliche Hauptstadt Wien
zu seiner wichtigsten Residenz. Das Porträt des flämischen Malers VAN
ROY zeigt den Fürsten im Brustharnisch mit rotem Hermelinmantel und
Allongeperücke.
PHILIPP HEINRICH MÜLLER (1654-1719)
Goldmedaille mit dem Porträt des Fürsten Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein (1657-1712), 1694, Gold
Erworben 1694 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
Diese Goldmedaille von 1694 wurde anlässlich der Verleihung des
Goldenen Vlieses geprägt. Sie stammt vom Augsburger Stempelschneider
PHILIPP HEINRICH MÜLLER und zeigt das Brustbild des geharnischten
Fürsten im strengen Profil mit langer Allongeperücke. Auf der Rückseite
befindet sich das Motiv eines aus dem Wasser herausragenden Felsens,
über dem ein achtstrahliger Stern scheint. Darüber schwebt ein Band mit
der Aufschrift: DOMINVS ILLVMINATIO MEA (Der Herr ist mein Licht).
Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein (1657-1712)
Im Jahr 1684 übernahm Fürst Johann Adam Andreas I. die Regierung des
Fürstenhauses Liechtenstein. Geschickt reorganisierte er die Verwaltung
seiner Herrschaften und schuf damit die Grundlage für den Aufstieg des
Hauses. Mit dem Erwerb der Herrschaften Schellenberg und Vaduz gelang
es ihm schließlich, Sitz und Stimme im Reichstag zu erlangen.
In der kaiserlichen Residenzstadt Wien und der Rossau ließ Johann Adam
Andreas zwei spektakuläre Palais errichten, die zur Entfaltung der
italienischen Kunst in Wien um 1700 beitrugen. Als Sammler erwarb er
erlesene Kunstwerke und er beauftragte Künstler aus ganz Europa mit der
repräsentativen Ausschmückung seiner Gebäude. So kann die
ikonographische Ausgestaltung des Gartenpalais mit den Taten des
antiken Helden Herkules als allegorische Selbstinszenierung des Fürsten
verstanden werden.
MATTHIAS RAUCHMILLER (1645–1686)
Prunkhumpen, 1676, Elfenbein
Erworben 1707 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
Dieser Prunkhumpen gilt als eine der bedeutendsten Arbeiten barocker
Elfenbeinkunst nördlich der Alpen. Es ist das einzige Werk, das durch
eine Signatur sicher MATTHIAS RAUCHMILLER zugeschrieben werden kann. In
filigranen, tief unterschnittenen Schnitzereien ist der Raub der
Sabinerinnen dargestellt, wobei die Figuren teilweise freiplastisch
hervortreten. Auch Deckel und Handhabe bestehen aus Elfenbein und nicht
wie üblich aus Metall.
MASSIMILIANO SOLDANI-BENZI (1656-1740), nach GIAMBOLOGNA (1529-1608)
Triumph der Tugend über das Laster, um 1701/06, Bronze, dunkelbraune Lackpatina
1706 Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein vom Künstler zum
Kauf angeboten; erworben 1980 durch Fürst Franz Josef II. von und zu
Liechtenstein
Formen fürstlicher Repräsentation
Johann Adam Andreas erbte eine beachtenswerte Gemäldesammlung aus
Familienbesitz, insbesondere niederländische Werke in kleinem Format.
Sein Vater Fürst Karl Eusebius bewahrte in Schloss Feldsberg (Valtice)
zudem eine bedeutende Sammlung von Kleinbronzen auf.
Nachdem Johann Adam Andreas die übernommene
Schuldenlast abgetragen hatte, begann er, in großem Stil Kunst zu
erwerben. Besonders die Malerei der flämischen und italienischen
Schulen des 17. Jahrhunderts entsprach seinen Vorstellungen von
Qualität und Ästhetik. Doch beschränkte er sich nicht darauf. Gemälde
und Objekte des Kunstgewerbes unterschiedlicher Regionen und Epochen
gelangten ebenfalls in die Sammlung. Er beauftragte Werke direkt bei
Künstlern und erweiterte die Bronzensammlung. Erstmals in der
Familiengeschichte führte er einen Großteil seines Kunstbesitzes in
einer Galerie im Stadtpalais in Wien zusammen. Damit schuf der Fürst
die Voraussetzungen für eine dem Kaiserhof ebenbürtige Inszenierung
seiner Kunstschätze.
Einflüsse aus Italien
Die Residenzstadt Wien mit der Hofburg bildete das politische und
kulturelle Zentrum des Heiligen Römischen Reichs und war
Anziehungspunkt für Menschen aus verschiedenen Regionen Europas.
Handelsbeziehungen, aber auch Eheschließungen unter adeligen Familien
führten zu einer starken Zuwanderung aus den Gebieten des heutigen
Italiens.
Ihren Höhepunkt erreichte die „Italianità" im 17. und 18. Jahrhundert -
einer Zeit reger Bautätigkeit Architekten, Baumeister, Maler und
Handwerker überquerten die Alpen, um die zahlreichen neuen Paläste in
der Innenstadt und den Vorstädten zu planen, zu errichten und
auszuschmücken. Auch kamen Musiker, Komponisten und Librettisten von
Italien nach Wien. So entstand eine große italienische Gemeinde in der
Stadt. Beim Hochadel waren italienische Künstler besonders gefragt.
Deshalb wählte auch Johann Adam Andreas für die Errichtung und
Ausstattung seiner beiden neuen Palais in Wien vornehmlich italienische
Architekten und Künstler aus. Damit verfolgte er das Ziel, seinen hohen
Rang zum Ausdruck zu bringen.
COSIMO DI GIOVANNI CASTRUCCI (1590-1619); WERKSTATT GIULIANO DI PIERO PANDOLFINI (dok. 1615-1637)
Tischplatte mit dem Wappen von Fürst Karl I. von Liechtenstein, um 1620/23, Commessi di pietre dure, Granat, Bronze vergoldet
Erworben um 1620/23 durch Fürst Karl I. von Liechtenstein
Die Tischplatte mit dem Wappen von Fürst Karl I. von Liechtenstein
stammt aus der Prager Manufaktur für Steinschnitt (Commessi di pietre
dure), die Kaiser Rudolf II, begründet hatte. Kostbare Edelsteine sind
kunstvoll in ornamentale, geometrische und konkrete Bildformen wie
Landschaften und Trophäen gefasst. Die vier stereometrischen Figuren
stehen für die vier Elemente: Erde, Luft, Feuer und Wasser. Derartige
Darstellungen verweisen auf den universalen Zusammenhang aller Dinge.
GIOVANNI GIULIANI (1664-1744)
Vergoldeter Holzfuß für eine Pietra-dura-Tischplatte der
Castrucci-Werkstatt, 1711, Lindenholz geschnitzt, vergoldet und
versilbert
Erworben 1711 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
FILIPPO PARODI (1630-1702)
Allegorie der Tugend, um 1684/94, Marmor
Erworben 1694 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
FILIPPO PARODI zählte zu den von Johann Adam Andreas am meisten
geschätzten Bildhauern. In einem Brief an MARCANTONIO FRANCESCHINI aus
dem Jahr 1694 nennt der Fürst nur ihn und seinen Kollegen GIUSEPPE
MAZZA der Bezeichnung „virtuosi" würdig, es gäbe in ganz Italien keine
besseren Bildhauer als die beiden. Möglicherweise kam der Ankauf über
einen Kontakt in Venedig zustande, wo PARODI besonders erfolgreich war.
Die Tugend bildet durch ihre Schönheit und Ruhe den deutlichen
Gegenpart zum Laster.
FILIPPO PARODI (1630-1702)
Allegorie des Lasters, um 1684/94, Carrara-Marmor
Erworben 1694 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
Der in Genua geborene PARODI erhielt seine Ausbildung in Rom, wo er mit
der Kunst GIAN LORENZO BERNINIS vertraut wurde. An dessen Anima Dannata
lehnt sich die Allegorie des Lasters deutlich an. Er übernahm das
schmerzverzerrte Gesicht des Vorbilds, fügte seiner Komposition
allerdings Ketten hinzu, die den gewundenen Körper in Zaum halten und
den Dargestellten möglicherweise mit Tityos, einem der berühmtesten
Sünder der griechischen Mythologie, in Verbindung bringen.
Italienische Kunst in der Sammlung des Fürsten
Die Planung der Wiener Palais und deren Innendekoration legte Fürst
Johann Adam Andreas bevorzugt in die Hände italienischer oder in
Italien geschulter Künstler. Der venezianische Bildhauer GIOVANNI
GIULIANI fertige zahlreiche Skulpturen für das Stadtpalais und den
Palaisgarten. Der gebürtige Schweizer SANTINO BUSSI schuf großflächige
Stuckdekorationen. Seine Arbeiten im Stadtpalais rahmten einst die
allegorischen Deckengemälde des Venezianers ANTONIO BELLUCCI.
ANDREA POZZO, einem Hauptvertreter der Quadraturmalerei, wurde das
Fresko im Herkulessaal des Gartenpalais anvertraut. Das Erdgeschoß und
die Treppenhäuser zieren hier Malereien von JOHANN MICHAEL ROTTMAYR,
der in Venedig gelernt hatte. Der in Bologna tätige MARCANTONIO
FRANCESCHINI war zudem ein wichtiger Vermittler nach Italien. Über 15
Jahre lang korrespondierte der Künstler mit Johann Adam Andreas und
erwarb für ihn vorzugsweise Werke italienischer Meister des 17.
Jahrhunderts.
MARCANTONIO FRANCESCHINI (1648-1729)
Diana und Callisto, 1698, Öl auf Leinwand
Erworben vor 1709 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein,
verkauft 1920, zurückerworben 1991 durch Fürst Hans-Adam II. von und zu
Liechtenstein
Die Nymphe Callisto gehörte zum Gefolge der Diana und hatte, wie alle
Begleiterinnen der Göttin, ein Keuschheitsgelübde abgelegt. Jupiter
fand jedoch Gefallen an ihr und verwandelte sich in Diana, um sich
Callisto ungestört zu nähern und sich ihrer zu bemächtigen. Die
schwangere Callisto verbarg ihren Zustand, doch bei einem gemeinsamen
Bade mit Diana und den anderen Nymphen wurde sie enttarnt und
schließlich verstoßen.
MARCANTONIO FRANCESCHINI (1648-1729)
Die Geburt des Adonis, nach 1692, Öl auf Leinwand
Erworben vor 1709 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
Verschiedene Überlieferungen schildern Zeugung und Geburt des Adonis
auf unterschiedliche Weise. In der von Ovid niedergeschriebenen Version
führte die List der Amme dazu, dass Myrrha, die Tochter des Königs von
Zypern, Adonis mit ihrem Vater zeugte. Mehrere Quellen berichten von
der folgenden Verwandlung der Schwangeren in einen Myrrhebaum. Die
Nymphe Lucina half bei der Geburt von Adonis aus der Baumrinde und zog
den Jungen auf.
MARCANTONIO FRANCESCHINI (1648-1729)
Venus und Adonis auf der Jagd, nach 1698, Öl auf Leinwand
Erworben vor 1709 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
Adonis wuchs zu einem schönen jungen Mann heran, in den sich Venus, von
Amors Pfeil getroffen, unsterblich verliebte. In den Metamorphosen
schildert Ovid, wie sich Venus, die Göttin der Liebe, der Jagdgöttin
Diana gleich kleidete und mit Adonis auf der Jagd durch den Wald
streifte.
MARCANTONIO FRANCESCHINI (1648-1729)
Diana und Actaeon, 1692/98, Öl auf Leinwand
Erworben 1698 durch Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein
Nach einer erfolgreichen Jagd allein umherstreifend, überraschte
Actaeon Diana und die Nymphen beim Bad in einer Grotte. Beschämt und
zornig verwandelte die Göttin den jungen Jäger daraufhin in einen
Hirsch. Als seine Hunde ihn erspähten, erkannten sie Actaeon nicht. Sie
begannen ihn zu hetzen und zerfleischten ihn.
CORNELIS I. DE BAELLIEUR (1607-1671)
Galerie eines Sammlers, um 1640, Öl auf Holz
Privatsammlung, Dauerleihgabe an LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna
Dieses Gemälde entstand während der Hochzeit der Galeriebilder in der
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Auch ohne konkreten Sammlungsbezug
liefern derartige Bilder wichtige Hinweise zu zeitgenössischen
Präsentationsformen und Moden. Die dichte Hängung von Gemälden, später
auch als Petersburger oder Salonhängung geläufig, hielt sich bis weit
ins 18. Jahrhundert. Aufgrund der Vielzahl an Werken war sie für
gelehrte Vergleiche, Gespräche und Repräsentation geeignet.
GIOVANNI GIULIANI (1664-1744)
Für die Attika der beiden den Ehrenhof umschließenden Seitengebäude des
Gartenpalais entwarf GIULIANI zweifigurige Modelle der vier Erdteile.
Davon haben sich diese drei Entwürfe erhalten. Dabei ist das Modell der
Afrika mit dem bewegten Kind, dem schreitenden Löwen und sich drehenden
Oberkörper der Frau mit wehendem Gewand besonders eindrucksvoll. Es
stammt aus einem späteren Entwurfsstadium - erkennbar an der
geglätteten Oberfläche, genauen Ausarbeitung und Rundansichtigkeit der
Gruppe.
Asia
Entwurf für eine Skulpturengruppe auf der Attika der Nebengebäude des Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau
1707, Terrakotta, Stift Heiligenkreuz, Kunstsammlung, Nr. 111
Afrika
Entwurf für eine Skulpturengruppe auf der Attika der Nebengebäude des Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau
1707, Terrakotta, Stift Heiligenkreuz, Kunstsammlung, Nr. 14
Europa
Entwurf für eine Skulpturengruppe auf der Attika der Nebengebäude des Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau
1707, Terrakotta, Stift Heiligenkreuz, Kunstsammlung, Nr. 112
GIOVANNI GIULIANI (1664-1744)
Diana und Endymion
Entwurf für eine Skulpturengruppe im Garten des Palais Liechtenstein in der Rossau, nach 1702, Terrakotta
Stift Heiligenkreuz, Kunstsammlung, Nr. 116
Die Göttin Diana verliebte sich in den Jäger und Hirten Endymion und
bat Jupiter, ihn in ewigem Schlaf zu belassen. So konnte sie ihn jede
Nacht unbemerkt aufsuchen. Der ursprüngliche Terrakotta-Entwurf für die
Gruppe stammte von dem Bologneser Bildhauer GIUSEPPE MAZZA, den
FRANCESCHINI an den Fürsten vermittelt hatte. GIULIANI hielt sich
jedoch nicht streng an die Vorgabe. Er änderte die Haltung der Göttin
und die Beinstellung des Schlafenden, behielt aber dessen Grundposition
bei.
GIOVANNI GIULIANI (1664-1744)
Viktoria krönt Herkules
Entwurf für eine Kaminbekrönung im Herkulessaal des Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau
1709, Terrakotta Stift Heiligenkreuz, Kunstsammlung, Nr. 139
Für die skulpturale Ausstattung der beiden großen Kamine im
Herkulessaal wurde ebenfalls GIULIANI herangezogen. Dieser
Terrakotta-Entwurf gibt einen Eindruck von Gestalt und Dimension eines
der beiden Reliefs, die die Kamine bekrönten. Die herkulische Figur
sitzt über der mit Voluten verzierten Kaminrahmung und ist höher als
die Breite der Feueröffnung. Ikonographisch orientierte GIULIANI sich
am Deckenfresko von ANDREA POZZO, der Aufnahme des Herkules in den
Olymp.
Der fürstliche Bauherr
Karl Eusebius hatte die Baukunst als wichtigste Form fürstlicher
Repräsentation angesehen und dem Sohn in einem eigenen Traktat
nahegelegt. Dem Wunsch des Vaters folgend, begann Johann Adam Andreas
im Jahr 1680 mit seinem ersten Projekt - dem Weiterbau des Schlosses
Plumenau (Plumlov) in Mähren. Von Karl Eusebius im Stil italienischer
Spätrenaissance als Vierflügelanlage geplant, wurde schließlich nur der
Mitteltrakt unter der Leitung von Johann Adam Andreas ausgeführt.
Eine deutliche Abkehr von dessen anachronistischer Gestaltung wird
bereits in einem der nächsten Bauprojekte des Fürsten deutlich: dem
Reitstall des Schlosses Eisgrub (Lednice), den er zwischen 1688 und
1700 von JOHANN BERNHARD FISCHER VON ERLACH errichten ließ. Nach
weiteren Umbauten, vor allem an den mährischen Besitzungen, widmete
sich Johann Adam Andreas in Wien gleich mehreren Großprojekten: dem
Stadtpalais in der Bankgasse, dem Gartenpalais in der Rossau sowie der
Anlage einer neuen Siedlung mit Kirche und Brauhaus am Alserbach.
Vorstadtwunder
Um 1700 war die grüne Rossau eine der begehrtesten Vorstädte Wiens. Den
Donauarmen verdankte sie Fischreichtum und blühende Gärten. Frieden und
Selbstbewusstsein nach der letzten osmanischen Belagerung von 1683
regten Aufschwung und Bautätigkeit außerhalb der Stadtmauern an. Eine
visionäre Idee des Fürsten Johann Adam Andreas führte zur Gründung
einer neuen Vorstadt, der Herrschaft Lichtental.
Begünstigungen und Netzwerke ermutigten Gewerbetreibende, sich in
dieser Mustersiedlung niederzulassen. Hier etablierte sich 1718 die
zweite Porzellanmanufaktur Europas unweit des neun Jahre zuvor
fertiggestellten Gartenpalais. Die Verbundenheit des Fürstenhauses
zeigte sich in Bestellungen, beispielsweise einem fürstlichen
Jagdservice mit Schwarzlotdekor, verzeichnet 1747 in der Feldsberger
„Zuckerbäckerey". Eine wohltätige Stiftung der Herzogin Maria Theresia
von Savoyen-Carignan, der zweitjüngsten Tochter von Johann Adam
Andreas, sicherte die Ausbildung bedürftiger Knaben in der Manufaktur.
SALOMON KLEINER (1700-1761)
Vogelschau auf das Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau und die fürstliche Domäne Lichtenthal
Vergrößerte Reproduktion, 1732, Federzeichnung, laviert, Wien, MAK - Museum für angewandte Kunst
Der Wunsch nach repräsentativen Tafelservicen erforderte Neuheiten. Als
Dekore boten sich den Speisen und dem Privileg der Jagd gemäße Themen
an. Mit den „bunten" Desserttischen kontrastierend eignete sich das
feierliche Schwarzlot mit Goldakzenten für den zeremoniellen Hauptgang.
Das Liechtensteinische Jagdservice zeichnet sich
durch Laub- und Bandelwerkbordüren nach DANIEL MAROT aus. Durch Gebrauch verlorene Serviceteile wurden regelmäßig ergänzt.
MANUFAKTUR DU PAQUIER, WIEN (1718-1744)
Deckelterrine aus einem Jagdservice, um 1735, Hartporzellan, Schwarzlot, Goldhöhung
Erworben 1988 durch Fürst Franz Josef II. von und zu Liechtenstein
Teller aus dem Jagdservice der Familie Trivulzio, Fürsten von Musocco, mit zwei Hunden
um 1735 Hartporzellan, Schwarzlot, Goldhöhung
Erworben 2013 durch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein
Schüssel des Liechtensteinischen Jagdservices mit Hatzszene auf ein Pferd
um 1730/40 Hartporzellan, Schwarzlot, Goldhöhung Alter Familienbesitz
Teller des Liechtensteinischen Jagdservices mit Hund
nach 1749, Porzellan, Schwarzlot, Gold, Alter Familienbesitz
BALTHASAR FERDINAND MOLL (1717-1785)
Büste der Maria Theresia Felicitas Herzogin von Savoyen, 1750/51, Bronze, Wien, Stiftung Theresianische Akademie
Maria Theresia Anna Felicitas von Liechtenstein, spätere Herzogin von
Savoyen-Carignan, war die zweitjüngste Tochter von Johann Adam Andreas
und eine bedeutende Mäzenin, Stifterin und Förderin innerhalb und
außerhalb Wiens. Für eine ihrer wohltätigen Stiftungen - die 1746
gegründete Savoyische Ritterakademie - gab die Herzogin 1749 bei
BALTHASAR FERDINAND MOLL eine ganzfigurige, lebensgroße Bronzestatue in
Auftrag. Sie ist nicht erhalten, diese Büste wird jedoch als ein
Fragment angesehen.
MANUFAKTUR DU PAQUIER, WIEN (1718-1744); JAKOB HELCHIS (tätig 1730-1749)
Deckelterrine mit Untersatz, um 1735/40 Hartporzellan, Schwarzlot, Vergoldung; Montierung: Metall, vergoldet
Erworben 2020 durch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein
Einer der besten Künstler DU PAQUIERS hinterließ seine Signatur
„Jacobus Helchis fecit" zu Füßen eines Puttos auf dem Terrinendeckel.
Der Triestiner war ein Meister der Schwarzlot-dekore, die durch fein
schraffierte Linien Kupferstiche imitieren. Er verwendete eine für
diese Technik entwickelte tiefschwarze Aufglasurfarbe aus Kupfer- und
Eisenoxid mit etwas Mangan und Nickel. Die wilden Putti erinnern an
Stichfolgen von GERARD DE LAIRESSE (1641-1711).
MANUFAKTUR DU PAQUIER, WIEN (1718-1744)
Zwei Schokoladenbecher mit Untertassen (Trembleusen), bemalt mit
Schlachtenszenen, um 1730, Hartporzellan, Schwarzlot, Goldhöhung
Erworben 2004 durch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein
Zu den komfortabelsten Erfindungen der barocken Alltagskultur zählt die
Trembleuse (franz. trembler = zittern). Ein hoher Becher steht sicher
in einem ornamental durchbrochenen, auf der Untertasse fixierten
Standring. Heiße Schokolade, das modische Heißgetränk, konnte damit
informell im Bett oder am Toilettetisch ohne die Gefahr des
Vergießens eingenommen werden. Die Dekore variierten nach Belieben, hier wurden Bataillen (Schlachtenszenen) gewählt.
MARTIN VAN MEYTENS (1695-1770)
Porträt der Herzogin Maria Theresia von Savoyen-Carignan, geb. Fürstin von Liechtenstein (1694-1772)
um 1750 Öl auf Leinwand Alter Familienbesitz
Dieses repräsentative Staatsporträt zeigt Herzogin Maria Theresia in
einem kostbaren Gewand. Sie trägt einen Rock aus Seidendamast mit
aufwendiger Stickerei, ein Devant de Corsage mit beweglichen Diamanten
und einen mit Hermelin gefütterten, roten Mantel. Auf dem Konsoltisch
neben ihr befinden sich der Herzogshut und ein Schriftstück, das ihre
volle Titulatur nennt. Für die Porzellanmanufaktur stiftete sie zwei
Lehrlingsstellen mit der Auflage, diese mit Knaben aus Waisenhäusern zu
besetzen.
MANUFAKTUR DU PAQUIER, WIEN (1718-1744)
Kaffeekanne mit Pantherhenkel, um 1725
Hartporzellan, purpurfarbener Fond, Eisenrot, Grün, Silberhöhung Alter Familienbesitz
Die Kanne aus altem Familienbesitz ist ein ikonisches Beispiel des
barocken Wiener Porzellans. Die Gestaltungslust mit plastischen und
farbigen Dekoren, wie dem kostbaren Purpurfond, charakterisiert das
erste Jahrzehnt DU PAQUIERS. Vorbilder aus Ost und West treffen
aufeinander, wie hier die anmutigen japanischen Figuren mit Satyr und
Panther (Leopard) als Begleiter des Weingottes Dionysos. Letztere
könnten auf den Gebrauch als Weinkanne verweisen.
MANUFAKTUR DU PAQUIER, WIEN (1718-1744)
Teekanne mit Silbermontierung, um 1720/25, Hartporzellan, Silber
Erworben 2023 durch Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein
Unbemaltes chinesisches Blanc-de-Chine-Porzellan der Zeit um 1700
inspirierte die frühe Teekanne der Wiener Manufaktur mit
Prunusblütenzweigen in Relief und dem Frosch als Deckelknauf. Die Tülle
der Kanne hatte sich im Brand geneigt und von ihrem Steg gelöst, ein
Umstand, den die Silbermontierung elegant kaschiert. Die Montierung als
Aufwertung spiegelt zudem die Euphorie und Wertschätzung der ersten
experimentellen Phase des Wiener Porzellans.
Palais Liechtenstein von der Gartenseite
Der barocke Garten in der Rossau
Der Park des Gartenpalais war ursprünglich als barocker Garten angelegt
und umfasste einen Nutzgarten und Orangerien. Der Entwurf geht auf den
französischen Landschaftsarchitekten JEAN TREHET zurück, der zum
wichtigsten Gartenkünstler des beginnenden 18. Jahrhunderts in Wien
aufstieg. Stiche SALOMON KLEINERS dokumentieren die frühe Gestaltung
des Areals: Rabatten waren symmetrisch um ein zentrales Brunnenbecken
angeordnet und mit Statuen, Vasen und Topiarien (in Form geschnittene
Hecken) dekoriert.
Bereits 1688 erhielt der Grazer Architekt und Bildhauer JOHANN BERNHARD
FISCHER VON ERLACH den Auftrag, ein Gebäude als Aussichtspunkt und
Abschluss des Gartens zu entwerfen, ein sogenanntes Belvedere.
Ursprünglich war es in das architektonische Gesamtkonzept der Anlage
eingebunden, die auch das Gartenpalais umfasste. Dessen Planung wurde
jedoch den italienischen Architekten DOMENICO EGIDIO ROSSI und später
DOMENICO MARTINELLI übertragen.
Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: