Transsib ... für 3437 km

Die Transsibirische Eisenbahn, kurz Transsib genannt, ist mit 9288 km die längste Eisenbahnstrecke der Welt, mit mehr als 400 Bahnhöfen zwischen Moskau und Wladiwostok am Pazifik. Sie ist die Hauptverkehrsachse Russlands.

Aufgrund der riesigen Entfernungen wurde der Bau der Strecke von 1891 bis 1916 in verschiedenen Regionen zeitgleich durchgeführt. Im März 1891 proklamierte Zar Alexander III. den Baubeginn für die Transsib und der damalige Zarewitsch Nikolai, der spätere letzte Zar von Russland, führte in der Nähe von Wladiwostok den ersten Spatenstich durch. Immerhin (m)ein gutes Drittel der Strecke liegt zwischen Jekaterinburg (km 1769) und Irkutsk (km 5206). Dazwischen befinden sich u.a. die Bahnhöfe von Tyumen, Ishim, Omsk, Barabinsk, Chulymskaya, Nowosibirsk, Mariinsk, Tiazhin, Achinsk, Krasnoyarsk, Zaozernaya, Ilanskaya, Zima, Zalari und Angarsk.

Die Fahrt geht los am Bahnhof Ekaterinburg = Jekaterinburg = Yekaterinburg. Bitte alle einsteigen!

Jekaterinburg (Ekaterinburg, Yekaterinburg, von 1924-1991 Swerdlowsk, hist. auch Katharinenburg) liegt am Fluss Isset knapp 40 Kilometer östlich der imaginären Trennlinie zwischen Europa und Asien.

Der Zeitunterschied zu Moskau beträgt zwei Stunden und zu Mitteleuropa vier Stunden (bzw. drei Stunden während MESZ). Nach Moskau, Sankt Petersburg und Nowosibirsk ist Jekaterinburg die viertgrößte Stadt Russlands.

Zug #82 fährt von Moskau nach Ulan-Ude.

Zug fährt in Jekaterinburg ein. Die Aufenthaltszeit beträgt 35 Minuten und somit ist genug Zeit zum Einsteigen. Der Conductor jedes Waggons kontrolliert Reisepässe und gleicht die Namen auf seiner Liste ab. Die wartenden Passagiere machen Stress...

Die Fernzüge führen in der Regel zwei Klassen: Viererabteile mit 2 + 2 Betten quer zur Fahrtrichtung und Offene Liegewagen-Großraumabteile (52 Liegen), mit 2 + 2 Liegen quer und 2 Liegen längs zur Fahrtrichtung (Plazkartny).

Dies hier ist ein Viererabteil, es befinden sich Matratzen, Decken und Polster in der Kabine. Ebenso ein völlig verdrecktes Tischtuch, welches umgehend aus dem Sichtfeld entfernt wird.

Das Personal im Zug #82 wird dem durchwachsenen Ruf der Transsib-Begleiter in keinster Weise gerecht. Ganz im Gegenteil bemüht sich Schaffner Marc sehr um seine Gäste und nutzt jede Gelegenheit, seine gut versteckten Deutschkenntnisse aufzufrischen. Küchenfee Jelena, keiner Fremdsprache mächtig und selbst bei russisch bin ich mir nicht sicher, kommt mehrfach mit heißen Blinis vorbei.
Bliny ist eine Art des Eierkuchens, gefüllt zB mit Kartoffelpürree, Faschiertem, Würstel, Gemüse.

Bei all dem Komfort, den die Transsib nicht zu bieten hat, erfreut sich der Samowar seit Jahrzehnten größter Beliebtheit. Mit seinem Becher zum Wasserkocher zu pilgern bekommt im Laufe von Tagen etwas Mantraartiges. Und wer sich vor Algenbildung im Tank fürchtet, der greift statt zu kochendem Wasser zum Wässerchen (russ.: Vodka).

Eher zu den Tiefpunkten gehört die sanitäre Einrichtung, vorrangig aus olfaktorischen Gründen. Hier wird noch wie anno dazumal auf's Gleisbett entsorgt, darum wird das Örtchen bei jedem Haltepunkt abgesperrt - bei einer Pufferzeit von 0 bis 30 Minuten vor und nach der Station (!?!). Da die Tür zusätzlich ziemlich verzogen im Rahmen ist, scheitern viele Passagiere an der simplen Dreh- und Tritttechnik.
Die Drehknöpfe beim Waschbecken sind eine bewusste Irreführung. Wasser fließt dem, der den Bolzen am Wasserhahn nach oben drückt. So lässt sich immerhin jede Hand einzeln abspülen.

Zum Entertainment-Programm jedes Waggons gehört weiters diese eine 220-Volt-Steckdose, platziert am Durchgang zwischen Ausgang und (verklemmter) Klotür über dem ebenso einzigen Mistkübel (Fassungsvermögen geschätzte 15 Liter), der gleichzeitig als Sitzplatz fungiert.
Beim Anschließen von Gopro und Laptop gleichzeitig fetzt es beim Schaffner auf der anderen Seite die Sicherung, der mannshohe Schaltkasten mit seinen vielen Kippschaltern in dessen 'Büro' sieht beeindruckend aus.
Am Gang gibt es übrigens drei weitere Steckdosen, die mit der spannenden Spannung von 50 Volt beschriftet sind und manchmal teilweise funktionieren.

Was als 'russische Methode' bezeichnet wird, halte ich für ressourcenschonend, ökonomisch sinnvoll und phantasievoll.
Lifehack heißt es heutzutage, wenn die Vorhangstange zu kurz ist und diese mit einem Stöpsel (oder auch zwei) verlängert wird.

In Tyumen zeigt sich die Gleisanlage von ihrer schönsten Nachtseite.

Schaffner Marc achtet darauf, dass ich rechtzeitig wieder im Zug bin. Alle 5 Minuten meldet er den Countdown zur Abfahrt. (Und die Lensflares vom neuen Sigma 17-50/2.8 sind echt gewöhnungsbedürftig.)

Omsk ist eine Großstadt in Sibirien, Hauptstadt der Oblast Omsk und mit knapp 1,2 Millionen Einwohnern die achtgrößte Stadt Russlands.

Eine der Stadtguides hat behauptet, die grüne Farbe der Bahnhöfe würde die freie Fahrt signalisieren.
Insgeheim denke ich mir, es war damals einfach das billigste Material.

Im Empfangsgebäude des Omsker Hauptbahnhofs.

Was besonders auffällt ist die prächtige Ausstattung und die üppigen Luster - nicht nur bei dieser Station.
Die Metro von Moskau hat kein Monopol auf Stil!

Auf den Plattformen gibt es diese kleinen Greissler, wo man sich mit den Gütern des täglichen Bedarfs eindecken kann. Ausprobiert habe ich es nicht, da ich - vorinformiert - mit Kaffeepulver, Teebeutel, Brot und Wurst eingedeckt war. Und der eigene Mist muss sowieso in selbst mitgebrachte Sackerl passen.

Jeder Conductor bleibt bei seinem Waggon (zum Passagiercheck) und zu seinem Pflichtprogramm gehört weiters das Wischen von Klinke und Haltegriffe, sowie Runterklappen der Treppe bei jeder Türöffnung.
Den Pensionisten dauert auch das zu lange, denn die wollen auf die sauberen Bahnhofstoiletten.

Jeder Bahnhof verfügt ebenfalls über eine Vielzahl an Sicherheitspersonal.

Die gesamte Strecke verläuft über 9000 km von West nach Ost und 1400 km von Nord nach Süd. Sie wird landschaftlich vorwiegend durch Taiga geprägt. Wer jetzt meint, die Tage auf der Transsib bedeuten elende Langeweile, dem sei folgendes gesagt: Mir war nicht eine Minute fad. Eine Fahrt mit der Transsib war nicht nur seit 30 Jahren ein Wunschtraum von mir, Landschaft und Witterung sieht auch stündlich anders aus. Außerdem findet sich immer wer zum Quatschen, der Marsch durch den Sammelwaggon (52 Betten!) sorgt für Abwechslung und die Kulinarik im Speisewagen ist zwar hochpreisig, aber ausgezeichnet. Selbst wenn die Akkus von Handy, Tablet und Laptop leer sind ... bedrucktes Papier (= Buch) geht auch offline!

Apropos offline: Nachdem Russland überraschender Weise nicht in der EU ist, gibt es auch kein günstiges Roaming. Die Telefonminute kostet aktiv EUR 4,- und passiv EUR 2,40. Abgeraten wird eindringlich vom Datenroaming, das kostet EUR 20,378 pro Megabyte. Brrrr. Nach der erhaltenen InfoSMS über die Kosten habe ich mich für die restlichen Tage augenblicklich der Vorratsdatenspeicherung entzogen.

Speisewagen mit Ludmilla, die - ebenso unvorbereitet auf fremdsprachige Touristen - sehr gut mit Händen, Füßen und sonstigen Körperteilen kommunizieren kann. Oh yeah!

Speisekarte in kyrillisch ... und nur in dieser Sprache verfügbar.
Nervenkitzel, Abenteuer und Spannung bei jedem Bestellvorgang garantiert.

Translation für linguistisch Unbedarfte:
Greissler = Kiosk, Minimarkt
Sackerl = Beutel, Tüte
Mist = Müll, Abfall
Pensionist = Rentner, Arbeitsruhender
fad = langweilig, öde
Eierkuchen = Pfannkuchen, Palatschinken
Faschiertes = Gehacktes, Hackfleisch
Mistkübel = Mülleimer

Barabinsk ist eine Stadt in der Oblast Nowosibirsk mit über 30.000 Einwohnern.

Barabinsk ist eine bedeutende Station an der Transsibirischen Eisenbahn (Streckenkilometer 3035 ab Moskau) mit großem Lokomotivdepot.

Die Stadt liegt ca. 300 Kilometer westlich der Oblasthauptstadt Nowosibirsk.

Wo viel Bahn, da auch viel Geschichte. Schauloks stehen überall herum.

Bahnhof Barabinsk von der Stadtseite.

Hier wird das persönliche Nahverhältnis zum Kunden noch geschätzt. Ticketautomaten habe ich nie gesehen; Monitore, Anzeigetafeln und Riesendisplays sind vorbildlich.

Falls jemand Zweifel an der Boardtoilette hat, der nützt die Stationsaufenthalte für helle, saubere und voll ausgestattete Aborte in den Bahnhöfen um 20 Rubel (= 25 Cent).

Ein Sparfuchs hat selbstverständlich keine Problem mit dem Genuss des rollenden Häusls.
Anspruchsvollere Gemüter und Luxusgeschöpfe informieren sich bitte unter dem Stichwort 'Zarengold'.

In Chulymskaya passt wieder die Gebäudefarbe. Sowas erfreut doch die Netzhaut.
Wäre es nicht schon so feucht überall, würden es meine Augen jetzt werden.

Nowosibirsk ist nach Moskau und Sankt Petersburg die drittgrößte Stadt Russlands und die größte Stadt Sibiriens. Die Metropole der Oblast Nowosibirsk in Westsibirien hat knapp 1,5 Millionen Einwohner. Sie verdankt ihre Gründung dem Bau einer Brücke der Transsibirischen Eisenbahn über den Fluss Ob im Jahre 1893.
Als Erinnerung an diese 1. Ob-Brücke ist der Rest davon als Denkmal zu sehen.

Heute gibt es im Großraum Nowosibirsk sechs Brücken über den Ob, der dort teilweise fast einen Kilometer breit ist.
Den Namen Nowosibirsk ('Neues Sibirien') trägt die Stadt seit 1926.

Zu den Sehenswürdigkeiten Nowosibirsks zählt das Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute repräsentative Bahnhofsgebäude im Zentrum der Stadt, eines der größten seiner Art in Russland und in Form einer Lokomotive.

So sieht das Schmuckstück dann bei Nacht aus: Bahnhof Nowosibirsk in der Hauptstadt der Oblast Nowosibirsk.

Noch nicht erwähnt habe ich das Wäschepaket, das jedem Passagier ausgefolgt wird. Zur Selbstverwirklichung ist darin ein Leintuch, Deckenüberzug, Polsterüberzug und ein kleines Handtuch. Dies muss alles vor dem letzten Verlassen des Zuges wieder retourniert werden - und zwar vollständig!
"Verschwundene" kleine Handtücher werde da schon mal nachdrücklich eingefordert.

Jedes Abteil ist weiters mit einem Deckenlicht, jede Pritsche (70 x 190 cm) mit einem Kopflicht ausgestattet. Es gibt eine kleine ausklappbare Leiter (ein Fuß breit, drei Sprossen), um nach oben zu steigen. Der kleine obere Teil des Fensters lässt sich manchmal komplett nach unten klappen (180 Grad), manchmal auch nur zu 45 Grad, weil ein anmontiertes Stück Bleck die Scharniere blockiert.

In jedem Waggon sind als Infotainment die Fahrpläne dieser Zugnummer ausgehängt. Zwar sehr klein (dieses Blatt ist die obere Hälfte von A4) und an einer unbeleuchteten Stelle, aber mit ein bisschen gutem Willen lassen sich alle Daten ablesen:
Anfahrts-, Abfahrszeit und Aufenthaltsdauer pro Bahnhof in Lokalzeit, Kilometerstand von Moskau, Zeitdifferenz zu Moskau und UTC, Stationsname in kyrillisch und lesbar.

Nach einem Nacht-/Tagesstopp in Novosibirsk geht es mit einem anderen Zug der Transsib (Zug #70, Moskau - Chita) weiter, wo das Personal schon eher seinem vorauseilenden Ruf gerecht wird. Conductor Oksnana und Irina haben den Charme einer Gefriertruhe und Blinis á 50 Rubel kommen nie vorbei.

Es gibt übrigens auch Bahnsteige, die nicht über Stiegen erreichbar sind. Da müsste man über den Gleiskörper gehen, was aber strafbar ist. Und wenn dort schon ein Zug steht, kann der Weg zusätzlich ganz schön weit werden.

Im übrigen gibt es keine Rolltreppen oder Aufzüge. Stiegen steigen und Koffer schleppen ist angesagt. Wer sich außerstande sieht, sein Gepäch selbst zu bewegen, der nimmt den Kofferboy um 200 Rubel (EUR 2,50), was ich bei einer Luftlinie von 50 Meter für völlig übertrieben halte.

Interessanterweise ist der Typ mit Rollenwagen und 20 Koffern längst auf der Straße vor dem Bahnhofsgebäude, während die Hälfte der gepäckbefreiten Passagiere noch durch Stiegenhäuser, Keller, Gänge und Personenvereinzelungsanlagen schnauft. Russische Magie!

Eine schwarze Lokomotive mit rotem Stern - keine Seltenheit in dieser Gegend.

Achinsk (Atschinsk) ist eine russische Stadt im Südwesten der Region Krasnojarsk in Sibirien mit über 100.000 Einwohnern.

Neben den neumodischen, eigenreparaturfeindlichen Karren gibt es ihn noch: Den Lada.

Achinsk (Atschinsk) wurde im Jahre 1683 von Kosaken als strategisch wichtige Siedlung am Übergang über den Tschulym gegründet und erhielt 1782 die Stadtrechte. Mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn und dem Anschluss der Stadt (Streckenkilometer 3914) im Jahre 1895 bekam Atschinsk schnell größere Bedeutung vor allem für den Handel mit China. Der Bezirk Atschinsk wurde 1930 das erste Ziel von stalinistischen Bauerndeportationen in der Region Krasnojarsk.

Krasnojarsk ist eine Stadt am Fluss Jenissei und an der Transsibirischen Eisenbahn, ca. 4100 km östlich von Moskau gelegen. Mit einer Million Einwohnern ist Krasnojarsk nach Nowosibirsk und Omsk die drittgrößte Stadt Sibiriens. Wappentier ist der Löwe.

Hier wird gerade das Gebäude straßenseitig saniert. Das würde auch dem autofreien Vorplatz gut tun, denn hier steht bei Regen (wie soeben) knöcheltief das Wasser, durch Unebenheit im Belag ohne Chance auf Abfluss.

Achtung Gossip: Zu den Söhnen und Töchtern der Stadt Krasnojarsk gehört auch die deutsche Schlagersängerin Helene Fischer. Sie wurde hier 1984 geboren und übersiedelte mit 4 Jahren nach Rheinland-Pfalz.

Während ich mir das Regenwasser aus den versenkten Schuhen schüttle, kann ich dem Fahrer der Buslinie 8 beim Umhängen der Oberleitung beobachten. Sicherheitshalber gehe ich aus seiner Pfütze raus und suche mir eine eigene.

In Krasnojarski liegt das zweitgrößte Aluminiumwerk der Welt. Unter anderem, um den Energiebedarf des Aluminiumwerks zu decken, wurde im Jahre 1967 ein Wasserkraftwerk am Krasnojarsker Stausee in Betrieb genommen. Die Leistung beträgt 6000 Megawatt, womit es zu den größten der Welt gehört.

Bar, Burger und Pizza bietet dieses bunte Kaffee. Leider ist der Aufenthalt hier nur 45 Minuten und die investiere ich lieber in nasse Schuhe und Fotozeit.

Krasnojarsk wurde 1628 als Ostrog (hölzerne Festung) durch einen Kosakenverband als 'Krasny Jar' (Schöner oder Roter steiler Abhang) gegründet, um Jenissejsk vor den Angriffen der Kirgisen zu schützen. Die neu gegründete Siedlung befand sich vier Tagesritte von Jenissejsk entfernt an der Nordgrenze kirgisischer Siedlungen.

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Wie oft fahren diese Züge?
Gibt es die Möglichkeit, irgendwo auszusteigen und mit dem nächsten / einem anderen Zug weiterzufahren?

Deine Frage ist gut und vollkommen berechtigt. Und nicht einfach zu beantworten.
Lass mich also etwas ausschweifen:

Ein durchgängiges Transsib-Ticket á la Hop-on-Hop-Off gibt es definitiv nicht. Du buchst jeden Streckenabschnitt extra und bekommst dafür ein Ticket für einen bestimmten Zug inklusive Schlafwagenreservierung. Also z.B. ein Ticket von Moskau nach Jekaterinburg, den nächsten Fahrschein für die Strecke Jekaterinburg - Irkutsk und dann von dort weiter nach Ulaanbaatar usw.

Der Rossija Express durchquert einmal Russland und ist der Klassiker unter den Transsib-Zügen. Du bist 9.288 Kilometer von Moskau nach Wladiwostok unterwegs - einmal die ganze Transsibirische Eisenbahn bis an den Pazifik. Du kannst einmal spüren, wie es sich anfühlt 6 Tage und 10 Minuten im Zug zu verbringen und dann in Wladiwostok anzukommen.

Kann man machen, aber was soll das bringen? Als Tourist, der Russland sehen will?

Ich traf Russen, die wirklich mehrtägig bis zur Endstation Chita fahren. Weil sie dort was an einem Kraftwerk rumschrauben sollen und deren Equipment viel zu schwer für den Flieger ist. Also aus rein wirtschaftlichen Gründe.

Als Tourist überlegst Du Dir vorher, welche Städte an der Strecke Du sehen willst und kaufst daher die einzelnen Streckenabschnitte. Also entweder von einem Reisebüro mit einem fertiges Programm zwangsbeglücken lassen und einfach (viel) Geld abliefert oder individuell und mühsam alles selbst organisieren, zusammensuchen und (hoffentlich) deutlich billiger buchen.

Jedes Teilstück der Strecke muss einzeln gebucht werden. Je öfter Du unterwegs aussteigen willst, desto mehr musst Du insgesamt bezahlen. Zusammen mit dem Ticket kaufst Du auch eine Reservierung für ein Bett in einem bestimmten Zug. Das heißt, Du bist an diesen Zug gebunden und Dein Ticket wird wertlos, wenn Du den Zug verpasst.

Platzkartny ist die 3. Klasse, also die niedrigste Zugklasse im Fernverkehr bei der Russischen Eisenbahn. Entlang der Transsibirischen Eisenbahn gibt es in den meisten Zügen einige dieser Großraumwaggons mit Betten. Bei vielen Zügen ist diese Zugklasse die billigste Reisemöglichkeit. In meinem Video zur Transsib gehe ich durch so einen 52-Betten-Waggon. Man kommt sehr leicht mit den Reisenden (vorwiegend Einheimische) ist Gespäch. Kenntnisse in russisch von Vorteil, englisch bringt einen nicht weiter, französisch oder spanisch definitiv nicht. Wertgegenstände und feine Kleidung sind nicht kompatibel. Die oberen Betten sind geringfügig günstiger als die unteren. Am allerbilligsten sind die Längsbetten quer zum Gangfenster.

Wem diese Variante doch zu abenteuerlich ist, der sollte sich einen Platz in einer Viererkabine suchen. Diese ist um einiges komfortabler aber trotzdem noch viel billiger als die erste Klasse mit ihren Zweibettkabinen. Vergleichbar mit den Klassen bei Flugtickets: Vierer-Abteil zB das Dreifache zur Liegebatterie, Zweier-Suite das Sechsfache. Die Stichworte 'Rossiya' (Zug #1) und 'Zarengold' (Luxuszug mit ebenfalls unterschiedlichen Kategorien: von teuer bis völlig überteuert) habe ich schon genannt.

Entweder man bucht alle Tickets bereits vorab über das Internet und lässt sich die Tickets zuschicken oder man kann als Abenteuerlustiger nach Moskau fliegen und die Tickets erst vor Ort am Schalter kaufen.
Jeweilige Vorteile sind klar: Tickets vor Reiseantritt bereits in der Hand, alle Plätze garantiert und reserviert, ohne Russischkenntnisse gekauft, aber online dafür teurer als vor Ort, kein Nervenkitzel.

Die Russische Eisenbahn gleicht die Ticketpreise nach Angebot und Nachfrage an. Das heißt, es gibt keinen fixen Preis für einen Zug und die Preise für Fahrscheine können sich jeden Tag ändern. Und ausverkauft kann gewünschter Zug oder Klasse auch bald sein.

Es gibt nicht DIE EINE Transsib, das ist viel mehr das Synonym für das Eisenbahnnetz. Klar kannst Du mit einem einzigen Zug die ganze Strecke durchfahren, für die Teilabschnitte zwischen den Städten ist die Auswahl zusätzlich reichlich vorhanden. Manche Teilstücke werden zehnmal am Tag gefahren, alleine zwischen St. Petersburg und Moskau finde ich im Zugplan 31 Verbindungen innerhalb von 24 Stunden für Ende Oktober.


Noch zwei weitere Tipps vor der Reise:

Da Russland das größte Land der Welt ist, gibt es im Land insgesamt elf verschiedene Zeitzonen. Die Züge der Transsibirischen Eisenbahn durchfahren häufig mehrere davon. Damit es kein Chaos mit den Zeitzonen gibt, gilt in russischen Zügen immer die Moskauer Zeit. Alle Uhren in und an den Bahnhöfen zeigen diese Zeit an und auch auf den Tickets steht immer die Moskauer Zeit. Wenn auf dem Ticket also steht, dass der Zug um 06:59 abfährt, kann das in Deiner Zeitzone eine völlig andere Zeit sein. Das ist schon eine ziemlich verwirrende Sache und am besten ist immer irgendeine Uhr mit Moskauer Zeit dabei.

Die Uhren auf dem Vorplatz der Bahnhöfe zeigen in der Regel die Ortszeit an. Die Uhren auf den Bahnsteigen hingegen zeigen die Moskauer Zeit an.


Österreichische Staatsbürger brauchen wie Deutsche für einen Besuch in Russland ein Visum, auch wenn du nur als Tourist einreist. Dieses Visum musst du vor Beginn deiner Reise bei der russischen Botschaft beantragen. Es kostet EUR 35 und eine zusätzliche Servicegebühr von EUR 28 wird erhoben (Visa Application Center, Wien). Reisepass mit Visum kann dann 14 Tage später wieder abgeholt werden. Ein Reisebüro erledigt sowas auch gerne mit und verrechnen dann EUR 120,- dafür.

Was du für deinen Antrag alles brauchst, findest du auf der Webseite der Botschaft. ZB ist eine offizielle 'Einladung' vorzuweisen und die Nennung der besuchten Städte. Die russischen Hotels legen dann ihr bestätigtes Laufzetterl in Deinen Pass zum Immigration-Formular, welches bei Ausreise wieder abgesammelt wird. Ist in Usbekistan und Chile auch schon so gewesen.

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Auch wenn hier 160 km/h steht, so ist die Höchstgeschwindigkeit mit 140 km/h angegeben. Die Spurweite beträgt 1520 mm (Russische Spur). Die Sache mit der unterschiedlichen Spurbreite setze ich jetzt mal als bekannt voraus.

Bahnhof Zaozernaya und viel mehr gibts dazu auch nicht zu sagen.

Bei einer Ortschaft namens Novokamala grüßt die Abendsonne. Mit Sonne, Regen, Schnee und Hagel bei 1 bis 16 Grad hat sich das Wetter auf dieser Strecke von seiner vielfältigen Seite gezeigt. Gut, dass das komplette Klimapaket mit Witterungsoption dazugebucht wurde!:-]

Eine schwarze Lokomotive mit rotem Stern. Diesmal in Ilanskaya.

05:32 Uhr in Zima. Die Transsib macht eine Verschnaufpause von 30 Minuten. Leichter Regen bei 2 Grad. Die Frisur ist hier kein Thema. Sima ist eine russische Stadt in der Oblast Irkutsk, Sibirien. Genau dort überbrückt die Transsibirische Eisenbahn bei Kilometer 4943 die Oka. Muss man nicht gesehen haben.

Sima entstand 1743 als kleines Dorf, erst durch den Anschluss an die Transsibirische Eisenbahn 1898 begann die Siedlung zu wachsen, seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist Sima ein Zentrum der holzverarbeitenden Industrie sowie Stützpunkt der Holzfällerei in der Umgebung.

Der Lokführer vertritt sich ebenso die Beine und wird zum Geisterführer.

Zalari (Salari) ist eine Siedlung in der Oblast Irkutsk mit knapp 10.000 Einwohnern. Wem die Leuchtanzeige bei allen Stationen aufgefallen ist, dem sei gesagt, dass hier abwechselnd Uhrzeit, Temperatur und Luftdruck angezeigt wird.
Für mich waren die Celsius die relevanteste Information.

Mitte September: Zeit für den russischen Winter.

Angarsk ist eine 1948 gegründete Stadt mit über 230.000 Einwohnern. Die Stadt liegt in der Oblast Irkutsk in Sibirien am Zusammenfluss von Angara und Kitoi, etwa 5000 km von Moskau entfernt; bis zur nächsten Großstadt Irkutsk sind es noch 50 km.

Irkutsk-Sortierbahnhof, also die Güterstation. Meine Reise mit der Transsib ist fast zu Ende.
Trotzdem es noch 15 Minuten bis Irkutsk-Passagier dauert, steht die Reisegruppe komplett am Gang und sorgt sich, innerhalb von lediglich 35 Minuten Aufenthaltsdauer den Zug rechtzeitig verlassen zu können.
Nun, wer es eilig hat, nimmt doch nicht die Transsib!

Ich verabschiede mich von meinem lieben Freund, dem Samowar, und streichle noch ein letztes Mal seinen Boiler.
Das gute Stück wurde täglich vom Oberschaffner mit frischer Kohle beliefert und hat immer treue Heißwasserdienste geleistet.

Ein Fazit? Die Reise war besser als erhofft und kurzweiliger als befürchtet.
In Kombination mit den besuchten Städten Jekaterinburg, Nowosibirsk, Listwjanka und Irkutsk - diese verdienen eigene Beiträge - bekommt diese Reise glatt 9 von 10 russisch-roten Sternen. Es hat mir sehr gut gefallen.

Nachdem meine Reise am Mittelpunkt der Transsib (Irkutsk) schon zu Ende war, wäre ich schon neugierig, was die anderen 4000 Kilometer bis Wladiwostok zu bieten haben.
Und dann wäre da noch das Naadam-Festival in der Mongolei, das als möglicher Haltepunkt auch schon länger in meinem Kopf spukt...



Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: