Globenmuseum

der OeNB, Jänner 2023

Globen- und Esperantomuseum der Österreichischen Nationalbibliothek
Weltweit einzigartig ist das Globenmuseum mit mehr als 250 Exponaten im prachtvollen Ambiente des Palais Mollard. Das Esperantomuseum präsentiert neben der mehr als 100-jährigen Geschichte des Esperanto auch außergewöhnliche Plansprachen wie das Klingonische aus der Fernsehserie „Star Trek“.

 Globenmuseum der OeNB, Jänner 2023

Das Esperantomuseum der Österreichischen Nationalbibliothek ist weltweit eines der ältesten Sprachmuseen und eine der bedeutendsten Einrichtungen seiner Art. Seit der Gründung im Jahr 1927 verfügt das Esperantomuseum über eine umfangreiche Bibliothek, die 1990 die Bezeichnung Sammlung für Plansprachen erhielt. Eine über 90-jährige kontinuierliche Sammeltätigkeit ließ die weltweit größte Fachbibliothek für Esperanto, Plansprachen und Interlinguistik entstehen.

Die Erzählung vom Turmbau zu Babel in der Genesis stellt die Sprachenvielfalt als Strafe Gottes dar. Dieser Mythos war seit jeher Inspiration und Herausforderung, die verlorene Einheit durch die Schaffung einer universalen Sprache wiederzuerlangen. Im Laufe der Zeit wurden Hunderte so genannter Plansprachen entworfen, von den philosophischen Systemen des 17. und 18. Jahrhunderts über die Welthilfssprachen des 19. und 20. Jahrhunderts bis zum Klingonisch der Fernsehserie Star Trek in unseren Tagen. Diese Fülle dokumentiert die Sammlung für Plansprachen der Österreichischen Nationalbibliothek, die größte ihrer Art weltweit.

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Nationalsozialismus: Die humanitäre Grundidee des Esperanto war den Diktatoren des 20. Jahrhunderts suspekt. Hitler titulierte Esperanto als „jüdische Universalsprache", mit der das „Weltjudentum" die Herrschaft erringen wolle. Esperanto-Vereinigungen wurden verboten, das Esperantomuseum nach dem Einmarsch der Nazi-Truppen in Österreich geschlossen. Die Bücher des Esperantomuseums sollten nach Berlin verfrachtet werden. Der damalige Generaldirektor der Nationalbibliothek, Paul Heigl (1887-1945), verhinderte unter dem Hinweis, dass es sich um einen bibliothekseigenen Bestand handelt, den Abtransport.

Esperanto schädigt den deutschen Außenhandel, es erschwert dem jungen deutschen Kaufmann im Auslande Stellung zu erhalten, es verhindert die Ausbreitung deutscher Kultur und schädigt die politische Machtstellung des Deutschtums.

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Vincenzo Coronelli (1650-1718) gilt als bedeutendster Globenkonstrukteur und -hersteller und als würdiger Nachfolger der erfolgreichen niederländischen Globenproduzenten aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Er wurde am 15. August 1650 als Sohn eines Schneiders in Venedig geboren und trat mit 15 Jahren in ein Minoritenkloster ein. Danach studierte er Theologie und wurde 1674 zum Doktor promoviert. Coronelli entwickelte sich in der Folgezeit zu einem vielseitigen Gelehrten; er betätigte sich nicht nur als Theologe sondern auch als Kosmograph, Kartograph sowie Globenkonstrukteur und er wirkte als Autor und Herausgeber mehrbändiger Atlanten und Bücher unter anderem eines umfangreichen enzyklopädischen Werkes. Er interessierte sich auch für technische Wissenschaften und ihre Anwendung. Vincenzo Coronelli kompilierte vor allem das Wissen seiner Zeit. Dabei nutzte er alle Möglichkeiten, die sich ihm als einem hochgestellten Mitglied eines katholischen Ordens mit hervorragenden überregionalen Beziehungen boten. Seine organisatorischen Fähigkeiten und die Begabung. sich Unterstützung zu verschaffen, ermöglichten ihm, sein Wissen in Form von Büchern, Karten und Globen zu verbreiten.

1684 gründete Coronelli mit der „Accademia degli Argonauti" die erste geographische Gesellschaft der Welt, deren Mitglieder aus ganz Europa seine Tätigkeit finanziell unterstützten. Aus bescheidenen Verhältnissen stammend, ermöglichten ihm seine erfolgreichen, wissenschaftlichen Aktivitäten eine beeindruckende Karriere: 1685 wurde er zum Kosmographen der Republik Venedig ernannt und 1701 zum Generaloberen des Minoritenordens gewählt. Von seinen zahlreichen Büchern sind in Bezug auf die Globen zwei hervorzuheben: die 1693 publizierten „Epitome cosmografica", eine Art Lehrbuch, dass seine Vorlesungen in Kosmologie an der Universität Venedig zusammenfasst und unter anderem auch eine Abhandlung über Globen enthält, und das ab dem Jahr 1700 veröffentlichte, sehr seltene „Libro dei Globi", das die Globussegmente aller seiner in Serie produzierten Globen beinhaltet. Coronelli starb am 9. Dezember 1718 in Venedig. Er wurde in der Kirche Santa Maria dei Frari beigesetzt, wo heute noch seine Grabplatte besichtigt werden kann.

Himmelsglobus, Ø 15 cm, Vincenzo Coronelli Venedig, um 1693
Erdglobus, Ø 15 cm, Vincenzo Coronelli Venedig, um 1693

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Die Globen des Vincenzo Coronelli
Wann Coronelli begann, sich erstmals mit der Herstellung von Globen zu beschäftigen, ist nicht bekannt.
Überliefert ist aus dem Jahr 1678 die Anfertigung eines (nicht erhaltenen) Manuskriptglobenpaares für Ranuccio Farnese. Herzog von Parma. Diese Globen, jeweils im Durchmesser von 1,75 Metern, erregten die Aufmerksamkeit des außerordentlichen Botschafters Frankreichs in Rom. Kardinal César d'Estrées, der ihn daraufhin 1680 mit der Anfertigung eines prunkvollen Globenpaares für den französischen König. Ludwig XIV., beauftragte. Zu diesem Zweck übersiedelte Coronelli nach Paris und verbrachte dort die Jahre 1681 bis 1683. Er erhielt vielfältige Unterstützung und Zugang zu den aktuellsten geographischen Daten. Die Globen, jeweils im Durchmesser von 3.85 Metern, waren wiederum Einzelstücke. In Bezug auf ihren Informationsgehalt, ihre Konstruktion und ihre Gestaltung stellten sie Spitzenleistungen dar. Ihre eigentliche Funktion lag jedoch im Symbolischen: sie sollten vor allem der Verherrlichung des Sonnenkönigs dienen. In seine Heimatstadt Venedig zurückgekehrt. begann Coronelli, auf der Grundlage der für Ludwig XIV. entworfenen Globuskarten, ab 1686 mit der Serienproduktion eines repräsentativen Globenpaares im Durchmesser von jeweils 110 cm. Der Erdglobus wurde 1688 in Venedig fertig gestellt. Die erhaltenen Exemplare unterscheiden sich nur in der Kolorierung und in der Gestaltung der Gestelle. Von den Himmelsgloben, deren Segmente in Paris und in Venedig gestochen wurden. existieren demgegenüber drei Ausgaben: zwei Konvex-Versionen (Paris 1686 und Venedig 1699) und eine Konkavausgabe (Venedig 1692).

Montierte Globen im Durchmesser von 110 cm wurden nur in Venedig und Umgebung verkauft. Für weiter entfernte Interessenten wurden die Kugeln und die Gestelle nach Konstruktionsplänen in der Umgebung des Käufers angefertigt. Dann wurden die aus Venedig gelieferten Globussegmente aufkaschiert und nach den Vorstellungen des Käufers von Hand koloriert. Coronellis repräsentative Prachtgloben im Durchmesser von 110 cm waren für den Adel und für kirchliche Würdenträger gedacht. Sie verkauften sich gut und erreichten eine bemerkenswerte Verbreitung in Europa. Die großen, attraktiven Globen wirkten nicht nur als wissenschaftliche Instrumente und als Sinnbilder für Bildung und In-teresse an den Wissenschaften sondern auch als Zeichen für die Einheit irdischen und universellen Wissens und als Statussymbole. Coronelli entwarf auch Globenpaare in kleineren Durchmessern: 1693 Erd- und Himmelsgloben im Durchmesser von 5 und 15 cm. 1696 im Durchmesser von 48 cm und 1697 von 8,5 cm. Somit verfügte er Ende der 1690-er Jahre über die Möglichkeit, Globenpaare unterschiedlicher Durchmesser in Serie zu fertigen und zu verkaufen.

Himmelsglobus (konkav), Ø 110 cm, Vincenzo Coronelli, Venedig, um 1693
Erdglobus, Ø 110 cm, Vincenzo Coronelli, Venedig, um 1688

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Der Himmelsglobus ist ein Modell des scheinbaren Himmelsgewölbes, dessen Oberfläche mit einer kartographischen Darstellung versehen ist. Dieses Kartenbild gibt die Positionen der Fixsterne und deren Zusammenstellung zu Sternbildern wieder. Oft sind auch astronomische Nebel und andere Himmelsobjekte sowie Informationen zu astronomischen Phänomenen, zum Beispiel zu Kometen und ihren Bahnen oder zu plötzlich aufgetretenen Helligkeitsveränderungen von Sternen (Novaausbrüche) abgebildet. Von der Erde aus wird der nächtliche Sternenhimmel von jedem Punkt aus so wahrgenommen, als würden sich alle Himmelskörper in der gleichen Entfernung von ihr auf der Innenseite einer Hohlhalbkugel befinden. Auf der Grundlage des Wissens um die Kugelgestalt der Erde entstand so in der Antike die Vorstellung eines kugelförmigen, die Erde umhüllenden Firmaments. Der Himmelsglobus, als Modell dieser scheinbaren Himmelskugel, bildet den Sternenhimmel jedoch auf dem Äußeren einer Kugeloberfläche ab, wobei die Erde als im Zentrum befindlich und die Kugel als transparent gedacht werden muss. Auf diese Weise erscheinen die Sternpositionen und -konstellationen auf der Globuskarte seitenverkehrt. Diese übliche Form der Darstellung wird konvex genannt. Eine zweite Variante der Himmelsgloben zeigt die Sternpositionen und -konstellationen seitenrichtig so, wie sie sich im Inneren der gedachten Himmelskugel darstellen. Diese Wiedergabeform ist jedoch problematisch, da das Bild dennoch von außen auf der Oberfläche des Globus, und somit falsch gewölbt, betrachtet wird. Diese, als konkav bezeichnete Variante ist daher seltener hergestellt worden.

Himmelsgloben geben, im Gegensatz zu Karten, die Beziehungen der Positionen von Himmelskörpern, wie sie sich von der Erde aus darstellen, unverzerrt, in ihrer richtigen gegenseitigen Lage und in ihren Winkelbeziehungen zueinander, wieder. In ein, mit zusätzlichen Ringen und Skalen versehenes Gestell montiert, kann mit dem Himmelsglobus für jeden Ort der Erde und für jede Tages- und Nachtzeit des Jahres der jeweils sichtbare Ausschnitt des Sternenhimmels eingestellt werden. Um seine Achse gedreht, macht er den scheinbaren Lauf der Gestirne um die Erde, mit Auf- und Untergang sowie Kulmination, nachvollziehbar. Neben den oft sehr dekorativ gestalteten, teilweise sogar künstlerisch anspruchsvollen, bildlichen Darstellungen der Sternkonstellationen befinden sich auf alten Himmelsgloben häufig auch Textinformationen. In einem, zumeist eingerahmten Textfeld, wird der Globus bezeichnet, Autor, Hersteller, (bei Seriengloben) Verleger und oft auch Ort und Jahr der Anfertigung angegeben. Diese Informationen sind, neben dem Kartenbild, für die Interpretation der Globen von großer Bedeutung. Zusätzlich werden manchmal die Quellen der kartographischen Darstellung - Sternkataloge, Himmelskarten und -atlanten - genannt. Weitere Texte können bestimmte astronomische Phänomene und/oder Ereignisse erläutern oder auch Anmerkungen für die Benützung des Globus enthalten. Das Kartenbild moderner Himmelsgloben weist in der Regel keine Texte auf. Viele Hersteller publizierten zu ihren Himmelsgloben Gebrauchsanleitungen, denen oft eine Einführung in die Astronomie vorangestellt war.

„Columbus-Himmelsglobus" Himmelsglobus, Ø 33 cm
Johannes Riem/C. Luther Berlin/Stuttgart, Columbus-Verlag, um 1950

Himmelsglobus, Ø 33 cm
Berlin, Verlag Ernst Schotte & Co., um 1870

Himmelsglobus, Ø 10 cm
Carl Rohrbach Berlin, Verlag Dietrich Reimer, 1896

„Navisphère" Himmelsglobus, Ø 21 cm
H. de Magnac Paris, Verlag Lorieux, um 1925

6 Himmelsglobus, Ø 68 cm
Willem Janszoon Blaeu Amsterdam, Verlag Joan Blaeu, nach 1645

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Der Erdglobus ist ein Modell der kugelförmigen Erde, das auf seiner Oberfläche mit einer kartographischen Darstellung versehen ist. Diese zeigt die Verteilung der Landmassen und der Meere nach dem jeweiligen Kenntnisstand. Die meisten alten und neuen Erdgloben enthalten darüber hinaus Informationen zur Erdoberfläche (Terrain, Gewässernetz, bedeutende Siedlungen). Das kartographische Bild wurde und wird oft mit der Darstellung politischer und administrativer Grenzen sowie mit zusätzlichen Informationen, wie zum Beispiel zu Lagerstätten von Bodenschätzen, Standorten bedeutender Wirtschaftszweige, Verkehrswege sowie Kommunikationseinrichtungen ergänzt. Häufig sind auch Angaben zu Klima, Pflanzen- und Tierwelt, Meeresströmungen sowie Daten und Routen von Entdeckungsreisen wiedergegeben. Die Vorteile von Erdgloben liegen darin, dass sie die Oberfläche maßstabsgetreu und unverzerrt, das heißt, längen-, flächen- und winkeltreu, wiedergeben und dass sie die Beziehungen von Orten und die Verhältnisse von Flächen veranschaulichen. Auf Karten hingegen ist eine gleichzeitige unverzerrte Abbildung von Flächen und Winkeln ausgeschlossen. Globen bieten den Überblick über die kartographische Darstellung im Verhältnis zum Kugelkörper, was bei Karten schwer nachvollziehbar ist. Ihr wesentlichster Nachteil liegt im relativ kleinen Maßstab der kartographischen Darstellung. Um die Übersichtlichkeit zu gewährleisten, beträgt der Durchmesser einer Globuskugel üblicherweise zwischen 20 und 40 cm. Dies bedingt eine relativ starke Generalisierung, das bedeutet, eine bewusste inhaltliche und graphische Vereinfachung des Kartenbildes. Bei einem üblichen Globusdurchmesser von 32 cm, der einen Maßstab von 1:40 Millionen repräsentiert, entspricht eine Strecke von 1 cm auf dem Globus einer Entfernung von 400 km auf der Erdoberfläche. Die Abplattung des Erdkörpers an den Polen lässt sich auf Globen gar nicht darstellen: bei dem genannten Durchmesser würde diese auf der Globuskugel nur etwa 1 mm betragen.

Erdgloben werden in die Kategorien Karten-und Reliefgloben unterschieden, die Kartengloben wiederum in physische und in Themagloben gruppiert. Zu den Themagloben zählen auch Globen. die politische Einteilungen wiedergeben. Im allgemeinen Bewusstsein sind diese politischen Globen jedoch als die übliche Form der Erdgloben verankert. Neben dem Kartenbild sind für den Aussagegehalt von Globen die Beschriftung des Karteninhaltes, Angaben zu Autor, Hersteller, (bei Seriengloben) Verleger sowie Ort und Jahr der Herstellung von Bedeutung.
Alte Erdgloben enthalten oft Textfelder, in denen Personen, denen das Werk gewidmet wurde, sowie Quellen der wiedergegebenen Informationen, Hinweise für die Benützung, Anmerkungen zu bestimmten geographischen Phänomenen oder zu besonders wichtigen Ereignissen der Entdeckungsgeschichte erwähnt werden. Diese Textfelder sowie dekorative, bildliche Darstellungen verdecken nicht selten absichtlich Gebiete, über die zur Zeit der Anfertigung des Globus keine oder nur sehr wenige - und/oder unsichere Informationen vorlagen.
Auf moderneren Globen werden die dargestellten raumbezogenen Daten abstrahiert wiedergegeben und die dazu verwendeten Kartenzeichen und Farbsignaturen in Legenden erklärt. Viele Hersteller publizierten zu ihren Erdgloben Gebrauchsanleitungen, denen oft eine Einführung in die Geographie vorangestellt war.

„Erdkugel..." Erdglobus, Ø 32 cm
Joseph Jüttner/Franz Lettany Prag, 1822

Erdglobus, Ø 32 cm
Felix Lampe Berlin, Columbus-Verlag. um 1935

Kuhnerts Physikalischer Erdglobus" Erdglobus, Ø 33 cm
Kuhnert, Leipzig. Verlag Paul Räth, um 1925

Erdglobus, Ø 19 cm
Christian Gottlieb Riedig Leipzig, Verlag Schreibers Erben, 1818

„Schottes Schul- & Familien-Globus" Erdglobus, Ø 33 cm
Berlin, Verlag Ernst Schotte & Co. um 1912

„Die Erdkugel nach den neuesten u. besten Quellen bearbeitet" Erdglobus, Ø 32 cm
Berlin, Verlag Ernst Schotte & Co., um 1875

Erdglobus, Ø 68 cm
Willem Janszoon Blaeu Amsterdam, Verlag Joan Blaeu, nach 1645

„Globus Terrestris Novus, Loca terrae insigniora sec. praestant: Astron. et Geogr. observationes sistens"
Erdglobus, Ø 20 cm Johann Gabriel Doppelmayr Nürnberg, um 1730 Meridianring: Replik

„Globus Terrestris juxta recentissimas observation. et navigationes"
Erdglobus, Ø 21 cm Matthäus Seutter Augsburg, um 1710

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Geschichte der Globen
Erd- und Himmelsgloben sind seit der griechischen Antike bekannt.
Da jedoch der Ausschnitt der bekannten Erdoberfläche im Verhältnis zur gesamten Erdkugel sehr gering war, wurden kaum Erdgloben angefertigt. Die Existenz antiker Himmelsgloben, ihre Herstellung aus Stein, Metall oder aus Holz sowie ihre Verwendung ist jedoch in zahlreichen schriftlichen und bildlichen Quellen belegt.
Erhalten haben sich lediglich eine, der griechischen Antike zugeschriebene, fast zwei Meter hohe Marmorstatue mit einem Himmelsglobus und zwei kleine Metallgloben aus dem römischen Altertum.
Der arabisch/islamische Kulturkreis (der zeitlich unterschiedlich von Spanien bis nach Indien reichte) übernahm die antike Tradition und entwickelte diese weiter. Die ersten arabischen, zumeist aus hohlen Metallkugeln hergestellten Himmelsgloben stammen aus dem 9. Jahrhundert.

In Europa erlangte die Lehre von der Kugelgestalt der Erde erst am Vorabend der europäischen Expansion nach Übersee wieder Bedeutung. Sehr wenige Objekte aus dem 15. Jahrhundert sind überliefert. Das bedeutendste ist zweifellos der weltweit älteste erhaltene Erdglobus aus dem Jahr 1492, der in Nürnberg von Martin Behaim (1459-1507) als Einzelstück angefertigt wurde. Dieser Globus repräsentiert den Stand der europäischen geographischen Kenntnisse vor den Entdeckungsfahrten von Christoph Columbus, John Cabot und Amerigo Vespucci und zeigt den Ozean zwischen Afrika und Asien daher noch ohne den amerikanischen Doppelkontinent.
Im 16. Jahrhundert erlebten Erd- und Himmelsgloben im Zuge der europäischen maritimen und kolonialen Unternehmungen als Modelle, als wissenschaftliche Instrumente, aber auch als Lehrmittel, eine deutliche Aufwertung. Die Serienproduktion von Globen auf der Grundlage von Holzschnitt- und (zumeist handkolorierten) Kupferstichdrucken der Globuskarten setzte ein. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Globen in der Regel paarweise hergestellt: ein Himmels- und ein Erdglobus vom gleichen Hersteller, im gleichen Stil, im gleichen Durchmesser und im gleichen Gestell.

Globen entwickelten sich im 17. Jahrhundert einerseits zu kommerziellen Verlagsprodukten, andererseits dienten sie als symbolträchtige, barocke Prunkobjekte, die unter anderem in den Repräsentationsräumen geistlicher und weltlicher Autoritäten aufgestellt wurden. Im 18. Jahrhundert ließ die Qualität der, vor allem in den Niederlanden, in Frankreich, England, Deutschland und Italien hergestellten, kommerziell erfolgreichen Serienprodukte nach. Die in höheren Stückzahlen gefertigten Globen wurden jedoch erschwinglicher und fanden weitere Verbreitung. Bedeutsame Veränderungen auf dem Gebiet der Globen erfolgten im 19. Jahrhundert. Wurden bisher Erd- und Himmelsgloben in der Regel als Globenpaar angefertigt, verzichteten die Hersteller ab etwa 1850 immer öfter auf den Himmelsglobus.

Bei der Reproduktion der Globuskarten ersetzte die Lithographie den wesentlich teureren Kupferstichdruck. Gleichzeitig wurde der Funktion der Globen als Instrumente weniger Bedeutung zugemessen; die Montage der Globuskugel erfolgte daher immer häufiger auf einfachen, nur mit einer Säule versehenen Sockeln statt in den teuren vierfüßigen Gestellen. All dies führte zu billigeren Produkten und förderte die Verbreitung der Globen, vor allem ihre Verwendung in Schulen. Große Serien unterschiedlicher Durchmesser wurden von nun an in vielen Ländern produziert. Im 20. Jahrhundert entwickelte sich der Erdglobus zu einem industriellen Massenprodukt. Insbesondere Kunststoffgloben sind heute in vielen Haushalten der westlichen Welt zu finden. An der Wende zum 21. Jahrhundert wurden virtuelle, auf digitalen Technologien basierende Globen entwickelt. Mit zahlreichen interaktiven und multimedialen Nutzungsmöglichkeiten versehen, stellen diese eine qualitativ neue Entwicklungsstufe in der Geschichte der Globenherstellung dar.

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Die Geschichte des Hauses Herrengasse Nr. 9
Um 1250 Seifried von Mödling errichtet am neu geschaffenen Siedlungsgebiet an der Hochstrasse (ab dem 16. Jahrhundert „Herrengasse") ein erstes Gebäude im Bereich der heutigen Nummern 9-11. Sein Hof grenzt an den Friedhof der Minoriten, die bereits ab 1224 ihre Niederlassung am Minoritenplatz haben.
1326/27 Bei den furchtbaren Brandkatastrophen, die zwei Drittel aller Wiener Häuser einäschern, wird auch das Haus auf der Parzelle Herrengasse 9 zerstört, das zu dieser Zeit der Witwe Gertrude Magenpuech gehört. Es wird wieder aufgebaut und gelangt in den Besitz von Friedrich II. von Stubenberg, wie auch die angrenzenden Häuser im Bereich Herrengasse 11.
1440 Der „edle" Hans Pruckner, ein Angehöriger des niederen Adels, erwirbt das Haus und stiftet es testamentarisch der Pfarre St. Michael. Pruckner steht im Dienste von Herzog Albrecht V., später von Kaiser Friedrich III. Seinem Vermögens- und Inventarverzeichnis ist zu entnehmen, dass ein großer, gewölbter Raum, mehrere Wohn- und Schlafräume, ein lang gestreckter Raum und ein Stübchen sowie Kellerräume vorhanden sind.
1525 Bei einer Brandkatastrophe werden mehr als 400 Häuser in der Nähe der Burg zerstört, u.a. die Pfarrkirche St. Michael. Es ist anzunehmen, dass das Haus Herrengasse 9 ebenfalls betroffen ist und zumindest teilweise zerstört wird.
1547 Auf dem ersten Plan der Stadt Wien von Bonifaz Wohlmut ist die Parzelle Herrengasse 9 bereits in ihrer heutigen Form eingezeichnet.
1563 Der aus einer savoyischen Adelsfamilie stammende Peter von Mollard erwirbt das Stiftungshaus von der Pfarre St. Michael. Als Kämmerer Maximilians II. und oberster Stallmeister von Kaiserin Maria genießt er hohes Ansehen und wird als Freiherr von Reinegg in den Freiherrenstand erhoben.
1591 Die fünf Söhne von Peter von Mollard erben das Haus nach dem Tod der Mutter. Der Älteste, Ernst, wird zu einem der engsten Vertrauten am Hof Kaiser Rudolfs II. in Prag, sein Bruder Hans hingegen dient bei Erzherzog und späterem Kaiser Matthias, er wird Präsident des Hofkriegsrates und Oberst der Wiener Stadtguardia. Im Haus Herrengasse 9 wird große Politik gemacht.
1609 Die erste Ansicht des Hauses Herrengasse 9 ist auf dem Vogelschauplan des Jacob Hufnagel überliefert.
1695 Ferdinand Ernst von Mollard beauftragt den italienischen Architekten Domenico Martinelli mit einem barocken Um- und Ausbau des Hauses. Das Haus wird um ein 4. Geschoss aufgestockt, es entstehen der dreigeschossige Quertrakt im Hof samt Kapelle und eine große Treppenanlage. Der schmale Verbindungsgang im Piano Nobile wird mit mythologischen Ölmalereien ausgestattet, die Andrea Lanzani zugeschrieben werden.
1733 Zahlreiche Baumängel sind überliefert, u.a. muss das stark verfallene Dach erneuert werden. Die Reparaturarbeiten führt kein geringerer als Lucas von Hildebrandt durch.
1760 Das Palais wird von Franz Wenzel Graf Clary und Aldringen für seine aus Teplitz - dem heutigen Tschechien - stammende Adelsfamilie als Wintersitz erworben. In ihrem Besitz bleibt es bis 1922.
Um 1780 Im Palais Clary trifft sich regelmäßig die als „Tischrunde Josefs II." bekannte Gesellschaft hoher Wiener Adeliger.
1810 Fürst Carl Clary richtet im zweiten Obergeschoss eine der bedeutendsten Privatbibliotheken Wiens und eine Sammlung von Kupferstichen und Zeichnungen ein. Teile der Originalausstattung finden sich später in den Depots des Schlosses der Familie Clary in Teplitz.
1879/81 Das Haus wird generalsaniert, Heizungs- und Sanitäranlagen werden installiert, die Fassade wird renoviert und umgestaltet.
1900 Ab Anfang des 20. Jahrhunderts werden Teile des Hauses vermietet, u.a. an die Königlich Bayerische Gesandtschaft.
1922 Die Anglo-Österreichische Bank erwirbt das Palais, tauscht es mit dem Land Niederösterreich und erhält dafür das Palais Geymüller (Wallnerstrasse 8), in dem das Niederösterreichische Landesmuseum seit 1911 untergebracht war.
1924 Nach der Renovierung des Gebäudes erfolgt die Wiedereröffnung des Niederösterreichischen Landesmuseums am neuen Standort in der Herrengasse.
1944 Am 10. September 1944 wird der hintere Teil des Hauses durch einen Bombentreffer schwer beschädigt.
1947-51 Nach umfassenden Bauarbeiten wird das Museum im Dezember 1951 wieder eröffnet.
1986-88 Direkt unter dem Palais werden umfangreiche U-Bahnbauarbeiten (U3) durchgeführt.
1999 Der Bund erwirbt das Palais Mollard vom Land Niederösterreich, das Niederösterreichische Landesmuseum findet seinen neuen Standort in der Landeshauptstadt St. Pölten.
2002 Am 20. November 2002 findet der Spatenstich für Umbau und Generalsanierung des Gebäudes für die Österreichische Nationalbibliothek nach Plänen von Architekt Gerhard Lindner statt.
2005 Nach zweieinhalbjähriger Bauzeit wird das Haus im Herbst 2005 eröffnet als zukünftiger Sitz von:
Esperantomuseum und Sammlung für Plansprachen (Erdgeschoss)
Globenmuseum (1. Obergeschoss)
Beletage | Veranstaltungsräume (2. Obergeschoss)
Musiksammlung (3.-5. Obergeschoss)

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Armillarsphären sind seit der Antike bekannte astronomische Instrumente zur Bestimmung der Positionen von Himmels-körpern. Sie können aber auch als Modelle zur Darstellung der astronomischen Koordinatensysteme verwendet werden. Seit dem 16. Jahrhundert werden Ringkugeln im Inneren manchmal mit geozentrischen oder heliozentrischen Modellen des Sonnensystems versehen.

Geozentrische und heliozentrische Armillarsphäre, Ø 30 cm, Andreas Spitzer, Wien, 1764

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Planetarien sind nicht-maßstabsgetreue Modelle des Planetensystems. Bei diesem Instrument wird durch Drehen der Kurbel eine kreisförmige Bewegung der Planeten Merkur, Venus, Erde (mit Erdmond), Mars, Jupiter (mit vier Monden), Saturn (mit sieben Monden) und Uranus (mit sechs Monden) um die Sonne bewirkt. Das Modell kann mit den beiliegenden Zusatzgeräten auch als Tellurium oder Lunarium verwendet werden.

Astronomisches Modell (Planetarium, Tellurium, Lunarium), London, Firma Ebsworth, 1794

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Das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek präsentiert die weltweit umfangreichste öffentlich zugängliche Sammlung von Globen und globenverwandten Instrumenten. Es ist auch die einzige Institution, in der spezifisch Erd- und Himmelsgloben, Globen des Erdmondes und verschiedener Planeten sowie den Globen verwandte Instrumente erworben, erforscht und ausgestellt werden. In Österreich befinden sich weitere bedeutende Globensammlungen in öffentlichem und in kirchlichem Besitz sowie mehrere beeindruckende Privatkollektionen. Universitäre und außeruniversitäre Forschung an und über Globen lässt sich in Österreich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Heute bezieht die Wissenschaft auch die Entwicklung virtueller Globusmodelle auf der Basis digitaler Technologien mit ein.

Wien ist Sitz der Internationalen Coronelli-Gesellschaft für Globenkunde, einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft mit Mitgliedern in allen Kontinenten, die sich die Aufgabe gestellt hat, die Beschäftigung mit dem Globus als spezifische kartographische Ausdrucksform, mit seiner Geschichte sowie seiner Stellung im soziokulturellen Kontext zu pflegen und zu befördern. Das enge Zusammenwirken des Globenmuseums der Österreichischen Nationalbibliothek mit der Globenforschung, der Internationalen Coronelli-Gesellschaft und Privatsammlern macht die Stadt Wien zu einem international bedeutenden Zentrum der Globenkunde.

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Astronomisches Instrument mit Uhrwerk und drehbarem Himmelsglobus
Himmelsglobus, Ø 21 cm, Daniel Scheyrer, Steyr?, 1624

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Kaminuhr mit drehbarem Erdglobus, Erdglobus, Ø 19 cm, um 1903
Globus: Berlin, Verlag Peter J. Oestergaard, Uhr: Hersteller unbekannt

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„Räth's Welthandels- u. Weltverkehrsglobus", Maßstab 1:20.000.000
Thema- und Relief-Erdglobus, Ø 63,7 cm Leipzig, Verlag Paul Räth, um 1928

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Globen und Globenkunde in Österreich
Von der Mitte des 18. bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden in Österreich Globen erzeugt und theoretische und praktische Entwicklungsarbeit auf dem Gebiet des Entwurfs und der Herstellungsmethoden geleistet. Berühmt sind die Globen des ersten österreichischen Globenherstellers, des Tiroler „Bauernkartographen" Peter Anich (1723-1766). Im 19. Jahrhundert wurden in Österreich qualitativ hervorragende Erd- und Himmelsgloben entworfen und in Serie erzeugt. Spitzenprodukte stammen insbesondere von Joseph Jüttner (1775-1848). Ende des 19. Jahrhunderts produzierten die Firmen Schöninger in Wien und Felki in Prag zehntausende Globen in mehreren Sprachversionen und deckten so vor allem den Lehrmittelbedarf von Schulen. Darüber hinaus erzeugten die kartographischen Verlage Freytag & Berndt und Eduard Hölzel bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts Globen. In den 1930-er Jahren entwickelte Robert Haardt (1884-1962) in Wien den sogenannten „Rollglobus", der jedoch nicht in Österreich sondern in Deutschland produziert wurde.

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Unter dem Begriff „Globenkunde" wird die Beschäftigung mit den Globen als kartographische Ausdrucksformen, aber auch mit ihrer kultur-und wissenschaftshistorischen Rolle und Bedeutung zusammengefasst. Dabei werden vor allem die Geschichte, Erzeugung und Nutzung der Globen, aber auch die an ihrer Herstellung beteiligten Personen und Firmen untersucht. Studien zum Entwurf und zur Fertigung der Globuskarten, ihrer Grundlagen und ihres Informationsgehaltes sowie Vergleiche mit anderen kartographischen Produkten sind anspruchsvolle Teilgebiete der Globenkunde. Weitere wichtige Aspekte stellen die bibliographische Erfassung und exakte Beschreibung der alten Objekte und die Entwicklung und Verbreitung von Methoden ihrer Erhaltung und Restaurierung dar. Neu ist die Beschäftigung mit virtuellen Globen.

In Österreich wurde und wird seit dem 19. Jahrhundert sowohl universitär als auch außeruniversitär auf dem Gebiet der Globenkunde geforscht. 1952 gründete sich in Wien der Coronelli-Weltbund der Globusfreunde (heute: Internationale Gesellschaft für Globenkunde). Diese Gesellschaft vereinigt Wissenschaftlerinnen, Sammlerinnen, Museumskuratorinnen, Restauratorinnen und Händlerinnen aber auch viele Institutionen und Bibliotheken, die Globen besitzen. Sie veröffentlicht unter dem Titel „Der Globusfreund", bzw. in der englischsprachi gen Version „Globe Studies", die einzige globenspezifische Fachzeitschrift. Ende der 1940-er Jahre wurde in Wien das weltweit erste (private) Globusmuseum gegründet und wenige Jahre später das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek eingerichtet. Von diesen Museen gingen wichtige Impulse auf dem Gebiet der Sammlung und Dokumentation der Globusobjekte aus.

 Globenmuseum der OeNB, Jänner 2023

„The Universal Globe...", Erdglobus, Ø 30 cm
Chicago, Verlag George F. Cram, um 1900

„Joslin's Six Inch Celestial Globe...", Himmelsglobus, Ø 15 cm
Gilman Joslin, Boston, 1840

„Loring's Celestial Globe ...", Himmelsglobus, Ø 30 cm
Josiah Loring, Boston, 1833

 Globenmuseum der OeNB, Jänner 2023

Robert Haardt und sein privates Globusmuseum
Der Wiener Privatgelehrte Ing. Robert Haardt (1884-1962) machte es sich zur Lebensaufgabe, die Öffentlichkeit für die wissenschaftlich, technisch und kulturgeschichtlich interessanten sowie kunsthandwerklich oft anspruchsvoll gestalteten Globusobjekte zu sensibilisieren. Eines seiner Hauptziele ab den 1930-er Jahren lag in der Errichtung eines staatlichen Museums, in dem alte Globen zentralisiert und einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden würden. Obwohl Haardt auf namhafte Unterstützung zählen konnte, wurde sein Vorhaben bis zum Ende der 1940-er Jahre nicht realisiert. Daraufhin richtete er in seiner Wohnung im vierten Wiener Gemeindebezirk ein privates „Globusmuseum" ein, in dem neben seiner eigenen Sammlung auch Leihgaben aus öffentlichem Besitz präsentiert sowie Sonderausstellungen veranstaltet wurden.

Robert Haardt gab nicht nur der Forschung über alte Globen wichtige Impulse - er wirkte auch unermüdlich für die Verbreitung von Globen in der Bevölkerung und insbesondere für die Verwendung dieser anschaulichen Modelle im Schulunterricht. Robert Haardt erlangte darüber hinaus Bedeutung als Erfinder des achslosen, mit Einrichtungen zum direkten Ablesen von Entfernungen und Winkeldifferenzen versehenen, sogenannten „Rollglobus". 1952 initiierte er in Wien die Gründung des „Coronelli-Weltbundes der Globusfreunde" und wirkte bis zu seinem Ableben als dessen Präsident.

 Globenmuseum der OeNB, Jänner 2023

Das Kabinett der Sammlerinnen und Sammler
Alte Globen sind sowohl Zeugnisse historischer geographischer und astronomischer Vorstellungen als auch aufwändiger künstlerischer Gestaltung und kunsthandwerklicher Fertigung. Ihre Herstellung diente der Dokumentation und Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse aber auch repräsentativen und dekorativen Zwecken. Heute sind sie vor allem als wertvolle und attraktive Sammlerstücke, als Ausstellungsobjekte und als Quellen für historische Forschung von Bedeutung. Das Kabinett der Sammlerinnen und Sammler präsentiert Globen aus vier bedeutenden Wiener Privatsammlungen, die dem Globenmuseum als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt wurden. Auf diese Weise werden vier individuelle Annäherungen an das Objekt Globus dokumentiert.

 Globenmuseum der OeNB, Jänner 2023

Mondgloben
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts ermöglichte die Erfindung des Fernrohres den Sternenhimmel, aber auch die Oberfläche des Erdmondes genauer zu betrachten. Die Beobachtungsergebnisse der Astronomen wurden auf Karten dokumentiert. 1750 verfasste und veröffentlichte der in Nürnberg und Göttingen wirkende Astronom und Kartograph Johann Tobias Mayer (1723-1762) eine Publikation über die Serienfertigung von „Mondkugeln". Von Mayer sind einige Segmente für einen Mondglobus, nicht jedoch ein montierter Globus überliefert. Der früheste erhaltene Mondglobus stammt von John Russel (1745-1806), einem englischen Maler, der 1797 in London eine geringe Anzahl von Exemplaren unter Verwendung gestochener Segmente herstellte. Die Serienfertigung von Mondgloben wurde in Wien eingeleitet. Auf der Grundlage der Karten von Johann Heinrich von Mädler und Wilhelm Beer entwarf Josef Riedl, Edler von Leuenstern (1786-1856), die Segmente für einen Mondglobus, der ab 1849 vom Wiener Globenfabrikanten Franz Schöninger produziert wurde. Riedls Mondgloben sind heute außerordentlich selten. Aufgrund der gebundenen Rotation des Mondes um die Erde kann von dieser aus immer nur eine Seite seiner Oberfläche gesehen werden; die andere Hälfte blieb bis zur Umrundung durch Weltraumfahrzeuge unbekannt.

Das Kartenbild des in den 1880-er Jahren von dem Pariser Astronomen Camille Flammarion (1842-1925) in Zusammenarbeit mit Casimir Marie Gaudibert (1823-1901) entworfenen Serienglobus weist auf der Vorderseite 343 nummerierte Formationen auf, die auf der Rückseite alphabetisch geordnet aufgelistet sind. Im Zuge der sowjetischen und der US-amerikanischen Raumfahrtunternehmungen zur Erforschung des Mondes ab den späten 1950-er Jahren nahm die Mondkartographie, aber auch die industrielle Herstellung von Mondgloben einen markanten Aufschwung. Die Umrundung des Erdtrabanten durch die sowjetische Weltraumsonde „Luna 3" im Oktober 1959 ermöglichte erstmals die Übermittlung von, allerdings noch unvollständigen, photographischen Aufnahmen der Rückseite. Diese Bilder waren die Grundlage für den ersten, vom staatlichen Sternberg-Institut in Moskau produzierten und veröffentlichten Mondglobus, der zumindest einen Teil der bis dahin unbekannten Seite des Mondes wiedergeben konnte. Wenige Jahre später waren durch weitere Weltraumunternehmungen die Lücken geschlossen. Insbesondere nach der Landung der ersten Menschen auf dem Mond wurden in den späten 1960-er und frühen 1970-er Jahren zahlreiche Mondgloben in unterschiedlicher Qualität produziert. Mit dem vorläufigen Ende der auf die Erforschung des Mondes ausgerichteten Raumfahrtprogramme erlahmte jedoch rasch das Interesse der Öffentlichkeit an Mondgloben. Heute sind nur noch wenige Exemplare käuflich zu erwerben.

 Globenmuseum der OeNB, Jänner 2023

Erdglobus, Ø 10 cm Berlin, Verlag Ludwig Julius Heymann, um 1890
Erdglobus, Ø 15 cm, Berlin, Verlag Ludwig Julius Heymann, 1885-1895
Erdglobus, Ø 33 cm, Berlin, Verlag Dietrich Reimer (E. Vohsen), 1907
„Universal-Globus", Erdglobus, Ø 21 cm, Arthur Krause, Leipzig, Verlag Paul Räth, um 1920
Erdglobus, Ø 33 cm, R. Neuse, Berlin, Verlag Paul Oestergaard, 1909
„Die Erdkugel", Erdglobus, Ø 24 cm, Berlin, Verlag Ernst Schotte & Co., um 1875
„Mang's neuer Erd-Globus", Erdglobus, Ø 33 cm, Stricker...., Stuttgart, Verlag Adolf Mang, um 1906

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„Globus Terrestris", Erdglobus, Ø 10 cm
Johann Gabriel Doppelmayr Nürnberg, Verlag Weigel und Schneider, um 1795

„Globus Coelestis Novus...", Himmelsglobus, Ø 32 cm
Johann Gabriel Doppelmayr Nürnberg, Verlag Christoph Weigel und Schneider, um 1790

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Das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek
1953 verfügte das Unterrichtsministerium die Einrichtung einer staatlichen Globensammlung, organisatorisch und räumlich angeschlossen an die Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek am Josefsplatz. Die in öffentlichem Besitz befindlichen Globen aus Robert Haardts Globusmuseum wurden in die Kartensammlung transferiert und gemeinsam mit dem Globenbestand der Bibliothek ab April 1956 öffentlich zugänglich gemacht. Kontinuierlich und systematisch wurde der Bestand der Globensammlung erweitert, nach und nach errang die Sammlung den Charakter eines Museums unterstützt von privaten Sammlern, die mehrere seltene Globen als Leihgaben zur Verfügung stellten. 1986 wurden für das Globenmuseum im Gebäude der Österreichischen Nationalbibliothek am Josefsplatz neue Räumlichkeiten adaptiert, die erstmals zeitgemäße konservatorische Ansprüche erfüllten und die Präsentation der Globen - einem didaktischen Konzept folgend - erlaubten.

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In dem 2005 im Palais Mollard neu eröffneten Globenmuseum werden den Besucherinnen und Besuchern Globen als spezifische kartographische Ausdrucksformen aber auch als Objekte von hoher künstlerischer und handwerklicher Qualität vorgestellt. Neben den alten, wertvollen und unantastbaren Objekten wird zum ersten Mal auch ein virtueller Globus präsentiert. Der Bestand des Museums umfasst mehr als 420 Objekte (2005). Er wird durch Ankäufe kontinuierlich erweitert. Das Hauptgewicht der Sammlung liegt bei den vor 1850 angefertigten Objekten - in dieser Hinsicht handelt es sich um die weltweit zweitgrößte Kollektion nach der des National Maritime Museum in Greenwich (UK).

Interessierten, die an und über Globen aus dem Museumsbestand forschen möchten, steht in der Studiensammlung des Globenmuseums ein Benutzerraum zur Verfügung.  Globenspezifische Fachliteratur wird von der Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek gesammelt und kann dort von den Bibliotheksbenützerinnen und -benützern konsultiert werden. Teil des Globenmuseums im Palais Mollard ist das „Kabinett der Sammlerinnen und Sammler", in dem Dauerleihgaben aus vier bedeutenden Wiener Privatsammlungen individuelle Formen der Beschäftigung mit Globen in heutiger Zeit nachvollziehbar machen.

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Globen als Instrumente
Erd- und Himmelsgloben wurden in der Vergangenheit auch als wissenschaftliche Instrumente verwendet.
Qualitativ hochwertig und präzise gearbeitet sowie mit zusätzlichen Messeinrichtungen (Horizontring. Meridianring. Höhenquadrant, Stundenring und Stundenzeiger sowie Kompass) ausgerüstet, dienten sie als Analogrechner, mit denen zahlreiche geografische und astronomische Fragestellungen mit ausreichender Genauigkeit durch Direktablesen ohne langwierige Rechnungen gelöst werden konnten.

Alte Anleitungen zum Gebrauch der Globen enthalten oft Listen derartiger Aufgaben und Lösungsmöglichkeiten, zum Beispiel:
- Ermittlung der Position der Sonne innerhalb der Ekliptik für einen bestimmten Tag und einen bestimmten Ort
- Bestimmung von Sonnenauf- und Sonnenunter-gang und somit auch der Tageslänge sowie der Zeit der Dämmerung für einen bestimmten Ort
- Bestimmung der Entfernung zweier Orte der Erdoberfläche mittels Zirkel oder Messskala
- Ermittlung der Himmelsrichtung von einem Ort zu einem anderen
- Bestimmung der Positionen von Himmelskörpern
- Bestimmung des Zeitpunktes von Auf- und Untergang bestimmter Sterne für einen bestimmten Ort
- Bestimmung der Zirkumpolarsterne für einen bestimmten Ort
- Bestimmung von Sternen, die an einem bestimmten Ort nie sichtbar werden.

Diese wissenschaftliche Funktion ging im 19. Jahrhundert verloren. Seitdem werden Globen zumeist ohne die dafür notwendigen Messeinrichtungen hergestellt.

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Besondere Globustypen
Globen weisen eine erhebliche Bandbreite in Bezug auf Größe und Gestaltung sowie auf ihren Verwendungszweck auf. Riesengloben mit Durchmessern von mehr als 10 Metern dienten zum Beispiel als Wahrzeichen für Weltausstellungen; Miniaturgloben wurden als Sammlerstücke hergestellt. Aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen mechanische Weltmodelle mit beweglichen Erd- und Himmelsgloben. Ein Uhrwerk treibt die Zeiger an und dreht gleichzeitig die Globuskugel. Bewegliche, Sonne und Mond darstellende Metallscheiben geben die jeweiligen Standorte dieser Himmelskörper auf dem Firmament an. Einfache mechanische Uhren mit sich drehenden Globen wurden um 1900 hergestellt.

Im 18. Jahrhundert waren so genannte Taschen- oder Sackgloben beliebt. Himmel und Erde symbolisierend, wird die Erdkugel von einem Futteral umschlossen, auf dessen Innenseite die Segmente eines Himmelsglobus eingeklebt sind. In Größe, Robustheit und Gestaltung auf das Zielpublikum abgestimmt, zeigt das Kartenbild eines im 19. Jahrhundert gefertigten Kinderglobus Menschen, Tiere, Pflanzen, Schiffe, Reiserouten und Meeresungeheuer.

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Aufgrund hoher Herstellungskosten war die Verwendung von Globen in allgemeinen Schulen vor dem Zeitalter der industriellen Massenproduktion nicht möglich. Aus diesem Grund wurden im 19. Jahrhundert billigere Globustypen entwickelt:
Faltglobus | Sechs auf biegsamen Karton aufkaschierte Globussegmente werden mittels dünner Fäden so gespannt, dass ein kugelähnlicher Körper entsteht.
Aufblasbarer Globus | Dieser wurde auf Basis dünnen und mit dem Kartenbild bedruckten Papiers bzw. luftdichter Seide gefertigt und gemeinsam mit einem Blasebalg und einer Anleitung zum Gebrauch verkauft.
Aufspannbarer Globus | Ein regenschirmähnlicher Mechanismus ermöglicht die Entfaltung der, aus einem mit der Globuskarte bedruckten textilen Material bestehenden Oberfläche zu einem kugelähnlichen Körper.

Als Lehrmittel für den Geographieunterricht dienten folgende Globustypen:
Induktionsglobus | Zur Vermittlung von Grundbegriffen der Geographie oder Astronomie konnten beispielsweise das Gradnetz oder Lagebeziehungen von Kontinenten bzw. Sternbildern zueinander mit Griffel oder Kreide direkt auf die Oberfläche der Globuskugel aufgezeichnet und später wieder abgewaschen werden.
Aufklappbarer Globus | Neben seiner Verwendung als „gewöhnlicher Globus" erleichterte dieser - in Halbkugeln zerlegt und mittels zweier im Inneren angebrachter Haken an die Wandtafel gehängt - das Verständnis für die Kartenprojektion.
Erdglobus mit Kugelhaube | Dieser veranschaulicht geographische Phänomene, die mit dem Lauf der Erde um die Sonne zusammenhängen.

In den 1930-er Jahren entwickelte Robert Haardt (1884-1962) den so genannten „Rollglobus mit Haardt-Erdmesser". Rollgloben lassen sich, entweder auf Kugeln oder in einem Gestell auf Filzstreifen gelagert, in alle Richtungen drehen und bieten so einen ungehinderten Blick auf alle Erd-und Himmelsgegenden. Mit einer Messskala können Entfernungen und Winkeldifferenzen direkt abgelesen werden.
Eine vollkommen neuartige Entwicklung wurde erstmals gegen Ende des 20. Jahrhunderts realisiert. Immaterielle, virtuelle Globen auf der Grundlage digitaler Programme und Daten ermöglichen nicht nur die Darstellung und Bearbeitung aktueller raumbezogener Sachverhalte, sie können auch mit interaktiven Funktionen ausgestattet werden.

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