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Das Dorfmuseum Mönchhof (Mönchhofer Dorfmuseum) ist
ein Freilichtmuseum in Mönchhof im nördlichen Burgenland. Das seit 1990
bestehende Dorfmuseum wird von Christine und Josef Haubenwallner
betrieben und gehört zu den touristischen Attraktionen im Seewinkel in
der Umgebung des Neusiedler Sees. Im Dorfmuseum Mönchhof wird ein
Einblick in das Alltagsleben der Bauern und Handwerker im Heideboden
(so die alte Bezeichnung für den nördlichen Teil der heute als
„Seewinkel“ bezeichneten Region) in der Zeit von etwa 1890 bis in die
späten 1960er Jahre gegeben. Anhand von rund 35 Gebäuden mit
Werkstätten, Arbeitsgeräten und Einrichtungsgegenständen wird im
Dorfmuseum versucht, den weitgehend von der Landwirtschaft geprägten
Alltag dieser Zeit wieder lebendig zu machen.
„Hoadboden“ nannte man früher den Teil des Seewinkels, in dem Mönchhof
liegt — Heideboden. All die Bauern, Handwerker und Kleinhäusler, die
hier lebten, trotzten diesem Heideboden ihre Existenz ab. Da war nichts
mit „Mutter Erde“; der Heideboden war eher ein strenger Vater. Von ihm
hing es ab, wann und was die Menschen zu essen hatten und wann sie
hungern mussten. Er bestimmte, wann sie arbeiteten und wann sie sich
ausruhen konnten. Das änderte sich maßgeblich in der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts. Das Burgenland und also auch die östlich des
Neusiedlersees gelegene Region wurden „modernisiert“. Zunehmend machten
sich Asphalt und Beton auf dem Heideboden breit. Auch die alte
bäuerliche Welt veränderte sich; sie wurde „bodenunabhängiger“. Und zum
Teil verschwand sie ganz einfach. „Eine Sache, die nirgends zum
Aufhalten war“, sagen die Leute.
DIE GETREIDEWIRTSCHAFT
Für die meisten Menschen im Heideboden war das Getreide die wichtigste
Einnahmequelle. Weizen, Roggen, Gerste und Hafer wurden im Spätherbst
oder im Frühjahr gesät - von Hand aus, manchmal auch schon mit
Sämaschinen. Ab Ende Juni war Erntezeit. Alle Hausleute und Schnitter
halfen nun eng zusammen, um das Getreide möglichst rasch einzubringen,
in die „Stadl" am Hof oder zu den „Schobern" am Feld. Gearbeitet wurde
in Gruppen, im „Gespann": ein oder zwei Schnitter als „Mäher", eine
„Aufheberin" zum Zusammenlegen des Strohs zu Garben und eine „Binderin"
für das Verschnüren der Garbenbünde. Das Nachrechen der
liegengebliebenen Ähren zählte zu den Pflichten der größeren Kinder.
Im Hochsommer begann dann die staubige Drescharbeit. Um die Wende zum
20. Jahrhundert lösten Dampfdreschmaschinen die Dreschflegel ab, später
kamen Elektromotoren als Antrieb zum Einsatz. Beim „Drusch" waren
besonders viele Arbeitskräfte nötig: ein „Maschinist" für das
Funktionieren der Dreschmaschine, mehrere Männer zum „Füttern" des
„Dreschers" mit Getreide und einige Frauen als Aufräumerinnen von Stroh
und Spreu. Das ausgedroschene Korn wurde in Fruchtsäcke gefüllt und im
Schüttkasten oder auf dem Schüttboden gelagert. Das anstrengende
Dreschen dauerte meist mehrere Tage, weshalb das Ende auch besonders
gefeiert wurde - mit großer Bewirtung, Unterhaltung, Tanz, Gesang und
Spiel. Die Mechanisierung der Landwirtschaft ab den 1960er Jahren
beendete diese Arbeitsabläufe und Geselligkeiten rapide.
Küche im Zigeunerwagen
KINDERSPIELZEUG
Die Fülle des hier ausgestellten Spielzeugs täuscht: Nicht viel,
sondern eher wenig bis gar nichts Gekauftes hatten die Kinder des
Heidebodens zum Spielen. Perfekte Puppen, Kasperltheater oder
Gesellschaftsspiele fanden sich in den bäuerlichen Haushalten kaum.
Zumeist waren die Puppen oder Stofftiere selbst gemacht. Und auch
Roller, Schlitten und Wagerin zum Nachziehen, Puppenstuben oder
Puppenbetten wurden von den Vätern oder geschickten Verwandten in
Eigenregie und frei aus dem Kopf zusammen gebaut. Gekaufte Spielwaren
gab es bloß zu besonderen Anlässen und nur in Zeiten, in denen genügend
Bargeld im Haus war.
Im Freien spielten die Kinder Verstecken und Fangen oder sie dachten
sich überhaupt eigene Spiele aus. Besonders beliebt war das Spiel in
der Kindertschardake, die im hinteren Teil des Museums zu sehen ist: In
ihr konnten die Mädchen „Mutter-Kind" spielen oder die Buben alles
Mögliche „zerlegen". Und die Eltern wussten die Kinder hier gut
aufgehoben. Spiele mit den Eltern waren selten und wenn, dann nur kurz,
da zumeist keine Zeit dafür erübrigt werden konnte. Daher spielten die
Kinder hauptsächlich untereinander: mit den Geschwistern oder mit den
Nachbarskindern, im Freien oder im Haus. Nie mangelte es an altersmäßig
passenden Spielkameraden, waren doch die Familien in der Regel sehr
kinderreich. Insgesamt aber war die Freizeit der Kinder begrenzt, da
sie schon früh Pflichten übernehmen mussten, die mit der elterlichen
Wirtschaft zusammenhingen.
KINDERWÄGEN
Kinderwägen kamen erstmals im 19. Jahrhundert auf, allerdings nur beim
vermögenden städtischen Bürgertum und bei den Angehörigen der adeligen
Familien. Die Arbeiterschaft blieb von dieser Errungenschaft noch bis
in die Zwischenkriegszeit ausgeschlossen. Im ländlichen Raum waren die
„Leiterwagerln" noch lange als Transportmittel für Babys und
Kleinkinder üblich. Bloß ein bisschen ausgepolstert mit Decken und
Kissen mussten sie für die meisten Dorfkinder genügen. Nur sehr
zögerlich setzten sich regelrechte Kinderwägen ab den späten 1930er
Jahren auch auf dem Land durch.
Führend in der Herstellung von Kinderwägen waren deutsche und englische
Fabriken, die vorwiegend Körbe zur Aufbewahrung diverser Dinge
erzeugten. Mit Rädern versehen, wurden diese Körbe zu Stubenwägen und
schließlich zu Kinderwägen für Ausfahrten. Selbstverständlich waren sie
auch Moden unterworfen. Es gab hohe, fast herrschaftlich aussehende
Wägen oder solche, die von der Autoindustrie beeinflusst waren: mit
Stoßstange, Felgen und Kotschützern, und alle hatten ein klappbares
Verdeck gegen die Sonne. Das Gros der Heideboden-Bewohner konnte sich
jedoch bis in die 1960er Jahre solche Wägen kaum leisten. Entweder
blieb man beim „Leiterwagerl" oder man erwarb einen Kinderwagen auf
Kredit. Am häufigsten jedoch wurde ein gebrauchter Wagen gekauft und
dann innerhalb der Familie weitergegeben. Die hier im Museum
ausgestellten Kinderwägen stammen zum überwiegenden Teil aus den 1930er
und 1950er Jahren.
DIE RADIOWERKSTATT
Ernst Novotny aus Nickelsdorf betrieb in Neusiedl eine Radiowerkstatt.
Aus Begeisterung für das Dorfmuseum wurde er gewissermaßen der
„Radio-Hausmechaniker". Er reparierte die in der Sammlung befindlichen
Geräte unentgeltlich und brachte sie wieder zum Klingen. Mittlerweile
ist er jedoch verstorben, seine Radiowerkstatt hingegen lebt im Museum
weiter.
Lill Marieen (Worte: Hans Leip, Weise: Norbert Schultze)
1. Vor der Kaserne, vor dem großen Tor, stand eine Laterne, und steht
sie noch davor, so woll'n wir da uns wieder sehn, bei der Laterne
woll'n wir stehn, :,: wie einst Lili Marleen. :,:
2. Unsre beiden Schatten sahn wie einer aus. Daß wir so lieb uns
hatten, das sah man gleich daraus. und alle Leute soll'n es sehn, wenn
wir bei der Laterne stehn, :,: wie einst Lili Marleen. :,:
3. Schon rief der Posten, sie blasen Zapfenstreich, es kann drei Tage
kosten. Kam'rad, ich komm sogleich. Da sagten wir: „Auf Wiedersehn!"
Wie gerne wollt' ich mit dir gehen, :,: mit dir, Lili Marleen. :,:
4. Deine Schritte kennt sie, deinen zieren Gang, alle Abend brennt sie,
doch mich vergaß sie lang. Und sollte mir ein Leids geschehn, wer wird
bei der Laterne stehn,:,: mit dir, Lili Marleen? :,:
5. Aus dem stillen Raume, aus der Erde Grund, hebt mich wie im Träume
dein verliebter Mund. Wenn sich die späten Nebel drehn, wird' ich bei
der Laterne stehn,:,: wie einst Lili Marleen. :,:
DIE „SAMMLUNG" UND DER SAMMLER - EIN,SAMMELSURIUM"
In der „Sammlung" schließt sich der Rundgang, endet die Zeitreise in
die nahe Vergangenheit des Heidebodens. Zugleich ist die „Sammlung"
aber auch Beginn des Museums, denn in ihr sind auch jene ersten Objekte
verwahrt, die Josef Haubenwallner ab den 1965er Jahren begonnen hatte,
aus seinem heimatlichen Umfeld mit nach Hause zu nehmen. Als
dreizehnjähriger Bub fand er beim Spielen auf der,,G'stättn", ganz in
der Nähe des heutigen Museumsteiches, einen knienden Schutzengel aus
Gips, weiß und circa 20 cm hoch. Heute ist er als „Besonderheit" in der
Unterkirche ausgestellt. Das bemalte Pendant entdeckte er Jahre später.
In der Zeit dazwischen wandelte sich sein zufälliges Sammeln zu
gezieltem Suchen nicht nach Kunstschätzen, nicht nach Wertgegenständen,
sondern die Dinge des täglichen Gebrauchs waren es, die seine
Aufmerksamkeit mehr und mehr anzogen: Weihwasserkessel, Bügeleisen,
Radioapparate, Geschirr, Andenkenbildchen, Erinnerungsfotos,
Kinderwägen... Erst später weitete Josef Haubenwallner seine
Sammelleidenschaft auf breitere Themenkreise aus wie Landwirtschaft,
Handwerk, Wohnen, Frömmigkeit. Seit der Eröffnung des Museums
konzentrierten sich jedoch seine Interessen immer mehr auf
Objektbereiche im Museum: auf jene, die noch ergänzt werden müssen,
aber auch auf jene, die noch in Planung sind. Denn: Sammeln kennt
bekanntlich kein Ende
DIE RÜBENWIRTSCHAFT
Noch in der Zwischenkriegszeit stand die Produktion von Futterrüben im
Vordergrund. Doch bereits in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg
begannen die Bauern im Heideboden allmählich, auch Zuckerrüben
anzubauen: für die Zuckerfabriken in der näheren Umgebung, in
Siegendorf und Bruck an der Leitha. Bis in die 1960er Jahre war die
Rübenwirtschaft recht einträglich. Getrocknete Rübenschnitzel, die
„Pressling", ergaben ein gutes Viehfutter, und Zucker brauchte man für
die Nahrungsversorgung. Die Rübenwirtschaft begann üblicherweise in der
Karwoche.
Händisch, ab den 1950er Jahren mit Sämaschinen, wurden die Samenkörner
in Reihen auf die Felder gebracht. Waren die Setzlinge einige
Zentimeter hoch, folgte die körperlich sehr anstrengende Arbeit des
Vereinzelns. In die Sommerzeit fiel das Rübenhacken: das Auflockern des
Bodens und das Entfernen des Unkrauts. Gegen Allerheiligen, in der
ersten Kälte, setzte die Ernte ein. Vor Beginn der Mechanisierung
geschah diese noch händisch mit Rübenausstechern, später erfolgte das
Ausackern mit dem Rübenpflug. Heutzutage sind vollautomatische
Erntemaschinen gang und gäbe. Vor der Ablieferung waren die Rüben noch
zu reinigen: Blätter und Kappen mussten abgeschlagen werden. Auf dem
Rübenplatz wurden die Hackfrüchte dann gewogen. Der Platzmeister jedoch
zog, je nach Verschmutzungsgrad der Rüben, wieder einen
dementsprechenden Prozentsatz vom Gewicht ab. Jeder Bauer wusste dann
so ungefähr, wie viel Geld der Rübenverkauf bringen würde.
DAS SCHLACHTEN
Der „Sautanz", also das Schlachten der Schweine, galt im bäuerlichen
Wirtschaftsjahr immer als besonderes Ereignis. So lange es noch keine
geeigneten Kühlgeräte gab, musste es in der kalten Jahreszeit
stattfinden.
Weihnachten, Fasching, manchmal auch Ostern waren die feststehenden
Schlachttermine; Hochzeiten und Kirtage im Sommer bildeten die
Ausnahmen. Das Schlachten bedeutete für alle Hausleute viel Arbeit,
weshalb oft auch Verwandte und Nachbarn mithalfen.
Eine geschlachtete Sau wurde nahezu komplett verwertet. Das Fleisch war
bloß zu einem geringeren Teil für den Sofortverzehr bestimmt, viel eher
verwertete man es durch Selchen, Einsuren und Einrexen: damit Fleisch
auch das Jahr über auf den Tisch kommen konnte. Blut und
minderwertigere Fleischstücke wurden mit anderen Zutaten zu einem
„Brät" vermengt und in die gereinigten Därme zu Blut- und Bratwürsten
gefüllt. Aus Schweinskopf und -füßen sowie anderen Abschnitzeln
stellten die Frauen Presswürste und Sulz her. Der zerlassene Speck
ergab gute, fette „Grammeln", vor allem aber das zum Kochen so wichtige
Schmalz. Waren alle notwendigen Arbeiten getan, begann der gesellige
Teil: ein „wahres Fest" mit allem Drum und Dran, mit Essen, Trinken,
Singen, Musizieren und Tanzen.
DIE NAHRUNGSKONSERVIERUNG
Jahrhundertelang lebten die Menschen fast ausschließlich von dem, was
sie selbst produzieren konnten. Das Haltbarmachen von Essbarem war
daher genauso wichtig wie das Anpflanzen und Ernten. Selchen, Einrexen,
Einpökeln, Einkochen, Trocknen galt als Frauensache, beim Schlachten
und Wursten halfen auch die Männer mit. Viele althergebrachte Techniken
der Nahrungskonservierung stehen heute nicht mehr in Gebrauch. Die ab
der Mitte der 1950er Jahre aufkommenden und bis in die 1970er Jahre
bestehenden Kühlgenossenschaften haben die Bevorratung sehr
vereinfacht. Sie haben aber auch manche Gaumenfreuden, die mit den
alten Konservierungstechniken zusammenhingen, zum Verschwinden gebracht.
Für die Alltags- und Festtagskost lieferte der Hausgarten die Basis:
Karotten, Erbsen, Fisolen, rote Rüben, Zeller, Kohl, Kraut, Salat,
Paradeiser, Paprika, Gurken, Knoblauch, Zwiebel. Wurzelgemüse galt es,
in Sand einzulegen und kühl zu lagern, Hülsenfrüchte möglichst
mäusesicher zu verwahren und Kraut milchsauer zu vergären. Gemüse, aber
auch Früchte wie Kirschen, Ribisel, Stachelbeeren, Marillen, Äpfel,
Birnen, Weingartenpfirsiche, Holler und Zwetschken wurden durch
Einrexen haltbar gemacht, Küchenkräuter, Heilkräuter und Tee mittels
luftiger Trocknung. Für den süßen Hunger gab es auch einiges: Powidl,
„Lekwar", also Marmeladen, Kompotte und Säfte. Sorgfältiges Augenmerk
legten die Hausfrauen auch auf die Aufbewahrung von Nüssen, Mandeln und
Mohn, brauchten sie diese doch stets für Strudel, Kuchen und „Krapferl".
Eine Sonderstellung kommt dem im Dorfmuseum Mönchhof installierten
Grenzübergang von Andau zu. Er verweist auf die Geschichte des
ungarisch-burgenländischen Grenzbereichs in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts. Der originale Grenzbalken und der Nachbau der
Grenzstation erinnern einerseits an die Ereignisse beim Ungarnaufstand
1956, andererseits an die Fluchtbewegung von DDR-Bürgern aus Ungarn
nach Österreich im Jahr 1989. Der vor dem Grenzbalken aufgestellte
Trabant wurde im Jahr 1989 von einem DDR-Bürger auf ungarischem
Staatsgebiet zurückgelassen, als er über die grüne Grenze nach Andau
flüchtete.
DAS ZOLLHAUS
Dieses Gebäude entspricht dem Zollposten von Andau aus dem Jahre 1922,
der 1991 im Zuge der Öffnung neuer Grenzübergänge zwischen Österreich
und Ungarn wieder besetzt wurde. Das Inventar des Zollhauses ist dem
Original von Andau mit Büromöbeln, Dienstkasten, Plänen und Bildern
nachgestellt. Unter dem Begriff „Zoll" oder „Maut" waren schon im
Mittelalter Abgaben der fahrenden Händler zu verstehen, die ihre Waren
von einem Land in ein anderes transportierten. Als dann um 1800 der
Schleichhandel zu blühen begann, wurden für die Zollgrenzen bewaffnete
Wachkörper, die dem Militär unterstellt waren, gegründet und
eingesetzt. Von einer Zollwache moderneren Zuschnitts kann man aber
erst ab 1830 sprechen, als mit der „Gränzwache" ein uniformierter und
bewaffneter Zivilwachkörper ins Leben gerufen wurde. Einen
einheitlichen Zolltarif für Waren gab es ab dem Jahre 1836, sodass
schließlich an allen Grenzen dieselben Maßstäbe galten.
Als 1921 aus einem Teil des deutschsprachigen Westungarns das
Burgenland wurde, musste auch diese neue Grenze zu Ungarn zollgerecht
abgesichert werden. Während der NS-Zeit wurde die Zollwache in die
deutsche Reichsfinanzverwaltung eingegliedert. An den unterschiedlich
farbigen Uniformen - von olivgrün über grün zu grau - lässt sich die
Geschichte nachvollziehen. Zeitgleich mit dem Beitritt Ungarns zur EU
löste man die Zollwache mit 30. April 2004 auf; die Funktion des
Andauer Gebäudes als Zollposten war nun unnötig geworden. Das Haus
wurde ab 1. Mai 2004 nur mehr von der Gendarmerie bzw. Polizei bis zum
Eintritt Ungarns in den Schengenraum am 21. Dezember 2007 als
Grenzkontrollstelle verwendet. Der einstige Grenzbalken zwischen
Österreich und Ungarn bildet nunmehr den Eintritt in ein idealtypisches
Heideboden-Dorf.
Flucht der DDR-Bürger aus Ungarn.
Am 2. Mai 1989 begann Ungarn mit dem teilweisen Abbau seines „Eisernen
Vorhanges" an der Grenze zu Österreich. Dies war für tausende von DDR-
Bürgern, welche in Ungarn urlaubten das Signal für eine mögliche Flucht
in den Westen. Viele kehrten nach Ende ihres Urlaubs nicht mehr in die
DDR zurück und warteten die weitere politische Entwicklung in Ungarn
ab. Viele wollten aber nicht länger in Ungarn ausharren und fuhren in
die Nähe der österreichisch-ungarischen Grenze, um diese illegal zu
überwinden. So gelangten jede Nacht etwa hundert DDR-Bürger nach
Österreich, wobei sie aber notgedrungen ihre Fahrzeuge (hauptsächlich
den Trabant) in Grenznähe auf ungarischem Gebiet zurücklassen mussten.
Dann verbreitete sich in Windeseile die Nachricht, dass am 19. August
1989 an der österreichisch-ungarischen Grenze ein „Paneuropäisches
Picknick" nahe der Stadt Sopron (Ödenburg) stattfinden soll und ein
Grenztor zwischen Sankt Margarethen im Burgenland und Sopronkõhida
(Steinambrückl) in Ungarn symbolisch für drei Stunden geöffnet werde.
Zwischen 600 und 700 DDR-Bürger nutzten den kurzen Moment der Öffnung
des Eisernen Vorhangs zur Flucht in den Westen, nachdem sie zuvor durch
Flugblätter der Veranstalter auf das Picknick aufmerksam gemacht worden
waren. Die ungarischen Grenzorgane reagierten besonnen und schritten
nicht ein.
Zudem warteten aber tausende DDR-Bürger etwas weiter entfernt auf ihre
Chance zum Grenzübertritt, da sie nicht an die Öffnung der Grenze
glaubten und den Versprechungen nicht trauten. Deshalb blieb auch die
Zahl derer, die die Grenze an diesem Tag in Richtung Westen passierten,
auf einige hundert beschränkt. In den Folgetagen wurde die Bewachung
der ungarischen Westgrenze auf Geheiß der ungarischen Regierung aber
wieder verstärkt, so dass nur noch verhältnismäßig wenigen die Flucht
nach Österreich gelang, ehe Ungarn am 11. September 1989 seine Grenzen
für DDR-Bürger endgültig öffnete.
* * *
Trabant 601
Der Trabant 601 war das meistgebaute Modell der Trabant-Baureihe und
wurde unter der Typenbezeichnung P601 von 1964 bis 1990 im VEB
Sachsenring Automobilwerke in Zwickau gebaut. Man musste sich auf eine
Warteliste setzen lassen und bis zu fünf Jahre (und auch länger) auf
die „Zuteilung" des Autos warten.
Technische Daten: 594,5cm³ Zweitakt-Otto Motor mit 17 kW Leergewicht: ca. 620 kg
Viele Fahrzeuge wurden zu DDR-Zeiten auch in die ČSSR, nach Polen und
vor allem nach Ungarn exportiert. Anfänglich galt die Baureihe als
sparsam und robust, später jedoch war sie aufgrund fehlender
Innovationen total veraltet.
Im Untergeschoß des Zollhauses, dem Zollhauskeller, wurde das
abgenommene Schmuggelgut verwahrt, bis es Staatlicherseits abgeholt und
endgültig zerstört wurde. Der Raum diente auch zum Aufwärmen und
Ausruhen der Zollwachebeamten.
Ein großer Teil der Naturzone des Nationalparks Neusiedler See
Seewinkel liegt im Schilfgürtel des Sees. Große Teilflächen davon
bestehen aus den Wasserflächen im Schilfgürtel („Blänken") und der
offenen Wasserfläche des Neusiedler Sees. Hier ist eine Tiergruppe
beheimatet, die im Gegensatz zu den vielen Vogelarten von Besuchern
nicht beobachtet werden kann - die Fische. Der im Nationalpark
geschützte Südteil des Neusiedler Sees unterliegt natürlich einem
ständigen Wasseraustausch mit dem Nordteil. Alle Eingriffe des Menschen
wirken sich damit indirekt auch auf die Naturzone aus. Jahrhundertelang
bildete der Fischfang eine der wichtigsten Lebensgrundlagen der
Bevölkerung in den Seegemeinden. Es waren bis vor wenigen Jahrzehnten
ganz allein die Fischer, die den großen, rätselhaften See und seine
Launen kannten. Die Entwicklung der Fischereiwirtschaft weist aus der
Sicht des Naturschutzes erstaunliche Parallelen zur Bodennutzung im
Seewinkel auf: das Fischereirecht wurde von den Grundbesitzern an
Berufsfischer verpachter. Eine extensive Fischerei nahm aus dem See
das, was da war - die Artenzusammensetzung änderte sich nicht. Auch
nicht nach natürlichen Katastrophen wie Austrocknung oder Durchfrieren
bei Niedrigwasserstand. Und: mangels Kühl- und Transportmöglichkeit
blieb der Abnehmerkreis für den Fang auf die Seeregion beschränkt.
In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts begann die Intensivierung Sie
brachte, ähnlich wie in der Landwirtschaft, sofortiger und einige Jahre
anhaltenden wirtschaftlichen Erfolg, hatte aber auch schwer wieder
rückgängig zu machende Schäden im Ökosystem zur Folge. Einen weiteren
Faktor stellte der starke Eintrag von Nährstoffen in den See dar, bevor
die Abwasserkläranlagen im Einzugsgebiet ibre Wirkung zeigten, Aber
auch die Errichtung des Einserkanals um 1900 beeinflußte durch die
Verbindung mit der Donau die Fischfauna.
Im Forschungsprojekt „Die fischbiologische Untersuchung des Neusiedler
Sees (1990-1993)" wurden Häufigkeit, Verteilung, Populationsstruktur,
Vermehrung, Ernährung, Wachstum und Parasitenbefall erfasst. In der
Frage des aktuellen Zustands der Fischfauna orten die Autoren eine
deutliche Reduktion der Artenzahl, nichtheimische Arten sowie
wirtschaftlich nicht genutzte Weißfische sind zwei der Hauptgründe
dafür. An Vorgaben für das Management werden aufgelistet:
Einstellen des Besatzes von Aal, Gras- und Silberkarpfen. Kontrollierter Besatz mit heimischen Arten.
Halten eines möglichst hohen Wasserstands im Frühjahr. Erhaltung der Schilfkanäle in der Bewahrungszone.
Schilfschnitt und Beweidung im Seevorgelände. Fortsetzung der Verminderung des externen Nährstoffeintrags.
Bestandsreduktion der Weißfische
„WAIDMANNS HEIL!" UND„PETRI DANK!"
Diese Begrüßungs- bzw. Verabschiedungsformeln gelten auch für den
Heideboden, wobei der Jagd früher ungleich größere Bedeutung zukam.
Denn vor allem der hohe Anteil an Brachland - ein Drittel mehr als
heutzutage - bot dem Niederwild einen ausgedehnteren Lebensraum.
Vorwiegend gab es Pacht- und Gemeindejagden. Dabei organisierten sich
die Männer zu Jagdgesellschaften und veranstalteten im Herbst gemeinsam
die Treibjagden auf Wachteln, Schnepfen, Rebhühner, Fasane und Hasen.
Diese Großjagden zählten zu den besonderen Ereignissen im Herbst, das
Hochwild aber schoss man während der gesamten Jagdsaison.
Außerdem führten die Jäger „Baujagden" mit Fallen durch. Diese galten
vor allem den Hasen und Kaninchen. Um sie aus ihren Bauten
herauszulocken, wurden Frettchen als „Jäger" in die Bauten gesetzt.
Über den Bauöffnungen installierte man „Netzhauben", und in Panik
liefen die Tiere dann in die Fallen. Zwischen 1960 und 1970 setzte sich
das „Hobbyjagen" durch: Die Zahl der Eigenjagden nahm zu, und
mittlerweile sind auch Frauen zur Jagd zugelassen.
Im Gegensatz zur Jagd war das Fischen früher eher unbedeutend. Fisch
als Speise galt als Arme-Leute-Essen. Dennoch: In Bächen, Lacken und im
Neusiedlersee selbst betrieb man Stellnetz- und Reusenfischerei,
entweder als „Schwarzfischer" oder aber mit Fischereiberechtigung. Doch
erst mit Aufkommen des Tourismus ab den 1960er Jahren und einem
geänderten Ernährungsbewusstsein in jüngerer Zeit wurden Fische als
Nahrungsmittel attraktiv. Karpfen, Hechte, Zander, Schleien, Brachsen,
Rotfedern und Aale sind heutzutage von den Speisekarten nicht mehr
wegzudenken.
Dorfgasthaus und Telefonzelle
Anleitung: 1. Einwerfen, 2. Hörer abheben, 3. Taster drücken, 4. Wählen u. dann sprechen
Zeitverlängerung: Bei Ablauf der Uhr (d.i. wenn Zeigerende weißes Feld
verläßt) Hebel ganz nach abwärts drücken und loslassen. Nachher
neuerlich einwerfen.
Hörer hiebei nicht aufhängen, ansonsten Verbindung unterbrochen wird und wieder angerufen werden muß.
Bei „Besetzt" oder „Nichtmelden" in der Zelle stehen bleiben und nochmals anrufen.
Nach jedem Gespräch und bei „Besetzt" Hörer gleich aufhängen
DIE GREISLEREI
„Erlebniswelt Einkaufszentrum": Das gab es auch schon früher! Denn das
Warensortiment einer Greißlerei war bunt und vielfältig. Sämtliche
Grundnahrungsmittel sollten stets vorrätig sein. Mehl, Grieß, Reis,
Zucker, Salz, Hülsenfrüchte, Brot und Gebäck, aber auch Essig, Öl, Senf
und Salzgurken durften nicht fehlen. Und im Fasching waren kleine,
sauer eingelegte Heringe wie „Russen" oder „Rollmöpse" besonders
begehrt. Stoffe, Knöpfe, Bänder, Spitzen und jegliches Nähzubehör
mussten ebenso vorhanden sein wie Hygiene- und Kosmetikartikel:
Seifenpulver, Schmierseife, Soda und Bieichmittel („Wäscheblau"),
Kämme, Bürsten, Haarnadeln und -pomade („Brillantine"), ja sogar
Parfum, das man tröpfchenweise kaufen konnte. Geschirr, Töpfe, Eimer,
Weitlinge, Kochlöffel und Keksformen waren in einer anderen „Abteilung"
des Geschäfts untergebracht. Einige Laden der großen Verkaufsstellage
dienten der Verwahrung von Pulverfarben, Mausefallen, Nägeln und
Schrauben. Wieder anderswo wurden die Kerzen aufgehoben und alle
Einzelteile für die damals üblichen Petroleumlampen.
Das Verkaufspult diente als Arbeitstisch und Ablage, aber auch als
„Auslage" für „neu eingelangte" Produkte, z. B. für Suppenwürfel der
Fa. Maggi, frische Samen, Zuckerln etc. Auch die Fenster wurden zu
Auslagen umfunktioniert: Verführerisch lockten hier Zuckerln und
Mannerschnitten. Doch nicht bloß für den Einkauf ging man in die
Greißlerei, sondern auch um zu tratschen und um Neuigkeiten zu erfahren
- in die heutige Museumsgreißlerei bis zum 10. April 1930. Dann musste
sie infolge finanzieller Probleme für immer schließen.
Das Kaufhaus Fuhrmann
Die Greißlerei in Wallern, vormals das Kaufhaus Fuhrmann, wurde 1948
von Hr. Fuhrmann Senior ins Leben gerufen und wird bereits in der
dritten Generation geführt. 1978 übernahm Hr. Fuhrmann Ferdinand Senior
das Geschäft seiner Eltern und die Fläche wurde auf 210 qm ausgebaut.
Schon damals war es sein Ziel, mit der Erweiterung, vor allem auf die
Frische zu setzen und auch Fleisch mit Bedienung zu führen. Mit
Tabakwaren und Lotto/Toto wurde das Sortiment abgerundet. 2008 wurde es
dann von Hr. Fuhrmann Ferdinand Junior übernommen. Mittlerweile umfasst
das Geschäft über 7500 Artikel auf 500 qm. Zusätzlich dazu wird täglich
warmes Essen für die Arbeiter und Bauern aus der Umgebung angeboten.
Außerdem besteht die Möglichkeit, einen Fahrtendienst in Anspruch zu
nehmen, der die Kunden sowohl in das Geschäft als auch von dort wieder
nach Hause bringt.
DAS GASTHAUS
Bis in die 1950er Jahre war der Heideboden vom Fremdenverkehr noch
unberührt. Die Wirtshäuser blieben den Einheimischen vorbehalten, und
dies fast ausschließlich der Männerwelt. Meist gab es mehrere
Gasthäuser im Dorf: am Dorfplatz eines für die reicheren Bauern sowie
Handwerker und eines - das „Huldenwirtshaus" - für die Knechte. Am
Ortsrand stand oft noch ein drittes für die Arbeiter. Die
Bauernwirtshäuser waren in der Regel alteingesessen. Sie verfügten
zumeist über ein gediegeneres Mobiliar und über größere und mehrere
Räumlichkeiten: Gaststube, Extrazimmer, Saal für Kirtage und Ballabende.
Das alltägliche Wirtshausleben aber spielte sich bei allen drei Arten
zumeist in der Gaststube ab. Hier trafen sich die „Stamperltrinker"
schon zum Frühschoppen, tagsüber wurden Geschäfte bei Wein oder Bier
ausgehandelt, und am Abend nach Arbeitsschluss war sowieso immer etwas
los. Viele Männer kamen aus Gewohnheit oder um Karten zu spielen, und
einige, weil sie den Alkohol nicht missen wollten. Des Abends kehrten
überdies Heubauern, Händler und Hausierer, aber auch Landstreicher und
Arbeitsuchende in die Gasthäuser als nächtliche Beherbergungsstätten
ein- Hotels oder Pensionen gab es ja noch keine. Die Wirtshausbänke
oder der Boden dienten so als Schlafplätze. Immer wieder kam es zu
Raufereien - zwischen den „Auswärtigen" untereinander oder auch
zwischen „Fremden" und „Einheimischen". Wurde es dem Wirt zu bunt, ließ
er das Schankgitter herunter: Dies verstanden alle Gäste als
untrügliches Zeichen, sich zu beruhigen und ihre Schlafplätze nicht
weiter zu gefährden.
DER DORFPLATZ - ZENTRUM DES GEMEINSCHAFTLICHEN LEBENS
Als Mittelpunkt des Dorfraumes wie auch des sozialen Lebens hatte der
Platz viele Funktionen. Alles in allem war er der wichtigste
öffentliche Raum und gleichzeitig Spiegel der dörflichen Verhältnisse,
der ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen. Der Dorfplatz war
Treffpunkt für alle: für Großbauern und Kleinhäusler, für Handwerker
und Gewerbetreibende, für Dorfhonoratioren und Arme, für Männer, Frauen
und Kinder, aber auch für die von draußen in den Ort Kommenden, die
Händler, Hausierer und Bettler.
Auf dem Dorfplatz wurden die Verlautbarungen ausgetrommelt, sowohl
amtliche Benachrichtigungen und Verordnungen als auch sonstige für das
Gemeinwesen wichtige Nachrichten. Hier wurden die großen Märkte
abgehalten - vor allem zu Georgi (23.4.) und Kathrein (25.11.) - und zu
allen Zeiten die politischen Versammlungen veranstaltet. Über ihn
bewegten sich die Hochzeitszüge und die Prozessionen zu Fronleichnam.
Auf ihm waren aber auch die öffentlichen Einrichtungen situiert: das
Gemeindeamt, das Postamt und die Schule. Ebenso trachteten die
Handwerker und Geschäftsleute ihre Betriebe möglichst zum Dorfplatz hin
auszurichten: die Greißlerin mit ihrem kleinen Fenster als Auslage, die
Gastwirte mit den Werbeschildern und Eingangstüren und auch die Post
mit ihrer einst neuartigen Telefonzelle.
DIE SCHULE
Als Folge der Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg kam das Burgenland 1921 zu Österreich.
Die folgenden zwei Jahrzehnte waren von der Anpassung der ungarischen
Schulgesetze an jene in Österreich geprägt. Eine Besonderheit des
damaligen Schulwesens war die konfessionelle Ausrichtung, die bis 1938
bestand. Für die ethnischen Minderheiten - Kroaten, Roma und Ungarn -
standen keine eigenen Schulen zur Verfügung. Die neu festgelegte
österreichisch-ungarische Staatsgrenze bedingte den Verlust der
mittleren und höheren Schulen. Diese lagen nun in Ungarn, in Raab und
Ödenburg bzw. in Preßburg, das damals zur Tschechoslowakei gehörte.
Lediglich sieben Bürgerschulen - die späteren Hauptschulen - und das
evangelische Gymnasium in Oberschützen standen für eine weiterführende
Schulbildung offen.
Die örtliche Schulaufsicht über die Dorflehrer hatten die Pfarrer.
Diese waren die Inhaber des sogenannten Schulstuhls. Von ihnen
erhielten die Lehrer sämtliche Anweisungen. Der größte Teil der Kinder
besuchte lediglich die Volksschule. Noch dem ungarischen System
entsprechend galt bis 1932 die sechsjährige Schulpflicht. Dann mussten
die Kinder für zwei weitere Jahre den „Wiederholungsunterricht" an
Sonntagen besuchen. Er diente vor allem der religiösen Unterweisung.
Die Anzahl der Schüler pro Lehrer war hoch: 40 bis 80 Kinder.
Dementsprechend wurde mehrstufig in Gruppen unterrichtet. Die einen
lernten mit dem Lehrer rechnen, die anderen schrieben auf ihren
Schiefertafeln, die dritten mussten still beschäftigt werden: mit
Lesen, Zeichnen ... Unter derartig widrigen Lernbedingungen konnte sich
ein höherer Bildungsstand kaum entwickeln.
DAS HALTERHAUS
Das kleine Halterhaus im Museum ist ein Beispiel für das Wohnen und
Wirtschaften einer armen Häuslerfamilie. Dementsprechend einfach war
auch das Wenige, das man besaß: Mobiliar, Geschirr, Wäsche, ein paar
Bilder. Das Haus, in dem bis zu zehn Personen lebten, bestand lediglich
aus drei Räumen: aus einer kleinen Speisekammer mit „Selch", einer
Küche und einem Schlafraum. Die Küche war, außer im Hochsommer, der
eigentliche Wohnraum der Familie, in dem sich das tägliche Leben
abspielte. In der kühlen und kalten Jahreszeit war sie der einzig
beheizbare Raum im Haus.
Als „Halter" bezeichnete man die Viehhirten. Sie waren für den
täglichen Austrieb und das Hüten wie auch für das Heimtreiben des
Weideviehs zuständig. Halter zu sein, entsprach allerdings keiner
Berufswahl, denn: „Zum Halter wurde man geboren!" Kaum einer vermochte
sich im Laufe seines Lebens aus dieser niedrigen sozialen Position zu
befreien. Die Halter standen bei der Gemeinde im Dienst. Ihr
Arbeitsverhältnis dauerte von 12. März bis 11. November. Zu „Martini"
war Zahltag - und der Lohn bescheiden: ein paar Lebensmittel und ein
wenig Bargeld, abgesehen vom freien Wohnen das Jahr über. In jedem Ort
waren mehrere Halter beschäftigt. So gab es Ross- und Ochsenhalter,
Kuh- und „Gnäu"-, also Jungviehhalter, Sauhalter und schließlich die
„Ganslhalter", die zu den Ärmsten im Dorf zählten.
PLAFONDS
In den meisten Räumen der Wohnhäuser waren die Plafonds mit
Stuckaturverputz versehen. Die Stuckatur bestand aus Schilfmatten, die
mit einem „fetten", also sehr kalkhältigen Mörtel auf den
Mattenuntergrund überzogen wurden. Die vorderen, also die „schönen"
Stuben hingegen hatten oft schwere Holztramdecken, in deren mittleren
Durchzugsbalken die Zimmerleute die Jahreszahl der Entstehung und oft
auch die Initialen der Besitzer schnitzten. Für den Glanz des Holzes
sorgten die Hausleute selbst, indem sie die Tramdecken regelmäßig mit
„Stierblut" einließen.
KOTZIEGEL
Die beiden Hauptbestandteile dieser Ziegel sind Erde und Wasser. Aber
erst das richtige Mischungsverhältnis garantierte auch haltbare Ziegel.
Der „Kot", also die Erde und das Wasser, wurde in Model gefüllt und
luftgetrocknet. Jeder Hausbauer stellte seine Kotziegel selbst her und
gab ihnen manchmal auch ein Monogramm. Nach Errichtung der Außenmauern
und Innenwände zog er anschließend den Lehmmörtel auf und weißigte mit
Kalkmilch darüber. Um 1900 kamen dann die farbigen „Randl" auf
unterhalb der Hohlkehlen der Plafonds: entweder in Form von schmalen
bunten Linien oder mittels schablonierter farbiger Musterstreifen.
DER FRISEUR
Ehedem wurde der Friseurberuf nur von Männern ausgeübt, und in jedem
Ort gingen mehrere diesem Gewerbe nach. Auch die Kunden waren
vorwiegend Männer: in erster Linie, um rasiert zu werden, und erst in
zweiter Linie, um das Haar geschnitten zu bekommen. Daher war die
übliche Bezeichnung auch nicht Friseur, sondern „Rasierer". Es gab
ausschließlich Nassrasuren. Daher mussten Seifenschaum, Rasiermesser
und Streichriemen stets griffbereit sein. Der Haarschnitt hingegen
wurde „trocken" vorgenommen: mit der Haarschere oder der mechanischen
Haarschneidemaschine. Um der neuen Frisur Glanz und Form zu geben,
verwendeten die Friseure gerne noch etwas Pomade, die
berühmte,,Brillantine".
Frauen gingen selten zum Friseur, denn zumeist trugen sie lange Haare, zu Knoten oder Rollen hochgesteckt.
Lediglich zum Kirtag, zu Hochzeiten und Bällen zählten auch sie zu den
Kunden. Ihnen zauberte der Friseur dann Wellen oder Locken mit dem
Onduliereisen in das Haar. Das notwendige Abkühlen der oft zu heißen
Brennscheren, wie die Onduliereisen landläufig bezeichnet wurden,
erzeugte ein ganz spezifisches, klapperndes Geräusch, das vielen Frauen
noch gut in Erinnerung ist. Erst ab den 1950er Jahren wurde das
„Zum-Friseur-Gehen" auch für die weiblichen Mitglieder der
Dorfgesellschaft üblich, während sich Männer hingegen immer seltener
rasieren ließen.
BRENNSCHEREN
Mit den erwärmten bzw. heißen Brennscheren („Onduliereisen") wurden die
langen Haare zu Stoppellocken eingedreht. Als Öfchen diente ein
Kartusche, die auf Spiritusbasis erhitzt wurde.
DER SCHNEIDER
Fast in jedem größeren Ort des Heidebodens betrieben, neben
Hausnäherinnen, mindestens ein bis zwei männliche Schneidermeister für
Damen- und Herrenbekleidung ihre Werkstätten. Vor allem vor den
Kirtagen herrschte dort dann Hochbetrieb, denn für diese Feste musste
immer etwas „Neues" her. Die Burschen ließen sich einen modischen Anzug
anfertigen, die Mädchen sogar bis zu drei Kleidungsstücke nähen: ein
Kostüm für den Kirchgang, ein duftiges Sommerkleid für den
nachmittäglichen Tanz und ein festlicheres für das abendliche
Erscheinen auf dem Tanzboden. Die Stoffe brachten die Kunden entweder
selber mit oder suchten sie aus Musterbüchern beim Schneidermeister
aus. Einige wenige hatte der Schneider auch auf Lager.
Die Einrichtung der Werkstätten blieb auf das Nötigste beschränkt:
Nähmaschine, Nähzubehör, Zuschneide- bzw. Bügeltisch, Bügeleisen,
Formhölzer und Modejournale. Spiegel, Kleiderständer, Schneiderpuppe
und Stellagen für die Stoffe ergänzten das Inventar. Ab 1960 kamen
vermehrt Textilgeschäfte und Kaufhäuser auf, die günstige
Oberbekleidung „von der Stange" anboten. Nun hatte der Dorfschneider
ausgedient - und damit verschwand auch die nette Gelegenheit für einen
kurzen Tratsch.
DER SCHUSTER
Der Schuhmachermeister war, ebenso wie der Schneider, eine geachtete
Persönlichkeit im Dorf, denn auch er musste äußerst sorgfältig
arbeiten. Zu seinen Kunden zählten vor allem wohlhabende ältere Frauen,
seltener Männer, die sich von ihm regelmäßig Pantoffel, Schuhe oder
Stiefel anmessen ließen, aber auch bereits getragene zum Reparieren
brachten. Die Entlohung erfolgte nicht immer sofort, sondern häufig
„auf Anschreiben" bzw. „auf Abzahlen". Die Folge war für die ärmeren
Schuster, dass sie bloß schlechtes Leder einkaufen und verarbeiten
konnten. Die Qualität ihrer Produkte war demnach gering, und sie
mussten allmählich zu Flickschustern absteigen.
Zu den Kunden dieser Schuster zählten dann auch meist nur die ärmeren Dorfbewohner.
Die Werkstätten waren sehr einfach eingerichtet: Schusterwerkzeug,
Nähmaschine, Klebepresse, Schuheisen, Dreifuß, Nagelständer mit
verschiedenen Füßchen, ein Kasten für die hölzernen Schuhleisten und
Spanner, Lederflicken, Absatzeisen und sonstiges Zubehör. Wichtig war
außerdem eine gute Lichtquelle, weshalb der Schuster immer in
Fensternähe arbeitete. Erst ab Mitte der 1960er Jahre kam es zu
Veränderungen. Die „Krise des Handwerks" zwang auch die
Schuhmachermeister des Heidebodens, ihre Betriebe personell zu
reduzieren. Darüber hinaus mussten sie, parallel zur Flickschusterei,
auf den Detailverkauf von Schuhen aus Fabriken übergehen.
DER MAURER
Äußerst differenziert war die Berufsgruppe der Maurer: Es gab die nur
in größeren Ortschaften ansässigen und am besten ausgebildeten
Baumeister sowie die in jedem Ort arbeitenden Maurermeister mit
Lehrlingen und Gesellen. In wirtschaftlichen Notzeiten trachteten viele
Männer außerdem, sich zumindest noch als Hilfsmaurer zu verdingen. Die
Baumeister waren für die Neubauten zuständig, die Maurermeister
hingegen bloß für Zu- bzw. Umbauten und Verputzarbeiten. Die
entsprechenden Skizzen und Pläne wurden in Absprache mit den Kunden vom
Meister gezeichnet, die Ausführungen oblagen dann den Gehilfen - ab dem
beginnenden Frühjahr bis in den Herbst hinein. In den Wintermonaten
erzeugten die besser gestellten Maurerbetriebe auch Dachziegel aus
Beton mittels einer speziellen Maschine. Darüber hinaus gab es stets
Büroarbeiten zu erledigen: Pläne zeichnen, Abrechnungen machen,
Schuldner mahnen... Ab den 1960er Jahren kam infolge mangelnder
Aufträge die große Wende. Zunehmend mussten sich viele Maurer als
Pendler verdingen, oftmals nach Wien - und die Dörfer wurden unter der
Woche auch deshalb immer „männerloser".
DER TISCHLER
In einer Tischlerei waren häufig zwei bis drei Gesellen und ebenso
viele Lehrlinge beschäftigt. Denn der Tischlermeister hatte mehrere
Funktionen inne. Er war Möbel-, Bau- und fallweise auch Sargtischler.
Die Wohnmöbel wurden zumeist im Winter hergestellt, ab dem Frühjahr
kamen die Aufträge für die Bautischlerei: Fenster- und Türstöcke
zimmern und einbauen, Reparaturarbeiten übernehmen. Die Sargherstellung
fiel das ganze Jahr hindurch an und umfasste zusätzlich die
Auspolsterung und Verzierung sowie die Ausstaffierung der Särge mit
Spitzen und Borten. Der Frau des Tischlermeisters kam überdies das
Anfertigen und Beschriften der Kranzschleifen zu.
Das Holz für sämtliche Aufträge kaufte der Tischlermeister direkt bei
den Holzhändlern der näheren Umgebung. In der Werkstatt wurde es dann
weiter verarbeitet: auf der Hobel-, Drechsel- oder einfachen Werkbank.
Alle Arten der Hobel, Zwingen, Sägen, Bohrer und Feilen mussten immer
am gleichen Platz aufbewahrt werden. Denn die Werkstatt war klein, und
manchmal hatte sogar ein Geselle oder Lehrling seinen Schlafplatz
ebendort. Ab den 1950er Jahren bezogen viele Bewohner der Region mehr
und mehr ihr Wohnmobiliar aus Einrichtungshäusern. Die Tischler mussten
sich nunmehr zum überwiegenden Teil auf die Bautischlerei beschränken.
Manche konnten sich noch mit der zusätzlichen Herstellung von Särgen so
recht und schlecht über Wasser halten. Kleinere Betriebe aber hatten
keine Überlebenschancen.
FURNIERPRESSE
Sie diente der Holzbearbeitung. Mit ihr wurde minderwertiges Holz mit
edleren Holzblättern (Furnier) mittels erhitztem Tischlerleim
gleichmäßig zusammengeklebt und somit veredelt. Die hier gezeigte
Presse stammt aus den 1920er Jahren.
DER SCHMIED
In jedem Ort existierte zumindest eine Schmiede. Sie befand sich
aufgrund feuerpolizeilicher Verordnungen möglichst am Dorfrand, umgeben
von hohen Bäumen, um den Funkenflug in Richtung Ortszentrum abzuwehren.
Auch die soziale Stellung des Schmieds war eher randständig, wurde doch
seine Arbeit - wohl sehr zu Unrecht - mit „schmutzig" und damit auch
minderwertig assoziiert. Der Schmied hatte stets viel zu tun:
Beschlagen der Pferde und Ochsen, Herstellung von Werkzeug und diversen
Eisenteilen für landwirtschaftliche Geräte sowie Reparaturarbeiten.
Seine Entlohnung erfolgte sofort nach erbrachter Leistung in bar,
musste er doch das Roheisen immer parat haben. Lediglich für das
Schärfen von Pflugscharen zahlten die Bauern in Naturalien: Getreide
und Wein.
Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts verloren die Huf- und Wagenschmiede
immer mehr an Bedeutung. Im Zuge der Technisierung der Landwirtschaft
wurde das Zugvieh von Traktoren abgelöst, die geschmiedeten Werkzeuge
durch industriell gefertigte ersetzt. Viele Schmiedemeister gaben nun
ihren erlernten Beruf ganz auf, andere suchten in einer ähnlichen
Berufssparte erfolgreich zu sein, wie beispielsweise in der eines
Landmaschinen-Mechanikers.
KEGELN: DAS „SCHNUR-" UND PARTIESCHEIBEN"
Als Besonderheit im Heideboden galt das Kegeln mit nur drei Figuren. Es
war ausschließlich den Männern vorbehalten. Gespielt wurde fast immer
um Geld - in den 1950er Jahren 5 bis 10 Schilling pro Spieler; nur
selten ging es um „Bensdorp"-Schokolade oder Schnitten. Je mehr Männer
spielten, desto höher waren die Gewinne. Davon mussten jedoch die
Kegelbuben und der Wein für alle Teilnehmer bezahlt werden. Reich
wurden die „Könige des Kegelscheibens" jedoch kaum, die Wirte als
Betreiber der Kegelbahnen hingegen machten an manchen Tagen ein ganz
gutes Geschäft
Es gab zwei Spielversionen:
Beim „Schnurscheiben" konnte jeder mitspielen, und jedem „Scheiber"
standen drei Schübe zu. Ziel war, möglichst alle drei Kegel auf ein Mal
umzuwerfen. Traf man jedoch nur einen oder zwei, so ergab dies auch nur
einen oder zwei Punkte. Bei gleicher Punktezahl zwischen den Spielern
kam es zum „Stechen": Jeder von ihnen hatte nun noch einmal drei
„Schub". Man spielte so lange bis es einen Sieger gab. Er hatte dann -
wie man sagte - „die Schnur abgezogen".
Das „Partiescheiben" hingegen war ein Mannschaftsspiel. Eine Partie
bestand aus vier bis zehn Männern, die gegnerische aus ebenso vielen.
Auch hier hatte jeder Spieler drei Schübe auf die Kegel, wobei erst
wieder neu aufgestellt wurde, wenn alle drei Spielfiguren zu Fall
gebracht waren. Die Zahl sämtlicher getroffener Kegel bildete
schließlich das Gesamtergebnis für die Partien.
Gemeindeorganisation und Gemeindeamt
Bis 1921 wurden die Gemeinden im Heideboden - gemäß ihrer staatlichen
Zugehörigkeit - nach ungarischem Recht verwaltet bzw. von drei
unterschiedlichen Gewalten bestimmt. Eine davon war die Kirche, die neben der Wahrnehmung der religiösen
Aufgaben auch für das Schulwesen zuständig war. Im Burgenland als bis
heute gemischtkonfessionellem Gebiet gaben je nach
Religionszugehörigkeit der Gemeinden entweder die Presbyter in den
evangelischen oder die Pfarrer in den katholischen Dörfern den Ton an.
Die zweite, gewichtige Instanz war die „Urbarialgemeinde", in der alle
Grundbesitzer eines Dorfes ihre Vertretung hatten. Der Urbarialgemeinde
standen der Obmann, der für die Finanzen zuständige „Kämmerer" und der
Schriftführer vor. Dieses Gremium war in erster Linie für die
wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde verantwortlich. Dazu zählten
auch der Einkauf des Zuchtviehs, die Führung der Halterhäuser, der
Stierställe und Hengststationen.
Die dritte Gewalt bildeten die Gemeinderäte mit dem Bürgermeister an
der Spitze. Sie wurden üblicherweise als „Gmoaherren" bezeichnet oder
aber auch als „Geschworene und Richter", da sie - nach ungarischem
Recht auch die kleine Gerichtsbarkeit auszuüben hatten. Sie waren für die Verwaltungsangelegenheiten nur geringfügig
verantwortlich. Diese oblagen dem „Notär", der amtlicherseits nach 1921
als „Amtmann" bzw. „Sekretär" bezeichnet wurde. Er mußte die Matura
nachweisen und war nicht zuletzt auch deshalb gesellschaftlich
besonders angesehen. Da er über die Verhältnisse im Dorf bestens
Bescheid wußte und darüber hinaus die offzielle Kontaktperson zur
Bezirkshauptmannschaft war, konnte sein Einfluß groß sein. Oftmals
folgte deshalb ein Bürgermeister den Empfehlungen seines Amtmannes.
* * *
KANZLEI UND AMTSSTUBE
Jeder Gemeinde stand der Bürgermeister vor. Er hatte jedoch keine
regelmäßigen Amtsstunden, sondern kam nur bei Bedarf. Der „Amtmann"
hingegen war täglich dort anzutreffen. Als wichtigste Person und rechte
Hand des Bürgermeisters leitete er das Gemeindeamt, bereitete die für
Amtshandlungen notwendigen Unterlagen vor und bestimmte in so manchen
Fällen auch die Geschicke des Ortes entscheidend mit.
Ihm zur Seite arbeitete die Kanzlistin in einem eigenen Raum. Dort
spielte sich auch der tägliche Parteienverkehr ab. Daher war ihr
Arbeitsbereich von jenem der Parteien zumeist durch eine
Holzgitterkonstruktion abgegrenzt. In der Amtsstube gingen Amtmann und Bürgermeister ihren Pflichten nach.
Dem Bürgermeister oblag die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung
und Sicherheit im Dorf. Der Amtmann hingegen war die offizielle
Kontaktperson zur Bezirkshauptmannschaft. Darüber hinaus fungierte er
auch als Standesbeamter. Das war am Dienstag vormittags, dem üblichen
Hochzeitstermin vor der kirchlichen Trauung.
In den 1960er Jahren hielt die „neue Zeit" auch in den Gemeindeämtern
der Region ihren Einzug. In den komfortableren, neuen Gebäuden bekam
jeder Gemeindebedienstete seinen eigenen Arbeitsraum, der Bürgermeister
ein eigenes Sitzungszimmer, und auch der Standesbeamte hielt ab dann
seine Zeremonie in festlicherem Rahmen ab.
DIE ORDINATION
Der „Herr Doktor" war stets ein vielbeschäftigter Mann. Als
Allgemeinmediziner und Chirurg für kleinere Eingriffe, als Internist,
Geburtshelfer, Gynäkologe und Zahnarzt hatte er oft drei bis vier
Ortschaften zu betreuen. Dieses Kreisarztsystem änderte sich erst nach
1945. Ab dann war der Arzt nur für jenes Dorf zuständig, in dem er auch
seinen Wohnsitz hatte. Ordiniert und logiert wurde jeweils im
Gemeindeamt. Ab den 1960er Jahren kamen Praxis und Wohnung dann oft ins
neu gebaute, eigene Haus. Tag und Nacht erreichbar aber blieb der
Doktor für seine Patienten trotzdem. Entweder man suchte ihn in seiner
Ordination auf oder man bat ihn um einen Hausbesuch. Beides jedoch
wollte gut überlegt sein, denn die Arztkosten waren verhältnismäßig
hoch und Krankenversicherungen noch lang nicht eingeführt.
Dennoch sah man den örtlichen Doktor häufig: zu Fuß oder mit einer
Kutsche fahrend, ab den 1950er Jahren auf dem Motorrad, später auch im
Auto. In dringenden Fällen konnte es dann vorkommen, dass der nunmehr
motorisierte Herr Doktor seinen Patienten sogar ins Spital nach Kittsee
brachte. So wird es zumindest vom „alten" Doktor Rosenauer, Mönchhofer
Gemeindearzt von 1950-1984, erzählt. Von ihm stammt auch ein großer
Teil der Einrichtung der Museums-Ordination.
DAS POSTAMT
Die Entwicklung eines rasch funktionierenden Postverkehrs für den
Heideboden verlief nur langsam. Bis zur Einrichtung eigenständiger
Postämter sollte es bis in die 1930er Jahre dauern. Davor war der
Brief- und Paketdienst einem Privathaushalt oder einer Greißlerei
angeschlossen. Die Menschen mussten, in Ermangelung öffentlicher
Briefkästen, ihre Post zu diesen Stationen bringen, von wo die
Sendungen per Postkutsche bzw. -autobus über Neusiedl weiter expediert
wurden. Die Zustellung eingelangter Post oblag dem örtlichen
Briefträger, der damals seine Aufgaben noch nicht in Dienstkleidung
versah.
Ab den dreißiger Jahren erhielten die Gemeinden dann zentral gelegene
Postämter. Schon von weitem waren diese Behörden durch das staatliche
Amtsschild und die gelb-schwarzen Briefkästen an den Fassaden
erkennbar. Die Einrichtung des Amts selber war einfach und zweckmäßig.
Ein Holzverbau mit Sichtfenstern ermöglichte die ungestörte Verrichtung
der Arbeit bei gleichzeitiger Wahrung des Postgeheimnisses. Mit Beginn
der 1950er Jahre bot die Post auch Telegramm- und Telefondienste an,
die Briefträger erhielten Amtsuniformen, der Postverkehr wurde mehr und
mehr ausgebaut und technisiert. Und in den 1960er Jahren schließlich
erfolgte an zentralen Stellen nahe der Ämter die Errichtung
öffentlicher Fernsprechanlagen, der „Telefonhütt'n", wie sie im
Heideboden genannt wurden.
DAS AMTSWESEN - STAATLICHE ORDNUNG UND SORGE FÜR DAS GEMEINWOHL
Die obrigkeitlichen Einrichtungen im Burgenland waren bis weit in die
Erste Republik noch vom ungarischen Verwaltungssystem geprägt. Als
Folge der neuen Staatszugehörigkeit zu Österreich musste jedoch das
ungarische Verwaltungswesen dem nunmehr österreichischen angepasst
werden, was erst nach und nach verwirklicht werden konnte. In vielen
Ortschaften wurden nun die Gemeindestuben zu Ämtern ausgebaut und
zusätzliches Personal aufgenommen, um das Mehr an Arbeit bewältigen zu
können.
Die Verwaltungskräfte im Amt waren häufig Frauen, die mit ihrem „Beruf
verheiratet" waren, neben ihrer Dienststelle wohnten und so dem Amt
fast Tag und Nacht zur Verfügung standen. Entsprechend wussten sie über
alle amtlichen Vorgänge Bescheid, kannten aber auch die Sorgen und
Nöte, Freuden und Wünsche aller das Amt aufsuchenden Bewohner. In
gewisser Weise waren sie Amts- und Vertrauensperson gleichermaßen. In
den Gemeindeämtern waren jedoch nicht nur die Räumlichkeiten für die
Kanzleikraft und den Amtmann bzw. den Bürgermeister untergebracht,
sondern oft hatten hier auch der Gemeindearzt und die Hebamme ihre
Ordination. Fallweise kam auch der Gemeindediener ins Amt, um jene
Nachrichten, die das Gemeinwohl betrafen, entgegenzunehmen. Dazu
zählten Versteigerungstermine, Besuche des Tierarztes etc., die von ihm
ausgetrommelt und verlautbart werden mussten.
LÜFTUNGSSTEINE
Auf dem Dachboden lagerte das Getreide. Um zu verhindern, dass die
Frucht dort feucht wird oder gar schimmelt, musste der Dachboden immer
gut durchlüftet sein. Deshalb wurden sogenannte Lüftungssteine in die
Dachgiebel eingesetzt. Sie bestanden aus Holz, Gips oder Keramik; auch
ihre Gestaltung fiel unterschiedlich aus. Je nach handwerklichem
Geschick der Erbauer waren sie einfacher oder kunstvoller geformt: als
stilisiertes Kreuz, als Rad, als Blatt oder Blüte. In ihrer jeweiligen
Anordnung aber strukturierten sie zusätzlich die Giebel der Häuser und
putzten so auch die Hausfassaden heraus.
DIE FEUERWEHR - SICHERHEIT FÜR DAS GEMEINWESEN
Verheerende Feuersbrünste vernichteten im Laufe der Jahrhunderte oft
ganze Dörfer, denn die Gehöfte waren ausschließlich mit Schilf
eingedeckt. Maria Theresia verordnete deshalb für alle Dorfbewohner
eine allgemeine Hilfspflicht: Hinter jedem Haus mussten stets ein
gefülltes Wasserschaff bereit gehalten und zwischen den Häusern Bäume
gepflanzt sein, um auf diese Weise den Funkenflug zu erschweren. Und
die Nachtwächter waren unter anderem verpflichtet, aufloderndes Feuer
sofort zu melden.
In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts kam es dann zum
Zusammenschluss von freiwilligen Helfern zu Feuerwehr-Verbänden.
Während beider Weltkriege übernahmen Frauen den Dienst, danach
besetzten die Männer wieder diese Positionen. Die Weiterentwicklung der
Löschgeräte machte schließlich den Bau von Feuerwehr-Depots notwendig.
Im „Spritzenhäusl" des Museums ist die erste Spritze aus der Gemeinde
Parndorf zu sehen, eine Handdruckspritze aus dem Jahre 1906. Besonders
eindrucksvoll sind die Löscheimer und Schläuche auf dem alten
Spritzenwagen. Kaum vorstellbar, dass damit größere Feuersbrünste
gelöscht werden konnten. Vor dem Feuerwehrwagen ist außerdem eine
einfache Maschine zum Waschen der Schläuche zu sehen.
DIE LICHTSPIELE
Einige Zeit nach dem Ersten Weltkrieg hielt auch am Heideboden die neue
Attraktion des frühen 20. Jahrhunderts Einzug: das Kino. In Mönchhof
etwa stellte 1928 Herr Johann Erlacher, Schrotmühlenbesitzer aus
Tadten, das „Ansuchen um pachtweise Überlassung des Gemeindegasthauses
Nr. 142 für Kinozwecke". Er erhielt allerdings nur zwei Viehställe für
drei Jahre zugewiesen und zudem die Verpflichtung, diese kinomäßig
auszustatten. Außerdem musste er an den spielfreien Tagen den
„Kinosaal" für Tanzunterhaltungen zur Verfügung stellen. Bis 1939
betrieb dann Josef Szaga, ein „Doktor aus Deutschkreuz", ein
„Wanderkino". Alle 14 Tage kam er auch nach Mönchhof und baute in den
als Kino einfachst adaptierten Viehställen seinen mit Generatorstrom
betriebenen Projektor auf. Noch waren es Stummfilme, bald aber folgten
Tonfilme.
„Drei Tage Kasernenarrest" war der erste Tonfilm, der in Mönchhof
vorgeführt wurde. Mit ihm hatten die neuen Pächter des
Gemeindegasthauses auch ihren Einstand als neue Kinobetreiber begangen:
Die Ställe waren zu einem Kinosaal umgebaut worden, und statt auf
wackeligen Bänken saß man bald auf Kinosesseln. Während der Kriegsjahre
war das Kino sehr populär, und oft kamen bis zu 150 Besucher. An
Sonntagen gab es zwei Vorstellungen mit von der NS-Leitung
„freigegebenen" Filmen. So circa alle drei Wochen zeigte ein von
auswärts angereistes Team in Uniform mittels eigens mitgebrachter
Projektoren Propaganda- und Kulturfilme sowie Wochenschauen.
Mit 1. April 1945 wurden Gasthaus und Kino als Unterkünfte für
Sowjet-Soldaten requiriert. Mobiliar und technische Kinoeinrichtung
gingen verloren. Dennoch pachtete 1946 der einstige Operateur, Herr
Josef Moispointer, die Kino-Räumlichkeiten. Und am 17. November konnten
mit dem Film „Schrammeln" die Mönchhofer Lichtspiele wieder eröffnet
werden. Von der Leinwand flimmerten in den Folgejahren
Unterhaltungsfilme wie etwa „Man rede mir nicht von Liebe", „Ein Blick
zurück" und selbstverständlich „Sissi". Stars wie Romy Schneider, O. W.
Fischer, Hannerl Matz, Hans Holt und Maria Schell wurden rasch zu
Traumfiguren. 1951 kaufte Herr Moispointer schließlich das Kino, baute
es abermals um und stattete es neu aus. 1964 stellte er einen eigenen
Vorführer ein. Passierten technische Pannen wie Filmrisse oder
Tonausfälle, so begaben sich die Besucher kurzerhand nebenan ins
Gasthaus. Manchmal kam auch der Wirt in den Saal herüber und bot
lautstark „Bluna und Wurstsemmeln" an. Im Kassaraum stand außerdem ein
kleiner Tisch mit Zuckerln.
Als 1956 für das Gastzimmer des Wirtshauses der erste Fernsehapparat
angeschafft wurde, um Toni Sailer bei der Winterolympiade zu sehen,
tauschten viele Besucher die Kinosessel gegen Wirtshausstühle ein. Der
Kinobesitzer bot daher wöchentlich „Männerabende" an: Filme über Krieg
und Fremdenlegion, aber auch Wildwestfilme - die drittklassigen
„Fuzzy"-Filme sind noch vielen in Erinnerung. Dennoch: Die Zeit der
Lichtspiele Mönchhof ging zu Ende. 1982 erfolgte die endgültige
Einstellung des Betriebes. 1997 jedoch wurde das Kino samt allen
technischen Geräten in das Museum transloziert und wieder aufgebaut.
Fallweise und auf Bestellung wird es nun wieder bespielt.
Kostümierung beim örtlichen Fotografen
DAS FOTOGESCHÄFT DES EDMUND GROSZ
Aufgewachsen ist Herr Edmund Grosz in Neusiedl, seine Lehre zum
Fotografen absolvierte er in Bruck a. d. Leitha. Dann folgten
Berufsjahre in Wien als Angestellter, selbstständig machte er sich 1976
schließlich wieder in Neusiedl. Die sorglosesten und einträglichsten
Jahre hatte er zu jener Zeit, als für ein Visum nach Ungarn noch zwei
Passbilder nötig waren. Als 1979 diese Vorschrift fiel, suchte er ein
neues Standbein. Er fand es, neben dem Verkauf und Entwickeln von
Filmen, in der Produktion von Ansichtskarten: an die 10.000 Stück.
Bevor die Digitalkameras die Fotowelt zu erobern begannen, verkaufte er
2002 sein Geschäft, gerade noch bei gutem Wind.
Während seiner Berufsjahre begann er leidenschaftlich, gemeinsam mit
seinem Sohn, Fotoapparate zu sammeln. Jeden Dienstag fuhren sie nach
Wien zur Firma „Orator" und kauften, was ihnen gerade besonders gefiel.
In der Pension sollten dann alle Fotoapparate gereinigt, in Ordnung
gebracht und aufgestellt werden. Doch sein Interesse hat schlussendlich
nachgelassen - nunmehr ist die Sammlung Grosz im Museum verwahrt. So
finden sich Studiokameras auf massiven Stativen, die für Aufnahmen im
Fotoatelier verwendet wurden. Im obersten Regal an der Stirnseite
lagern Faltkameras aus Holz mit beweglichen Standardbalgen in
Ziehharmonikafaltung. In einem anderen gibt es die
Kleinbildplattenfaltkameras, aber auch die Kleinbildrollfilmkameras zu
sehen, letztere aus den Lieferjahren 1927-1959. Und so manche
Urlaubsfotos der frühen Nachkriegsjahre entstanden mit den schon
preiswerteren Boxkameras. Selbstverständlich war das Geschäft mit einer
gut funktionierenden Dunkelkammer und mit einem „fein arrangierten"
Fotoatelier ausgestattet: für Aufnahmen von Hochzeitspaaren, Familien
und Kindern.
FLIESENBÖDEN
Bereits um 1900 modernisierten manche Gewerbetreibende ihre Lokale mit
Böden aus Steingutfliesen. In die Haushalte, in die Küchen und
Vorhäuser, fanden sie erst in den 1950er Jahren Eingang. 30 x 30 cm im
schwarz-weißen Schachbrettmuster oder 17 x 17 cm oder 10 x 10 cm in
bunter Musterung waren die üblichen Spielarten für Bodengestaltungen.
Doch dann, im Heideboden in den 1960er Jahren, trat das Linoleum seinen
Siegeszug an: Nun legte man alles damit aus: Küchen und Gänge eher
einfarbig, Wohnzimmer und Schlafräume mit Belegen in allen erdenklichen
Mustern und Farben und so mancher Schiffboden wurde dadurch auch
abgestickt!
DIE SCHÖN GEWALZTE WAND
Die vordere Stube war das Vorzeigezimmer jeder Familie. Daher
verschönte man vor allem deren Wände mit sehr aufwendigen, blumigen
Mustern in klaren Farben: ein schönes Hellblau, ein kräftiges
Gelbbeige. In den anderen Räumen hingegen schmückten zarte Blümchen,
oft auch geometrische, vielleicht moderner anmutende Motive die Wände.
In den 1950er Jahren kam dann der „Seidenglanz" auf: Nun wurden die
Muster auf einen seidig glänzenden Untergrund gewalzt, sozusagen als
billiger Tapetenersatz. Richtige Tapeten hatten im Heideboden erst
zwischen 1970 und 1990 ihre Saison. Heutzutage ist wieder Einfaches
gefragt: eher einfarbig.
DIE HALBWIRTSCHAFT - EINE OSTÖSTERREICHISCHE BESONDERHEIT
Streckhöfe: So nennt man jene langgezogenen Gehöfte, deren Gebäudeteile
hintereinander angeordnet und nur vom Innenhof aus zu betreten sind.
Egal ob giebel- oder traufseitig, auf alle Fälle aber zur Straße hin
gewendet sind die Stuben und Küchen. Dahinter reihen sich die
Räumlichkeiten zum Wirtschaften und gleich danach die Ställe für das
Vieh. Den Abschluss bildet fast immer ein großer Stadel, in
Längsrichtung oder aber quergestellt.
Reiche Bauern mit „ganzen Wirtschaften" gab es am Heideboden nicht
allzu viele. Ärmere mussten sich mit einer „Viertel"- oder gar
„Achtelwirtschaft" begnügen, die meisten aber besaßen
„Halbwirtschaften". In diesem Fall gehörten die beiden Hofstellen zwei,
oft nicht miteinander verwandten Familien. Die Toreinfahrt war jedoch
Gemeinschaftsbesitz, der Hof wiederum geteiltes Eigentum. Bei gutem
Einvernehmen stellten diese Besitzverhältnisse kaum ein Problem dar.
Doch gab es auch andere Fälle. Die Halbwirtschaft im Museum ist in die
Wohn- und Wirtschaftskomplexe einer Bäcker- und einer Weinbauernfamilie
unterteilt.
BRETTERBÖDEN
Die vorderen, also die „guten" Stuben waren als erste mit Bretterböden
ausgestattet. Erst danach kamen die anderen Wohnräume dran. Auf
Schlacke, Sand und dickere Pfosten wurden die gehobelten rohen Bretter
Kante an Kante dicht aneinander schließend gelegt. Der Sand ermöglichte
einen ebenen Boden und isolierte ihn gleichzeitig vor Kälte. Jeden
Samstag - nach dem Mittagessen war der Schiffboden mit der Reisbürste
zu reiben, mit Sand zwecks besserer Reinigung. Später gab es dann schon
Kern- oder Schmierseife. Anschließend legten die Hausfrauen Papier auf,
das bis Sonntag liegen blieb. So war auch am Montag früh der Boden noch
sauber, und die Hausfrau hatte keine schlechte Nachrede.
Hochzeitstafel für Brautpaar
WALZENMUSTER
Ungefähr seit der Wende zum 20. Jahrhundert wurden die frisch
geweißigten Wände zusätzlich mit gewalzten, farbigen Mustern versehen.
Das Walzen war jedoch gar nicht so einfach, weshalb eher gelernte Maler
oder geschickte Frauen diese Arbeit bewerkstelligten. Aber nicht bloß
die gute technische Ausführung, sondern vor allem die Muster und die
Farben waren von besonderer Bedeutung. Daher ließ man Musterstreifen in
der Speis anlegen und sie von Familie und Nachbarn begutachten. Erst
nach diesen Diskussionen fiel die Entscheidung. Dennoch: Nicht immer
stimmte die handwerkliche Ausführung, nicht immer fiel die getroffene
Wahl befriedigend aus. In solchen Fällen lautete dann der tröstliche
Zuspruch: „Hauptsache - frisch ist's!"
DIE BAUERNWIRTSCHAFT
Stellvertretend für die größeren Wirtschaften im Heideboden ist hier im
Museum der Hof eines Weinbauern eingerichtet. In einem Gehöft dieser
Größe lebten bis zu 14 Personen: Großeltern, Eltern, Kinder und
unverheiratete Verwandte, oft auch ein Knecht, eine Magd oder eine
„Kindsdirn". Entsprechend beengt war es zeitweilig in den Zimmern.
Daher erhielten die kaum erst dreizehnjährigen Buben häufig ihren
Schlafplatz im Viehstall zugewiesen. Für die anderen Familienmitglieder
standen die „vordere" und „hintere Stube" wie auch die „Seitenstube"
zur Verfügung.
Die Sommerküche wurde im Winter zum Vorhaus, die „hintere Stube" zur
Winterküche. Hier zentrierte sich dann das Familienleben. Die
Speisekammer war ebenfalls ein Mehrzweckraum zum Aufheben von
Speisevorräten und Kochgerätschaften, aber auch zum Geschirrspülen und
für die Körperpflege. Die reichhaltiger ausgestattete „vordere Stube"
blieb hingegen zumeist unverändert - als Schlafraum für die Eltern und
zum Aufbewahren von Wäsche und Kleidung. Nur für Hochzeiten wurde der
Raum zweckentfremdet. Da schlug man dann die Betten ab, rückte
möglichst alle Möbelteile an die Wände und richtete eine prunkvolle
Hochzeitstafel her. Im Anschluss an den Wohntrakt lagen die
Wirtschaftsräume: der „Schüttkasten" zum Verwahren des Getreides, die
„Kammer" für Haustrunk, Wintergemüse und Werkzeug. Wagenschupfen,
Stall, Futterkammer und Stadel bildeten eine weitere Einheit. Der Stolz
jedes Weinbauern aber war sein großer Weinkeller.
DER SCHÜTTKASTEN
Für jedes bäuerliche Gehöft war ein Schüttkasten unumgänglich, diente
er doch der Bevorratung, um das mühsam erwirtschaftete Getreide
(Weizen, Roggen, Gerste, Hafer) vor Feuchtigkeit zu schützen. Bei
Bedarf transportierte man das in Säcke abgefüllte Getreide zum Müller
oder sortierte aus den Körnern das Saatgut für das kommende Jahr,
händisch oder mittels einer Sortiermaschine. Darüber hinaus war der
Schüttkasten auch Aufbewahrungsort für Allerlei: Matratzen (gefüllt mit
Maisblättern, da sicherer vor Mäusefraß), Tierfallen, nicht gebrauchte
Stiefel, Rollstuhl, Vogelbauer, Hirtenmantel etc.
FENSTERLÄDEN
Fensterläden im Inneren der Räume waren selten. Wozu auch? Man schlief
ja in der Dunkelheit der Nacht. Und für tagsüber, wenn die pannonische
Sonne herunterbrannte, hatten manche Häuser Außenläden mit Lamellen.
Üblicher aber waren lediglich weiße Scheibengardinen. Dennoch gab es
zwei Berufsgruppen, die auf eine Abdunkelung im Hausinneren Wert
legten: Zu der einen gehörten die Bäcker, die bei Tag ihren Schlaf
nachholen mussten, da er in der Nacht ja nur kurz ausfallen konnte. Zu
der anderen zählten die reicheren Bauern, die sich einen Mittagsschlaf
gönnen konnten, da sie ja über Dienstboten verfügten.
Selbstverständlich waren dann die Läden zu, und jeder wusste genau: Der
Bauer will jetzt nicht gestört werden!
MEHL UND BROT
Die Herstellung des Schwarzbrotes war bereits zu Beginn des 20.
Jahrhunderts zwischen den Haushalten und den örtlichen Bäckern geteilt.
Die Zubereitung des Teiges erfolgte zu Hause, das Backen aber führte
der Bäcker durch („Störbrot"). Das am Vorabend des Backtages angesetzte
„Dampfl" ein größerer Teigrest vom letzten Backen - wurde mit Wasser
und Mehl versetzt und am nächsten Tag mit Mehl gut vermischt und
durchgeknetet. Über Nacht musste der Teig an einen warmen Ort gestellt
werden: zum „Gehen". Nach abermaligem guten Durchkneten wurde er in
gleich große Stücke geteilt und in die bemehlten, länglichen oder
runden „Simperln" gelegt, um sie in diesen zum Bäcker zu bringen.
Aus einem Teig von 6 kg Mehl, bestehend aus 4 kg Roggen- und 2 kg
Weizenmehl, wurden vier Wecken zu je 2 kg gebacken, was der
Wochenration einer neunköpfigen Familie entsprach. Diese an sich
geringe Brotmenge musste von der Hausfrau gut eingeteilt werden: Denn
statt des Morgenkaffees gab es eine Brotsuppe, die Kinder erhielten ein
Stück Brot in die Schule mit, zum Mittagessen musste Brot oftmals als
Beilage herhalten, und auch zur Jause und beim Abendessen fehlte es
zumeist nicht. Weißbrot oder Weißgebäck, nicht vom Bäcker, sondern von
den Hausfrauen selbst gebacken, wurde nur zu hohen Feiertagen und
anderen besonderen Anlässen auf den Tisch gebracht. Das heute so
umfangreiche Backwarenangebot beschränkte sich in den Seewinkler
Haushalten noch lange lediglich auf Schwarzbrot und Weißgebäck.
DIE BÄCKEREI
In jedem Dorf existierte zumindest eine Bäckerei. Man bekam Graubrot
und Weißbrotwecken, Salzstangerin, Semmeln und Kipferin, oftmals auch
Salzbrezeln. Für den Sonntag gab es außerdem noch Süßes:
Zuckerstriezel, Nuss- und Mohnstrudel. Doch nicht alle Frauen kauften
beim Bäcker ihr Brot ein. Manche verwendeten noch den hauseigenen
Backofen, andere wieder, die nicht über einen solchen verfügten,
wählten einen Mittelweg: Sie brachten die Teiglinge zum Bäcker und
ließen sie gegen ein geringes Entgelt backen.
Ab den 1960er Jahren bezogen die Hausfrauen dann die Brotbackwaren
vermehrt vom Bäcker. In den örtlichen Bäckereien konnten außerdem Mehl
und Grieß, Brösel und Knödelbrot bezogen werden. Auch Eis gab es ab den
späten 1950er Jahren zu kaufen. In der Familie des Bäckermeisters
lebten fast immer auch ein Geselle und ein Lehrbub. Je nach Größe des
Betriebes hatten die beiden ihre Schlafstatt im Wohntrakt, oder aber es
musste sich - wie hier im Museum gezeigt - der Lehrbub mit einem Bett
in der Mehlkammer begnügen.
HAUSBRUNNEN MIT BRUNNENKATZE
Vor dem Zweiten Weltkrieg waren viele Hausbrunnen noch sogenannte
Kettenbrunnen. Mit zwei hölzernen Kübeln an einer Eisenkette holte man
aus vier bis sechs Metern Tiefe das Wasser nach oben. Manchmal riss die
Kette. Dann ließ man die mehrzinkige Brunnenkatze an einem Strick oder
an einer Stange hinunter und holte den Kübel wieder herauf. Fallweise
wurde auch eine Kröte „mitgefischt".
LEHMBÖDEN
Gestampfte Lehmböden hielten sich vor allem in ärmeren Häusern lange.
Auch die „schwarzen Kuchln", die Vorhäuser, die Weinkammern und manche
Einfahrt waren oftmals noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem
lehmigen „Fletzboden" ausgestattet. Um einen solchen Boden
herzustellen, musste feuchter Lehm in mehreren Schichten aufgetragen
und immer wieder gestampft werden. Diese Arbeit oblag den Männern, die
Pflege des Bodens aber war Frauensache. Jeden Samstag galt es daher,
den über die Woche entstandenen Staub zu binden: Der Boden musste mit
„Lehmmilch" bestrichen und neu entstandene Unebenheiten geglättet
werden. Erst nach diesem Putz begann auch für die Frauen das Wochenende.
DIE KAMMER
In fast jedem größeren Haus gab es auch eine sogenannte Kammer, die
verschiedene Funktionen erfüllte. Sie war vorwiegend Aufbewahrungsort
für im Moment nicht Gebrauchtes: Wurstspritzen, Schlachtmesser,
Fleischbank, Krauthobel, Wein- und Obstpresse, Fässer und Bottiche etc.
Außerdem hob man hier jene Utensilien auf, die für das Weißen und
Walzen der Wände benötigt wurden. Demzufolge befand sich hier auch die
Kalkgrube. Eine Ecke der Kammer diente zur Aufbewahrung des „Grean" im
Sand: Karotten, Sellerie, Rüben. Schließlich wurde in der Kammer der
Tresterwein, also der mindere Haustrunk, hergestellt und gerne auch
verkostet.
DER LEHRBUB
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre"- so heißt es im Sprichwort. Auch für
die Jugendlichen im Heideboden waren sie es nicht. Kaum „aus der Schule
ausgestanden", musste eine Lehrstelle gefunden werden. Zumeist hatten
bereits die Eltern Abmachungen mit einem Meister getroffen. Oft konnte
dem Berufswunsch des Kindes jedoch nicht entsprochen werden, sei es,
weil das Geld für die Ausbildung fehlte, sei es, weil es keinen
passenden Arbeitsplatz gab. Lehrbub zu sein, bedeutete: Verrichtung
sämtlicher angeschaffter Arbeiten, widerspruchslose Hinnahme aller
Anordnungen und kaum frei verfügbare Eigenzeit. Denn der Lehrbub lebte
ja anfangs im Meisterhaushalt mit und musste sich auch privat seinem
Lehrherrn, aber auch der Meisterin gänzlich unterordnen. Beide hatten
das Züchtigungsrecht und überlegten oft nicht lange, es einzusetzen.
Als Behausung für den Lehrbuben stand oft nur die gänzlich angeräumte
Werkstatt oder - wie hier in der Bäckerei - die ungeheizte Mehlkammer
zur Verfügung: mit einem einfachen Eisenbett, einem wackeligen
Waschtisch und einer ausrangierten Kommode, inmitten von Mehlsäcken und
Mäusen.
MASCHINE ZUR MEHLREINIGUNG
Manchmal nisteten sich Maden und Würmer in das Mehl ein. Dann war es
nicht mehr verwendbar. Um es vom Ungeziefer zu befreien, musste es
gründlichst gesiebt werden. Eine händisch betriebene „Siebmaschine"
erleichterte dem Lehrbuben diese Arbeit.
SACKKLOPFMASCHINE
Die strombetriebene Sackklopfmaschine diente dem Ausklopfen der
Mehlsäcke. Das Restmehl fiel in eine Lade, von wo es zur weiteren
Verwertung herausgenommen werden konnte. Es zählte zu den Pflichten des
Lehrbuben, die Säcke gut auszuklopfen.
EINFAHRTEN
Die Familien waren meist groß und die Räume in den Häusern klein. Daher
hielten sich die Hausleute gerne und häufig in den Einfahrten auf: zum
Arbeiten, wie etwa zum „Kukuruzhebeln", aber auch zum Tratschen oder
Rasten. Die Überdachung schützte vor dem Regen, bot aber auch Schatten
und Kühle vor der Hitze. Und ein gewisser Luftzug wurde meist als
äußerst angenehm empfunden. Da die Einfahrten den Wohnraum ein wenig
erweiterten, wurden auch sie geschmückt und verschönt: mit Bildern,
Wandmalereien, Heiligenstatuen und mit Grünpflanzen auf Blumenkonsolen:
bis in die 1960er Jahre.
DIE SODAWASSER-ERZEUGUNG
Übernommen von Johann PÖSCHL bzw. von dessen Tochter Gerda Pöschl, Kittsee, Obere Hauptstraße 6
Entweder ein Onkel oder ein Cousin von Anton PESCHL erzeugten bereits
vor ihm Sodawasser. Es gibt jedoch keine Aufzeichnungen über die
Anfangsjahre des Betriebes. Diese liegen erst seit der Übernahme von
Anton und Elisabeth Peschl vor, die ihren Familiennamen noch mit „e"
schreiben. 1956 ging die Erzeugung It. Übergabevertrag an Johann
(1921-2005) und Maria PÖSCHL - aus „e" war nun „ö" geworden. In den
1980er Jahren erfolgte die Übergabe an Sohn Karl. Vater Johann Pöschl
erledigte noch bis zu seinem Tod die Buchhaltung für seinen Sohn Karl.
Dieser und seine Brüder lernten jeweils beim Vater. Völlig unerwartet
verstarb 2015 Karl Pöschl 64-jährig nach einer übergangenen Grippe.
Seine Tochter war nicht „angelernt", legte den Betrieb still und
übergab schließlich die Erzeugungs- und Abfüllanlage 2015 an das
Dorfmuseum.
Die Erzeugung/Abfüllung im Kittseer Betrieb fand in der Scheune des
Anwesens statt. Der Verkauf erfolgte einerseits „ab Hof" für
Privatleute, vor allem in jenen Zeiten, in denen es noch kein Soda- und
Mineralwasser zu kaufen gab, andererseits wurde an Gasthäuser
geliefert: in Ballons (Container) für die Schankanlagen. Ab den 1980er
Jahren begann der Absatz großer Mengen zu stagnieren, da Soda- und
Mineralwasser nun in den Supermärkten angeboten wurden. Es bestand auch
ein „Abfüllvertrag" mit der Firma „Almdudler" (historische Flaschen
sind im Museum vorhanden). Kinder kamen bis in die 1980er Jahre, um
sich - neben Sodawasser für die Eltern - ein damals so begehrtes
„Kracherl" abzuholen, was meist gleich vor Ort getrunken wurde.
Die ehemalige „Bauernkapelle Mönchhof" wurde 1950 vom Kapell- und
Lehrmeister Stefan Sautner sen. gegründet. Von ihm stammen u. a. auch
der Notenhalter und das Mundstück für ein Blechblasinstrument.
DAS MUSIKHEIM
Im Heideboden ist seit den 1950ern die Blasmusik zu Hause.
Flügelhorn, Tenorhorn, Klarinette, Trompete, Bass und natürlich
Schlagzeug sind die Hauptinstrumente. Davor spielte man eher „auf
Streich", also Saiteninstrumente. In vielen Orten gab es kleinere und
größere Musikkapellen: in St. Andrä, Andau, Weiden, Gols, Mönchhof,
Tadten etc. Manche spielten bereits knapp nach 1900 auf, wie etwa die
„Lass-Banda" in Frauenkirchen. Andere vereinigten sich erst nach dem
Zweiten Weltkrieg zu namhaften und dann oft sehr gefragten
Blasmusikkapellen. In Mönchhof z. B. wurde die „Bauernkapelle Mönchhof"
1950 unter Kapellmeister Stefan Sautner gegründet. Ihren ersten
öffentlichen Auftritt hatte sie anlässlich der Primiz-Feier des
örtlichen Pfarrers 1951, wie überhaupt die kirchlichen Feierlichkeiten
stets musikalisch umrahmt und mitgestaltet wurden.
Besondere Anlässe zum Aufspielen waren außerdem Hochzeiten,
Begräbnisse, Bälle und Kirtage. Auch bei den großen Erntedankfesten auf
den Gutshöfen gehörte die Blasmusik zu Fest und Tanz unbedingt dazu.
Als fixe Verpflichtung galt auch das,,Stille Nacht-Blasen" und das
„Neujahrs-Blasen" vor dem Haus des Bürgermeisters. Eine Besonderheit
der frühen Blasmusikkapellen war, dass zwischen den jeweiligen
Musikstücken auch immer wieder gesungen wurde. So konnten sich die
Lungen vom vielen Blasen erholen. Nicht zuletzt aus diesem einfachen
Grund blieben so manche der althergebrachten Lieder des Heidebodens
erhalten.
TÜREN
Türen bestehen üblicherweise aus ein oder zwei Türblättern, oft
zusätzlich noch in Felder unterteilt und mit Glas- und Gitterornamenten
verfeinert. Die Türen zu den Sommerküchen hingegen waren einfachst und
oft zusätzlich noch horizontal geteilt. Das Öffnen der oberen
Türhälften ermöglichte einerseits eine angenehme Durchlüftung und den
raschen Abzug des Kochdunstes; auch das Essen selbst war dann
„luftiger". Durch die geschlossenen unteren Teile der Türen hielt man
andererseits das Kleinvieh aus dem Sommerküchen-Wohnbereich fern,
obwohl dort Ordnung nicht das oberste Prinzip war.
KATZENSTEIGE
Flach und kaum bewaldet ist. der Heideboden. Daher können die Stürme
aller Jahreszeiten mehr oder weniger ungebremst - über den Landstrich
fegen. Und nicht nur einmal passierte es, dass heftige Winde die
Hausdächer beschädigten. Zu einer Verbesserung kam es erst, als die
Abschlüsse der Hausgiebel mit gebrannten Ziegeln aufgemauert wurden.
Nun konnte der Wind nicht mehr von unten in die Dächer hineinfahren und
sie abdecken. Die uns heute als sehr reizvoll anmutende, treppenartige
Form der Dachgiebel gefiel ehedem offenbar auch den Katzen, die sie
häufig als Steighilfen verwendeten daher auch die Bezeichnung
„Katzensteig".
„ABSTILLER"
Gerät zum Abstillen von Kälbern
DER KNECHT
„Denn die einen sind im Dunkeln Und die andern sind im Licht. Und man
siehet die im Lichte Die im Dunkeln sieht man nicht." (Bertolt Brecht,
1930)
Zu jenen, die im Dunkeln standen, zählten fast überall die Knechte.
Zwar lebten sie in der bäuerlichen Familie mit, bei genauerem Hinsehen
aber galten für sie andere Regeln: zeitiger aufstehen und später
schlafen gehen als der Bauer, schwerer tragen und länger arbeiten als
die anderen. Nicht immer war der bäuerliche Tisch auch für sie
bestimmt, nicht immer erhielten sie dieselben Speisen wie die übrigen.
Und nicht für alle gab es ein Nachtlager im Haus. Oft musste schon ein
Bretterverschlag im Stall oder eine Grube im Heu genügen. Um den
Sonntagsrock für die karge Freizeit war ebenso höflich einzukommen wie
um die Auszahlung des abgesprochenen Lohnes. Auch im Krankheitsfall
oder im Alter musste auf die Gunst der Bauersleute gehofft werden. Und
sogar das Heiraten blieb an deren Genehmigung gebunden.
DIE TSCHARDAKE: KUKURUZSPEICHER UND SPIELPLATZ
Ende April, wenn der Kukuruzvorrat in der Tschardake zur Neige ging,
war das für Mädchen und Buben stets ein Anlass zur Freude: Nun würde
der Vater ein oder zwei Zwischenböden aus einfachen Brettern in die
Tschardake einziehen, und bis zur nächsten Maisernte im Herbst wäre der
Kukuruzspeicher ihr geschütztes Paradies zum Spielen.
Die Mädchen hatten in dem „Tschardakenhaus" eine Küche im vorderen
Bereich, eine Art Stube im hinteren, und über eine „Hühnerleiter"
ging's in den Oberstock. Dort lag die Schlafkammer. Ausrangierte
Kleinmöbel, Matratzen, Vorhänge und Tücher dienten als Einrichtung,
alte Küchenutensilien, Geschirr, nicht mehr gebrauchte Kleider waren
ebenfalls notwendige Dinge für diese Spiele. Kochen, Betten machen,
Putzen waren jene Beschäftigungen, die stets aufs Neue wiederholt
wurden, Verkleiden, Heiraten und Schwangersein ebenso. Als in der
Zwischenkriegszeit das Eindosen aufkam, spielten die Mädchen auch
dieses in der Tschardake nach: Da wurden in Dosen Getreidekörner mit
Wasser vermengt; nach einiger Zeit musste der „Gatsch" erneuert werden,
weil der alte bereits sauer geworden war und stank.
Die Buben waren nicht so häuslich. Ihre Tschardake glich eher einer
Werkstatt, in der sie mit Zangen, Hammer, Schraubenzieher und
Stemmeisen allen möglichen Gerätschaften zu Leibe rückten, sie
zerlegten und fallweise auch wieder etwas Neues daraus zusammenbauten.
Buben und Mädchen wuchsen über das Spiel in der Tschardake in ihre
geschlechtsspezifischen späteren Rollen hinein - und die Eltern wussten
sie außerdem dort immer gut aufgehoben.
TORE
Zu den größeren Bauernhöfen gehörten sehr große Tore. Auch dieses
besonders schön gestaltete Tor war ursprünglich eines für die Einfahrt
zu einer wohlhabenden Bauernwirtschaft. Es setzt sich aus mehreren
Teilen zusammen: erstens aus der Gehtüre in der Mitte des Tores, durch
die man die Wirtschaft betrat; zweitens aus dem gesamten großen Tor,
das seltener geöffnet wurde: nur für große Fuhrwerke oder Maschinen.
Der dritte Teil des Tores bestand aus einem in die Gehtüre integrierten
Fenster, durch das Licht in die Einfahrt fiel. Außerdem konnte es sogar
herausgenommen werden. Dadurch blieb der Eingangsbereich gut
durchlüftet, wenngleich auch für alle Dorfbewohner einsehbar.
DIE MOPED-GARAGE
Gegen Ende der 1950er Jahre tauchten im Heideboden die ersten Mopeds
auf. Für die Männer waren sie wichtigstes Fortbewegungsmittel auf ihren
Wegen zur Arbeit, für die Burschen aber auch eine Möglichkeit, über die
Grenzen des Dorfes rascher hinaus zu kommen. Frauen fuhren
ausschließlich und noch lange mit dem Fahrrad, ehe sie sich ab den
1970ern auch ans Steuer von Autos wagten. Der Herr Doktor, der Lehrer
und eventuell auch der Bahnvorstand und andere höher gestellte bzw.
wohlhabendere Personen hatten hingegen zu jener Zeit bereits ein
Motorrad. Die Bauern benutzten jedoch oft noch ihre Traktoren, um
beweglich zu sein.
Zuerst waren die Mopeds nur mit einem Sitz ausgestattet, doch bald
schon kamen die Doppelsitzer auf - da konnte man schon einmal ein
Mädchen mitnehmen... Im „Damensitz", also seitwärts, zu sitzen, kam
aber nicht in Frage. Selbstverständlich waren die Mopeds der Firma
„Puch" besonders häufig vertreten - in allen Stärken und Formen, aber
auch Mopeds aus der Slowakei, allen voran die „Java", fanden großen
Anklang, ebenso die „Bony"-Mopeds. Motorroller waren eher selten, aber
es gab sie, insbesondere die „Lohner"-Roller. Doch egal ob Moped oder
Motorroller: Jeder Mann, einerlei ob jung oder älter, wünschte sich
eines dieser neuartigen, schnellen Fortbewegungsmittel.
DER UHRMACHER
Die Kirchenuhr war in fast allen Orten die erste Uhr, und es sollte
Jahrhunderte dauern, bis Uhren ein alltägliches Gebrauchsstück wurden.
Uhrmacher gab es nur in größeren Orten - wie in Frauenkirchen. Dort
waren nämlich auch die „Fourniturenhändler" ansässig, die den Uhrmacher
mit Einzel- und Ersatzteilen belieferten. Allerdings musste man sich
als „Gelernter" ausweisen. Der Uhrmacher war eine angesehene
Persönlichkeit, weil er über ein umfassendes mathematisches Verständnis
und große feinmechanische Fertigkeiten verfügen musste. Sein Wissen gab
der Vater meist an einen Sohn weiter, und so blieb das Handwerk oft
über Generationen in der Familie.
Auch war die Uhrmacherei ein recht einträgliches Geschäft. Das, was der
Garten an Gemüse und Kräutern hergab und die täglichen Einnahmen aus
dem Uhrengeschäft genügten in der Regel für ein ausreichendes
Familieneinkommen, denn stets hatten die Kunden bar zu bezahlen. Nur
unter Umständen nahm der Uhrmacher Naturalien entgegen.
Direkt dem Wohnhaus angeschlossen befand sich die Werkstatt, die
zugleich auch als Geschäftslokal diente. Von früh bis spät, wochentags
und sonntags, konnte man dort seine Uhr zur Reparatur vorbeibringen.
Anfänglich konnten sich nur reiche Bauern eine Taschenuhr leisten.
Diese trugen sie dann stolz und für jedermann sichtbar beim
sonntäglichen Kirchgang. Mit der Industrialisierung wurden die Uhren
allmählich billiger: Nun schenkte man sie zur Hochzeit für Küche und
Stube. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Armbanduhren üblich. Ihre
erste Uhr ist noch vielen Leuten in Erinnerung, denn oft war sie ein
Geschenk zur Firmung, vor allem für Buben.
HAUSORDNUNG
1. Bitte verhalten Sie sich so, daß keinem auffällt, daß Sie da sind.
2. Lassen Sie die Hände von meiner Frau und meiner Tochter. Wir sind keine Eskimos.
3. Trinken Sie nur soviel, wie Sie vertragen können. Übergeben Sie uns nichts.
4. Telefonieren Sie besser zuhause, unser Telefon wird abgehört.
5. Sollten Sie Hunger haben, um die Ecke ist eine Bude (wir nehmen drei Hamburger).
6. Für Ihre Wertgegenstände übernehmen wir keine Verantwortung, auf die Garderobe ist selbst zu achten.
7. Unsere Toiletten sind wegen Durchfallgefahr geschlossen.
8. Händewaschen nur gegen ortsüblichen Tarif.
9. Nach 23 Uhr ist jeder Besuch unerwünscht. Lieferanten haben jederzeit Zutritt.
10. Erzählen Sie Ihre Witze zuhause, bei uns gibt's nichts zu Lachen.
11. Führen Sie Ihre Urlaubsdias anderswo vor, wir haben selber genug.
12. Bitte lassen Sie Ihre Schuhe an, konkurrieren Sie nicht mit unserem Raum-Deodorant.
13. Halten Sie Ihre Hände ständig auf dem Tisch, unser Tafelsilber ist sowieso im Pfandhaus.
14. Blumen und ähnliche Aufmerksamkeiten können Sie sich sparen. Meine Kontonummer ist 47.11.08.15.
15. Jeder Gast dieses Hauses hat Anspruch auf einen herzlichen Abschied. Bei „Raus" ist's aus.
16. Wer unsere Oma beleidigt, muß sie gleich mitnehmen.
17. Wer billigen Wein mitbringt, muß ihn selber trinken.
18. Sorgen Sie für Ihre Zigaretten selbst. Wir rauchen jede Marke.
19. Unser Butler erfüllt Ihnen jeden Wunsch - wenn er nicht gerade auf unserem Landsitz weilt.
20. Reden Sie nur, wenn Sie gefragt werden. Wir sind nicht neugierig.
* * *
Goldschmiede-Werkstatt
DIE BESENBINDEREI
Besen aus Reisstroh, dem ungarischen „Cirok", benötigten die Menschen
vorwiegend für den Eigenbedarf, oder als Geschenke für Verwandte und
Nachbarn, fallweise kamen sie aber auch in den Verkauf: Im Frühjahr
wurden die Saatkörner des Reisstrohs in einer Reihenweite von etwa 40
cm angebaut. Im Spätherbst, wenn die Halme ungefähr 1,70 m lang waren,
erfolgte die mühevolle Ernte. Die oberen 70 cm wurden abgeschnitten, zu
Büschen gebunden und auf dem Feld gelagert. Erst nach dem Durchfrieren
holte man sie in den Stadl und hängte sie verkehrt herum auf dem
Dachboden auf. Vor der Verarbeitung im Winter mussten dann die
Samenkörner entfernt werden.
Für einen Besen benötigte man rund 30 Stück Reisstrohhalme, wobei der
Kehrteil aus jeweils zehn Stück bestand und mit geschälter
Haselnussrinde, Draht, Schnur oder Papierspagat extra abgebunden wurde.
Zur Stabilisierung musste noch ein Querholz eingearbeitet sein. Man
fertigte Besen mit einem Holzstiel - meist Akazien - und solche, die
durch Abschnüren des Strohs einen Stiel erhielten. Für alle diese
Arbeitsvorgänge gab es verschiedene Maschinen: Eine zum Verdrahten des
Kehrteils mit dem Besenstiel und zwei für die Flachpressung des
Kehrteils bzw. für das Abbinden, also für das „Vernähen" desselben. In
Weiden existierte um 1900 sogar eine industrielle Erzeugung. Von dort
stammt auch jene „Putzmaschine", hier im Museum, die das
arbeitsaufwändige Abrebeln der Samenkörner besorgte. Bis in die 1950er
Jahre war die Herstellung von Reisstrohbesen bekannt und üblich.
DIE SEILEREI
In vielen Orten des Heidebodens befanden sich einstmals
Seilereibetriebe, denn der Bedarf an Naturfaserseilen war groß. Nahezu
jedermann, vor allem aber Bauern und Weinhändler, benötigten eine
Vielzahl unterschiedlicher Seile: Stränge für Pferde- und
Ochsengeschirre, Anbindestricke, Seile für Halfter und Maulkörbe der
Tiere sowie Befestigungsseile für Transport- und Erntewägen. Für die
Schifffahrt am Neusiedlersee kamen sie nicht in Frage - hier wurden
wegen der Nässe Seile aus Kunstfasern benötigt.
Die Naturseile bestanden aus Hanf oder aus Flachs bzw. Sisal, den man
überwiegend von Wiener Großhändlern bezog. Zu den ersten
Arbeitsschritten für die Herstellung eines Seiles gehörte das Reinigen
des Hanfs mit dem Hechelkamm sowie das „Brecheln", um ihn gut
weiterverarbeiten zu können. Mittels einer Spinnmaschine drehte man
dann das „Werg" zu Litzen, die wiederum zu Seilen gewunden werden
mussten. Dafür standen dem Seiler verschiedene Maschinen zur Verfügung,
die anfangs händisch, später mittels Motor betrieben wurden. In einer
Seilerei arbeiteten ausschließlich Männer, zumal die Arbeit körperlich
sehr anstrengend war. Die meisten Betriebe hatten einige Fixangestellte
- Gesellen und Lehrlinge -, nahmen aber, je nach Auftragslage,
zusätzliches Hilfspersonal auf. Verkauft wurden die vorgefertigten
Seile auf lokalen Märkten, doch nahm der Seiler zumeist auch
Spezialaufträge an. Zu solchen zählten beispielsweise die Glockenseile
für Kirchen. Insgesamt war die Seilerei ein recht krisenfestes
Geschäft. Zusätzlich sicherte das Betreiben einer Kleinlandwirtschaft
der Seilerfamilie ein gutes Auskommen.
MIT NADEL UND FADEN - SCHÖNES FÜR DAHEIM
Die Ausstellung zeigt eine willkürliche Auswahl an Stickarbeiten aus
dem Museumsdepot. Alle Stücke wurden von Frauen in Heimarbeit für den
privaten Gebrauch angefertigt. Bestickt wurden neben den
Gebrauchsgegenständen, wie Bett- und Tischwäsche, alles, was den
Wohnbereich schmückte: Paradehandtücher, Schmuckbordüren für Regale,
Behältnisse für Lebensmittel, für Putz- und Reinigungsutensilien,
Vorhänge für Regale und Blindfenster oder Wandbehänge. Bis zur
Einführung der Baumwolle wurde Leinen als Trägermaterial verwendet. Nur
dort, wo Leinen in Hausarbeit hergestellt wurde, blieb dieses weiter in
Verwendung.
Sticken war mehr als Freizeitbeschäftigung. Es war ein wichtiger Teil
der schulischen und familiären Erziehung für Mädchen aller
Bevölkerungsschichten. Das beweisen die Stickmustertücher
(Modeltücher), an denen jedes Mädchen seine Fertigkeit zur Schau
stellen konnte. Neben allen Buchstaben des Alphabetes und Zahlen finden
sich auf ihnen eine Auswahl der wichtigsten Motive in Form von
Girlanden oder Blumengebinden. Diese gelungenen, gerne zur Schau
gestellten Übungsstücke dienten auch als Art Vorlage für spätere
Stickereien und wurden daher entsprechend hochgeschätzt.
Die Arbeiten zeugen bis heute vom Hausfleiß der weiblichen
Familienmitglieder. Sie zeigen deren künstlerisches Empfinden und das,
was in der jeweiligen Zeit unter Wohnlichkeit und Behaglichkeit
verstanden wurde. Damit sind sie Schmuck für die Wohnräume und
Aushängeschild für die Hausfrau gleichermaßen. Darüber hinaus spiegeln
sie aber auch vor allem in den gewählten Sprüchen deren Einstellungen
und Gemütslagen wider. Es finden sich neben Gebeten, Anrufungen, Heil-
und Segenssprüchen bisweilen auch humoristische, ironische oder
patriotische Aussagen. Nicht nur Positives und Optimistisches, sondern
auch die negativen Seiten des Lebens wurden auf den Stoff gebracht. Die
Sprüche konnten abgewandelt und der politischen Situation angepasst
werden.
Auf die Präsentation vor allem der Segens- und Heilsprüche wurde stets
großer Wert gelegt: Der Haussegen sollte schließlich nicht schiefhängen.
Als ab den 1960-er Jahren in der Ausbildung der Kinder größerer Wert
auf Kreativität gelegt wurde und die Innenausstattung der Wohnungen
sich veränderte, verloren diese Stickereien an Bedeutung. Wer trotzdem
gerne stickte, fand nun in Handarbeitsgeschäften ein breites Angebot an
vorgezeichneten Motiven für Zierdecken, Tischtücher, Wandbilder oder
Zierpolster. Ab dieser Zeit wurden Abbildungen von „Mecki" beliebt, dem
Maskottchen der Programmzeitschrift Hörzu und eines der ersten
Merchandising Produkte in Österreich. Dieses beliebte Tier konnte nun
auch die Aufgabe übernehmen, mit Sprüchen die Einstellung oder die
Vorlieben der Stickerin zu illustrieren. Es knüpft damit an die
Funktion der früheren gestickten Wandbehänge.
DER LANDMASCHINEN-MECHANIKER
Mit zunehmender Motorisierung ab den 1950er Jahren änderten sich auch
einige Berufsbilder. So mancher „gelernte" Schlosser sattelte auf
Landmaschinen-Mechaniker um, weil er sich davon ein besseres Geschäft
versprach. Das Betätigungsfeld eines Mechanikers war sehr groß. Wurden
ein Topf oder ein Weitling leck, brauchte ein Fahrrad oder ein Moped
neue Pedale, hatte sich jemand aus dem eigenen Haus ausgesperrt: Stets
stand der Mechaniker mit Rat und Tat zur Seite. Größere Maschinen aus
dem Besitz des Mechanikers konnten bei Bedarf auch entliehen werden,
wie etwa ein transportabler Standmotor auf Rädern, mit dem Pumpen,
Sägen oder Generatoren angetrieben wurden; eine mobile Kreissäge, die
überall hingebracht werden konnte, wo Holz im Lohnschnitt zu schneiden
war.
Darüber hinaus wurden auch Maschinen gewartet, beispielsweise eine
transportable Feuerwehrspritze, die von einem Gutshof aus der nahen
Umgebung stammte. Auch für Dreschmaschinen war der Mechaniker
zuständig. Als „Maschinist" hatte er eine verantwortungsvolle Position,
denn stand die Dreschmaschine still, stand auch der Drusch. Der
Mechaniker war auch eine Auskunftsperson: Brauchte man ein besonderes
Ersatzteil, wurde es besorgt. Wollte jemand einen Traktor kaufen,
wusste er eine gute Adresse. Benötigte man die Lohndrescher, sagte man
ihm Bescheid. Reich wurde der Landmaschinen-Mechaniker allerdings
nicht. Je nach Kunden erfolgte die Bezahlung in Naturalien oder aber
auf Tausch gegen Arbeitsleistung. Von reicheren Bauern oder Gastwirten
gab es jedoch auch Bargeld.
Vis a vis sind die Wohnräume für den dörflichen Bäcker samt Backstube
und kleinem Geschäft eingerichtet. Beide Hofstellen, die des
Bäckermeisters und die des Weinbauern, bilden eine Halbwirtschaft, jene
im Heideboden einstmals gängige Wohn- und Wirtschaftsform. Folgt man
der Unterführung gelangt man in den neuesten Teil des Museums. Hier
stehen ein Stadel mit Dreschmaschine, einer mit Wagen und Kutschen
sowie dem RAD-Lager, welches auch als Umkleidekabine für Sportler
genutzt wurde.
Reinrassiger Schäferhund samt Ehegattin abgängig. Finderlohn für den Hund!
KIRCHE ZUM HEILIGEN JOSEF
Gotteshäuser sind immer auch Museen: Altäre, Bilder, Skulpturen und
liturgische Geräte stammen aus verschiedenen Epochen. Sie sind häufig
Stiftungen oder Leihgaben frommer Menschen. So ist es auch hier in der
Museumskirche. Altar, Kanzel, Kirchenbänke, Sakristeigeläute, Ewiges
Licht und einige andere Dinge gehörten einst zum Inventar der
Wallfahrtskapelle des Gutshofes „Zeiselhof" bei Deutsch-Jahrndorf. Nach
Restaurierung der dortigen kleinen Kirche gab es für die Gegenstände
keine Verwendung mehr, doch nun haben sie einen neuen Platz gefunden.
Auch die mechanische Orgel ist ein altes Stück, gebaut um 1880 in Linz
von Matthäus Mauracher. Bis vor 25 Jahren ertönte sie während der
Messfeiern in der Kapelle von Schloss Ennsegg in Oberösterreich. Dann
wurde sie abgebaut, weggebracht und renoviert. Jetzt hat sie endlich
wieder ihren schönen Klang und ein neues Zuhause. Die 100 Kilogramm
schwere Glocke - der Mariazeller Muttergottes zugedacht- wurde eigens
für die Kirche des Museums gegossen. An Sonn- und Feiertagen läutet sie
die Mittagsstunde ein, ertönt aber auch an anderen Festtagen. Die
Deckenfresken zeigen die Zisterzienser als Weinbauern. Bis 1943
schmückten sie die Pfarrkirche von Mönchhof, doch dann fielen die
Bilder der Übermalung zum Opfer. Bei den Plänen zur Ausgestaltung der
Museumskirche hat man sich ihrer wieder erinnert.
DER KIRCHENBAU
Da, wo heute die Kirche steht, wuchsen einstmals Weinstöcke, die gute
Trauben gaben. Später lagerten dort Ziegel, Steine und Sand als
Materialien für den Kirchenbau. Hoch in den Himmel sollte sie ragen und
tief in der Erde verankert sein. 200 m³ Steine wurden vermauert und 30
Paletten 9er-Blocksteine. 100 m³ Beton und 30 m³ Mauersand waren
außerdem vonnöten. Für die Gewölbe von Unterkirche und Kirche bedurfte
es 10.000 kleiner Mauerziegel, rund 700 m² Ladenbretter und 60 Stück
„Ramanadln", also Schalungen für Ziegelgewölbe. 150 Stück Gesimssteine
geben dem Bau seine wohldurchdachten Proportionen. Und 70 m² Blech
sowie 4.000 Dachziegel schützen ihn vor Wind und Wetter. Den Schweiß,
die körperliche Anstrengung, die schlaflosen Nächte vor jeder neuen
Bauphase aber sieht man als Betrachter nicht. Dies alles kann man
bestenfalls nur ahnen.
VON DER PRIVATEN ANDACHT
Wallfahren bedeutete, überlieferte Routen bei jedem Wetter zu
durchwandern, Stunden und Tage der religiösen Einkehr zu widmen und in
der Gruppe gemeinsam zu singen und zu beten. Wallfahren bedeutete aber
auch von Daheim weg zu sein und den Alltag hinter sich zu lassen,
Neuigkeiten zu erfahren und auf Fremdes zu stoßen - kurz, einen Blick
über die Engen der Dorfgrenzen zu tun. Auf Wallfahrten wurde auch gerne
eingekauft: Gebrauchsgüter ebenso wie Andachtsgegenstände. Diese
Zeichen der Gläubigkeit waren sowohl Erinnerungsstücke an die fromme
Reise als auch Mittel für die private Religionsausübung.
Rosenkränze, Kerzen, Leuchter und Bilder, Heiligenfiguren und
Marienstatuen, Amulette und Haussegen in allen Größen brachte man gerne
von einer Wallfahrt mit. Manchmal wurde auch tiefer in die Tasche
gegriffen und ein prächtiges Sturzglas erworben - für Fronleichnam im
kommenden Jahr. Oder es war der Kauf eines religiösen Bildes angesagt:
als besonderes Hochzeitsgeschenk für ein Familienmitglied. All dieser
religiöse Hausrat, selbst wenn er wenig wertvoll und eher
unscheinbar war, schien kostbar und erhielt seinen Ehrenplatz: als
Schmuck für den Herrgottswinkel, als Schutz verheißendes Bild über den
Betten, als Abwehrzeichen an den Stalltüren oder als persönlicher
Talisman in Jacken und Handtaschen. Daher warf man Andachtsgegenstände
auch selten weg, sondern verwahrte sie stets ein wenig ehrfurchtsvoll
an einem besonderen Platz im Haus.
VOM KIRCHLICH-RELIGIÖSEN LEBEN
Für die Menschen im Heideboden war es über Jahrhunderte hinweg
selbstverständlich, einer religiösen Gemeinschaft anzugehören: der
katholischen, der protestantischen oder der jüdischen. Man empfing
pflichtgemäß die Sakramente und vollzog alle vorgegebenen Riten. Viele
Erinnerungsstücke der kirchlichen Gebundenheit wurden sorgsam bis zum
Lebensende aufbewahrt: Das kleine Kettchen mit dem Schutzengelanhänger,
die geweihte Kerze, das spitzenbesetzte Steckkissen als Andenken an die
Taufe; die goldumrandete Tasse, das erste Gebetbuch, die kleinen
Einlegebildchen und die verzierten Wandbilder zur Erinnerung an die
Erstkommunion. Firmung oder Konfirmation, die Aufnahme in
Bruderschaften oder Kongregationen wurden ebenso über Bilder, Gebet-
und Gesangsbücher in die Erinnerung jedes einzelnen festgeschrieben.
Der Hochzeit gedachte man in ähnlicher Weise: mit Myrtenkranz,
Brautschleier, Bildern und Ringen. Nur das Sterben, der Tod war
schmuckloser - Sterbebildchen, ein Foto von Aufbahrung und Leichenzug
genügten. Bei der Begräbniszeremonie zeigte sich so ein letztes Mal die
Zugehörigkeit jedes einzelnen zu seiner Konfession. Für die Mitglieder
aller Religionsgemeinschaften war der Besuch ihrer Gottesdienste stets
oberstes Gebot. Katholiken - und die waren im Heideboden die Mehrheit -
suchten zusätzlich eine Stärkung ihres Glaubens auf Bittgängen,
Prozessionen und Wallfahrten: Frauenkirchen, Maria Loretto und Maria
Lanzendorf, vor allem aber Mariazell waren jene „heiligen" Orte, die im
Laufe eines Lebens immer wieder eine Rolle spielten.
EVANGELISCH IM (NORD) BURGENLAND
Der Durchbruch des Protestantismus am Heideboden erfolgte ab der Mitte
des 16. Jahrhunderts, als Pfarrstellen der Herrschaften Eisenstadt und
Mattersburg mit evangelischen Predigern besetzt wurden. In solchen
Dörfern waren dann die meisten Bauern evangelisch und nur einige
Kleinhäusler und Söllner noch katholisch. Doch bereits ein Jahrhundert
später setzte unter Graf Nikolaus Esterházy die Rekatholisierung ein:
Lediglich in Gols, Tadten, Mörbisch und Rust und in jenen Dörfern, die
zur Herrschaft Ungarisch-Altenburg gehörten, konnten sich die
Evangelischen weiterhin behaupten.
Auch in anderen Orten hielt ein starkes evangelisches Bewusstsein den
vielen Bestrebungen der Rekatholisierung stand. Erst mit Beginn der
Aufklärung kamen für alle Protestanten schlussendlich bessere Zeiten,
und mit Erlass des Toleranzpatents am 25. Oktober 1781 wurde allen
Konfessionen die freie Religionsausübung garantiert: den Juden, den
Griechisch-Orthodoxen und eben auch den Protestanten. Ab 1781 bildeten
sich rein „evangelische Orte" aus, die sich von den katholischen
absetzten und in denen für Katholiken kaum Platz war. Noch bis in die
1970er Jahre galt eine eheliche Verbindung zwischen Protestanten und
Katholiken als unschicklich. Diese starren Grenzen haben sich
mittlerweile jedoch aufgeweicht. Heute existieren 29 evangelische
Pfarrgemeinden im Burgenland, Sieben davon befinden sich im
Nordburgenland: Im Bezirk Neusiedl sind das Gols (mit Tadten),
Deutsch-Jahrndorf, Nickelsdorf und Zurndorf, im Bezirk Eisenstadt
zählen Eisenstadt, Mörbisch und Rust dazu.
DAS EVANGELISCHE BETHAUS
1781 erließ Kaiser Joseph II. das „Toleranzpatent". Nun durften die
Protestanten ihre Religion frei ausüben. Ab 100 Pfarrmitgliedern konnte
eine Kirche erbaut werden, allerdings musste sie von der Straße
zurückversetzt und ohne Turm und ohne Glocke sein. Die Baulichkeiten
dieser Art nannte man „Bethäuser". Erst im 19. Jahrhundert wurden
regelrechte Kirchen erlaub t- ein wenig abseits aber stehen sie zumeist
heute noch. Oft waren die Bethäuser in Verbindung mit einer Schule, in
die ausschließlich die evangelischen Kinder gehen durften. Die Gebäude
waren bescheiden ausgestattet: ein einfacher Tisch mit Altartuch,
darauf Kerzenleuchter, Hostienschale und Kelch, ein Altarbild darüber,
einige Bänke oder Stühle zum Sitzen - das genügte zur Abhaltung der
Gottesdienste.
Das Bethaus hier im Museum ist schöner ausgestattet und ähnelt eher
einer Kirche mit Kirchenbänken und Predigtstuhl, einem alten Taufbecken
und einem gut klingenden Harmonium. Dass dem so ist, liegt in der
Geschichte dieses Museumsgebäudes begründet. Denn heute ist es
Heimstatt für einen Großteil der Objekte des „Evangelischen
Diözesanmuseums" in Stoob, das 2006 aufgelöst wurde. So erklären sich
auch die beiden Altarbilder, das eine über dem Tisch und das andere an
der Seitenwand. Auch die großen Kerzenleuchter und Kannen, das
Kruzifix, die Bilder, die Opferbüchse, das zinnerne Abendmahlsgerät,
die in Lederetuis verwahrten Kelche und die Taufschalen stammen aus dem
Museumsfundus von Stoob. Und auch die einstmals dort ausgestellten
Schriften und Bücher lagern, geschützt vor Feuchtigkeit, in einem
Tresor des Museums.
* * *
Letztes Abendmahl, vermutlich Altarbild des 1848 abgetragenen Toleranzbethauses in Lutzmannsburg
Es ist ein „langsames“, gastfreundliches Museum. Am gastfreundlichsten
ist naturgemäß das Wirtshaus. Wie die meisten anderen Gebäude stand es
früher in Mönchhof und ist samt seiner Einrichtung annähernd wieder so
aufgebaut worden. Hier kann der Besucher lustvoll rasten, nachdenken
oder auch ein Glas Wein genießen. Manchmalist das Gasthaus bis auf den
letzten Platz voll besetzt, oft herrscht aber auch beschauliche Ruhe.
Wem es aber dann doch zu ruhig sein sollte, der kann die alte Musikbox
mit den Schellackplatten anwerfen oder an einer der außertourlichen
Musikveranstaltungen, Handwerksvorführungen öder Eröffnungen von
Sonderausstellungen teilnehmen.
DER „SCHWARZE KELLER"
Im sogenannten Schwarzen Keller war aller Wein und Schnaps gelagert,
den man an der Steuer vorbei „schummeln" wollte und der „unter der
Hand" weiter verkauft wurde.
DER „REICHSARBEITSDIENST" (RAD)
Der Reichsarbeitsdienst war eine Organisation im
nationalsozialistischen Deutschen Reich. Als Grundprinzip der damaligen
Wirtschafts- und Machtpolitik oblag ihm auch die nationalsozialistische
Erziehung der Jugend. Ab dem Gesetzeserlass 1935 mussten zunächst nur
junge Männer vor ihrem Militärdienst für sechs Monate zum
Reichsarbeitsdienst. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 betraf
dies auch die weibliche Jugend. Ausgenommen waren Personen
nicht-arischer Abstammung und solche, die mit Nicht-Ariern verheiratet
waren.
Beim Reichsarbeitsdienst stand von Anfang an der militärische Zweck der
Kriegsvorbereitung im Vordergrund. Die dienstverpflichteten jungen
Männer wurden vorerst aber mit Arbeiten zur Landgewinnung und
Bodenverbesserung, in Steinbrüchen sowie im Straßen- und Siedlungsbau
beauftragt.
Ein Hauptziel war die Disziplinierung der jungen Generation. All jene,
die während der Weltwirtschaftskrise oft jahrelang arbeitslos gewesen
waren, mussten nun zum Arbeitsdienst. Die zwangsrekrutierten jungen
Männer galt es, unter einschüchterndem, militärischem Drill zu
erziehen. Höchste körperliche Arbeitsleistungen bei geringster
Bezahlung und ohne arbeitsrechtliche Ansprüche wurden ihnen abverlangt.
Die Ableistung der Arbeitsdienstpflicht bildete darüber hinaus die
Vorbedingung zur Zulassung zum Hochschulstudium. Der
Reichsarbeitsdienst propagierte und überhöhte letzten Endes „Arbeit"
zum „Ehrendienst" an der deutschen „Volksgemeinschaft".
* * *
Bei der hierher translozierten Holzbaracke handelt es sich um einen
Teil des ehemaligen, weitaus größeren NS-Reichsarbeitsdienstlagers in
Andau. Sie diente bis 2014 als Aufenthaltsraum für den dortigen
Fußballclub, wurde dann aber durch einen Neubau ersetzt und sollte
entsorgt werden. Schlussendlich aber fand die Baracke, fachgerecht
zerlegt und wieder aufgebaut, hier im Museum eine neue Verwendung: als
Dokumentationszentrum für die beiden Weltkriege wie auch für den
nationalsozialistischen Reichsarbeitsdienst.
VOM ANDEREN LEBEN: KRIEG
Aus der Bahn geworfen - das waren alle jene, die an Kriegsfronten kämpften, verwundet wurden oder starben.
Gewehre, Stahlhelme und Gasmasken sind Zeugen langer Abwesenheiten von
zu Hause. Eßgeschirr, Tornister und Feldbett, verweisen auf den
soldatischen Alltag, Verbandsmaterial, Tragbahre und Krücken auf die
körperlichen Leiden der Menschen. Und Militärakten geben trocken
Auskunft über die Ableistung von Kriegsdiensten. Krieg spielte sich
aber immer auch dort ab, von wo man herkam und sein Zuhause hatte: In
den Familien wie auch in der Öffentlichkeit war Krieg allgegenwärtiger
Gesprächsstoff; in den Schulen gehörte er zum Lehrinhalt; und auch die
Verwaltungsbehörden wurden von ihm durchdrungen. Hunger, Entbehrungen,
Verzweiflung und Ratlosigkeit, waren seine Begleiter: auch in der
Heimat. Aus der Bahn geworfen - das waren also auch alle jene, die das
Leben zu Hause aufrecht erhielten. Beim Rundgang durch das Museum sind
Kriege und deren Folgen stets mitzudenken, denn auch der Heideboden und
seine Bewohner blieben von diesen Katastrophen nicht verschont.
MÖNCHHOF 1945
Am Spätnachmittag des Ostersonntags kamen die letzten deutschen Truppen
von der ungarischen Grenze kommend durch den Ort und erklärten, dass
die Sowjets bereits in Kürze im Ort sein werden. Daraufhin zog die
Bevölkerung in die Bunker. Die Deutschen hatten keine Verteidigung am
Ostwall aufgezogen, so dass der Ort von den Sowjets kampflos
eingenommen wurde. Die Rote Armee rückt in den Morgenstunden des
Ostermontags in den Ort ein. Einige sowjetische Offiziere forderten die
in den Bunkern befindlichen Zivilisten auf, in ihre Häuser
zurückzukehren. Bis zum Abend hatten die Russen bereits die meisten
Häuser geplündert, den Großteil des in den Kellern lagernden Weines
getrunken und es begann der Leidensweg der Frauen und Mädchen, die in
großer Zahl missbraucht wurden. Die Männer mussten Schläge und
Bedrohungen mit der Waffe aushalten und wurden als Viehtreiber nach
Pressburg und Ungarisch Altenburg eingesetzt. In der Zeit vom 2. bis 6.
April 1945 wurden 6 Zivilisten erschossen. Drei Personen begangen aus
Angst Selbstmord. 5 Gebäude wurden eingeäschert.
Der GPU-Kommandant schickte immer Leute nach Parndorf zu
Aufräumungsarbeiten, dabei wurden die Frauen wieder vergewaltigt.
Mindestens 50 Frauen erlitten Geschlechtskrankheiten und mussten mit
männlichem Geleitschutz auf Pferdefuhrwerken nach Wien gebracht werden.
Keine Familie wagte sich allein aus der Wohnung, die Menschen sammelten
sich immer in Gruppen. Die Bevölkerung verlor fast den gesamten
Viehbestand. Der Pfarrhof wurde sowjetisches Truppenlazarett, die
Gefallenen in einem Massengrab am Friedhof begraben.
Der Erste Weltkrieg: Untergang der Monarchie
Der Doppeladler als Symbol der österreichisch-ungarischen Monarchie
hatte mit dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 seine Aussagekraft
verloren. Das jahrhundertelang bestehende Kaiserreich der Habsburger
hatte aufgehört zu existieren. Aus dem einstigen Vielvölkerstaat gingen
neue Staaten hervor: das Königreich der Slowenen, Kroaten und Serben,
die Tschechoslowakei, Ungarn - und auch die Republik Österreich. Nicht
nur politische Uneinigkeit, sondern auch große wirtschaftliche, soziale
und finanzielle Probleme beherrschten die Anfangsjahre des jungen
Staates. Darüber hinaus mussten infolge der Friedensverhandlungen von
St. Germain 1919 große Gebiete, die mehrheitlich deutschsprachig waren,
abgetreten werden (Deutsch-Südmähren, Deutsch-Böhmen, Sudetenland,
Untersteiermark, Kanal- und Mießtal, Südtirol). Deutsch-Westungarn,
also das heutige Burgenland, allerdings wurde dem verbliebenen
Restösterreich zugeschlagen. Die im Parlament vertretenen Parteien und
das Gros der Bevölkerung erachteten den nunmehr geschrumpften Staat als
nicht lebensfähig ohne den „großen Bruder" Deutschland - das
Staatsgebilde hieß damals dementsprechend auch „Deutschösterreich". Die
Siegermächte verboten jedoch den Anschluss. Dieser sollte erst unter
Adolf Hitler 1938 endgültig erfolgen.
Der Weg in den Nationalsozialismus: Der Zweite Weltkrieg
Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen war gekennzeichnet von
politischer Uneinigkeit, darniederliegender Landwirtschaft,
Nahrungsmittelknappheit, katastrophalen Wohnverhältnissen und
grassierender Arbeitslosigkeit. Unruhen, Verelendung der Bevölkerung,
Bürgerkrieg, Austrofaschismus brachten die Demokratie ins Wanken.
Großdeutsches Gedankengut bildete darüber hinaus den Nährboden für den
Aufstieg des Nationalsozialismus. Der Ruf nach einem „starken Mann"
wurde immer lauter. Adolf Hitler ergriff die Macht 1933 in Deutschland,
1938 in Österreich - die 1. Republik hatte aufgehört zu bestehen.
Doch bereits vor dem „Anschluss" arbeiteten die Nationalsozialisten mit
ihrer Propaganda auf Hochtouren, um die Menschen von ihrer Ideologie zu
überzeugen. Arbeit und Wohlstand, Schutz vor dem Großkapital,
Ausschaltung „linksgerichteter" Kreise, Eliminierung des „Judentums"
und die Vereinigung Österreichs mit Deutschland waren die
Kernbotschaften. In der von den NS-Ideologen propagierten
„Volksgemeinschaft" als Gesinnungsgemeinschaft sollten sich alle
„Volksgenossen" wiederfinden. Auch das Burgenland folgte dem
„Anschluss" in den Stunden vom 11. zum 12. März 1938. Adolf Hitlers
„Mein Kampf", Hitler-Bilder und Hitler-Büsten, Propaganda-Schriften
endloser Zahl, Bücher wie „Männer im Braunhemd", Lehrbücher für den
„Dienst an der Luftwaffe", für „Schützen" u.s.w., Frontliederbücher
aller Arten, Hakenkreuz-Embleme etc. sollten alle wehrfähigen Männer ab
dem 1. September 1939 (Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Polen) an
ihre „nationalsozialistischen Pflichten" im bedingungslosen
Kriegseinsatz an der Front erinnern und auf diesen einschwören.
Die Grauen des Krieges an der Front
Von den unendlichen Grauen der Kriegshandlungen an der Front sind
eigentlich nur wenige Zeugnisse übrig geblieben oder (vielleicht) auch
als aufhebenswert erachtet worden. Als wichtige Dokumente und
Erinnerungsstücke an den Zweiten Weltkrieg wurden aber doch zumeist
„Wehrpaß" und „Soldbuch" verwahrt, das eine oder andere Liederbuch, das
speziell für die Frontsoldaten bestimmt war, selbstverständlich aus der
Heimat stammende Briefe, aber auch solche, welche die Soldaten nach
Hause schrieben, manchmal auch Schriftstücke, die der propagandamäßigen
Aufbesserung der Soldatenmoral dienen sollten..
Von den stets drohenden Gefahren an der Front zeugen u. a. Stahlhelme
und Gasmasken. Feldflaschen, oftmals in braunen Filz gehüllt, einfachst
zusammen klappbare Pfannen, Besteck und Menage-Geschirr machen
Gefechtspausen vorstellbar, in denen so etwas wie ein minimaler Alltag
für kurze Zeit geherrscht haben mag. Manches Essgeschirr erzählt
konkret ein Stück Lebensgeschichte wie etwa jenes, in das der Soldat
Franz Haubenwallner die Daten seiner Gefangenschaft am 23. April 1945
eigens eingeritzt hat. Feldtelefone, Tarnnetze, Munitions- und
Werkzeugkisten, Feldtaschen und Tornister, Bajonette, Stiefel,
Ledermantel etc. sind ebenfalls beklemmende Überreste, die von den
Schrecknissen des Zweiten Weltkrieges an der Front zeugen.
Verwundungen, Deutsches Rotes Kreuz, Kriegsversehrte
Zahllose Frontsoldaten erlitten während der Kampfhandlungen schwerste
Verwundungen. Wenn möglich wurden sie von ihren Kameraden vor Ort, oft
direkt im Schützengraben, erstversorgt. Viele mussten jedoch danach in
ein Feldlazarett gebracht werden. Dort leisteten Feldärzte, Sanitäter
und Deutsche-Rot-Kreuz-Schwestern unter schwierigsten Bedingungen oft
Übermenschliches an ihren Patienten. Viele der Krankenschwestern und
Sanitäter waren aber nur ungenügend ausgebildet. Zwar gab es eine
Vielzahl von Broschüren zur Ableistung einer Primärversorgung bei
Unfällen, zum Anlegen von Notverbänden, ja sogar ein „Amtliches
Unterrichtsbuch über Erste Hilfe", aber letzten Endes hingen die
Hilfsleistungen von den Möglichkeiten und Fähigkeiten der Ärzte und
Pflegekräfte ab. Und je länger der Krieg dauerte, desto weniger
Medikamente und Verbandsmaterial standen zur Verfügung.
Viele der kriegsbedingt Amputierten, Gelähmten, Hirnverletzten bzw.
Hör- und Sehgeschädigten zählten nach Kriegsende zu der Gruppe der
Kriegsinvaliden. Nach 1945 waren sie ein gewohntes Bild auf den
Straßen: mit Kopfverbänden, Blindenschleifen, Bein- und Armprothesen,
auf Krücken oder auch in einem Versehrtenwagen sich fortbewegend. Und
manche Kriegsopfer konnten sich und ihre Familie mit der Führung einer
Tabak-Trafik notdürftig fortbringen. Unvorstellbar bleiben die Zahlen
der Toten, die der Zweite Weltkrieg gefordert hat: Insgesamt waren es
60 bis 70 Millionen Menschen.
DAS PFARRHAUS
Zu jeder katholischen Kirche gehörte ein Pfarrhaus. Fast immer
unterschied sich sein Aussehen von dem der übrigen Häuser im Dorf: Oft
war es zweistöckig, mit Balkon und unterkellert. Stets wirkte es ein
wenig herrschaftlich. Die zugehörige Landwirtschaft und der kleine
Hausgarten waren von der Straße aus kaum sichtbar: So wurde das „schöne
Bild" nicht gestört. Während die Kirche der Mittelpunkt der
Religiosität war, bildete der Pfarrhof das organisatorische Zentrum
dafür. Hier wurden die Predigten und Messen vorbereitet und die Lieder
für die Gottesdienste ausgewählt. Darüber hinaus hatte das Haus die
Funktion einer Schaltstelle zwischen weltlichem und kirchlichem Leben.
Denn in das Pfarrhaus gingen die Dorfbewohner, um das Aufgebot zu
bestellen, Geburten und Taufen anzumelden, oder um das Sterben eines
Angehörigen kundzutun. Doch auch in anderen Lebenslagen - verzweifelten
und freudigen - galt das Pfarrhaus als gute Adresse.
DER VORRATSKELLER
Bis in die 1960er Jahre war es gang und gäbe, dass zu jedem Pfarrhaus auch eine Landwirtschaft gehörte.
Entweder wurde sie vom Herrn Pfarrer selbst geführt unter Mithilfe von
Gesindeleuten und der Pfarrersköchin -, oder er verpachtete die
Wirtschaft gegen Geld und Fruchtgenuss, wodurch ihm ein ganz gutes
Auskommen sicher war. Zumeist galten diese Regelungen in vermindertem
Umfang auch für den Ruhestand. Diesbezüglich hatte der Pfarrer jedoch
nicht bloß für sich allein, sondern auch für seine Köchin mit zu
sorgen, blieb sie doch meist ein Leben lang, ähnlich einer Ehefrau,
„ihrem" Herrn Pfarrer treu.
Der Keller im Pfarrhaus hatte zwei wichtige Funktionen: Er war
einerseits Lager für den Messwein, aber auch für Obst, Gemüse,
Marmeladen und Eingemachtes. Andererseits fand hier das wöchentliche
Wäschewaschen statt.
Der Messwein wurde möglichst aus eigenen Trauben hergestellt und in
kleinere Fässer bzw. auch in Flaschen abgefüllt. Das Lagerobst, die
Konserven, Kompotte und eingelegten Eier bewahrte die Köchin auf langen
Holzstellagen auf. Und das Gemüse - die Karotten, den Zeller, die roten
Rüben - legte sie in eine Sandkiste am kühlsten Ort des Kellers. Fürs
Wäschewaschen musste das Wasser hinunter getragen, der Waschkessel mit
Maisstroh und Rebenholz beheizt und die Wäsche in mühevollen
Arbeitsschritten gesäubert werden. Die Kirchenwäsche galt es, nach dem
Waschen noch zu stärken und danach möglichst faltenfrei zu bügeln. Der
Gang in den Keller war zumeist beschwerlich und darüber hinaus -
zumindest im Winter - mit Kälte verbunden, ebenso mit Feuchtigkeit und
Finsternis.
DER WEINKELLER
Der Weinkeller war der Stolz eines jeden Weinbauern, und es stellte
eine gewisse Ehre dar, wurde man in seinen Keller eingeladen. Daran hat
sich bis heute nichts geändert. Im Burgenland sind die Keller anders
als etwa die in Niederösterreich - nicht nur in den Boden gegraben,
sondern zu einem großen Teil aufgeschüttet. Ein raffiniertes System von
Zugiöchern sorgt für das ausgewogene Verhältnis von Zu- und Abluft.
Im Presshaus befanden sich die große Weinpresse, aber auch kleinere
„Quetscher", diverse Bottiche und sonstige Arbeitsgeräte, die für den
Pressvorgang notwendig waren. Im Keller selbst lagerten die Fässer,
manche von ihnen auch reich
verziert. Stets zur Hand mussten der Weinheber und einige Probiergläser
sein. Denn der Weinbauer überprüfte ja in Abständen, wie es um die
Gärung des Traubensaftes stand. Kenner konnten schon sehr bald
feststellen, ob der Jahrgang ein besonders „guter" werden würde. Der
Weinkeller hier im Museum ist ein Geschenk von Josef Haubenwallner an
sich selbst zu seinem 50. Geburtstag.
Ich frag Dich nicht mein lieber Gast, wie viel Du in der Börse hast.
Drum klopf auch Du, -als kluger Mann- niemals an meine Fässer an.
DER „PETROLEUMDAMPFER"
Vor nicht allzu langer Zeit stand diese riesige Antriebsmaschine
mitsamt der dazugehörigen Mühle in Halbturn in der Budapester-Straße
Nr. 8 auf dem Grund von Josef und Elisabeth Berger. Mit einem Kran
wurde der Maschinenkomplex 2001/2002 aus den Abrissruinen des
Halbturner Gebäudes gehoben, ins Museum geschafft, neu aufgestellt und
erst danach mit dem jetzigen Mühlhaus ummantelt. Die Translozierung und
Neuerrichtung erforderte zahllose Überlegungen, technische Erhebungen,
Einholung von Expertenwissen, Durchsicht von Fachbüchern und eine Fülle
von Arbeitsstunden. Denn vieles war seit der Stilllegung der Mühle
1959/60 kaputt geworden oder eingerostet und manches auch verloren
gegangen.
Bei der Antriebsmaschine, dem „Dampfer", handelt es sich um einen
stabilen Viertaktmotor mit Glühzündung, Frischwasserkühlung und
Druckluftanlassvorrichtung. Der Viertaktmotor hat einen Zylinder, und
zur Überbrückung des Auspuff-, Ansaug -und Verdichtungshubes ein großes
Schwungrad, an dem die Riemenscheibe befestigt ist: zum Antrieb der
Schrotmühle. Der Motor mit einer 6 PS -Leistung, gebaut von „Langen
& Wolf" zwischen 1880 und 1890, wird mit Petroleum betrieben. Die
Mühle selbst ist zur Gänze aus Holz gefertigt, lediglich die Becher des
Elevators bestehen aus Blech.
DIE SCHROTMÜHLE
Jahrhundertelang war es nur der Wind, der die Mühlen im Heideboden
antrieb. Im ausgehenden 19. Jahrhundert kamen dann dampf- und
motorbetriebene Mühlen auf. In den Jahren nach Ende des Ersten
Weltkrieges schlossen sich viele Bauern zu Genossenschaften zusammen.
Neben den Milchhäusern in den Ortschaften entstanden nun auch
gemeinschaftlich betriebene Futtermühlen. Sie blieben bis in die späten
1970er Jahre in Verwendung. Die gemahlenen Sorten waren
unterschiedlich: Getreide und Mais als Schrot für das Schweinefutter
und Mais „gebrochen", also gröber, für die Hühner. Mittels eigener
Maschinen wurde außerdem Saatgut erzeugt.
Den Futtermühlen stand jeweils ein „Schrotner" vor, der oft auch für
das örtliche Milchhaus zuständig war. Daher lagen in vielen Dörfern
diese beiden Gebäude häufig dicht beieinander. Je nach Bedarf, meist
zeitgleich mit der Milchablieferung, brachten die Bauern oder Knechte
das Mahlgut zum Schrotner. Nach genauem Wiegen wurde es entweder gleich
verschrotet oder in den Schüttkasten zwecks späterer Verarbeitung
geleert. In grobe Säcke gefüllt und gut zugebunden, konnte es dann beim
neuerlichen „Milchstellen" abgeholt werden. Die Bezahlung der Schrotner
war Sache der Genossenschaften und daher auch von Dorf zu Dorf
unterschiedlich. Die Abmachungen variierten zwischen einem Fünfzigstel
und einem Zwölftel des Mahlguts. Diesen Teil konnte der Schrotner für
sich behalten, entweder für seine eigene Wirtschaft oder zum
Weiterverkauf an Dorfleute oder Fremde, denen es an Futtermitteln
mangelte.
MILCHWANNE MIT KÜHLAPPARAT
Die Milchwanne fasst rund 2000 Liter. Damit entspricht sie den
ortsüblichen Größen von früher. Sie befand sich, ebenso wie der
Kühlapparat, bis vor kurzer Zeit im einstigen Milchhaus von Mönchhof.
Die Temperaturabsenkung der frisch angelieferten Milch war notwendig
und geschah mittels Wasserkühlung: Hierzu wurde die Milch in die kleine
und mit Löchern versehene Wanne oberhalb des „Kühlers" gegossen, und
dann rieselte sie langsam und in dünnen Strahlen über die von Wasser
durchflossenen Rippen des Apparats in das große Auffangbecken.
Die Wasserversorgung der Kühlvorrichtung erfolgte mit fließendem Wasser
aus einem Brunnen: Dazu musste mittels des Petroleummotors in der
Schrotmühle einerseits die Brunnenpumpe angetrieben und andererseits
das Wasser in den großen Tank im Maschinenraum der Mühle gepumpt
werden. Von dort aus floss es dann über eine Leitung zum Kühlapparat im
benachbarten Milchhaus. Als 1925 die Elektrifizierung Mönchhofs
erfolgte, wurde auch die Brunnenpumpe auf Strom umgestellt. Die
Wasserversorgung des Milchhauses war damit um vieles einfacher
geworden. Nun konnte verstärkt auch das Milchhaus selbst mit Wasser
kühl gehalten werden: Mehrmaliges Aufspritzen des Bodens, tägliches
Reinigen der Milchwanne und Spülen von Kannen, Messeimern und
Schöpfgefäßen erzeugten eine Raumtemperatur, die an heißen Tagen oft
als Labsal empfunden wurde.
DAS MILCHHAUS
„Jedem Dorf sein eigenes Milchhaus!"- so lautete die Parole ab den
1920er Jahren am Heideboden. Viele Bauern produzierten nun nicht mehr
nur für sich selbst, sondern lieferten Milch auch zum Verkauf. Denn die
neu gegründeten Genossenschaften mit ihren modern eingerichteten
Milchhäusern ermöglichten eine größere Mengenabnahme der Milch. Und die
wasserbetriebenen Kühlvorrichtungen garantierten eine längere
Haltbarkeit. Jeden Tag, morgens und abends, brachten die Dorfbewohner
ihre gefüllten Kannen ins Milchhaus. Dort erfolgte die genaue Messung
der Milchmengen und die Eintragung in die jeweiligen Milchbücher: ins
Journalbuch der Genossenschaft und in jenes der Bauern. Die Abnehmer
waren außerdem verpflichtet, die Milch in Stichproben auf Fettgehalt
und Sauberkeit zu prüfen und jegliche Missstände sofort zu bemängeln.
Denn die Milchvermarktungsaktiengesellschaft - die „MIAG" - nahm nur
einwandfreie Milch entgegen. Täglich wurde diese dann per Bahn oder LKW
weiter transportiert. Zu Monatsende fand die Auszahlung des Milchgeldes
statt, allerdings abzüglich der an die Bauern zurückgestellten Molke
und - in Zeiten der „Butterberge" - auch von Käse und Butter. Die
Milchsammelstellen hatten aber noch eine weitere Funktion: Sie waren
wichtiger Treffpunkt für viele Dorfbewohner, allen voran für Mädchen
und Burschen. Dementsprechend sauber und etwas hübscher gekleidet
begaben sie sich dorthin, immer in der Hoffnung auf nette Begegnungen
oder gar den Beginn einer späteren Ehe. Vor 1970 wurden die meisten
Milchhäuser geschlossen... auch die Gelegenheiten für Kontakte hatten
sich damit verringert.
DIE WAGNEREI
Eindrucksvoll ist sie: die große Museums-Wagnerei, die einst dem
Mönchhofer Michael Wasserscheid gehörte. Bis 1966 war die
Erzeugungsstätte in Betrieb, dann wurde sie wegen Unrentabilität
zugesperrt, denn die neuartigen Vollgummi- und Luftgummireifen, vor
allem aber die aufkommende Motorisierung, ließen die hölzernen
Wagenräder immer unbedeutender werden. Die Räder für die Leiterwagen
aller Arten und Größen, aber auch für die herrschaftlicheren
„Federwagerln" bestanden aus mehreren Laubhölzern. Für die Radnabe
benötigte der Wagner Ulmen- oder Buchenholz, für die Speichen ein
besonders hartes, aber auch zähes Holz: jenes von Esche, Akazie oder
Eiche. Die Felgen wiederum waren meist aus dem Holz von Buchen, da
diese Bäume mit ihren großen Durchmessern leicht und relativ rentabel
verarbeitet werden konnten.
Für die Erzeugung eines Wagenrades brauchte der Wagner rund zwölf
Stunden. Dazu waren viele anstrengende Arbeitsschritte notwendig:
Herstellen der Radnabe samt Einschlagen der „Achsenbüchse", Schnitzen
der Speichen auf der „Heinzelbank", Ausbohren der Speichenlöcher und
Einsetzen der Speichen, Erzeugung der Felgenstücke und Aufschlagen auf
die Speichen. Zum Schluss musste noch ein eiserner, glühend heißer
Radreifen über das Holzrad gespannt, sprich „angetrieben", und sogleich
wieder mittels Wasser abgekühlt werden. Das Eisen verengte sich und
umspannte nun das Rad untrennbar. Innerhalb des dörflichen
Sozialgefüges hatte der Wagnermeister eine durchaus geachtete Stellung
inne. So verfügte er auch über ein kleines Büro, in dem er Pläne
zeichnete, mit seinen Kunden verhandelte und Zahlungen ausschließlich
in bar entgegennahm.
DIE SATTLEREI
„Sattlerrössel", „Kummet", „Klesterhölzer", „Ohrenrosen"... Das sind
Wörter, die uns heutzutage kaum etwas sagen, für den Sattlermeister wie
auch für seine Kunden waren sie jedoch einst gängige Begriffe. Die
Motorisierung ab den 1960er Jahren machte aber auch diesem Handwerk
allmählich den Garaus. Viele Sattler mussten ihren Beruf wechseln, denn
sie hatten ihre Haupteinnahmequelle verloren: die fachgerechte
Herstellung von Pferdegeschirren, bestehend aus Halfter, Kummet mit
Kissen, Rückenriemen, Brustgeschirr, Zügel und Scheuklappen; fallweise
kamen noch Sattel und Gamaschen hinzu. Darüber hinaus fertigte der
Sattler in der oft kleinen Werkstatt Schul-, Akten- und Geldtaschen
sowie Rucksäcke, manchmal auch noch Dichtungsringe für Brunnen an. Das
Tapezieren von Polstermöbeln fiel ebenso in seinen Bereich.
Je nach Verwendungszweck und Kundenwunsch verarbeitete der
Sattlermeister als Hauptmaterial Leder, das er vom Gerber bezog:
wasserabweisendes und strapazierfähiges Rindsleder sowie weicheres
Schweinsleder, aber auch Leder von kleineren Tieren für dünne Riemen.
Zur Bearbeitung des Leders gab es spezielle Werkzeuge, nämlich
Halbmondmesser zum Schneiden des Leders, Ahlen zum Vorbohren der
Nählöcher, Nähahlen und -nadeln zum Zusammennähen von Lederteilen. Das
„Sattlerrössel" war gleichsam der Arbeitsbock. Weiters brauchte der
Sattler eine Nähmaschine, eine Vielzahl von Metallringen als
Strang-bzw. Halfterringe und Schnallen als Verbindungsstücke für die
Zaumzeugriemen. Schöne Messingplaketten und Ziernägel waren ebenso
wichtig, denn gerade das Pferdegeschirr war oft der Stolz eines Bauern.
DER EISKELLER
Vor dem Aufkommen von Kühlschränken und Gefriertruhen war eine gekühlte
Lagerung von Lebensmitteln kaum gegeben. Lediglich Fleischhauer,
Gastwirte und Bierbrauer verfügten bereits vor der Mitte des 20.
Jahrhunderts über Kühlmöglichkeiten: Eiskeller hieß das Zauberwort. Im
Winter, zumeist im Jänner, wenn Lacken, Teiche und Seen zugefroren
waren, begann das kraftaufwändige Eisschneiden und Eishacken. Zunächst
wurden riesige Blöcke aus dem Eis gehackt, in große Stücke geschnitten
und am Verladeplatz aufgeschichtet. Der Abtransport mit Fuhrwerken in
die Eiskeller erfolgte erst, wenn alles Eis „geerntet" war - circa nach
14 Tagen. Über Rutschen wurde das Eis in die Eiskeller befördert, in
große Bottiche oder viereckige Holzgestelle. Oft schichtete man
zusätzliche Eismauern auf, um auf diese Weise die Kühlung zu erhöhen -
da hielten sogar die kleinsten Eissplitter etwas länger.
Das Eisschneiden ebenso wie die Arbeit im Eiskeller blieben
ausschließlich den Männern vorbehalten, den Taglöhnern, den Knechten
und den ganz Armen. Fallweise waren auch Schuldner mit von der Partie,
und zwar jene, die dem Wirt ihre Zeche nicht bezahlt hatten.
Schwächlinge aber konnten diese Arbeit nicht leisten, wog doch 1
Kubikmeter Eis an die 900 Kilogramm. Und selbst die zerkleinerten
Eisblöcke und Eisstücke waren nicht nur sehr schwer, sondern auch
eiskalt und nass! Kein Wunder also, dass Geschäftsleute ab den 1950er
Jahren der „künstlichen Kälte" gern der Vorzug gaben, in Form von
Kühlschränken und Gefriertruhen. In den Privathaushalten vollzogen sich
diese Veränderungen erst 20 Jahre später.
DER MALER
Zu den Hauptaufgaben eines Malers zählten das Ausmalen von Innenräumen
und das Streichen von Fenstern, Türen und Veranden. Aber auch
Geschäftsschilder wurden von ihm angefertigt. Außenanstriche hingegen
nahm er kaum vor. Das machten die Hausbesitzer zumeist in Eigenregie.
Ungefähr seit der Wende zum 20. Jahrhundert wurden die frisch geweißten
Zimmerwände zusätzlich mit gewalzten, farbigen Mustern versehen. Aber
nicht bloß eine gute technische Ausführung, sondern vor allem die
Muster und Farben waren von besonderer Bedeutung. Daher brachte der
Maler - oft in der Speis - Musterstreifen auf und ließ sie dann von
Familie und Nachbarn begutachten. Erst nach diesen Diskussionen fiel
die Entscheidung. Küchen erhielten dezente Muster: getupft, geblümt,
gestrichelt. Vorräume, die ja zumeist klein waren, wurden bunter
gewalzt. Die Stubenwände hingegen mussten aufwändiger gemustert sein:
großflächiger, blumiger, verschnörkselter, barocker.
Den Abschluss des Walzenmusters zum Plafond hin bildete oft ein nicht
zu breiter, einfacher Strich: das „Randl". In der „schönen" Stube
jedoch bestand das Randl häufig aus einer breiteren, kunstvoll
durchbrochenen Bordüre, die der Maler mittels einer Schablone
zusätzlich aufbrachte. Dennoch: Nicht immer stimmte die handwerkliche
Ausführung, nicht immer fiel die getroffene Wahl befriedigend aus. In
solchen Fällen lautete dann der tröstliche Zuspruch „Hauptsache -
frisch ist's!"
Malerwalzen
DIE FLEISCHHAUEREI
Fleischhauer war wohl ein eigener Beruf, doch konnte man davon allein
nicht leben, besaßen doch nahezu alle Dorfbewohner selbst Tiere, mit
denen sie ihren bescheidenen Fleischkonsum decken konnten. Nur für den
Kauf spezieller Fleisch- und Wurstwaren suchte man das Geschäftslokal
des Fleischhauers auf. Je nach Ortsgröße gab es zwei bis vier
Fleischhauer, die nahezu immer auch ein Gasthaus mitbetrieben. Darüber
hinaus waren sie meist auch noch Landwirte. Gasthaus und Fleischhauerei
bildeten oft eine räumliche Einheit. Daher kehrten die Männer oftmals
im Wirtshaus ein, während die Frauen ihre Einkäufe in der
Fleischhauerei tätigten.
Die Bedienung der Kunden übernahmen der Meister und seine Frau.
Lehrlinge und Gesellen konnten sich nur größere Betriebe leisten.
Üblicherweise war die Fleischhauerei nur ein Drei-Tage-Geschäft: An
einem Wochentag wurde abgestochen, gewurstet und geselcht, Donnerstag
und Samstag hatte das Geschäftslokal dann geöffnet.
Dort hingen einige Stangen Wurst, vor allem die „Dürre". Im Eiskasten
kühlte man Fleisch und Pasteten. Größere Mengen lagerte der
Fleischhauer im Kühlraum nebenan, noch nicht portioniertes Fleisch im
unterirdischen Eiskeller.
Das Inventar des Geschäftslokals war bescheiden und einfach:
Verkaufstisch, Arbeitstisch, Hackstock, Waage und Kassa bildeten die
Grundeinrichtung, Schneid- und Hackmesser, Knochensäge,
Wurstschneidemaschine ergänzten den Bestand. Weitere Gerätschaften zur
Fleischverarbeitung waren oft extra in einem kleinen Raum
untergebracht: Fleischwolf, Wurstspritze, Grammelpresse, Wurstkocher,
Wurstkessel, Wurstgabel, Siebe, Wurstgewürze etc. Jede Fleischhauerei
verfügte außerdem über eine Räucherkammer.
DER STOFF- UND KURZWARENHÄNDLER
Wer neue Kleider, Unterwäsche oder Bettzeug brauchte, musste sich
zunächst den passenden Stoff besorgen. Denn Kleidung oder Heimtextilien
wurden nicht, wie heute üblich, bereits fertig genäht im Geschäft
gekauft, sondern vom Schneider, von einer Hausnäherin oder von den
Frauen selbst angefertigt. Einige alltägliche Stoffe und das wichtigste
Nähzubehör konnte man auch beim örtlichen Greißler erwerben. Die
wirklich große Auswahl bot aber nur der Stoff- und Kurzwarenhändler in
den größeren Orten an. Für den Heideboden war dieser in Frauenkirchen
ansässig. Bis in die 1930er Jahre kaufte der Geschäftsmann seine Stoffe
und Kurzwaren nicht beim Grossisten, sondern bei den regelmäßig
vorbeikommenden Marktfieranten.
Das Warenangebot umfasste eine Vielzahl an Stoffen, aber auch
Schnittmusterbögen und Modehefte mit Schnitten, unzählige Knöpfe,
Bänder, Spitzen, Borten, Litzen sowie Häkel-, Stick- und
Strickutensilien aller Arten. Mit der Zeit erweiterte sich das Angebot
um Fertigtextilien: Kopf- und Geschirrtücher, Schürzen, Strümpfe,
Socken, Unterwäsche, Krawatten, Hemden und Hosenträger etc. Bettwäsche
war zumeist aus Leinen oder Baumwolle, doch eine Garnitur der Aussteuer
sollte möglichst aus Damast sein. Barchent und Flanell sorgten für eine
warme Winterkleidung, Seidenbrokat fand für festtägliche Kleidung
Verwendung, der Blaudruck hingegen gehörte zum Alltagsgewand. Ab 1950
setzte sich allmählich auch die Kunstfaser durch. Der Stoffhändler
beriet seine Kundinnen stets fachmännisch. Für die gekauften Waren samt
guten Ratschlägen erhielt er sowohl Bargeld als auch des Öfteren
Naturalien.
MAUERNISCHEN
In einer Zeit, in der sich die Menschen den Naturgewalten noch mehr
ausgeliefert fühlten, suchten sie vielfach Hilfe, Schutz und Segen bei
übermächtigen Wesen. Ihre Verehrung ging sogar so weit, dass sie
Nischen in die Hausfassaden mauern ließen: für eine Marienfigur, eine
Statue des Hl. Florian oder einen geschnitzten Hl. Nepomuk.
Kunsthistorisch betrachtet hatten die Figuren zumeist bloß einen
geringen Wert, für die Hausbewohner jedoch einen hohen: zum einen wegen
der erhofften Wirkkraft der Figur für das persönliche Leben, zum
anderen wegen der öffentlichen Zurschaustellung der familiären
Frömmigkeit.
FENSTER ZU FRONLEICHNAM
Für den „Umgang" werden auch noch heute vier Altäre vor Privathäusern
aufgebaut: Sie folgen den vier Himmelsrichtungen und symbolisieren die
vier Evangelienanfänge. Diese familiären Fronleichnamsaltäre waren und
sind besonders festlich geschmückt: oft mit ausgestickten Altartüchern
und Antependien, vor allem aber mit vielen frischen Blumen. Zu diesem
katholischen Hochfest waren jedoch auch jene Hausfenster geschmückt, an
denen die Prozession bloß vorbeizog. Der Fensterschmuck bestand dann
aus Blumen, einfachen Heiligenfiguren und Kerzenleuchtern. All das
stand sonst das Jahr über auf einem Kasten, zwar wohl verwahrt, aber
doch eher wenig beachtet.
Gemeindekotter
Hutpresse
DIE HUTMACHEREI
Bereits in der antiken Weit kannte man den Hut: einerseits als
wichtigen Schutz vor Sonne und Regen, andererseits als gut erkennbares
Standeszeichen. Zu betont modischen Accessoires mit allerlei
Garnierungen wurden Hüte aber erst im 19. Jahrhundert, als die Pariser
Hutmode in den Metropolen Einzug hielt. Außer den Strohhüten waren in
der Region die Hüte aus Filz. Filz ist nichts anderes als verdichtete
Wolle, die als Woll-, Haar- oder Nadelfilz auf dem Markt ist. Sogar der
Zylinderhut besteht aus dem Werkstoff Filz. Erst durch die Verzierung
mit Bändern, Gestecken, Federn, Blumen und Nadeln erhält jeder Hut
seine eigene Note.
Hutgeschäfte samt Werkstätte wie jenes im Museum existierten nur in
größeren Ortschaften - für den Heideboden lediglich in Frauenkirchen.
Meist wurde auch hier, wie im Handwerk üblich, ein solches Geschäft
über mehrere Generationen betrieben. Neben dem Verkauf von neuen,
schönen Hüten wurden selbstverständlich auch alte Hüte jederzeit
umgearbeitet, neu ausstaffiert oder einfach nur ein wenig repariert.
Einen Hut herzustellen war äußerst kompliziert und erforderte viele
Arbeitsvorgänge. Der erste war das „Anfilzen", das Erzeugen des
Hutstumpens, dann folgte das „Anformen", die endgültige Formung des
Hutes. Anschließend wurde der Hut getrocknet, staffiert und garniert.
Für viele dieser Tätigkeiten standen Maschinen zur Verfügung:
Sandsackpresse, Kopfpresse, Pressgalotte, Lystriermaschine ... Bei
einigen Arbeitsvorgängen waren Wasser und Dampf im Spiel, immer
notwendig aber blieb die Geschicklichkeit des Meisters. Viel Zeit
verbrachte er daher in seiner Werkstatt, während seine Frau im Geschäft
die Kunden beriet und bediente.
DIE GENDARMERIE
1849 wurde die Gendarmerie als Teil der k. u. k. Armee als militärisch
organisierter Wachkörper gegründet, 1918 jedoch in eine zivile
Organisation umgewandelt. Während der NS-Zeit erfolgte ihre
Eingliederung in die Deutsche Ordnungspolizei. 1945 wurde das
Gendarmeriekommando eingerichtet: mit seinen Landes-, Bezirks- und
Ortsgendarmerie-Posten. Das Leben der Gendarmen war nicht einfach.
Ständig unterbesetzt, oft nur zu zweit, hatten sie manchmal auch über
Nachbarorte zu wachen. Die festgesetzten Arbeitszeiten konnten kaum
eingehalten, ja oft musste sogar „rund um die Uhr Dienst geschoben"
werden. Um den Beruf des Gendarmen ergreifen zu können, galt der
abgeleistete Militärdienst als zwingende Voraussetzung. Nach Abschluss
der 16 Monate dauernden Ausbildung erfolgte die Dienstzuteilung meist
nahe dem Heimatort.
Oft galt es, zur Einübung Anzeigen und Diktate zu schreiben, aber auch
Skizzen von Unfällen, sogar fiktiven, zu zeichnen. Viele
Kriegsheimkehrer gingen zur Gendarmerie und erhielten gleich eine
höhere Entlohnung als andere, da ein im Zweiten Weltkrieg abgeleistetes
Soldatenjahr wie 16 Monate Gendarmeriedienst gerechnet wurde. Die
Gendarmerie war Anlaufstelle Nummer eins: für Telefonate, bei Not-
und Unfällen jeglicher Art, aber auch bei Feuer- oder sonstigem
Katastrophenalarm. Stets musste der „Herr Gendarm" zur Stelle sein. Im
Gegenzug und auch als besonders geschätzten Gast lud man ihn gerne zum
geselligen Sautanz ein. Ab den 1960er Jahren erweiterte sich das
Aufgabengebiet infolge des vermehrten Verkehrsaufkommens auf den
Straßen.
Hier im „Dorfmuseum Mönchhof“ ist die einstige Welt zu erahnen. Man
fndet die alten Häuser, die Werkstätten, die Einrichtungsgegenstände
und die Gerätschaften. Man kann nachvollziehen, wie die Menschen
gearbeitet, gewohnt und gefeiert haben. Und man spürt etwas von ihren
Freuden, ihren Nöten, ihrer Geborgenheit, aber auch von den einengenden
Zwängen, denen sie ausgesetzt waren. Das seit 1990 bestehende
Freilichtmuseum — ursprünglich eine private Sammlung — ist in drei
Bereiche gegliedert. Im ersten geht es um die Grundlagen der
Existenzsicherung. Wovon haben die Menschen gelebt? Was haben sie
angebaut und wie? Wie haben sie geerntet? Und welche Produkte habensie
für sich behalten? Dementsprechend ist der gleich anschließende zweite
Teil der Bevorratung für den Eigenbedarf gewidmet. Denn diese bildete
ja die Grundlage dafür, dass immer etwas zum Überleben da war. Hinter
einem kleinen Teich liegt der dritte und vielleicht ansprechendste
Bereich des Museums. Da steht ein richtiges, gleichsam idealtypisches
Dorf im ehemaligen Weingarten der Familie Haubenwallner mit Schule,
Gasthaus, Greißlerei, Kino, Gemeindeamt, Post, Feuerwehr, Milchhaus und
Schrotmühle, mit den Werkstätten der eingesessenen Handwerker und mit.
dem bescheidenen Wohnhaus des dörfichen Viehhalters. Im Kontrast dazu
ist das Gehöft einer gut situierten Weinbauernfamilie zu besichtigen,
mit allem, was so dazugehört: Wirtschaftskammern, Viehställe,
Wagenschupfen, Stadl und eigener Weinkeller.
DER FASSBINDER
Denken wir heute an Fassbinderei, so fallen uns nur wenige Produkte
ein: Wein- und Bierfässer, Bottiche, Krautschaffe..., aber sonst? Dabei
konnte ein Binder an die 120 Produkte herstellen, die im Haus bzw. in
der Landwirtschaft gebraucht wurden. Neben den Weinfässern, Bottichen,
Butten und „Lagin", die der Binder zwar auf Bestellung, aber
routinemäßig erzeugte, wurden auch kunstvoll verzierte Gebinde
hergestellt: allen voran die „Kameradenfassln" für den Bräutigam. Sie
waren ein Geschenk seiner Jahrgangskameraden, wurden am Hochzeitsabend
leer überreicht und dann mit einem besonders guten Wein gefüllt. So
sollten sich die Brautleute stets an ihre Hochzeit erinnern. Zu anderen
festlichen Anlässen bestellte man gerne geschnitzte Fassböden, für die
Schablonen verwendet wurden. Auch Stellagen für Weinheber waren
beliebte Geschenke.
Drei Jahre betrug die Lehrzeit bis zur Gesellenprüfung. Für die
Meisterprüfung musste man jedoch 24 Jahre alt sein. Viele Fassbinder
übernahmen den väterlichen Betrieb. Doch: 1963 gab es im Burgenland die
letzte große Meisterprüfung. Früher wurden die Fässer lediglich aus
Eichenholz gefertigt, das vor der Weiterverarbeitung - zu Dauben
geschnitten - zwei bis drei Jahre in Form von „Daubentürmen" trocknen
musste. Erst danach konnte die weitere Herstellung erfolgen. Nach und
nach setzten sich aber Akazienfässer durch, da dieses Holz eine viel
kürzere Trocknungsphase erforderte. Der Beruf des Fassbinders war sehr
angesehen, weil Präzision, Geschick, Kraft und Ausdauer Voraussetzung
waren. Fassbinder brachten es durchaus zu bescheidenem Wohlstand,
gewiss auch, weil sie über eine große Produktvielfalt verfügten.
DIE SOMMERKÜCHE
Sommerküchen sind eine Besonderheit in der bäuerlichen Gebäude- und
Wohnstruktur des Heidebodens. Manchmal waren sie freistehend, meist
aber angebaut an das Wohnhaus, manchmal auch in dieses integriert.
In den heißen Jahreszeiten war die Sommerküche die am meisten genutzte
Räumlichkeit. Hier wurde gekocht, gegessen, gerastet, aber auch
beobachtet und kommentiert, was sich im Dorf abspielte. Der Raum bot
außerdem Schutz vor Hitze und Staub und ermöglichte darüber hinaus, das
Wohnhaus kühl und sauber zu halten, es also auf längere Sicht zu
schonen. Daher wurden in der Sommerküche oft auch alle gröberen
Arbeiten verrichtet: Einkochen, Wäschewaschen, manchmal auch Wursten.
Letztlich erfolgte über das Vorhandensein der Sommerküche eine
Erweiterung der beengten Wohnsituation. Die Möbel in der Sommerküche
waren bunt zusammengewürfelt und bestanden aus ausrangierten Stücken
der Hauseinrichtung. Ähnlich ging man auch mit dem Geschirr um. Konnte
ein neues Stück angeschafft werden, sortierte die Hausfrau das alte für
die Sommerküche aus. So gesehen „erzählen" die Museumsobjekte in der
Sommerküche ein „längeres Stück Leben" als die anderen.
DIE TÜREN
Türen bestehen üblicherweise aus ein oder zwei Türblättern, oft
zusätzlich noch in Felder unterteilt und mit Glas- und Gitterornamenten
verfeinert. Die Türen zu den Sommerküchen hingegen waren einfachst und
oft auch zweigeteilt. Das Öffnen der oberen Türhälften ermöglichte
einerseits eine angenehme Durchlüftung und den raschen Abzug des
Kochdunstes; auch das Essen selbst war dann „luftiger". Durch die
geschlossenen unteren Teile der Türen hielt man andererseits das
Kleinvieh aus dem Sommerküchen-Wohnbereich fern, obwohl dort Ordnung
nicht das oberste Prinzip war.
DER „SCHUPFEN"
Im Schupfen verstaute die Halterfamilie sämtliches Werkzeug, das sie
für die Feld- und Gartenarbeit benötigte. Denn einen kleinen Hausgarten
mit dem wichtigsten Gemüse, mit ein paar Kräutern und Blumen
bewirtschaftete nahezu jede Familie. Aber auch andere wichtige
Gebrauchsgegenstände wie Arbeitsschuhe und Stiefel, Malermaterial zum
jährlichen Weißen von Wänden und Mauern, Werkzeug für einfache
Reparaturen, Körbe, Besen und Schaufeln wurden hier aufbewahrt,
jederzeit griffbereit.
Im Schupfen hatte die Woche über auch der Waschtrog für das
samstägliche Familienbad seinen angestammten Platz. Und ebenso wurden
die Arbeitsgeräte zum Wäschewaschen, wenn man sie nicht brauchte, hier
abgestellt: Waschkessel, Seife, Rumpeln und Reibbürsten, sowie die
damals „moderne" Waschglocke, die unter der Bezeichnung „Wasche mit
Luft" firmierte. An der überdachten Außenseite des Schupfens lag das
Heizmaterial gestapelt: jegliches Abfallholz, überalterte Weinstöcke
und -reben, Kukuruzkolben, ja sogar getrocknete Kuhfladen. In der
unmittelbaren Nähe des Schupfens befanden sich schließlich noch die
Kleintierställe für die Hühner und Kaninchen.
DIE ZIEGELERZEUGUNG
Das Gros der Bevölkerung des Heidebodens lebte bis zu Ende des 19.
Jahrhunderts vorwiegend in „g'satzten Häusern". Das waren Lehmbauten,
für deren Baumaterialien jeder selbst zu sorgen hatte. Aus den
gemeindeeigenen Sand- und Lehmgruben holten die Dorfleute den „Kot" und
vermengten ihn mit Spreu und Ackerunkraut. Dieses Gemisch wurde dann zu
einer Mauer aufgetürmt, anschließend geglättet, mit „Kotmörtel"
beworfen, verschmiert und jährlich frisch geweißt. Später kamen die
„Kotziegel" auf. Für ihre Herstellung benötigte man hölzerne Model, in
die das Lehmgemisch gepresst, glatt gestrichen und an der Luft
getrocknet wurde. Ab den 1920er Jahren setzten sich die gebrannten
Hartziegel durch. In vielen Dörfern entstanden nun kleine
Fabrikationen, die ihre Ziegel zusätzlich mit Stempeln versahen, häufig
mit den Initialen des Werkinhabers. Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen
sich die Industrie-Ziegel durchzusetzen. Diese Entwicklung bedeutete
schließlich auch das Aus für die lokalen Ziegelbrennereien im
Heideboden.
DER GRENZPOSTEN
Der Eiserne Vorhang wurde an der burgenländisch-ungarischen Grenze am
27. Juni 1989 durchtrennt. Im Jahr davor führte die ungarische
Regierung einen „Weltpass" ein, eine Art Reisepass, der es den Ungarn
ermöglichte, überall hinzureisen und der den Stacheldraht überflüssig
machte. Die Grenzposten bestanden jedoch auch nach dem Fall des
Eisernen Vorhangs weiter. Es wurden aber nur noch fallweise
Grenzkontrollen bis zum Schengener Abkommen durchgeführt. An der
Rückseite: ein Stück originaler Stacheldraht vom Eisernen Vorhang
DER „ZIGEUNERWAGEN"
Der Wagen ist aus dem Besitz von Frau Maria Horvath aus Rumpersdorf in
der Nähe von Oberwarth, die mit diesem Wagen einen Großteil ihres
Lebens noch herumgefahren ist. In höherem Alter verwendete sie ihn dann
als Gartenhütte. Im Zuge der Planung der Ausstellung „Gélem gélem
lungone dromeja – aus dem Leben der Roma" im „Ethnographischen Museum
Schloss Kittsee" 1993 stellte Frau Horvath ihren Wagen zur Verfügung,
allerdings bloß im Tauschwege für eine neue, fest stehende Hütte. Nach
Beendigung der Ausstellung verblieb der Wagen im Parkgelände des
Kittseer Schlosses, ausgesetzt allen Wetterunbilden der nächsten Jahre.
2008, mit der Auflösung des „Ethnographischen Museums", wurde für den
Wagen eine neue Heimstatt im Dorfmuseum gefunden. Gut restauriert und
neu eingerichtet, gewährt er nun einen kurzen Blick in die Kultur der
Lovara, einer Untergruppe der Roma.
DER WAGEN EINES „PRIMAS"
„Lustig ist das Zigeunerleben, faria, faria, ho..." so heißt es in dem oft gesungenen und uns allen geläufigen Lied.
Doch lustig war das Leben der Rom-Völker meistenteils nicht.
Vorurteile, Verfolgung und Ausgrenzung waren oft deren Begleiter. Und
dennoch: Ein hohes Maß an Musikalität war ihnen verblieben, wovon der
hier ausgestellte „Zigeunerwagen" Zeugnis ablegt. Der Wagen des Primas
war schon etwas Besonderes, stand er doch die meiste Zeit nur ihm zur
alleinigen Verfügung. Darüber hinaus war er mit fixen Möbeln
ausgestattet: mit einem Bett, einem kleinen Geschirrkasten, mit Ofen
und Tisch. An der Vorderfront gab es zwei kleine Schiebefenster, um den
Pferdewagen vom Inneren aus manövrieren zu können. Die Rückseite des
Wagens schmückte sogar ein Blumenkasten. Äußerlich unterschied er sich
ebenfalls von den übrigen Wägen: mit bunten Blumen, grünen
Weingirlanden und Blattwerk war er besonders schön hergerichtet.
Schon von weitem kündigte der Primas in seinem Wagen das Kommen der
„Zigeuner" an. Er fuhr an der Spitze seiner Gruppe als erster ins Dorf
ein, und mit seiner Musik und seinem bunt verzierten Fuhrwerk zog er
die Aufmerksamkeit der Dorfleute rasch auf sich. Kinder faszinierte
stets dieses „Einfahren" besonders. Hergestellt um 1900 in einer
ungarischen Wagenfabrik fuhr der Pferdewagen jahrzehntelang über Land
und Dörfer, bis er von einem Traktor abgelöst wurde. 1968 gelangte
dieser besondere Wagen in den Besitz eines Wiener Immobilienhändlers,
der ihn an seinen Neffen, einen Wiener Galeristen, weitergab. Nun
allerdings steht er als Leihgabe im Museum, restauriert und in etwa
wieder so eingerichtet wie einst.
Außerhalb bzw. gegenüber des Museumsareals liegt die jüngste
Attraktion: der ehemalige Mönchhofer Bahnhof. Neben einer Ausstellung
zur Neusiedler-Seebahn im Bahnhofsgebäude stehen 3 Waggons auf
Schienen. Ein Waggon ist als Personenwagen eingerichtet, ein anderer
ist den Schmalspurbahnen auf den Gutshöfen gewidmet und im dritten wird
der schicksalshaften Vertreibung der Ungarndeutschen 1945 gedacht. Vis
a vis der Waggons wurde ein großes Magazin wiedererrichtet, das einen
Einblick in längst vergangene Bahnzeiten möglich macht.
* * *
Raab-Ebenfurth-Ödenburger Eisenbahn: LOK 123
Die ungarische Staatsbahn Magyar Államvasutak (MÁV) bestellte Ende 1924
bei der Budapester Fabrik MÁVAG eine Lokomotive, die eine
Weiterentwicklung der gut gelungenen MÁV-Reihe 375 war. Die
Abnahmefahrt der neuen Lokomotive - der Nr. 123 der Kategorie TV - der
GySEV, erfolgte am 2. Oktober 1925. Die Maschine blieb ununterbrochen
bei der GySEV. Sie versah ihren Dienst meist auf der Strecke der
Neusiedler-Seebahn zwischen Neusiedl und Pamhagen; in der
Zwischenkriegszeit fuhr sie auch auf der GySEV-Hauptstrecke und auch
auf der ehemaligen Sopron-Köszeger/Güns/ Lokalbahn. Bei einem
Luftangriff am 4. März 1945 wurde sie in Sopron beschädigt. Bis Jänner
1981 bewegte sie ausschließlich Güterzüge. Danach war sie bis 1988
abwechselnd mit der Lokomotive Nr. 124 für die vom Reisebüro
„Lokomotiv-Tourist" organisierten Sonderzüge im Einsatz. Bis 1992
befand sie sich im Bahnhof Fertoboz in Ungarn von wo sie dann zum
Bahnhof Mraz-Rohrbach übersiedelte. Im Juni 2024 kam sie mit Hilfe der
Firma Kampel „zurück" an ihre Stammstrecke nach Mönchhof wo sie im
Bahnhofsmuseum des Dorfmuseum Mönchhof ihre vorläufig(?) letzte
Ruhestätte fand.
Die Lok 123 war eine Weiterentwicklung der MÁV- Reihe 375, die MÁV ließ
nämlich diese Lokomotive mit Polonceau-Kupferfeuerbüchsen in Heißdampf-
weizylinder-Zwillingsausführung anfertigen. Damit war der unruhige Lauf
der Verbundlokomotive behoben worden. Die Maschinen konnten so
Personen- und Güterzüge verschiedener Geschwindigkeiten und
verschiedener Füllung auch bei 60 km/h mit ruhigem Lauf befördern. Die
mit Polonceau-Rippendecken-Kupferfeuerbüchse versehene
Zwillingslokomotive wurde mit Schmidt'schem Überhitzer,
Titan-Wasserreiniger, Hardy-Vakuum-Bremse, Geschwindigkeitsmesser,
Wasserabscheider Patent Stein, Teudloff-Dietrich'schen Injektoren, usw.
abgeliefert. Im Rahmen einer Ausbesserung erhielt sie im Jahre 1963
einen Neubaukessel (Fabr.Nr. 14 478).
Exakt 287 Schritte sind es vom Dorfmuseum zu dessen Außenstelle, dem
Museumsbahnhof. Die 1897 eröffnete Neusiedler Seebahn (eine Teilstrecke
der Raaber Bahn) war so etwas wie die wirtschaftliche Schlagader des
Seewinkels. Alles wurde mit ihr transportiert: Bauern, Arbeiter,
Hühner, Wein etc. Im Magazin, welches ursprünglich in Pamhagen stand,
werden die verschiedensten Transportgüter gezeigt. Außerdem befinden
sich hier die Gerätschaften und Werkzeuge, die den Bahnbetrieb erst
möglich machten.
DER BAHNHOF-EINE AUBENSTELLE DES DORFMUSEUMS
Seit 1873 verkehrt die „Raaber Bahn" zwischen Österreich und Ungarn.
Auch während des 'Kalten Krieges' war dies der Fall. Heute teilen sich
Österreich und Ungarn deren Besitz unter dem Namen
„Györ-Sopron-Ebenfurti Vasút Részvénytársaság - Raab-Oedenburg-
Ebenfurter Eisenbahn Aktiengesellschaft". Die Teilstrecke der
Neusiedlerseebahn, an der Mönchhof liegt, wurde 1879 in Betrieb
genommen und 2005 elektrifiziert. Dies machte auch eine Erhöhung der
Gleisanlagen und eine Verlegung des Bahnhofes um knappe hundert Meter
nötig. Der ursprüngliche, noch aus der Monarchie stammende Mönchhofer
Bahnhof hatte somit seine Funktion verloren.
Der alte, nunmehr leerstehende Bahnhof und das ihn umgebende Areal
konnten nach langwierigen Verhandlungen für das Museum als Außenstelle
erworben werden. Im Bahnhofsgebäude selbst ist im ehemaligen Warteraum
eine ständige Dokumentation zur „Neusiedlerseebahn" untergebracht.
Das große, hölzerne Bahnmagazin wurde vom Bahnhof Pamhagen abgebaut,
nach Mönchhof transloziert und beherbergt nun einerseits ehemals
notwendige Arbeitsgeräte und Werkzeuge zum Betreiben der Bahn,
andererseits aber auch Güter, die per Bahn verfrachtet wurden:
Eiskästen, Fässer, Weinpumpen und -pressen, Honigschleudern, Maschinen
(z. B. für eine Tischlerei), Pakete etc., ja sogar ein Feuerwehrwagen
samt Zubehör. Auf Schienen stehen ein Schotterwagen, ein
„Schotterstopfer" für die Gleisanlagen sowie ein Personenwaggon, in dem
man sich wie anno dazumal fühlen kann: im Winter kalt, außer man hatte
einen Platz beim Ofen ergattert, im Sommer stickig heiß; viele Menschen
mit Koffern, Binkeln, Körben und Netzen, fallweise auch kleinen Hühnern
für den Verkauf auf dem Neusiedler Wochenmarkt ....
Der nächstfolgende Güterwaggon ist mit Transportmitteln bestückt,
welche an die zahlreichen von den Gutshöfen zur Raaberbahn führenden
Schmalspurbahnen erinnern sollen. Sie dienten dem rascheren Transport
von Milch (zur besseren Versorgung der Großstadtbevölkerung), Rüben,
Getreide, Holz, Torf etc. Jahrzehntelang wurden die kleinen „Wagonetts"
nur von Pferden gezogen. In den späten 1950er Jahren fanden sie ihr
Ende. Auch ein Modell der legendären „Neusiedler Kleinbahn", die von
den Badegästen zwischen 1928 und 1938 für den rascheren Transport zum
Seeufer benutzt wurde, ist ausgestellt.
Im dritten Waggon, einem Viehwaggon, wird der Vertreibung der
deutschsprachigen Bevölkerung aus dem Heideboden nach 1945 gedacht.
Tausende mussten allein aufgrund ihrer Sprachzugehörigkeit oder aber
auch wegen der Mitgliedschaft zu einem NS-Verband ihre Häuser und
Wirtschaften verlassen. Die meisten lebten noch Wochen und Monate in
zwangsrekrutierten Unterkünften in Ungarn, vor allem in Zanegg, doch
letzten Endes wurden sie deportiert und vorwiegend nach Deutschland, in
die Gegend um Stuttgart und Würzburg, gebracht. Etwas versteckt unter
der Rampe befindet sich noch ein „Schrauber", eine auf Gleisen fahrbare
Maschine, mit deren Hilfe die Schrauben z.B. an den Schwellen
kontrolliert, nachgezogen oder auch gelockert werden konnten. Seit 2019
beherbergt das Bahnhofsgebäude auch eine Dokumentation zum, Eisernen
Vorhang". Der gesamte Museums-Bahnhof ist als Einheit zu begreifen, der
beispielgebend für alle Bahnhöfe der „Raaber Bahn" steht, jener
wichtigen wirtschaftlichen Lebensader im Seewinkel bzw. am Heideboden.
DER SCHOTTERWAGEN
Der Schotterwagen wurde für den Abtransport des Schotters bis in die
1960er Jahre verwendet. In die Schottergrube führten abschüssige
Gleise, auf denen der Wagen hinuntergerollt werden konnte. Das vorne
befindliche „Bremshüttl" war etwas besonderes und notwendig, um den
Wagen vor den jeweiligen Schotterhaufen sofort stoppen zu können. Die
im „Häusl" verwahrte, rote Signalfahne diente zur Ankündigung der
Weiterfahrt. Je nach Schottergrube konnte der Wagen beidseitig beladen
werden. Für die Raaberbahn war nur in Mönchhof eine Schottergrube. Im
Sommer wurde von dort Schotter geladen, im Winter transportierte man
mit dem Wagen auch Kohle. Ursprünglich hatten die Schotterwagen auf
Grund ihres Einsatzes keine Abdeckung - das Dach auf diesem hier wurde
zum Schutz des Museumsobjekts angebracht.
DER „STOPFER"
Den „Stopfer" verwendete man, um die im Laufe der Zeit teilweise bis zu
2cm durchhängenden Gleise zu begradigen. Dabei wurden die Gleise etwas
angehoben und der abgesetzte Schotter durch die Vibration der in den
Schotter eingelassenen „Pichel" wieder aufgelockert. Der Stopfer konnte
von einem Mann bedient werden. Es war meist aber ein zweiter Mann
dabei, der über Funk mit der Betriebsstelle verbunden war. Besonders in
den 1980er Jahren waren die Stopfer auf Grund des vermehrten
Güterverkehrs ständig im Einsatz. Der Stopfer, der in Österreich für
die Raaber Bahn gebaut wurde, löste Ende der 1970er Jahre die manuellen
Stopfer ab. Er war bis Mitte der 1990er Jahre in Betrieb. Heute werden
auf Nebenstrecken motorisierte Stopfer verwendet, die händisch bedient
werden können. Auf Hauptstrecken wird mit modernen, bis zu 40m langen
Stopfern gearbeitet.
DIE NEUSIEDLER KLEINBAHN" ZUM SEE
Zwischen 1928 und 1938 verband die Schmalspurbahn den Bahnhof Bad
Neusiedl der Raaberbahn mit dem Seebad der Gemeinde. Die Bahn wurde in
der Regel zwischen Juni und September betrieben. Die Züge fuhren im
Anschluss an die ankommenden Bäderzüge aus Wien. Täglich rollten etwa
20 Zugpaare, welche die 1,5 km lange Strecke in 8 Minuten bewältigten.
Ihre Entstehung verdankt die Kleinbahn einerseits dem allerdings nur
kurz währenden Status von Neusiedl am See als Kur- und Heilbad,
andererseits dem beginnenden Fremdenverkehr, als der See zu einem nahen
Ausflugsziel für die Wiener Bevölkerung wurde. Davor konnte das Seebad
nur über einen schmalen Fußweg und über Holzstege erreicht werden.
Die Neusiedler Kleinbahn war ehemals eine „Waldschulbahn" aus Wiener
Neustadt. Generalüberholt nahm sie trotz fehlender Bewilligung am 29.
Juli 1928 ihren Betrieb in Neusiedl auf. Vorhanden waren eine 10
PS-Feldbahn-Lokomotive, 10 Stück vierachsige Drehgestell-Personenwagen
und 3 Bahnwagen für Erhaltungsarbeiten. Die anfänglich gute Auslastung
der Züge ging in den Folgejahren immer mehr zurück, zum einen da neben
der Bahn nun auch Motorboote zum Gästetransport verkehrten, zum anderen
da die sehr einfach ausgestattete Kleinbahn zunehmend unattraktiv
wurde. Die Saison 1938 brachte trotz des Anschlusses an NS-Deutschland
auch nicht den erhofften Erfolg. 1939 beschloss der Gemeinderat
schließlich die Einstellung der Bahn. Der Verbleib der Lokomotive und
Wagons ist bis heute ungeklärt.
"Zu den wichtigsten Punkten der Innenausstattung zählen die Personen."
Abschied aus der Heimat in Ungarn
Eine Kette von gewöhnlichen Transport-Waggons steht Mitte Mai 1946 im
Bahnhof von Strass-Sommerein von Hegyeshalom, die Wagen sind nicht
gereinigt, als Zehnjährige schleppe ich vom Brunnen Wasser herbei, wir
kehren und kehren, bis endlich der Boden frei ist. Dann werden die
Menschen aus Karlburg, Ragendorf, Sommerein, Wieselburg und Kaltenstein
in die Waggons gedrängt, getrieben. Die Lokomotive faucht zum Start,
ein Ruck - die Räder drehen sich, ein junger Mann bläst auf seiner
Trompete: Nun Ade Du Mein lieb Heimatland - die eingeschlossenen
Menschen stehen stumm - starr - der Zug rollt aus dem Heimatland - ade
- ade - wohin rollt der Zug?? Keiner weiß es...
Die Vertreibung von 25.000 Ungarndeutschen aus dem westungarischen Heideboden
Der gesamte Heideboden, also auch der heute in Ungarn liegende Teil,
wurde nicht erst nach der Türkenzeit von Deutschen besiedelt (wie die
meisten Orte in Mittelungarn), sondern war bereits im 11. Jahrhundert
fast ausschließlich von deutschsprachigen Siedlern bewohnt. Ungarn
bevölkerten dieses Gebiet kaum. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges
kam es jedoch zu massiven Eingriffen in die bis dahin bestehenden und
gut funktionierenden Strukturen: Die deutschsprachige, alteingesessene
Bevölkerung wurde ab August 1945 - ebenso wie etwa die Donauschwaben
oder Sudetendeutschen - aus ihren angestammten Gebieten, Dörfern und
Häusern brutalst vertrieben und musste sich zum überwiegenden Teil
schlussendlich in Westdeutschland (Bayern, Baden-Württemberg) eine neue
Existenz mühevoll aufbauen. Manche fanden auch Aufnahme bei Verwandten
im Burgenland. Die zwangsweise zurückgelassenen Bauernwirtschaften der
Ausgesiedelten vergab die ungarische Regierung ihrerseits sofort an
ungarische Landsleute. Die endgültige Enteignung der Ungarndeutschen
per Gesetz erfolgte schließlich 1948. Mit diesem Akt wurden sie zu
Fremden in ihrer alten Heimat.
DER „TRABANT"
Das liebevoll auch „Trabi" oder „Trabbi" genannte Fahrzeug wurde von
1957 bis 1991 in Zwickau (ehemals DDR) erzeugt. Anfangs bestand das
Auto aus einem hartem, kunststoffbeplankten Stahlgerippe, Frontantrieb,
quer gestelltem Zweitaktmotor und einfacher Innenausstattung. Ab 1984
produzierte man den moderneren Trabant P 60, einen Vierzylinder, der
zum meist gekauften Typ wurde. Doch gingen die Trabis älterer Bauart
nach wie vor in Serie. Insgesamt verließen mehr als drei Millionen
Fahrzeuge der Marke Trabant die Produktionshallen und trugen so zur
Massenmotorisierung in der DDR entscheidend bei. Verkauft wurden sie
vorwiegend an die ostdeutsche Bevölkerung, die oft jahrelang auf ihre
vorbestellten Autos auf Grund der veralteten Produktionstechniken
warten musste; einen geringeren Teil exportierte man auch in die
Bruderländer des Warschauer Paktes (Ungarn, Tschechoslowakei, Polen,
Albanien, Bulgarien, Rumänien etc.).
Der Besitz eines „VW des Ostens" war für viele Familien der erste
Einstieg in die automobilisierte Welt. Als die Weiterentwicklung
ausblieb, wurde dieses Auto zum Sinnbild der stagnierenden Wirtschaft
der DDR. Heute ist es Kultobjekt (ähnlich dem VW-Käfer, Citroen 2 CV
und Mini) und begehrtes Sammlerstück. Als sich ab 19. August 1989 für
hunderte DDR-Bürger der Eiserne Vorhang öffnete und sie in die Freiheit
nach Österreich flüchten konnten - ab 19. September erlaubte Ungarn die
Ausreise; insgesamt kamen ca. 150.000 Menschen -, mussten sie jedoch
ihre Autos, für die sie jahrelang gespart hatten, auf ungarischem Boden
zurücklassen: hunderte an Trabis, seltener auch ein „Wartburg". Einige
dieser PKWs fanden in den Folgejahren Liebhaber, die meisten dienten
vor ihrem endgültigen Verschrotten als Ersatzteillager und die
restlichen rosteten still vor sich hin...
Ursprünglich, zwischen den Jahren 1949 und 1956, war die Grenze folglich aufgebaut:
2 Meter freier Streifen vor der eigentlichen Grenze, Drahtzaun (2,13
Meter hoch), Minenfeld, Drahtzaun, Spurstreifen, Patrouillenweg, Grüner
Streifen
Im Rhythmus von 3 Jahren wurde diese Grenzzone saniert. Allein in
diesem Zeitraum wurden mehr als 1,3 Millionen Minen verlegt. In den
Jahren 1957 bis 1965 wurde ein neues Minenfeld gebaut. In dieser Zeit,
während der Instandhaltung des Minenfeldes wurden 93 Grenzsoldaten
schwer verletzt, beziehungsweise wurden einige sogar getötet. Im Jahr
1965 entschloß man sich das zum Grenzschutz gehörende Minenfeld
abzubauen. Ab dem Jahr 1970 wurde eine sogenannte technische Grenze
errichtet, nämlich eine mit elektrischem Alarmsystem und ohne
Minen. Im Jahr 1985 wurde diese technische Grenze sogar noch
verbessert und teilweise in einen - der eigentlichen Grenze weit
vorgezogenen - Korridor verlegt.
Seit dem Jahr 1987 gab es auch in Ungarn Impulse der Gorbatschow
Reform, mit: Glasnost (Offenheit) und Perestroijka (Reform). Europa
wurde aber noch immer vom Baltischen bis zum Adriatischen Meer - auf
ca. 1000 km Länge - in zwei Teile getrennt. So durften z. B. ungarische
Bürger die Grenzstadt Sopron nur mit Sondererlaubnis besuchen. Bis März
1989 war die sowjetische Armee noch mit achtzigtausend Soldaten in
Ungarn stationiert. Die Grenzanlage selber sollte nicht zuletzt wegen
der schwierigen finanziellen Lage Ungarns nicht mehr erneuert werden.
* * *
Zur Erinnerung An die historischen Ereignisse im Herbst 1989: Dieses Moped blieb an der Grenze In Nickelsdorf 1989 zurück.
Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag,
kann sich gerne dieses Video antun: