Karlstein an der Thaya

Horologenlandl, Oktober 2023

Karlstein/Thaya ist eine Marktgemeinde im Bezirk Waidhofen an der Thaya in Niederösterreich. Karlstein an der Thaya liegt im nördlichen Waldviertel und wird von der Deutschen Thaya durchflossen. Der Ort ist bekannt für das Kräuterpfarrer-Zentrum, Uhrenmuseum und Schloss Karlstein.

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Der Markt Karlstein, einst Zentrum des "Horologenlandes", wird überragt von der auf einem steilen Felssporn liegenden Burg. Das Schloss Karlstein oder auch Burg Karlstein befindet sich auf einem steilen Felsen in Karlstein an der Thaya in Niederösterreich. Karlstein wird als Chadelstain im Jahr 1112 erstmals erwähnt. Als Lehensburg verschiedener Adelsfamilien gehörte Karlstein dem jeweiligen Landesfürsten. Im Laufe ihrer Geschichte wurde die Burg sehr unterschiedlich genutzt: als Adelssitz, 1880 als Uhrenfabrik, im 20. Jahrhundert als Jugendherberge, in den 1960er Jahren als Pensionsbetrieb und heute für Ferienwohnungen. Mehrmals diente sie auch als Gefängnis. Berühmtheit erlangte Karlstein im 18. und 19. Jahrhundert als Zentrum des "Horologenlandes". Die Uhrenerzeugung führte zur Vergrößerung des Ortes und zur Markterhebung vor 1784. Jedoch ist die Burg seit Jahren im Privatbesitz und leider nicht öffentlich zugänglich!

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Pfarrkirche Karlstein an der Thaya

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Pfarrkirche Karlstein an der Thaya

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Pfarrkirche Karlstein an der Thaya

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Pfarrkirche Karlstein an der Thaya

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Pfarrkirche Karlstein an der Thaya

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Pfarrkirche Karlstein an der Thaya

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Pfarrkirche Karlstein an der Thaya

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Ausblick auf Karlstein an der Thaya

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Erstmals urkundlich genannt wurde Karlstein an der Thaya im Jahr 1112 als Chadelstain, um 1345 bereits Karlstein. Namensdeutung: Burg am Felsen, die nach einem Mann mit dem Namen Karl benannt ist. Im 18. Jahrhundert wurde der Ort ein Zentrum der Uhrenindustrie und vor 1784 zum Markt erhoben. Während des Ersten Weltkrieges befand sich hier das Internierungslager Karlstein an der Thaya.

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Jubiläumschronik 800 Jahre - Aus der Geschichte
Das Gebiet um Karlstein wurde etwa im 12. Jahrhundert gerodet, besiedelt und urbar gemacht.
Die erste Nennung der meisten Ortsnamen finden wir in der PRIMA FUNDATIO des Stiftes St. Georgen (Herzogenburg), wonach dieses Stift u.a. in folgenden Orten Zehentrechte hatte: Gotfridt Slag, Munichreytt. Chadelstain, Gossenreytt, Sleter, Griespach, Hachenbart, Ekkrensdorff. Gerhardsdorff, Tures, Minus Tures, Tumen und Gruenpach. Münchreith ( von Mönchen gerodet) geht auf eine Schenkung des Grafen von Kaabs an das Kloster Garsten zurück (um 1150). Karlstein wird 1188 in einer Urkunde der Klöster Pernegg und Geras erstmals erwähnt. Die rasche Besiedlung des sog. Nordwaldes führte zu Feindseligkeiten zwischen Böhmen und Österreich, die 1179 in einem Schiedsspruch des Kaisers Friedrich Barbarossa bereinigt wurden. Die damals festgelegte Grenze zwischen den beiden Herzogtümern verlief etwas nördlich der heutigen Staatsgrenze. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Grenzgebiet immer wieder von feindlichen Heeren heimgesucht (Böhmenkönig Ottokar, Hussiten, Ungarnkönig Mathias Corvinus). 1645 belagerten die Schweden vergeblich die Burg. Nach der Niederwerfung des Bauernaufstandes 1597 hatte man den Anführer Andreas Schrembser vermutlich in der Burg Karlstein festgesetzt, bevor er in Waidhofen gevierteilt wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg (1919/20) war der ungarische Revolutionär Bela Kun hier interniert.

Die Pfarren Obergrünbach und Münchreith waren anfangs Vikariate der Mutterpfarre Raabs und wurden 1560 selbständig. Infolge der Reformation war Münchreith von 1621 bis 1810 eine Filiale von Obergrünbach. Die Schloßkapelle in Karlstein besteht seit dem 16. Jhdt. 1898-1899 wurde im Markt die Filialkirche errichtet. 1680 nennen die Kirchenmatriken erstmals einen „Horologen" (Uhrmacher). Die Uhrenerzeugung erreichte um 1840 ihren Höhepunkt. Damals wurden von 285 Beschäftigten jährlich 140.000 Uhren erzeugt. Aus der Uhren-Hausindustrie entwickelte sich die heutige feinmechanische Industrie, deren Betriebe ihre Erzeugnisse größtenteils exportieren. Die alte Tradition führte 1874 zur Gründung der einzigen Uhrmacher-Fachschule Österreichs, die heute als Bundesfachschule auch Abteilungen für Mikromechanik und Elektronik führt. Als Zentrum des „Horologenlandes" wird Karlstein 1732 bzw. 1784 als „Markt" genannt. Seit der Gemeindezusammenlegung 1967-71 umfaßt die Marktgemeinde Karlstein folgende Orte: Obergrünbach, Thuma, Thures, Hohenwarth, Münchreith, Göpfritzschlag, Griesbach, Wertenau, Schlader, Goschenreith, Eggersdorf und Karlstein. 1978 gründete Pfarrer Karl Rauscher den Verein FREUNDE DER HEILKRÄUTER, der zu einer Bewegung im ganzen deutschsprachigen Raum geworden ist. Im Paracelsushaus wirkt der bekannte „Kräuterpfarrer" Hermann-Josef Weidinger.

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Kräuterpfarrer-Zentrum - Ein reiches Angebot wartet auf Sie: Kräutertees, Liköre, Kosmetika, g’sunde Naturprodukte, der Kräutergarten, Kräuterwanderungen und vor allem eine kompetente Beratung durch ein freundliches Team! In der Weidinger- Ausstellung können Sie den Meister der Naturheilkunde in Bild und Ton erleben.

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Hermann-Josef WEIDINGER (1918–2004): Waldviertler Bauernkind, Missionar in China, Seelsorger, Volksbildner und schließlich Kräuterpfarrer. Mit seinen Vorträgen landauf, landab, in den Medien und mit seinen Büchern erreichte er tausende Menschen, denen er den Gebrauch der Heilkräuter, die Liebe zur Natur und die Ehrfurcht vor dem Leben ans Herz legte.

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Der in ganz Österreich bekannte Kräuterpfarrer Hermann-Josef Weidinger (+ 2004) hatte in Karlstein seine Wirkungsstätte. Sein Werk wird nun von Kräuterpfarrer Benedikt und einem engagierten Team erfolgreich weitergeführt. Träger des Ganzen ist der Verein Freunde der Heilkräuter mit rund 12.000 Mitgliedern weltweit. Im Naturladen findet man ein reichhaltiges Angebot an Kräutertees, Likören, Salben nach Weidingers Rezepten sowie viele andere gesunde Sachen und schöne Dinge für Körper und Seele.

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Kräuterpfarrer Benedikt, Prämonstratenser aus dem Waldviertler Stift Geras, beschränkt sich nicht auf die Vermittlung heilkundlichen Wissens aus der „Apotheke Gottes”. Für die langjährige rechte Hand des legendären Kräuterpfarrers Weidinger sind die Heilkräuter ein Zeichen für die Sympathie Gottes mit den Menschen, ein „Lächeln des Schöpfers”.

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Ein Besuch im Kräutergarten mit den Aromaschalen darf nicht fehlen, ebenso ein besinnliches Verweilen in der Weidinger-Gedächtnis-Ausstellung, um anschließend in der Teestube bei einem gemütlichen Plauscherl im Kräuterduft-Ambiente Tee, Kaffee, Mehlspeisen, Eis oder ein Gläschen „Frohes Gemüt“ zu genießen.

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Der idyllischer Kräutergarten wurde liebevoll bepflanzt und wird von der Mitarbeiterin sorgfältig gehegt und gepflegt. Er ist Lehrpfad und Schaugarten zugleich. Die Kräuter sind sinnvoll in Themenbereiche angeordnet und beschriftet. Man kann sie in Ruhe studieren und genießen. Der Kräutergarten möchte ein kleines Abbild sein von dem, was man in der Natur findet. Mittendrin der Stein als ruhender Pol auf dem der Kräuterpfarrer oft gesessen ist.

Frischeerlebnis mit Kräuterduft - Eine völlig neuartige Anlage mit 4 Aromabehältern aus Edelstahl mit Zerstäuberdüsen sorgt seit dem Sommer 2022 im Garten des Kräuterpfarrer-Zentrums für neue Dufterlebnisse. Die Schalen geben aus Düsen einen angenehmen Aromanebel ab. Diese Anlage soll auch einen Beitrag zum Klimawandel leisten und Erfrischung an heißen Sommertagen für Besucher und Besucherinnen bieten. Diese 4 Aromaschalen plante und produzierte die in der Region beheimatete Firma Sonderanlagenbau Arnhof aus Eggern.
Die Aromaschalen sind witterungsbedingt nur in den Sommermonaten in Betrieb.

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Zahlreiche Besucher aus ganz Österreich, einzeln oder in Reisegruppen, nützen die Gelegenheit, hier Gesundheit zu „tanken“ (auch mit „geistiger Nahrung“) — oder bei Kräuterwanderungen, Seminaren und anderen Veranstaltungen tiefer in die Welt der Heilkräuter „hineinzuriechen“. Viele nehmen als Mitglieder besondere Vorteile in Anspruch und bleiben über die beliebte Zeitschrift „Ringelblume“ stets auf dem Laufenden.

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Das Uhrenmuseum in Karlstein gibt einen Einblick in das Uhrmacherhandwerk und in die Uhrentechnik. Bewundern Sie rund 200 Exponate, unter anderem Modelle von Hemmungen, Schlagwerke und ewige Kalender, Präzisionspendeluhren sowie Konstruktionszeichnungen und ein Passageinstrument zur Zeitbestimmung.

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Seit 14. Juli 2003 ist das Uhrenmuseum in den Räumlichkeiten des aufgelassenen Gendarmeriepostens Karlstein für Besucher geöffnet. An die 200 Exponate sind im Karlsteiner Uhrenmuseum zu bewundern. In einer "lebenden Werkstätte" werden Uhren repariert und kleine Serien von Präzisionspendeluhren, Planetarien, Tischuhren und Armbanduhren in Handarbeit hergestellt. Zu sehen sind auch Modelle über Hemmungen, Schlagwerke und ewige Kalender, Werkzeuge, Messgeräte und Maschinen.

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Das Uhrenmuseum an der Hauptstraße gibt Ihnen einen Einblick in das Uhrmacherhandwerk und seine besondere Bedeutung für Karlstein. An die 200 Exponate sind im Uhrenmuseum zu bewundern. Sie sehen Maschinen und Werkzeuge, verschiedene Modelle, Regulatoren und Konstruktionen, ein Passageinstrument zur Zeitbestimmung sowie Rechenmaschinen, Konstruktionszeichnungen und natürlich Uhren.

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Die hölzernen Schwarzwälder Uhren aus Karlstein wurden über Hausierer in der ganzen Monarchie vertrieben. Zur Blütezeit um 1840 wurden jährlich bis zu 140.000 Uhren erzeugt. Im Zuge von Fabriksgründungen im späten 19. Jahrhundert wurde auch in der Burg 1880 eine Uhrenfabrik eingerichtet. An die alte Tradition erinnern noch etliche Fabriksbauten sowie die 1874 gegründete einzige Uhrmacher-Fachschule Österreichs.

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Die Geschichte der Karlsteiner Uhrmacherei: Da die Landwirtschaft im Waldviertel, bedingt durch den kargen Boden und das raue Klima, immer etwas ärmlich war, suchte die Bevölkerung nach einem Nebenerwerb, den sie hauptsächlich in der Weberei fand. Für viele Orte blieb die Textilindustrie bestimmend ("Bandlkramerlandl"), diese erlitt gegen Ende des 20. Jahrhunderts einen Niedergang. Hingegen hatte sich in und um Karlstein die Uhrmacherei entwickelt, der dieser kleine Landstrich den Namen "Horologenland" verdankt.

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Die ersten "Horologen" (um 1730)
Um die Thronfolge seiner Tochter Maria Theresia zu sichern, opferte Kaiser Karl VI. den Engländern zuliebe die Ostindische Handelsgesellschaft. Die Folge war der Bankrott von Graf Mallenthein, dem "Vater des Bandlkramerlandls" in Groß Siegharts, und damit verbunden der Niedergang der Baumwollspinnerei in dieser Gegend.

Eine glückliche Fügung wollte es, dass gerade zu dieser Zeit - um 1730 - ein Einwanderer aus dem Böhmerwald namens Pfeiffer hierher kam. In Münchreith versuchte er sein Glück mit den Kenntnissen der Uhrenerzeugung, die er sich in seiner Heimat angeeignet hatte. Er fand Mitarbeiter, denen er sein Wissen weitergab. Bald darauf finden wir in Karlstein und Umgebung die Berufsbezeichnung "Horologicus", ein vornehmes Wort für Uhrmacher.

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Es wurden einfache Wanduhren aus Holz erzeugt, die Räder aus Birnenholz, das man in Leinöl kochte. Sie hatten nur den Stundenzeiger und eine Gehzeit von 12 Stunden. Die Hemmung besaß erst einen querliegenden Holzunruhebalken (Schwengel), der später durch die runde Unruh und erst gegen 1830 durch das Pendel ersetzt wurde, das im Schwarzwald schon um 1740 in Verwendung stand. Die Räder wurden von Hand geteilt und zurecht gefeilt, bis es einem Uhrmacher gelang, zum Schneiden der Zähne ein Werkzeug mit zwei parallel laufenden Fräsen zu konstruieren. Die eigentliche Schneidemaschine lernten die Karlsteiner später von einem durchreisenden Uhrmacher kennen.

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Curt Dietzschold
1852 in Dresden geboren und am 5.5.1922 in Karlstein a.d.Th. gestorben war Dipl.Ing., wandte sich aber bald der Uhrmacherei zu. In der Glashütte/Sa unterhielt er eine Werkstatt für den Bau von Rechenmaschinen, feinmechanischen Apparaten und Präzisionspendeluhren. Er konstruierte auch außergewöhnliche Uhren und Apparate. Auf Vorschlag von Moritz Grossmann wurde er 1879 zum Direktor der österreichischen Uhrmacherschule in Karlstein a.d. Thaya ernannt. Die arg heruntergewirtschaftete Schule gestaltete Dietzschold zu einer vollwertigen Fachlehranstalt um. In der Schule, die aus einem Lehrer und 3 Schülern bestand, wurde zu dieser Zeit vor allem für die heimische Uhrenindustrie gearbeitet. Dietzschold und sein von ihm berufener Lehrkörper begründeten den guten Ruf der Karlsteiner Schule und die gute Verbindung zur Uhrenstadt Glashütte/Sachsen.

Er verfaßte, teilweise erst nach seiner Erblindung im Jahre 1906, zahlreiche Fachbücher, darunter die folgenden:
„Die Turmuhren mit Einschluß der Kunstuhren", „Die Verzahnung und die Berechnung der Uhrwerke", „Abriß der Getriebelehre mit besonderer Anwendung auf die Uhrmacherei und Feinmechanik", „Vorlagen für das Uhrmachergewerbe", als Ergänzung zu Sauniers „Lehrbuch der Uhrmacherei in Theorie und Praxis" den Teil „Die Räderuhr und „Cornelius Nepos der Uhrmacher".

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Arithmometre / Arithmometer - Curt Dietzschold beschäftigte sich in Glashütte mit der Konstruktion und dem Bau von Rechenmaschinen.

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Aus den bescheidenen Anfängen entwickelte sich allmählich eine respektable Hausindustrie. In den 100 Jahren seit 1730 hatte sich in Karlstein die Häuserzahl von 60 auf 120 verdoppelt. Etwa 100 Familien (600 Personen) waren mit der Holzuhrenerzeugung beschäftigt; in Karlstein allein waren es 285 Personen, mehr als diese in den umliegenden Dörfern bis Groß-Siegharts.

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Jährlich wurden etwa 140.000 Uhren hergestellt. Aber nicht nur die Quantität, auch die Qualität hatte sich im Lauf der Zeit gehoben. Man ging von dem querliegenden Unruhbalken zum Pendel, von Glasglocken zu metallenen, von Holztrieben zu Drahttrieben, von Holzrädern zu Messingrädern über. Hatte man früher Teile wie Messingräder aus Südmähren (Zlabings) bezogen, so wurden diese nun hier selbst erzeugt. Es hatte sich ein Spezialistentum entwickelt. Neben den eigentlichen Uhrmachern gab es Gestellmacher, Zifferblattmacher und -maler, Tonfedererzeuger, Gießer und Werkzeugmacher. Man brauchte Zangen, Ahlen, Zirkel, Hämmer, Drehmesser und Stichel, Schraubstöcke, Drehbänke und Räderschneidzeuge.

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Die am häufigsten erzeugten Wanduhren waren die 12-stündigen Holzuhren mit Tonfedern und Glockenschlag, mit Schnur oder Ketten. Daneben gab es Viertel- und Repetieruhren mit anfänglich liegendem, später stehendem Windfang, Uhren mit Weckwerk sowie Kuckucksuhren.

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Der Vertrieb der Uhren hat sich etwa so abgespielt: 12 bis 20 Uhren wurden auf einer Buckelkraxen verpackt und zu Fuß, meist im Winter, nach der Art der Hausierer abgesetzt. Der Preis lag dabei zwischen 6 und 15 Gulden. War die mitgenommene Ware verkauft, wurden den Hausierern an bestimmte Orte Uhren nachgeschickt. So zogen die Händler nach Wien, in die österreichischen Länder, nach Mähren und Schlesien. Kisten mit etwa 40 bis 60 Uhren wurden an Geschäftshäuser nach Brünn und Olmütz verschickt. Über Ungarn gelangten die Hausierer bis in die Balkanländer.

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Das Jahr 1848 war zwar für die Bauern ein positiver Markstein, für die Uhrmacher brachte diese Zeit aber einen Niedergang. In der Hochkonjunktur hatte sich eine gewisse Sorglosigkeit eingestellt. Die Uhrmacher im "Horologenlandl" waren stehen geblieben und hatten verlernt, die Produkte zu verfeinern und mit der Entwicklung Schritt zu halten. Während die Monarchie durch die Revolution von 1848 und die folgenden Kriegsjahre wirtschaftlich geschwächt war, kam nun eine übermächtige Konkurrenz aus dem Schwarzwald hinzu, mit welcher die Karlsteiner weder in der Qualität noch im Preis mithalten konnten.

Die Uhren dieser Zeit verlangten trotz ihrer Einfachheit einen sehr hohen Arbeitsaufwand. Messingräder, Zapfen und Triebwerke mussten in die Holzwellen eingebaut werden. Eine Uhrmacherfamilie konnte wöchentlich bis zu 10 Uhren bauen, dazu musste die meist vielköpfige Familie täglich mehr als 10 Stunden arbeiten und erreichte dabei nur einen Verdienst von ca. 1 Gulden.

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Diese Versuche zur Belebung des Absatzes blieben leider erfolglos. Von 1854 bis 1866 sank die Zahl der im Uhrmachergewerbe Beschäftigten von 81 auf 32 (in Karlstein allein von 40 auf 18), das Steueraufkommen von 162 auf 69 Gulden; der Jahresabsatz betrug nur mehr 10.000 Uhren. In ihrer Not wandten sich die Karlsteiner in einem Gesuch um Unterstützung an die Niederösterreichische Statthalterei sowie direkt an den Kaiser. Daraufhin kam 1867 der Regierungsbeauftragte Ritter von Dorn nach Karlstein und erstattete der Regierung einen Bericht, worin er die Schaffung einer Musterwerkstätte vorschlug. Durch die Uneinigkeit der Interessenten und die Wirren einer politisch unruhigen Zeit verstrichen 6 Jahre, bis es 1873 endlich gelang, eine Lehrwerkstätte zu errichten. 1874 wurde diese in eine Fachschule für Uhrenindustrie umgewandelt und in einem neuen Gebäude (an der Stelle des heutigen Internates) untergebracht.

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Curt Dietzschold - der "Vater" der Fachschule
Für die Fachschule begann nach den anfänglichen Schwierigkeiten 1879 der Aufschwung mit der Bestellung des Diplom-Maschineningenieurs Curt Dietzschold zum Direktor. Er stammte aus Dresden und brachte reiche Erfahrung auf dem Gebiete des Präzisionsuhrenbaues mit, die er in Glashütte (Sachsen), dem Mekka der deutschen Uhrmacherkunst, gesammelt hatte. Er war ein Pionier und anerkannter Fachmann für mechanische Rechenmaschinen. In Karlstein organisierte er die dreijährige Fachschule neu und schuf das Konzept für den Fachunterricht. Er schrieb Bücher, die auf die deutschen Uhrmacherschulen großen Einfluss hatten, und sein Lehrplan hatte in allen deutschsprachigen Uhrmacherschulen Gültigkeit.

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Seine Persönlichkeit und seine Beziehungen zur Uhrenwirtschaft zogen weitere tüchtige Männer nach Karlstein: den Nürnberger Werkmeister Paul Hellmuth, Johann Triska und Reinhold Pilz aus Wien sowie den ehemaligen Direktor der Genfer Uhrmacherfachschule Oskar Enzmann. 1881 stand der Lehrplan in seinen Grundzügen fest. Man unterrichtete wöchentlich mehr als 60 Stunden, davon 50 in der Werkstätte. Die Schüler mussten selbst die Bestandteile für ihre Uhren herstellen, auch Lagersteine drehen und polieren usw. Obwohl abends beim Licht der Petroleumlampe gearbeitet werden musste, wurden Spitzenleistungen an Präzision erbracht.

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Die Schülerzahl stieg sehr rasch und erreichte 1886 die Zahl 54. Etwa die Hälfte davon kam aus Niederösterreich, der Rest verteilte sich auf die Kronländer der Monarchie von Schlesien bis Dalmatien (die Karlsteiner Schule war die einzige in Österreich-Ungarn), einzelne Schüler kamen aus der Schweiz, aus Deutschland und sogar aus Russland. 20 Schüler waren Söhne von Uhrmachern. Die Schule fand internationale Anerkennung. Fachprominenz aus Paris und Budapest kam nach Karlstein. Im Jahr 1900 wurde ein Linienschiffsfähnrich der kk. Marine zum Studium der Behandlung von Seechronometern nach Karlstein abkommandiert. Bereits 1894 arbeiteten Karlsteiner Absolventen in London, Paris, Hamburg, Leipzig, München, in der Schweiz und in Ungarn.

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Dietzschold leitete die Schule von 1879 bis 1903. Sein Haus in Karlstein war das erste am linken Thayaufer (heutiges Haus Philipp). Ab 1900 vertrat den bereits Erkrankten und Erblindeten sein langjähriger Weggefährte Oskar Enzmann. Dietzschold starb 1922 in Krems.

Nachfolger wurde Prof. Alois Irk, der selbst diese Schule besucht hatte und hier Lehrer war. Er feilte das von Dietzschold vorgegebene Konzept des Fachunterrichtes weiter aus. Für die Lehrlinge der hiesigen Betriebe wurde eine Fortbildungsschule eingerichtet, die von 6 bis 7 Schülern besucht wurde. 1912 etablierte sich an der Schule die Meisterprüfungskommission. Im gleichen Jahr wurde Irk beim Deutschen Uhrmachertag in Eisenach zum Vorsitzenden des Ausstellungsausschusses gewählt.

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Irk war auf Ordnung und Disziplin bedacht. Die Schüler wohnten durchwegs in Privatquartieren, soweit sie nicht aus der näheren Umgebung kamen. Die Privatunterkünfte wurden vom Lehrkörper stichprobenweise kontrolliert, damit die Schüler ihre Lernstunden und die Nachtruhe einhielten. Sonntag war gemeinsamer Kirchgang nach Münchreith. Der Direktor und die definitiven Lehrer waren dabei in ihrer Uniform zu sehen und trugen den Degen. Nach dem Gottesdienst traf man sich für den Rest des Vormittags zum zusätzlichen Unterricht. 1913 wurde die Schule baulich erweitert, auch der Längstrakt wurde aufgestockt. In dieser Form blieb das Gebäude an der Sieghartser Straße bis zum Neubau des Internates 1983.

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Regulator mit Schwerkrafthemmung, Gangdauer: 1 Monat, Curt Dietzschold Dir 1879-1903

elektro-mechanischer Sekundenregulator mit elektromagnetischem Selbstaufzug ohne Gangreserve
RIEFLER-Schichtungspendel, gestürzte RIEFLER-Federkrafthemmung luftdichten Glaszylinder, Alois Irk Dir 1905-1925

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Nachdem 1914 die Vorbereitungen für das 40-jährige Bestandsjubiläum der Schule schon angelaufen waren fiel dieses dem Attentat von Sarajewo zum Opfer. Dafür wurde 1923 die 50-Jahr-Feier festlich begangen. Ein Jahr später besuchten Bundespräsident Harnisch und Landeshauptmann Buresch die Schule, und 1929 kam ein Generalmajor aus Berlin als Vertreter der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft.

Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 intensivierten sich die Kontakte zu den deutschen Uhrenzentren. Aus Glashütte in Sachsen, wo bereits Dietzschold gearbeitet hatte und wo sich die bedeutende deutsche Uhrmacherschule befand, kam Walter Lange, Sohn eines berühmten Uhrenfabrikanten, als Schüler nach Karlstein. So konnte das Know-how, das Dietzschold einst nach Karlstein gebracht hatte, zurückgegeben werden. Der Kontakt zu Glashütte und Lange ist bis in die Gegenwart aufrecht.

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Durch den Untergang der Donaumonarchie waren große Absatzmärkte verloren gegangen, so dass nun ein starker Rückgang der Uhrenerzeugung zu verzeichnen war. Statt 150 Uhrenarbeitern konnten jetzt nur etwa 70 beschäftigt werden die Erzeugung sank auf ein Drittel der Vorkriegsmenge. Die Weltwirtschaftskrise tat ein Übriges.

 Karlstein an der Thaya, Horologenlandl, Oktober 2023

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Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: