Wiener Rathaus

Neues Rathaus am Rathausplatz Wien, Mai 2024

Das Wiener Rathaus am Rathausplatz im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt, bis 1960 zur Unterscheidung vom Alten Rathaus Neues Rathaus genannt, wurde von 1872 bis 1883 nach Entwürfen des Architekten Friedrich von Schmidt im Stil der Neogotik errichtet. Hier befinden sich die Amtsräume des Wiener Bürgermeisters und Landeshauptmanns, seit 1885 des Gemeinderates und seit 1920 des Landtages, von Wiener Stadtsenat und Wiener Landesregierung, des Magistratsdirektors und diverser Magistratsabteilungen.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Das Wiener Rathaus wurde von 1872 bis 1883 errichtet und ist eines von vielen historistischen Bauwerken, die zu dieser Zeit entlang der Ringstraße entstanden sind. Die Rathausfassade ist ein herausragendes Beispiel für einen Profanbau der Neugotik. Das Äußere, vor allem der 98 m hohe Turm, ist von der Tradition flämischer Rathäuser der Gotik, wie etwa das Rathaus von Brüssel auf dem Grand-Place/Grote Markt inspiriert, um äußerlich an die mittelalterliche Tradition städtischer Freiheit anzuknüpfen. Der Grundriss mit sieben Höfen folgt eher der Konzeption barocker Paläste. Die Zuordnung des Gesamtgebäudes zur Neugotik ist daher mit Vorsicht zu verwenden und wurde von Schmidt selbst auch abgelehnt.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

ei einer Grundfläche von 19.592 m² weist das Rathaus eine Gesamtnutzfläche von 113.000 m² auf. Das Gebäude ist 152 m lang und 127 m breit, wobei die 1.575 Räume 2.035 Fenster haben. Die Baukosten betrugen etwa 14 Millionen Gulden.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Das Gebäude weist von oben nach unten folgende vertikale Gliederung auf:
 Hauptturm mit „Rathausmann“, vier weitere Türme an der Vorderfront, Dachaufbauten mit Fahnenmasten an den vier Gebäudeecken
 Dachgeschoß (teilweise für Büros ausgebaut)
 2. Stock (vor allem Büros)
 1. Stock (Repräsentationsgeschoß)
 Halbstock (vor allem Büros)
 Hochparterre
 Erdgeschoß
 1. Untergeschoß
 2. Untergeschoß

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Im südlichen Teil des Rathauses befindet sich im 1. Stock, unweit des Bürgermeisterbüros, der Stadtsenatssitzungssaal, in dem die Regierung, wie das Gremium heute intern genannt wird, regelmäßig tagt. Hier finden auch Ehrungen und Ehrenzeichenverleihungen statt.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Vom Rathauseingang am Friedrich-Schmidt-Platz 1 führen zwei Stiegen zum Gemeinderatssitzungssaal im 1. Stock. Am Fuß der beiden Stiegen befand sich einst eine überdachte Vorfahrt für die in Kutschen zu den Sitzungen kommenden Gemeinderäte. Später wurde hier ein Feuerwehrwagen abgestellt; um 1970 wurde die ehemalige Vorfahrt zum Rathausinformation genannten Informationsbüro umgebaut, das heute Stadtinformation (Stadtservice Wien) heißt.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Der Festsaal im 1. Stock an der Vorderfront des Rathauses mit doppelgeschoßiger Raumhöhe, Blick auf Ringstraße, das jenseits des Rathausplatzes gelegene Burgtheater und die Innere Stadt, aus Innenhöfen über die Feststiegen I und II zugänglich, ist mit einer Länge von 71 m und einer Breite von 20 m einer der größten Säle an der Wiener Ringstraße. An Säulen befinden sich zehn Statuen von Persönlichkeiten aus der Geschichte der Stadt.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

An Säulen befinden sich Statuen von Persönlichkeiten aus der Geschichte der Stadt: Stephan Edler von Wohlleben (Bürgermeister von 1804 bis 1823)

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Das an den Festsaal angrenzende Nordbuffet dient bei Bedarf als Erweiterung des Festsaals, das ehemalige Südbuffet wurde 1973 vom Festsaal abgetrennt und für Leopold Gratz zum Bürgermeisterbüro umgebaut. Der Festsaal, der kleinere Wappensaal mit Blick in den Arkadenhof und weitere Räume im 1. Stock werden unter anderem für Ausstellungen, Konzerte und Bälle genutzt; insgesamt finden im Rathaus jährlich rund 800 Veranstaltungen statt. Der Life Ball, Europas größte Aids-Benefiz-Veranstaltung, wird in einer Vielzahl von Räumen im Rathaus gefeiert.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

An der Hinterfront des Rathauses befindet sich im 1. Stock ebenfalls ein Saal mit doppelgeschoßiger Raumhöhe: der Gemeinderatssitzungssaal, mit weitgehend originalgetreuer Holzvertäfelung und -möblierung als Plenarsaal des Wiener Gemeinderates (der auch als Wiener Landtag fungiert) eingerichtet. Die Sitze der 100 Abgeordneten sind in klassischem Parlamentsstil halbkreisförmig und nach hinten ansteigend angeordnet. Vom 2. Stock aus ist die Zuschauergalerie zugänglich.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Der Wiener Landtag hat 100 Abgeordnete. Sie vertreten die wahlberechtigten Wienerinnen und Wiener. Die Abgeordneten des Wiener Landtages sind zugleich Gemeinderätinnen und -räte. Aus dieser Identität ergibt sich auch, dass die Wahlperiode für den Landtag jener des Gemeinderates entspricht. In Wien dauert eine Regierungsperiode fünf Jahre. Im Wiener Landtag werden die Landesgesetze beschlossen. Sie reichen vom Wiener Abfallwirtschaftsgesetz über die Wiener Bauordnung, das Wiener Jugendschutzgesetz und das Wiener Schulgesetz bis zum Wiener Veranstaltungs-gesetz, um nur einige Beispiele zu nennen. 1999 wurde der Beschluss gefasst, durch den Einsatz von Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetschern auch gehörlosen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, die Gemeinderats- und Landtagssitzungen mitzuverfolgen. Seit 2000 werden die Sitzungen auch live im Internet übertragen.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Der Gemeinderat beschließt das Budget und wichtige Verordnungen wie Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne. Er ist das höchste Organ der Stadt. Die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte wählen auch den Bürgermeister, die Vizebürgermeisterinnen und Vizebürgermeister sowie die Stadträtinnen und Stadträte.

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Gegenwärtig setzt sich der Wiener Landtag und der Wiener Gemeinderat aus Vertreterinnen und Vertretern von fünf Parteien zusammen. Der aktuelle Mandatsstand beträgt:
SPÖ - 46 Abgeordnete
ÖVP - 22 Abgeordnete
GRÜNE - 16 Abgeordnete
NEOS - 8 Abgeordnete
FPÖ - 8 Abgeordnete

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Als 1850 Fläche und Einwohnerzahl Wiens durch die Eingemeindung zahlreicher Vorstädte erheblich größer wurden, wurde das Alte Rathaus in der Wipplingerstraße bald zu klein. Nachdem auf kaiserliche Entscheidung 1858–1865 die Stadtmauer demoliert worden und die Ringstraße errichtet worden war, kam es 1868 zur Ausschreibung für den Bau eines neuen Rathauses, aus der der deutsche Architekt Friedrich von Schmidt als Sieger hervorging. Das Rathaus sollte in der Ringstraßenzone errichtet werden, in der sukzessive auch andere Repräsentationsbauten wie die 1869 eröffnete Wiener Staatsoper, das 1883 eröffnete Parlamentsgebäude, das 1884 eröffnete neue Hauptgebäude der Universität Wien und das 1888 eröffnete neue Burgtheater entstanden.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Als Standort stand ursprünglich ein Areal gegenüber dem im Zuge des Ringstraßenbaus angelegten Stadtpark, dem ersten kommunalen Park Wiens, zur Diskussion. Schließlich konzentrierten sich die Wünsche der Stadtverwaltung aber auf einen Teil des Josefstädter Glacis, einer vor der (nun demolierten) Stadtmauer gelegenen Bauverbotszone, die im 19. Jahrhundert als Paradeplatz diente und dem Kaiser 1870 nur nach Interventionen von Bürgermeister Cajetan Felder abgerungen werden konnte. Stadtverwaltung und k.k. Regierung stritten lang darüber, wer sich mit welchem Anteil an der Finanzierung des Ringstraßenprojekts beteiligen würde; die Frage des Bauplatzes für das Rathaus, mit dem das erstarkende Bürgertum sein Selbstbewusstsein auch gegenüber dem Kaiser demonstrieren wollte, nahm dabei einen prominenten Platz ein.

 Wiener Rathaus, Mai 2024

Auf der Spitze des 98 m hohen Hauptturms in der Mitte der Vorderfront steht der Rathausmann, eine 5,4 m hohe, aus Kupfer getriebene Gestalt in Form eines Standartenträgers in Rüstung. Sie wurde von Alexander Nehr nach einem Modell von Franz Gastell gestaltet und von dem Schlossermeister sowie Fabriksbesitzer Ludwig Wilhelm aus der Rossau der Stadt geschenkt.[5] Vorbild war angeblich die Prunkrüstung Kaiser Maximilians I. Mit der Statue und deren Sockel ist der Turm 103,3 m hoch und zählt damit zu den höchsten Bauwerken Wiens. Die Statue wurde am 21. Oktober 1882 an der Turmspitze angebracht.

 Wiener Rathaus, Mai 2024