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Die Pfarrkirche Lichtenegg steht leicht erhöht westlich der Hauptstraße in der Ortsmitte der Gemeinde Lichtenegg im Bezirk Wiener Neustadt in Niederösterreich. Die auf den Heiligen Jakobus der Ältere geweihte römisch-katholische Pfarrkirche gehört zum Dekanat Kirchschlag im Vikariat Unter dem Wienerwald der Erzdiözese Wien. Die ehemalige Wehrkirche steht unter Denkmalschutz.

Pfarrkirche hl. Jakobus d. Ältere
romanischer Kern vor 1282, Chorquadrat und Kern nach 1200 mit originalem romanischem Verschlussmörtel;
Wehrkirchenausbau um 1500, Dachwerk dendrochronologisch datiert 1405 und teilw. früher; Fresken um 1400;
Einrichtung spätbarock/rokoko mit Ergänzungen a.d.19.Jh.

Die massive im Kern romanische Wehrkirchenanlage mit einem gedrungenen
quadratischen Chorturm steht in einem annähernd quadratischen, teils
mit Wehrmauern versehenen Kirchhof.

Wehrkirche Lichtenegg
Der ab 1250 in drei Abschnitten errichtete Bau wurde 1480 durch die
Errichtung eines Wehrobergeschoßes über dem Langhaus und den Aufbau des
Turmes über dem Altarraum wehrhaft gemacht. Das Wehrobergeschoß war
über Leitern aus dem Kirchenschiff erreichbar. Der ehemalige Eingang
(heute kleines Rundbogenfenster an der Südseite) war durch eine
Pechnase gesichert. Im Wehrobergeschoß sind heute noch eine große
Kammer und ein gemauerter Backofen vorhanden.
Im Turm liegt unter der Backofenstube eine nur von oben zugängliche
Kammer. Diese diente wahrscheinlich als Tresorraum für wertvolle Güter.
In den Schießscharten des Wehrobergeschoßes und des Turmes sind die
Polsterhölzer für die Auflage der Hakenbüchsen sichtbar. Die wuchtig
ausgebauten Wehrmauern verfügten ursprünglich über vier Rundtürme und
einen Torturm. Ein rundumlaufender Wehrgang in Höhe der bis 1880
vorhandenen Zinnen und eine darunter liegende Reihe von Schießscharten
waren die Verteidigungseinrichtungen. Die Löcher für die Auflagebalken
der Wehrgänge sind noch vorhanden. Die älteste bekannte Abbildung der
Kirche stammt aus dem Jahre 1850.

Der Hochaltar aus 1745 ist ein Säulenretabel, leicht geschwungen mit
einem vorgestellten Säulenpaar, mit einem verkröpften Gesims und
Opfergangsportalen mit großen Engelsfiguren. Das Hochaltarblatt hl.
Jakobus der Ältere malte Josef Keßler (1881) und trägt eine
Renovierungsnennung mit 1908. Der Auszug zeigt das Bild hl. Johannes
Nepomuk mit zwei Engeln. Der Altar trägt flankierend die Statuen
Florian und Donatus und seitlich des Auszuges die Statuen Johannes
Evangelist und Antonius von Padua. Die Gnadenmadonna als barocke Kopie
stammt aus Wien-Döbling.

Um 1250 wurde eine Pfarre genannt. 1282 wurde urkundlich der Vikar
Ulrich genannt. 1336 wurde über Konflikte um Zehente der Kirche
berichtet, von 1444 bis 1446 wurde ohne Erfolg von Kaiser Friedrich
III. ein Zehentstreit für die St. Georgskirche in Wiener Neustadt
geführt, der Zehentstreit dauerte bis 1817. Der Kirchhof wurde bis 1828
als Friedhof genutzt.

Hochaltar: Der hölzerne
Altaraufbau, der in seinen einfachen Formen eine eigenartige Herbheit
ausstrahlt, wurde über dem ursprünglich gemauerten Altartisch (aus der
Zeit der Gotik) um das Jahr 1745 von unbekannten Künstlern aufgebaut.
Über dem Tabernakel befindet sich das Bild des heiligen Jakobus d. Ä.
(Patron der Kirche), darüber im Altaraufsatz das Bild eines Heiligen in
der Priestertracht der damaligen Zeit. Vor dem Bild des Kirchenpatrons
sehen wir die Gnadenmutter von Wien-Döbling (Kopie aus der Barockzeit).
Im linken Teil des Altaraufbaues stehen die Statuen des hl. Florian und
die des Evangelisten Johannes; im rechten Teil die Statuen des hl.
Donatus und des hl. Antonius von Padua. Der Hochaltar stellt wohl kein
künstlerisches Meisterwerk dar, vermag uns jedoch in seiner Gesamtheit
jene Stimmung zu vermitteln, die die Menschen unserer Gegend anspricht.
Das Hochaltarblatt hl. Jakobus der Ältere malte Josef Keßler (1881).

1953 wurden Wandmalereien aufgedeckt und restauriert.

Gotische Fresken (hinter dem Hochaltar)
Die Fresken sind spätestens um die Mitte des 15. Jahrhunderts
entstanden. Links vom Hochaltar sehen wir Teile der Anbetung des
Jesuskindes durch die Hl. Drei Könige (Teile des Freskos wurden beim
Einbau des Sakramentshäuschens im Jahre 1483 zerstört). Hinter dem
Hochaltar an der linken Wand sind ebenfalls noch Teile der Anbetung zu
sehen. An der Ostwand rund um das Sakramentshäuschen sind zu sehen: das
Bild des hl. Hieronymus mit dem Löwen (Wortgottesdienst); über dem
Sakramentshäuschen das Schweißtuch der Veronika mit dem Antlitz des
Gekreuzigten und rechts Christus, dessen Blut aus den Wundmalen in den
Meßkelch fließt (Eucharistiefeier). Rechts von den Fresken findet sich
an der Wand noch eines der zwölf Weihekreuze der Kirche. Grundthema der
Fresken ist das Leben Christi von der Geburt über die Verkündigung
seiner Lehre bis zum Tod am Kreuz und die immerwährende Erneuerung
dieses Opfertodes durch die Feier der hl. Messe.


Rechter Seitenaltar (Herz-Jesu-Altar): Das Altarblatt stellt die 14
Nothelfer dar und stammt von dem bekannten Maler Carl Schnorr v.
Carolsfeld (Schwager des ehemaligen Besitzers des Jakobs- oder auch
Tschudihofes, dem damaligen Botschafter der Schweizerischen
Eidgenossenschaft in Wien und Erforscher großer Teile Südamerikas,
Johann Jakob von Tschudi). Datiert und signiert ist das Bild mit der
Jahreszahl 1872.

Linker Seitenaltar (Marienaltar): Der Bilderkranz um die Marienstatue
aus Fatima stellt die Geheimnisse des Rosenkranzes dar und kam 1866
hierher. Die Entstehungszeit des Altares ist unbekannt.

Die Orgel aus 1895 mit zehn Registern stammt von Albert Mauracher.

Ein erster Kirchenbau erfolgte vor 1282. Das Chorquadrat wurde in der
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut, hierbei ist ein romanischer
Verschlussmörtel mit Kellenstrich erhalten. Das Langhaus entstand im
Kern wohl in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die Wandmalerei
des Chores entstand um 1400. Im Anfang des 15. Jahrhunderts erfolgte
ein Ausbau der Kirche zu einer Wehrkirche, der Kirchturm wurde erhöht,
die Kirche erhielt über dem Langhaus ein Wehrgeschoß, dazu wurde das
Dachwerk erneuert und dendrochronologisch mit 1405 datiert. Der Chor
wurde im dritten Drittel des 15. Jahrhunderts eingewölbt.

LICHTENEGG ist mit der umgebenden rundturmbewehrten Mauer mit
Balkenlöchern für den Wehrgang und der eigens für Verteidigungszwecke
aufgestockten Kirche mit Turm eine der wenigen fast vollständig
erhaltenen Wehrkirchen. Schießscharten in der Ringmauer mit runden
Ecktürmen und im Mauerwerk der Turmobergeschoße sowie ein geheimes
Zwischengeschoß und ein Backofen im Kirchenturm sowie eine eingebaute
Kammer im Obergeschoß, sind die heute noch vorhandene Zeugen einer
wehrhaften Vergangenheit. Auflagehölzer (Polsterhölzer) in den
Schießscharten bezeugen die Verwendung von Feuerwaffen, sogenannte
Hakenbüchsen. Kosten für die Wartung dieser Waffen sind in den alten
Kirchenrechnungen verzeichnet. Die Zinnen der Wehrmauer wurden erst
nach 1880 abgetragen. Die Sage vom Bruderkampf des Erasmus gegen
Christoph von Puchheim beschreibt die Stube im Lichtenegger Kirchturm
als Fluchtort des Erasmus, ehe er von einem Bauern aus dem Dorf
verraten wurde.

Kriegerdenkmal
sterbender Soldat mit Feldgeistlichem, errichtet 1924, renoviert und an diesen Standort versetzt 1986
